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Titel: Hinweise der Woche

Datum: 5. August 2018 um 9:00 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Nur für den Dienstgebrauch“: Die „Weißhelme“ und ihre weltweiten Förderer
  2. Ukraine: Der Schuldenberg wächst, Löhne und Renten sinken
  3. Frontal 21 zum hochgradig gesundheitsschädlichen Troika-Diktat in Griechenland
  4. Deutschland treibt den Krieg im Jemen an
  5. Afrika/Flüchtlinge
  6. Argentiniens Wut auf den Präsidenten
  7. Dieselskandal bei VW: Manager sahen Desaster voraus
  8. Negativzinsen für Sozialkassen – Zinspolitik nagt an der Rentenreserve
  9. Eine Nazi-Allianz für Europa – die düsteren Pläne des Steve Bannon
  10. Schluss mit dem Augenzwinkern Richtung Moskau!
  11. Mit Andrea Nahles ist ein neuer Geist ins Willy-Brandt-Haus gezogen
  12. Buchempfehlung: Walter Lippmann, der Großmeister der Meinungsmanipulation, neu aufgelegt

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnendsten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Nur für den Dienstgebrauch“: Die „Weißhelme“ und ihre weltweiten Förderer
    Die „Weißhelme“ halten sich nicht an die Regeln, die das humanitäre Völkerrecht vorgibt und die zum Standard der Gesellschaften des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds gehören. Niemand zieht mit einer Helmkamera in einen Hilfseinsatz, denn es geht um die Rettung von Opfern und deren Persönlichkeitsschutz…. Die „Weißhelme“ dagegen nutzen Fotos und Filmmaterial, um sie weltweit an Medien zu verbreiten. Verbunden damit erheben sie Anschuldigungen und stellen die Opfer zur Schau.
    Obwohl zahlreiche Recherchen den wahren Charakter vieler „Weißhelme“ offenlegen und es reichlich Bildmaterial gibt, auf dem „Weißhelme“ mit Waffen unterwegs sind, mit Kämpfern der Nusra-Front jubeln, Sekunden zuvor Hingerichtete abtransportieren oder auf Leichen stehen und das Siegeszeichen machen, hält die Bundesregierung daran fest, dass es sich bei dem „Syrischen Zivilschutz“, wie die „Weißhelme“ sich auch nennen, um „eine unparteiliche und neutrale Nichtregierungsorganisation“ handelt, „die im Kontext des syrischen Bürgerkriegs wichtige Soforthilfe leistet und sich humanitären Prinzipien verpflichtet hat“…
    Die Bundesregierung lässt keinen Zweifel daran, dass sie hinter den „Weißhelmen“ steht. … 12 Millionen Euro hat die Bundesregierung in die Gruppe bis 2017 investiert….
    Immerhin erfährt man, dass die Bundesregierung die Anschaffung von Helmkameras mit 190.000 Euro gefördert hat. Mit dem umfangreichen „Bild-, Film- und Tonmaterial über deren Einsätze“ hätten die „Weißhelme“ „über die Jahre eine intensive Öffentlichkeitsarbeit entwickelt, die der großer, weltweit agierender humanitärer Organisationen ähnelt“.
    Quelle: Karin Leukefeld auf Sputnik

    Hinweis: Lesen Sie dazu auch: „‘Weißhelme‘: Die offizielle Version des Syrien-Kriegs bricht vor unseren Augen zusammen – endlich“ auf den NachDenkSeiten.

