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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 29. Mai 2009 um 9:29 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

(MB/WL)

Heute zu folgenden Themen:

  1. Zurzeit keine Brückenfinanzierung für Opel möglich
  2. Entscheidung über Opel-Zukunft vertagt
  3. Verkorkster Krisengipfel
  4. Hypo Real Estate – Fahrlässiges Handeln
  5. IMK: Von der Finanzkrise zur Weltwirtschaftskrise
  6. Robert von Heusinger: Deflation
  7. Maschinenbau: Größter Einbruch aller Zeiten
  8. DIW-Chef für Mehrwertsteuer-Erhöhung auf 25%
  9. Es geht weiter wie bisher
  10. Statistikänderung lässt 200.000 Arbeitslose verschwinden
  11. Outsourcing in Berlin: Die Republik der Anwälte
  12. Ex-Oberstaatsanwalt vertuscht Datenaffäre
  13. Heribert Prantl: Der Deal wird Gesetz
  14. G8-Innen- und Justizminister beraten über Terror- und Migrationsabwehr. Italien gibt den Kurs vor
  15. Der Kita-Streik zeigt, wie man soziale Unruhe schürt
  16. Atom-Endlager vor dem GAU – was wusste Kohls Umweltministerin Angela Merkel?
  17. Nuklearer Schwarzbau in Gorleben?
  18. Urteil: Empfänger von EU-Agrarhilfen offenlegen
  19. Professoren wollen Uni-Präsidentin stürzen
  20. “Die Studienbedingungen sind unerträglich”
  21. Bertelsmann startet Online-Lernportal für Schüler
  22. LobbyControl enthüllt verdeckte PR-Aktivitäten der Deutschen Bahn
  23. Bahn fingierte positive Leserbriefe
  24. Scharping und Schaeffler: In diskreter Mission
  25. Springer hatte mit 1968 nichts zu tun (2)
  26. Böckler Impuls Grafiken und Daten zu Arbeit, Wirtschaft und Sozialem
  27. Abu Ghraib: Bilder von Vergewaltigungen von Frauen und Kindern
  28. Zu guter letzt: Verschuldet

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Zurzeit keine Brückenfinanzierung für Opel möglich
    Es gibt zurzeit für die Bundesregierung keine rechtliche Möglichkeit, eine staatliche Brückenfinanzierung zur Rettung der Adam Opel GmbH zu gewährleisten. Dies wurde am Donnerstagmorgen in der Sondersitzung des Haushaltsausschusses deutlich, bei der die Bundesminister Peer Steinbrück (SPD) und Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CSU) die Abgeordneten über die nächtlichen Gespräche mit Vertretern der Opel-Muttergesellschaft General Motors (GM), der amerikanischen Regierung, den Investoren Magna und Fiat sowie den betroffenen Bundesländern informierten.

    Danach sei bisher angedacht gewesen, dass der Staat eine Brückenfinanzierung von insgesamt 1,5 Milliarden Euro gewähre. Bei der nächtlichen Sitzung habe aber GM überraschend einen weiteren kurzfristigen Finanzierungsbedarf von 300 bis 350 Millionen Euro angemeldet, der bis Freitag erbracht werden müsse. Dies habe keiner der Beteiligten zusagen können, da die Regierung nach dem Haushaltsrecht einen Kredit geben dürfe, wenn er mit “überwiegender Wahrscheinlichkeit” nicht ausfallen würde. Dies sei nicht sichergestellt. So ist laut Steinbrück bisher noch nicht klar, wem überhaupt das Konto gehört, auf den der Kredit überwiesen werden soll und welche Sicherheiten der Bund erhält. “Deshalb muss nachgearbeitet werden”, betonte zu Guttenberg. Die Regierung habe deshalb alle Beteiligten aufgefordert, bis Freitagnachmittag entsprechende Informationen zu liefern. Dann soll weiter verhandelt werden. Insgesamt werden laut Steinbrück die Gespräche dadurch erschwert, dass viele Interessenvertreter beteiligt seien. Es sei jedoch klar, dass Opel nach der Krise anders aussehen werde als zuvor. Finanziert werden soll der eventuelle Überbrückungskredit aus Mitteln des Konjunkturpaketes II, das vom Bundestag bereits beschlossen wurde.

    Die Abgeordneten aller Fraktionen unterstützten die Regierung in ihrer Verhandlungsführung. Der Sprecher der Unionsfraktion erklärte, dass die Sache komplizierter sei als angenommen. Vieles sei noch unklar. Die Union sei nicht gegen einen Brückenbau, es müsse jedoch sichergestellt sein, wo das andere Ufer sei. “Zurzeit halten wir eine Garantie für nicht möglich, da das Ausfallrisiko fast 100 Prozent beträgt”, betonte er. Die SPD betonte, dass möglichst alles getan werden müsse, um die Standorte und die Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten. Der Sprecher der FDP-Fraktion forderte ein Konzept, in das die Ministerpräsidenten der Länder miteinbezogen werden müssten. Die Linksfraktion erinnerte daran, dass in Thüringen fast 20 Prozent aller Arbeitsplätze mit dem Opelwerk in Eisenach verbunden seien. Der Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen forderte für die Zukunft ein tragbares Geschäftsmodell, das vor allem auch die Fragen des Klimaschutzes einbeziehe.
    Quelle: Deutscher Bundestag

  2. Entscheidung über Opel-Zukunft vertagt
    Mit Blick auf den zusätzlichen Finanzbedarf der Opel-Mutter GM sagte (Magna-Gründer und -Chairman Frank) Stronach nach dem Ende des Verhandlungsmarathons, Magna sei sowohl in der Lage als auch bereit, den Betrag vorzufinanzieren. Sollte es von US-Seite – also von GM oder dem Finanzministerium – aber zu einem Vertragsbruch kommen, erwarte er, dass die deutsche Regierung hinter Magna stehe, um das Geld zurückzubekommen.

    Steinbrück sagte, er sei erfreut darüber, dass Magna behilflich sein wolle, die zusätzliche Finanzlücke zu schließen. “Das scheint mir sehr attraktiv zu sein”, sagte Steinbrück.
    Der Finanzminister zeigte sich zuversichtlich, am Freitag eine Lösung im Sinne einer Fortsetzung von Opel als Automobilhersteller erzielen kann. Das sei das Ergebnis, an dem nach wie vor alle interessiert seien.

    Die Bundesregierung hat sich bei dem Treffen im Kanzleramt auch noch nicht auf einen bevorzugten Bieter für die Adam Opel GmbH festgelegt. Im Rennen sind nach Aussage Steinbrücks weiter der italienische Automobilkonzern Fiat und der kanadisch-österreichische Automobilzulieferer Magna. Der US-Investor Ripplewood sei “abgewählt” worden. Vom chinesischen Autohersteller Bejing Automotive Industry Corp (BAIC) liege eine Interessensbekundung vor, deren Substanz ausbaufähig sei, sagte Guttenberg.

    Um im Falle einer zunehmend wahrscheinlicheren GM-Insolvenz den Fortbestand von Opel zu sichern, prüften die Bundesregierung und die Länder mit Opel-Standorten in den vergangenen Tagen eine Brückenfinanzierung für die Rüsselsheimer im Volumen von 1,5 Mrd EUR. Die Hälfte dieses Betrages soll der Bund bereitstellen, den Rest die Länder, in denen sich Opel-Werke befinden.

    Der Länderanteil soll entsprechend der Zahl der Opel-Beschäftigten im jeweiligen Bundesland verteilt werden. Von den 750 Mio EUR, die auf die Bundesländer mit Opel-Standorten entfallen, würde Nordrhein-Westfalen 150 Mio EUR übernehmen, Rheinland-Pfalz rund 100 Mio EUR und Thüringen etwa 50 Mio EUR. Auf Hessen, das Bundesland, in dem Opel seinen Stammsitz betreibt, würde somit ein Beitrag von knapp 450 Mio EUR zukommen.

    Die Bundesregierung geriet bei diesem Vorhaben zunehmend unter Druck. Am Mittwochmorgen (Ortszeit) erklärte der Detroiter Autohersteller die Verhandlungen über eine Umschuldung für gescheitert. Deutlich weniger als die notwendigen 90% der Anleihegläubiger, denen GM rund 27,2 Mrd USD schuldet, hatten einem Tausch von Schulden gegen Aktien zugestimmt. Damit ist eine Insolvenz des einst größten Autobauers der Welt wohl unabwendbar.
    Quelle: Focus Money

  3. Verkorkster Krisengipfel
    Kritik sowohl an GM als auch an der Bundesregierung äußerte hingegen der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer. Das Spitzentreffen sei “sehr amateurhaft vorbereitet” worden und sehr enttäuschend, sagte der Professor der Uni Duisburg-Essen.

    Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hätte Bedingungen vorgeben und mit den Investoren in kleinen Gruppen vorverhandeln müssen. Dann hätte man rasch Antworten gehabt und entscheiden können, sagte Dudenhöffer.

    Zudem werde das Treuhandmodell der Bundesregierung nicht funktionieren. Es sei naiv, von der US-Regierung zu verlangen, gegen Gläubigerschutzrechte zu verstoßen.
    Dem US-Mutterkonzern GM warf Dudenhöffer vor, dass er plötzlich einen zusätzlichen Finanzbedarf von 300 Millionen Euro angemeldet habe. “Mit so einer Überraschung darf man nicht in so eine Verhandlung gehen”, sagte der Professor und kreidete GM-Europachef Carl-Peter Forster schlechte Vorbereitung an.
    Quelle: SZ

  4. Hypo Real Estate – Fahrlässiges Handeln
    Skandalfall Hypo Real Estate: Der Bund wusste früh von den Risiken – und tat nichts dagegen. Die Finanzaufsicht hat versagt.

    Es lohnt, politisch zu handeln, wenn der Schaden des Nichtstuns hoch ist. Was die Finanzaufsicht in Deutschland angeht, ist der Preis für die Bundesregierung ziemlich einfach zu erkennen: Sie muss alleine für den klinisch toten Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) 100 Milliarden Euro Steuergeld bereitstellen.

    Erst jetzt aber werden die Einzelheiten bekannt, die die Prüfer im Frühjahr und Sommer wussten. Und das wirft bohrende Fragen nicht nur nach dem Treiben der Bank auf – sondern auch nach dem Treiben der Prüfer.
    Quelle: SZ

    Anmerkung WL: Es ist schlicht und einfach ein Ablenkungsmanöver, wenn jetzt die Bafin und ihr Chef Sanio zu Sündenböcken gemacht werden. Die Politik hat die Aufsicht in jeder Hinsicht geschwächt und sogar behindert und Warnungen in den Wind geschlagen. Ihr Chef Sanio wurde teilweise sogar der Lächerlichkeit preisgegeben. Die Bafin war für die Asmussens einfach nur lästig. Darüber hinaus: Welche Rolle spielte eigentlich die Bundesbank bei der Aufsicht?

    Wie scheinheilig diese Schuldverlagerung ist, möge man daran erkennen, dass gerade heute gemeldet wurde, dass der Bundesrat am von der Regierung vorgelegten (äußerst zurückhaltenden) Finanzmarktaufsichtsgesetz zweifelt und seine Verabschiedung hinauszögern will.

  5. IMK: Von der Finanzkrise zur Weltwirtschaftskrise
    Die Weltwirtschaft befindet sich in einer der dramatischsten Episoden ihrer jüngsten Geschichte. Die weltweite Produktion von Gütern und Dienstleistungen verzeichnet einen Einbruch in einem seit der Weltwirtschaftskrise 1929/30 nicht gekannten Ausmaß. Aber neben diesen ökonomischen Effekten markiert die aktuelle Krise auch eine Zäsur, die das Verständnis des Marktsystems verändert. Nach einer Phase ab Ende der siebziger Jahre, in der Märkte als inhärent stabil angesehen wurden und seitens des Staates nicht an ihrer Entfaltung gehindert werden sollten, tritt nunmehr – wie schon nach der Weltwirtschaftskrise in den dreißiger Jahren – die stabilisierende Rolle des Staates in den Vordergrund. Im
    Folgenden sollen die Ursachen der Krise aus theoretischer Sicht aufgearbeitet und damit ein Beitrag zu ihrer Deutung geleistet werden.
    Quelle: IMK Report 38 /2009 [PDF – 329 KB]
  6. Robert von Heusinger: Deflation
    Nun also auch in Deutschland: Die Inflation ist gänzlich verschwunden. In einigen Bundesländern, so in Hessen und Rheinland-Pfalz, fallen die Preise sogar – genauso wie bereits in den USA, Japan, Spanien oder sogar China. Gegenüber dem Vorjahr ist der typische Warenkorb der Deutschen in einigen Ländern bereits im Mai billiger geworden, in den anderen dürfte die Inflation im Juni negativ werden. So etwas passiert nicht alle Jahre, wie die Statistik verrät. Das letzte Mal wurde das Phänomen im Frühjahr 1987 gemessen.

    Weltweit gibt es Überkapazitäten, weltweit nimmt die Arbeitslosigkeit drastisch zu, weltweit fallen die Verbraucherpreise. Die Chancen der Arbeitnehmer, Lohnerhöhungen durchzusetzen, schwinden im gleichen Maße wie die Chancen der Unternehmen, höhere Preise zu verlangen. Deshalb ist es eine Frage der Zeit, bis aus der guten negativen Inflationsrate eine schlechte wird. Deshalb müssen Finanz- und Geldpolitik noch expansiver werden. Während die Europäische Zentralbank auf gutem Weg ist, verdrängen die Regierungen Eurolands das Problem. Sie weigern sich, neue Konjunkturprogramme aufzulegen, die in der Lage sind, den Anstieg der Arbeitslosigkeit zu stoppen. Damit beschwören sie die echte Deflation herauf.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

  7. Maschinenbau: Größter Einbruch aller Zeiten
    Der deutsche Maschinenbau spürt nichts von einer Trendwende, im Gegenteil: Im April gingen die Aufträge im Vergleich zum Vorjahresmonat um 58 Prozent zurück. So einen derben Einbruch gab es noch nie. Deutschlands Paradedisziplin wackelt immer mehr. Der deutsche Maschinenbau hat im April einen neuen Tiefpunkt erreicht. Die Bestellungen gingen binnen eines Jahres um weit mehr als die Hälfte zurück. Die Branche lässt sich dennoch den Mut nicht nehmen. „Die Hoffnung besteht weiter, dass wir zur Jahresmitte den Boden erreicht haben“, sagte der Chefvolkswirt des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Ralph Wiechers. Seine Zuversicht schöpft er aus den Frühindikatoren
    Quelle: Handelsblatt
  8. DIW-Chef für Mehrwertsteuer-Erhöhung auf 25%
    Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, plädierte im Gespräch mit unserer Redaktion für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 25 Prozent. Der Deutsche Gewerkschaftsbund reagierte umgehend. Die Kritik: So müsse der kleine Mann für die Kosten der Krise geradestehen.

    Zur Begründung führte er an: “Beim Schuldenabbau wird der Staat um Steuererhöhungen nicht herumkommen.” Dieser Steuersatz sei in Skandinavien bereits üblich.
    Quelle: RP Online

    Anmerkung WL: Ein weiteres Beispiel für die ökonomische Ausrichtung des DIW-Chefs in Richtung auf eine Umverteilung von unten nach oben.
    Die Mehrwertsteuererhöhung trifft in besonderer Weise jene Familien und Einzelpersonen, die geringe Einkommen und damit wenig Kaufkraft zur Verfügung, ihre gesamten Einnahmen für den laufenden Konsum. Mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer würde der reale Wert ihres Budgets vermindert, sie könnten entsprechend weniger Waren kaufen. Das ist Gift für die ohnehin total schwächelnde Binnenkonjunktur.

    Die Erhöhung der Mehrwertsteuer verschiebt tendenziell die fiskalische Belastung zu Gunsten der Exportwirtschaft und zu Lasten der vor allem den Binnenmarkt beliefernden Produzenten und Dienstleister. Die Exportwirtschaft ist aber bisher schon extrem gut gestellt.

    Je höher die Mehrwertsteuer, umso größer ist der Anreiz für Schwarzarbeit. Seltsamerweise wird dieses Argument, das sonst immer bemüht wird, wenn z. B. die Höhe der Lohnnebenkosten beklagt wird, von den Verantwortlichen im Falle der Diskussion um eine Mehrwertsteuererhöhung nicht in die Debatte eingeführt.

    Anmerkung eines unserer Leser zu Zimmermanns Vorschlag: DIW-Chef Zimmermann gehört zu jenen “Wissenschaftlern”, die zur Durchsetzung der neoliberalen Ideologie bei ihrer “Argumentation” mit internationalen Vergleichszahlen nur jene Daten erwähnen, die ihnen ideologisch ins Konzept passen. So vergleicht er lediglich den deutschen Mehrwertsteuersatz mit jenen der skandinavischen Staaten. Zimmermann “vergisst” jedoch zu erwähnen, dass in den skandinavischen Staaten auch jene Steuern deutlich über dem hiesigen Niveau liegen, welche die Bezieher hoher Einkommen und die Besitzer großer Vermögen zu entrichten haben:

    1. Spitzensteuersatz (Quelle: OECD):
      • Deutschland 44,3% (einschließlich Solidaritätszuschlag, inkl. “Reichensteuer” 47,5%. Diese gilt jedoch nur für sehr hohe Einkommen und sie kennt darüber hinaus zahlreiche Ausnahmen)
      • Finnland 49,3%
      • Dänemark 55,0%
      • Schweden 56,6%
    2. Staatliche Einnahmen aus Einkommens- und Gewinnsteuern in Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (Quelle: OECD):
      • Deutschland 10,8%
      • Finnland 16,6%
      • Schweden 19,7%
      • Dänemark 29,3%
    3. Staatliche Einnahmen aus Vermögens-, Erbschafts- und Grundsteuern in Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (Quelle: OECD):
      • Deutschland 0,9%
      • Finnland 1,2%
      • Schweden 1,5%
      • Dänemark 1,9%

    Die skandinavischen Staaten verwenden die höheren staatlichen Einnahmen, um gesellschaftlichen Spaltungstendenzen entgegenzuwirken. Die skandinavischen Staaten entsprechen sehr viel stärker dem Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell, welches Merkel und Co. vollmundig, jedoch mit immer weniger Berechtigung, für Deutschland reklamieren: Dem Modell der Sozialen Marktwirtschaft. Die skandinavischen Staaten zeigen, dass das wohlfahrtsstaatliche Modell Hand in Hand geht mit einer effizienten und erfolgreichen ökonomischen Entwicklung. DIW-Chef Zimmermann ist jedoch weit davon entfernt, den wohlfahrtsstaatlichen Ansatz Skandinaviens zu propagieren. Das genaue Gegenteil ist der Fall: Er verschweigt die im Vergleich zu Deutschland deutlich höhere steuerliche Belastung der Bezieher hoher Einkommen und der Besitzer großer Vermögen in Skandinavien. Ihm geht es vielmehr darum, die Zeche für schwere “Kollateralschäden” der neoliberalen Ideologie vor allem den Arbeitnehmern, Arbeitslosen und Rentnern anzulasten.

  9. Es geht weiter wie bisher:
    1. Dossier: Krisenbanken erhöhen Fixgehälter
      Um im Wettstreit um die besten Investmentbanker mithalten zu können, überbieten sich die Institute mit Gehaltserhöhungen für ihre Topleute – vor allem ausgerechnet solche Geldhäuser, die Staatshilfe bezogen und Zehntausende Stellen gestrichen haben.
      Quelle: FTD
    2. „Investmentbanken haben rosige Zukunft“
      Interview mit Paul Taubman
      Nach Milliardenverlusten im Vorjahr wiesen US-Banken im ersten Quartal urplötzlich blendende Zahlen aus – und das während die Wirtschaft im Rekordtempo schrumpfte. Im Handelsblatt-Interview spricht Paul Taubmann, Chef des Investment-Bankings von Morgan Stanley, über die reelle Situation der Banken an der Wall Street.
      Quelle: Handelsblatt
    3. Fortbildungsausschreibung [PDF – 32 KB] des BMI für den Höheren Dienst zur Ausbildung bei der privaten Hertie-School of Governance

    Anmerkung AM/WL: Die Krise ist da und nichts ändert sich!
    Da dürfen also Bundesbeamte statt „Government“ (Regierung) „Governance“ (den Rückzug der Regierung zugunsten privater Stakeholder) auf Kosten des Steuerzahlers an einer (angeblich) privaten Hochschule studieren.

    Dazu muss man wissen: Private Hochschulen haben zwar bekannte Namen in ihren Kuratorien und Aufsichtsräten (bei der Hertie School etwa Kurt Biedenkopf oder Wolfgang Clement, sie tun sich aber schwer sich über private Geldgeber oder Studiengebühren zu finanzieren. Kaum ein noch so karrieresüchtiger Student gibt teures Geld aus, wenn er an den staatlichen Hochschulen eine vergleichbare Leistung bekommt. Kaum ein Unternehmen steckt auf Dauer Geld in eine Ausbildung, wenn die Gefahr besteht, dass die Ausgebildeten zum Konkurrenten abwandern. Deshalb bedienen sie sich gerne des Staates als Ausfallbürge und versuchen an staatliche Mittel zu kommen. So hat das Land Berlin für den Kauf des ehemaligen Staatsratsgebäudes vom Bund 24 Millionen Euro ausgegeben und es kostenlos der Hertie School of Governance zusammen mit der (ebenfalls privaten) “European School of Management and Technology”(ESMT) zu überlassen. Zum Erfolg dieser sich gern als „Elite“-Hochschulen anpreisenden Einrichtungen fehlen (außer nachgewiesenen Forschungsleistungen) meist nur das Wichtigste: eine ausreichende Zahl von Studierenden.

    Doch auch da hilft der Staat aus: Entsprechend dem Rahmenvertrag mit der Bundesregierung wurde die Hälfte der Studenten von Bundesministerien entsandt. Auch Landesregierungen sollen Studierende abordnen und dafür für das berufsbegleitende Programm pro Student 22.500 Euro bezahlen. „Die Studiengebühren werden übernommen“ heißt es so locker in der Fortbildungsausschreibung des BMI.

    Die Beamten sollen also auf Staatskosten bei der Hertie School of Governance einen „Executive Master of Public Management“ erwerben. Sie sollen also den Wandel von Government zu Governance studieren. Dazu gehören dann etwa „Public-Private Partnerships“, das Funktionieren von „Politiknetzwerken“ oder „alternative Finanzierungsmethoden“ (Börsengänge etc.)

    Die Beamten sollen also genau das Studieren, was unter den Stichworten Lobbyismus (Netzwerke) und „Drehtüreffekte“ und damit der Vereinnahmung des Staates durch private Interessengruppen massiver Kritik unterliegt. Und sie sollen geschult werden, wie sich der Staat durch PPP oder Privatisierungen aus seiner Verantwortung zurückzieht und etwa Leistungen der Daseinsvorsorge privaten Profitinteressen ausliefert. Und das, obwohl inzwischen immer deutlicher wird, dass dies ein (für den Steuerzahler) teurer Irrweg ist.
    Es ist ein Skandal, dass für solche Schulungen der Staat auch noch die Stipendien bezahlt.

    Die Ausschreibung ist ein konkreter Beleg dafür, dass die Bundesregierung offenbar nichts dazu gelernt hat und den Weg der Zurückdrängung des Staates und der Privatisierung konsequent weiter verfolgt.

  10. Statistikänderung lässt 200.000 Arbeitslose verschwinden
    Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland wird dieses Jahr dank einer statistischen Änderung um mindestens 190.000 geringer ausfallen als nach der bisherigen Berechnung. Das geht aus einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

    Demnach gab es im April 2009 nach vorläufigen Daten 189.000 Arbeitslose, die von externen Trägern betreut werden.

    Seit Anfang Januar gelten Arbeitslose, die nicht mehr von der örtlichen Arbeitsagentur, sondern von privaten Vermittlern und Trägern betreut werden, nicht mehr als arbeitslos.
    Quelle: RP Online

  11. Outsourcing in Berlin: Die Republik der Anwälte
    Voller Inbrunst singt die Große Koalition das Lied vom starken Staat: Die Märkte am Ende, der Staat zieht den Karren aus dem Dreck. Dazu gehört eine gewisse Chuzpe, denn der Bund kann nicht einmal mehr seine hoheitlichen Kernaufgaben wie Gesetzgebung und die Finanzaufsicht leisten, ohne auf die Dienste privater Unternehmen zurückzugreifen. Wo Staat draufsteht, sind häufig Wirtschaftsprüfer und große Anwaltskanzleien drin – das schwächt die Kompetenz von Legislative und Exekutive weiter und kann zu Interessenkonflikten führen.
    Die Finanzkrise ist ausgebrochen, weil die staatliche Regulierung lückenhaft war. Ohne kräftigen Einfluss der Lobby wäre das nicht so gekommen. Nun, da die Krise zu bewältigen ist, lässt die Regierung mit dem Argument des hohen Zeitdrucks externe Berater arbeiten. Müsste der Staat nicht alles daransetzen, seine Sachautorität zurückzugewinnen? Davon ist aber nichts zu sehen, weder im Finanzministerium, wo sich nur ein Dutzend – durchaus qualifizierter – Beamter gegen die Finanzkrise stemmt, noch in anderen Teilen der Exekutive oder im Bundestag.
    Quelle: Handelsblatt
  12. Ex-Oberstaatsanwalt vertuscht Datenaffäre
    Als Oberstaatsanwalt war er der Korruptionsjäger schlechthin, bei der Bahn hat Wolfgang Schaupensteiner offenbar selbst Daten vernichten lassen.
    Der oberste Aufklärer bei der Deutschen Bahn, der ehemalige Frankfurter Oberstaatsanwalt Wolfgang Schaupensteiner, hat auf dem Höhepunkt der Datenaffäre offenbar selbst für die Beseitigung von Beweisen gesorgt. Das geht aus einer E-Mail hervor, die Sonderermittler der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG am Mittwoch vor dem Verkehrsausschuss des Bundestages verlesen haben.

    Demnach ordnete Schaupensteiner am Morgen des 20. Januar selbst die Vernichtung der “Ereignisdatenbank Ermittlungen” an, in der seit 2001 alle Compliance-Fälle erfasst wurden. Damals war durch Medienberichte erstmals das Ausmaß der internen Datenabgleiche ruchbar geworden, mit denen die Bahn Geschäfte zu Lasten des Unternehmens aufspüren wollte.
    Quelle: SZ

  13. Heribert Prantl: Der Deal wird Gesetz
    Es gibt Tage, da darf man solche Kreuze des traurigen Gedenkens auch in Gesetzesbücher malen. An diesem Donnerstag ist so ein Tag: Man muss den schwarzen Filzschreiber nehmen und dicke Kreuze in die Strafgesetztexte malen. Es endet eine Epoche: Der aufgeklärte, klassische Strafprozess geht zu Ende; er wird abgelöst vom ausgehandelten Konsensprozess. Der Deal wird Gesetz. Bisher waren die Gerichte nach dem “Amtsermittlungsgrundsatz” und dem “Legalitätsprinzip” verpflichtet, von Amts wegen die Wahrheit zu erforschen und nicht einfach das für die Wahrheit zu nehmen, was Ankläger oder Verteidiger dafür erklären.

    Diese Prinzipien sind nicht mehr. Sie wurden an diesem Donnerstag mit dem Gesetz “zur Regelung von Absprachen im Strafprozess” verabschiedet. Künftig ist der Deal, der Handel mit der Gerechtigkeit also, ganz offiziell Teil und Wesenskern des deutschen Strafrechts. Aus Mauschelei wird Gesetz, aus dem Strafrichter ein Strafen-Makler, aus dem Strafgesetzbuch wird eine Art Handelsgesetzbuch. Die Dealisierung bedeutet für den Strafprozess eine Zeitenwende. Der aufgeklärte, aufklärende Strafprozess, der vor zweihundert Jahren den Inquisitionsprozess beendet hat, wird nun beerbt von einem Prozess, in dessen Mittelpunkt nicht mehr penible Beweisführung und Wahrheitsfindung stehen, sondern die Zustimmung des Beschuldigten zur Sanktion: das abgesprochene Geständnis, das vereinbarte Urteil – und das Geschacher, das alldem vorausgeht. Aber immerhin muss das Geschacher öffentlich gemacht und protokolliert werden.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung H.-P.F.: Luther ist einst wohl gegen den Ablasshandel der Kirche zu Felde gezogen, jetzt organisiert man sich wieder milde Strafen dank Stellung und Geld. Tja, ist oder war die BRD ein Rechtsstaat?

  14. G8-Innen- und Justizminister beraten über Terror- und Migrationsabwehr. Italien gibt den Kurs vor
    Der G8 in Italien wird die weitere Verschränkung innerer und äußerer Sicherheit, inspiriert von der Doktrin der “Homeland Security”, befördern. Zentrale Figur ist hierbei Außenminister Franco Frattini, bis zur Wahl Berlusconis im April 2008 EU-Kommissar für “Justiz, Freiheit und Sicherheit” und gut befreundet mit Wolfgang Schäuble. Als inoffizielles Motto des G8 hatte Frattini “We produce security” ausgegeben und strebt den Ausbau der Zusammenarbeit von EU, G8 und NATO an. Zur “Bekämpfung illegaler Migration” schlägt Frattini einen “7 Punkte-Plan” der EU vor, der einheitliche Mechanismen zur Migrationsabwehr vorsieht. Operationen auf See sollen zusammen mit Frontex und Nicht-EU-Ländern weiterentwickelt werden, Abkommen zur EU-weiten Aufnahme von Flüchtlingen geschlossen werden. Die Südgrenzen in Libyen sollen weiter überwacht werden.

    Im “Kampf gegen Terrorismus”, “Cybercrime” und Kinderpornografie im Internet soll die internationale Kooperation gestärkt werden. Italiens Premier Berlusconi hatte bereits mehrfach angekündigt, auf dem Gipfel gemeinsame Standards zur Kontrolle des Internet zu forcieren. Bei der deutschen Delegation dürfte dies angesichts der Umsetzung von Vorratsdatenspeicherung, Onlinedurchsuchung und Internetsperren auf regen Zuspruch stoßen. “Grenzüberschreitende Onlinedurchsuchungen” – eine Herzensangelegenheit Schäubles – könnten dabei ebenfalls Gesprächsthema sein.

    Für das Ende des Treffens der Innen- und Justizminister am Samstag eine Großdemonstration in Rom angekündigt. Unzählige Gruppen in Italien unterstützen den Aufruf. Der Aufzug dürfte damit eine ähnliche Dimension haben wie eine Demonstration von Migranten am letzten Wochenende in Mailand. Unter dem Motto “Auf welcher Seite stehst du?” demonstrierten 15.000 gegen das italienische Modell, innenpolitische Probleme mit Militär und Polizei zu lösen.
    Quelle: Telepolis

  15. Der Kita-Streik zeigt, wie man soziale Unruhe schürt
    Der Streik an den Kindertagesstätten geht weiter, die erste Verhandlungsrunde hat noch kein Ergebnis gebracht. Es ist ein kleiner Konflikt, aber offensichtlich soll hier von der Gewerkschaft Ver.di beispielhaft vorgeführt werden, wie man in der Krise „Druck macht”.
    Quelle: Welt

    Anmerkung eines Nachdenkseiten-Lesers: Interessant ist der Artikel wohl nur aufgrund seiner perfiden und durchschaubaren Argumentation, indem darin die Warnstreiks der ErzieherInnen in die Nähe von “soziale Unruhen” gerückt werden und Ver.di für das Schüren dieser Unruhen verantwortlich gemacht wird. Vor allem “berufstätige Eltern” und Kinder hätten zu leiden. Die Warnstreiks werden gerade zu als Anstiftung zum Landfriedensbruch kriminalisiert. Fast schon peinlich wird es, wenn auch noch “Reiche” und “Banker” als Opfer dieser Warnstreiks in die Argumentation einbezogen werden (Zitat): “Bisher war die Kampagne gegen „die Banker“ oder „die Reichen“ graue Theorie. Nun, wo die Linke zur Tat schreitet, zeigt sich die wahre Natur ihres Anliegens. Die harten Verteilungskämpfe beginnen. Es regiert eine neue Rücksichtslosigkeit, bei der derjenige zugreift, der sich am weitesten von der Krise entfernt fühlt.”

  16. Atom-Endlager vor dem GAU – was wusste Kohls Umweltministerin Angela Merkel?
    Durch ständige Wassereinbrüche kann eine radioaktive Verseuchung des Grundwassers rund um das Atom-Endlager Asse nicht ausgeschlossen werden. Kontraste deckt auf, wie die Politik die Gefahren für die Umwelt über Jahrzehnte geheim hielt.

    Wir bei Kontraste haben entsprechende Dokumente entdeckt. Sie belegen, dass es sehr wohl massive Sicherheitsbedenken gab, die der damaligen Bundesumweltministerin bekannt gewesen sein mussten!

    In einem Schreiben, das KONTRASTE vorliegt, besteht neuen Berechnungen zufolge die Gefahr, Zitat:

    „… dass Radionuklide aus dem eingelagerten Abfall in die Umwelt freigesetzt werden.“

    Durch das Absaufen der Grube ist das Trinkwasser bedroht, in den „Wasserwerken“ nahe der Asse könnten schon bald die „Dosisbelastungen über dem 100-fachen“ der Grenzwerte liegen.
    Die damalige Umweltministerin Merkel informiert die Öffentlichkeit nicht über die Gefahren. Die heutige Bundeskanzlerin will sich persönlich dazu nicht äußern. Über die Presseagenturen ließ sie soeben ausrichten, die Vorwürfe seien, so wörtlich: „unzutreffend“. Der Obmann im niedersächsischen Untersuchungsausschuss zu Asse, Stefan Wenzel, will die Kanzlerin wegen der KONTRASTE-Recherchen vorladen. Merkel solle, Zitat: „reinen Wein einschenken. Es muss Schluss sein mit dem Vertuschen.“
    Quelle: Das Erste Kontraste

  17. Nuklearer Schwarzbau in Gorleben?
    Ein Verdacht der Anti-Atombewegung findet Bestätigung: Der Ausbau des Endlagers Gorleben geht weit über das hinaus, was die Erkundung erfordert.

    Der Salzstock in Gorleben ist bereits seit Mitte der 80er-Jahre zu einem Atom-Endlager ausgebaut worden. Dies geht aus einem sogenannten Non-Paper hervor, das Experten des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) verfasst haben.

    Die “bisherigen Erkundungskosten” hätten außerordentlich hoch gelegen, “was jedoch darin begründet liegt, dass hier parallel zur Erkundung bereits der Ausbau zum Endlager begonnen wurde”, heißt es in dem Papier. Non-Papers sind von Fachexperten zusammengetragene Fakten, die Politikern als Entscheidungshilfe dienen.
    Quelle: taz

    Anmerkung WL: Ein weiterer schwerer Schlag für die Glaubwürdigkeit der Atompolitik der Regierungen.

  18. Urteil: Empfänger von EU-Agrarhilfen offenlegen
    Die Empfänger der höchsten EU-Agrarexportsubventionen in Deutschland müssen veröffentlicht werden. Das Bundesverwaltungsgericht entschied am Donnerstag in Leipzig, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Empfänger dieser Subventionen kein Ausschlussgrund für die Freigabe sind. Mit dem Urteil (7 C 18.08) hat die Umweltschutzorganisation Greenpeace Recht bekommen, sagte eine Gerichtssprecherin. Die 40 größten Empfänger von EU-Exporthilfen müssen nach Angaben von Greenpeace nun mit Namen und Fördersumme offengelegt werden. Das Verfahren ist unabhängig von der Veröffentlichung der Empfänger aller Agrarhilfen Mitte Juni.
    Quelle: Handelsblatt
  19. Professoren wollen Uni-Präsidentin stürzen
    Eine Gruppe von Hochschullehrern der Universität Hamburg sammelt Unterschriften für die Abwahl der Unipräsidentin Monika Auweter-Kurtz. Mit der Aktion spitzt sich die Krise an der Spitze der Universität weiter zu.

    Die Hochschule soll sich unter ihrer Leitung zu einer “autoritär geführten Einrichtung” entwickelt haben. Der Aufruf zum Sturz richtet sich an den Hochschulrat. Das zur Hälfte mit externen Mitgliedern besetzte Gremium ist für die Ernennung und Absetzung der Hochschulleitung zuständig.

    Mit der Unterschriftenaktion spitzt sich die Krise an der Spitze der Universität weiter zu. Bereits Anfang Mai wählte die geisteswissenschaftliche Fakultät den Theologen Hans-Martin Gutmann zum neuen Dekan. Doch Auweter-Kurtz weigerte sich Gutmann als neuen Dekan anzuerkennen. Er steht dem Präsidium kritisch gegenüber. Daraufhin verließen vier von zehn Professoren des Fachbereichs und drei ihrer Stellvertreter den Akademischen Senat. In den Streit haben sich nun auch drei ehemalige Vizepräsidenten der Uni eingeschaltet. Sie kritisieren ebenfalls Auweter-Kurtz’ Führungsstil.
    Quelle: FTD

    Anmerkung WL: Ein Vorgang der belegt, dass die neuen Hochschulreformgesetze statt mehr „Autonomie“ autokratische Strukturen an die Hochschulen gebracht haben. Gegen den Willen der Hochschulleitung können die Selbstverwaltungsgremien keine Entscheidung mehr treffen, das Präsidium muss auch die Wahl von Dekanen der Fakultäten bestätigen. Die Verweigerung der Bestätigung eines gewählten Dekans durch die Präsidentin ist nur die Bestätigung dafür, dass das Hamburger „Wissenschaftsförderungsgesetz“ die inneruniversitäre Autonomie geradezu per Gesetz verhindert.

    „Raketen-Moni“ wie die Präsidentin Monika Auweter-Kurtz wegen ihrer früheren Zusammenarbeit mit der Rüstungsindustrie auch genannt wird, ist ein typisches Produkt der „unternehmerischen“ Hochschule. Sie wurde dem Hochschulrat von einem (Hochschulmanager-) Headhunter, dem früheren HRK-Vorsitzenden Landfried, empfohlen und der Hochschule von außen aufgedrängt. Einmal in der Rolle eines Chief Executive Officers bzw. einer „Vorstandsvorsitzenden“ hat Auweter-Kurtz an der Hamburger Uni einen Maulkorb-Erlass durchgesetzt, wonach sich Professoren und Universitätspersonal auf Anfragen von Journalisten nur noch nach Rückfrage bei der Universitäts-Pressestelle öffentlich äußern dürfen.

  20. “Die Studienbedingungen sind unerträglich”
    Milliarden für Banken und die Abwrackprämie, aber kein Geld für die Hochschulen: Andreas Pinkwart, Forschungsminister in Nordrhein-Westfalen, fordert im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE ein umfangreiches Investitionsprogramm für die Hochschulen – ansonsten drohe eine Bildungskatastrophe.

    SPIEGEL ONLINE: Finanzminister Steinbrück hat sein Veto gegen die Finanzierung des Hochschulpakts II und der verabredeten Förderung der Spitzenforschung eingelegt, die die Ministerpräsidentenkonferenz mit der Kanzlerin am kommenden Donnerstag in Berlin beschließen will. Wird jetzt Bildungspolitik nach Kassenlage gemacht?

    Pinkwart: Das wäre ein Waterloo für die Bundesregierung und eine Katastrophe für die Bildung in Deutschland. Durch das verkürzte Abitur drängen bis 2015 doppelte Jahrgänge an die Unis. Alleine in NRW rechnen wir mit 90.000 zusätzlichen Studenten.
    Quelle: Spiegel-online

    Anmerkung WL: Und das sagt nun gerade einer, der in der FDP einer der Hauptbefürworter von Steuersenkungen ist und ansonsten die Hochschulen vom Staat befreien und möglichst privat fianzieren möchte: Krokodilstränen im Wahlkampf.

  21. Bertelsmann startet Online-Lernportal für Schüler
    Pauken am Computer hat sich bisher trotz vieler Angebote nicht durchgesetzt. Die Internet-Lernsoftware Scoyo will das ändern
    Quelle: Welt

    Anmerkung Jens Wernicke: Zielrichtung ist klar “Die virtuelle Schule” – kaum noch Lehrer, Inhalte kommen als “Module” von der Wirtschaft, wo Staat und Schüler sie (zu-)kaufen können.

  22. LobbyControl enthüllt verdeckte PR-Aktivitäten der Deutschen Bahn
    Die Deutsche Bahn AG ließ 2007 während der Auseinandersetzungen um die Bahnprivatisierung verdeckte PR-Aktivitäten durchführen. Dies bestätigte das Unternehmen heute in einer Antwort auf Recherchen von LobbyControl. Beauftragt wurde demnach die Lobby-Agentur „European Public Policy Advisers GmbH“ (EPPA), das Auftragsvolumen belief sich auf 1,3 Mio. Euro. Innerhalb dieses Auftrags beauftragte EPPA nach schriftlicher Auskunft der Deutschen Bahn wiederum die Denkfabrik berlinpolis e.V. mit PR-Maßnahmen. Die Vertragsbeziehung mit der EPPA und ihren Subunternehmen wurden bereits 2007 wieder beendet.

    Berlinpolis griff 2007 massiv in die Debatte um die Bahnprivatisierung ein – ebenso in den Tarifkonflikt zwischen der Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Insbesondere publizierte die Denkfabrik mehrere Meinungsumfragen zur Bahnprivatisierung und zum GDL-Streik, die zu bahnfreundlichen Ergebnissen führten und so in den Medien aufgegriffen wurden. Auch Bundesverkehrsminister Tiefensee wurde 2007 in verschiedene Aktivitäten der Denkfabrik eingebunden, so durch ein Vorwort für die Berlinpolis-Publikation “Die Zukunft der Mobilität – Herausforderungen und Perspektiven für den Verkehr von morgen” oder ein Referat von Tiefensee zur Bahnprivatisierung beim „1. Deutschen Public Sector Summit“, der 2007 von Berlinpolis mit der MM1 Consulting and Management veranstaltet wurde. Berlinpolis hat in der Vergangenheit immer Beziehungen zur Deutschen Bahn AG bestritten. Auf die jüngste schriftliche Anfrage von LobbyControl verweigerte Berlinpolis die Antwort. EPPA reagierte nicht auf eine parallele Anfrage.
    Quelle: LobbyControl

  23. Bahn fingierte positive Leserbriefe
    Die Bahn hat versucht, mit erfundenen Leserbriefen und Äußerungen in Internetforen ihr Image aufzupolieren. Kosten der verdeckten PR: 1,3 Millionen Euro.
    Die Deutsche Bahn hat verdeckte Öffentlichkeitsarbeit eingeräumt und sich von PR-Aktionen des Jahres 2007 distanziert. Bahnchef Rüdiger Grube stellte am Donnerstag in Berlin fest, er lehne PR-Maßnahmen entschieden ab, bei denen der Urheber nicht erkennbar sei. Er reagierte damit auf einen Bericht des Magazins “Der Spiegel” über Aktionen für ein besseres Image des Unternehmens im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um den geplanten Bahn-Börsengang und dem damaligen Tarifkonflikt.

    Dabei handelte es sich nach Bahn-Angaben um vorproduzierte Medienbeiträge, Leserbriefe, Äußerungen in Internetforen und Meinungsumfragen, bei denen der Urheber beziehungsweise Auftraggeber nicht erkennbar ist. Die Bahn bestätigte, dass dafür im Jahr 2007 knapp 1,3 Millionen Euro ausgegeben worden seien.
    Quelle: taz

    Anmerkung WL: Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass für die Privatisierung der Bahn eine massive öffentliche Kampagne inszeniert wurde. Manchmal wurde uns entgegengehalten, wir würden hinter dieser Kampagne eine Verschwörung vermuten. Doch die Realität überholt unsere angeblichen Verschwörungstheorien ständig. Schon vor zwei Jahren haben wir darauf hingewiesen, dass berlinpolis kein Politikinstitut und keine „Denkfabrik“ (wie es sich selbst nennt) sondern eine Publicrelations Agentur und Spieler im neoliberalen Aktions-Zirkus ist. Dies sollten Sie künftig immer im Auge haben, wenn berlinpolis und sein Chef Daniel Dettling in den Medien zitiert werden, z.B. wenn sie sich für die sog. Generationengerechtigkeit einsetzen.

    Im Beirat von berlinpolis sitzen übrigens u.a. Rita Süssmuth, Horst Teltschik, Matthias Horx, Wolfgang Huber und Marianne Birthler.

  24. Scharping und Schaeffler: In diskreter Mission
    Ursprünglich sah alles nur nach einem kleinen Freundschaftsdienst aus. Ein Anruf bei einem alten Genossen. Rudolf Scharping vermittelte Maria-Elisabeth Schaeffler einen Kontakt zu IG-Metall-Chef Berthold Huber. Wenig später saßen die Unternehmerin und der Gewerkschaftsboss am Verhandlungstisch, nach Jahren weitgehender Sprachlosigkeit zwischen beiden Seiten. Sie einigten sich auf eine “Zukunftsvereinbarung”, deren Inhalt man verkürzt so zusammenfassen kann: Schaeffler führt in ihrer Firma Mitbestimmung ein und die IG Metall macht sich im Gegenzug für Staatshilfe für den durch die Übernahme von Continental ins Trudeln geratenen Familienkonzern stark. Was im Februar wie eine Gefälligkeit aussah, geht in Wirklichkeit viel tiefer. Seit Monaten schon ist der ehemalige Ministerpräsident, Bundesminister und SPD-Vorsitzende in einer diskreten Mission für Maria-Elisabeth Schaeffler unterwegs. Rudolf Scharping ist inzwischen einer der wichtigsten und einflussreichsten Berater der Unternehmerin und ihres Sohnes Georg. Er verhandelt für sie mit Arbeitnehmervertretern, wenn es um Personalkosteneinsparungen von immerhin einer Viertelmilliarde Euro geht. Und er mischt darüber hinaus im Hintergrund beim gemeinsamen Zukunftskonzept für Schaeffler und Conti mit, das auch Grundlage für etwaige Staatshilfe in Milliardenhöhe sein soll.

    Der Sozialdemokrat und die Milliardärin aus dem Fränkischen – wie geht das zusammen? Rudolf Scharping, 61, mag dazu öffentlich nichts sagen. Und auch bei Schaeffler ist man gewohnt zurückhaltend. “Herr Scharping ist der Familie Schaeffler seit Jahren freundschaftlich verbunden”, sagt ein Firmensprecher. Das stimmt. Man kennt sich lange und gut. Scharpings Ehefrau, die Frankfurter Rechtsanwältin Kristina Gräfin Pilati, ist eine enge Freundin von Maria-Elisabeth Schaeffler. Man trifft sich öfter. Privat oder neuerdings auch im “Frankfurter Zukunftsrat”. Dieser elitäre Kreis von Unternehmern, Bankern, Politikern und Wissenschaftlern will nach eigenem Bekunden Antworten auf vielfältige Zukunftsfragen finden. Und ganz nebenbei ist er eine perfekte Plattform für modernes “Networking”. Den Vereinsvorsitz hat Bankiersgattin Sylvia von Metzler inne; das private Geldhaus parkt im Moment in Schaefflers Auftrag einen Großteil jener 40 Prozent überschüssiger Conti-Aktien, welche die Franken im Zuge der Übernahme teuer einkaufen mussten. Stellvertretende Vorsitzende des Zukunftsrat-Vereins sind die Eheleute Pilati und Scharping. Maria-Elisabeth Schaeffler wiederum ist Vorsitzende des Zukunftsrat-Kuratoriums. Ihr Stellvertreter heißt Wolfgang Clement. Der frühere SPD-Bundeswirtschaftsminister war jahrzehntelang ein politischer Weggefährte Scharpings, er sitzt auch im Beirat von dessen Firma RSBK. Diese Beraterfirma mit gut einem Dutzend Mitarbeitern, dem Sitz in Frankfurt und einem Zweigbüro in Dubai hat Scharping 2004 gegründet, ein Jahr vor seinem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag. RSBK berät Unternehmen in Fragen von Strategie und Kommunikation. Genau das kann Schaeffler gut brauchen. So fügt sich sowohl personell als auch inhaltlich vieles zusammen.
    Quelle: Süddeutsche

    Anmerkung H.L.: Es ist immer gut, wenn man die “richtigen” Leute kennt…

  25. Springer hatte mit 1968 nichts zu tun (2)
    Quelle: BildBlog
  26. Böckler Impuls Grafiken und Daten zu Arbeit, Wirtschaft und Sozialem
    Der Informationsdienst der Hans-Böckler-Stiftung bringt alle zwei Wochen auf acht Seiten prägnante Analysen und Berichte rund um die Themen Arbeit, Wirtschaft und Soziales. Kurz und anschaulich für Leute mit Zeitnot geschrieben, wertet er konsequent wissenschaftliche Quellen und fundierte Fachsichten aus. Bereichert durch viele Grafiken und Schaubilder, die auch zum Nachdruck abrufbar sind.

    • Europa – Korridore für soziale Standards
    • Für viele wird es im Alter knapp
    • Wirtschaftskrise – Nachhaltige Erholung braucht ein drittes Konjunkturpaket
    • Privatisierung – Die Rückkehr des Staates – marktliberale Leitbilder verblassen
    • Arbeitsbedingungen – Kennzahlen bringen Beschäftigten Stress
    • Gesundheitsversorgung – Aus Spaß geht niemand zum Arzt
    • Hochschulen – Forschung: Der falsche Wettbewerb

    Quelle: Böckler impuls [PDF – 1.0 MB]

  27. Abu Ghraib: Bilder von Vergewaltigungen von Frauen und Kindern
    Ein Grund, warum US-Präsident Obama nun doch eine Veröffentlichung von weiteren Bildern aus Abu Ghraib unterbinden will könnte darin liegen, dass auf Fotos und Videos Vergewaltigungen von Frauen und Kindern zu sehen ist. Obama hatte geltend gemacht, dass mit einer Veröffentlichung der Anti-Amerikanismus gestärkt und US-Soldaten in Afghanistan gefährdet würden. Das könnte in der Tat so sein, wenn die jetzt erneut bekannt gewordenen Details wirklich zutreffen.
    Quelle: Telepolis
  28. Zu guter letzt: Verschuldet
    Verschulded
    Quelle: Stuttmann


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