  2. Ukraine: Der Schuldenberg wächst, Löhne und Renten sinken
    Auf ihrem EU-Ukraine-Gipfeltreffen versuchte die EU am 9. Juli dennoch Optimismus zu verbreiten. In der Gipfel-Erklärung begrüßten die Staatschefs “die erhebliche Zunahme der bilateralen Handelsströme und die effektive Umsetzung der visafreien Regelung”. Dass diese Art der Zusammenarbeit absehbare Folgeschäden für beide Arbeitsmärkte, den der Ukraine und den der EU-Staaten, bereithält, will in Brüssel bisher niemand zur Kenntnis nehmen. (…)
    Obwohl der Kommission etwa die endemische Korruption bekannt ist, reichte sie weitere Mittel an die ukrainische Regierung raus, obwohl zu befürchten steht, dass das Geld größtenteils unkontrolliert verschwindet. Ende Juni billigte der EU-Rat hat eine Makrofinanzhilfe in Höhe von einer Milliarde Euro für die Ukraine. Auf die Frage des Linken-Abgeordneten Andrej Hunko, welchen Effekt die Bundesregierung durch den neuen Kredit für das kommende Wahljahr 2019 erwartet, erklärte das Finanzministerium unverblümt: “Ziel der Makrofinanzhilfe ist es, einen Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilisierung des Landes zu leisten.”
    Tatsächlich ist das Land hochverschuldet und ausgerechnet im kommenden Wahljahr 2019 steht die Rückzahlung zahlreicher Kredite an. In der Antwort der Bundesregierung summieren sich die Einzelposten in den vergangenen Jahren auf bis zu 12,8 Milliarden Euro – alleine an EU-Mitteln. So stammen etwa drei Milliarden Euro von der Europäischen Investitionsbank, weitere 2,7 Milliarden von der Europäischen Bank für Wiederaufbau, sowie 879 Millionen Euro aus “bilaterale EU-Hilfen” für allerlei Staatsaufgaben.
    Weitere 11 Milliarden Euro zahlte der IWF seit April 2014 aus, wobei die bereits bewilligte Summe weit höher liegt. Zu anderen Überweisungen internationaler Geber, etwa durch Banken oder aus Sonderfonds der US-Regierung, war die Bundesregierung nicht auskunftsfähig. Das Pentagon bewilligte kürzlich erneut 200 Millionen Dollar für ukrainische Militärausgaben. Für das Geld werden Militärtechnik und Ausrüstung aus den USA angeschafft. (…)
    Andererseits schleift das Land auf Druck der Geldgeber “handelsbeschränkende Maßnahmen”, die bisher die Reste eines Sozialsystems und den Binnenmarkt schützten. So machen die EU und der IWF Druck, dass die ukrainische Regierung endlich die Beschränkungen für den Verkauf von Ackerland aufhebt, an dem internationale Investoren großes Interesse haben. Außerdem soll das Ausfuhrverbot für Rundhölzer demnächst abgeschafft werden.
    Die Ukraine verfügt über 43 Millionen Hektar an fruchtbaren Schwarzerde-Böden und war historisch die Kornkammer der Sowjetunion. Allerdings sind der private Besitz und der Verkauf von mehr als 2 Hektar verboten, Ausländer dürfen bisher überhaupt kein Land kaufen. Die ukrainischen Bauern bewirtschaften die riesigen Flächen bisher auf der Basis von Pacht. Aktuell üben die EU, der IWF und die Weltbank massiven Druck aus, dieses “Moratorium für den Verkauf von Ackerland” abzuschaffen. (…)
    Ein anderes “Reformprojekt” besteht in der von der EU und dem IWF geforderten Rentenreform. Nicht zuletzt dank der sprunghaft gestiegenen Auswanderung steigt der Altersdurchschnitt der Ukraine schnell an. Schon den vergangenen vier Jahren hat die Poroschenko-Regierung die Renten auf ein Drittel der Durchschnittsrente zusammengekürzt. Aktuell bezieht ein Ruheständler durchschnittlich 70 Euro im Monat. Die internationalen Geldgeber fordern, das gesetzliche Rentenalter zu erhöhen und die Frühpensionierung einzuschränken.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung Christian Reimann: Also alles zum Wohle des Westens: Militärisch (Aussicht auf NATO-Mitgliedschaft) und ökonomisch (ein neuer Markt). Es dürfte nun deutlicher werden, dass es insbesondere Deutschland und den USA nicht um Demokratie und Freiheit für die Bürger in der Ukraine geht, sondern um eigene Interessen. Aber dennoch scheint das Bild vom „bösen Russen“ zumindest in den hiesigen medialen Berichterstattungen zu funktionieren.

    dazu auch: Dr. Gniffkes Macht um acht: Das Ukraine-Bild der ARD-Falschmünzer
    Der ukrainische Außenmister ließ wissen, monatlich verließen 100.000 Ukrainer das Land. Und pflichtwidrig schweigt ARD-aktuell (Tagesschau, Tagesthemen & Co.) eisern darüber. Laut Olexander Wilkul, dem Vizevorsitzenden des Oppositionsblocks, haben bisher acht Millionen Ukrainer ihre Heimat auf der Flucht vor Armut und Arbeitslosigkeit verlassen. Das Land ist mit 13 Milliarden Euro bei der EU und mit weiteren elf Milliarden US-Dollar beim Internationalen Währungsfond verschuldet. Diese Last wäre nur zu tragen, wenn ihr ein angemessenes Bruttosozialprodukt gegenüberstünde. Wie das Poroschenko-Regime jedoch die im nächsten Jahr fälligen ersten Rückzahlungsraten aufbringen und seinen Tilgungsverpflichtungen nachkommen will, ist völlig unklar. […]
    Die EU und der IWF machen der ukrainischen Regierung Druck, endlich die Beschränkungen für den Verkauf von Ackerland aufzuheben, an dem internationale Investoren der Agrarindustrie großes Interesse haben. Außerdem soll das Ausfuhrverbot für Rundhölzer demnächst abgeschafft werden. Die ukrainischen Wälder dürften bald Vergangenheit sein.
    Die Ukraine verfügt über 43 Millionen Hektar an fruchtbaren Schwarzerde-Böden, nicht von ungefähr war sie einst die Kornkammer der Sowjetunion. Derzeit ist der Verkauf von mehr als zwei Hektar Anbaufläche noch verboten, und Ausländer dürfen überhaupt kein Land kaufen. Die ukrainischen Bauern bewirtschaften die riesigen Flächen auf Basis von Pachtverträgen, Agrarflächen-Eigentum gibt es kaum. Die EU, der IWF und die Weltbank üben seit Monaten massiven Druck auf das ukrainische Parlament aus, dieses “Moratorium für den Verkauf von Ackerland” abzuschaffen.
    Poroschenko und seine Spießgesellen werden dem nachgeben müssen, sobald sie nicht mehr in der Lage sind, die Schulden zurückzuzuzahlen. Die Alternative wäre, die Ukraine für zahlungsunfähig zu erklären; dann aber fiele das Ackerland erst recht in die Hände der Spekulanten.
    Über diese desaströse Situation und die gierige Plünderungsabsicht der Geldelite in der westlichen Wertegemeinschaft schweigt nicht nur ARD-aktuell, sondern de facto sind die korporierten Massenmedien insgesamt in einem Kartell zur Unterdrückung alarmierender Nachrichten verbunden. […]
    Kein Wort über den desaströsen wirtschaftlichen Zustand des Landes, nichts über das soziale Elend der Bevölkerung, nichts über den nazistischen Terror, den Verfall des Justizwesens. Keine Nachrichten über die zunehmende Rechtlosigkeit und die um sich greifende Anarchie. […]
    Schweigen in Tagesschau und Tagesthemen auch darüber, dass faschistoide Gewalttäter in jüngerer Zeit wiederholt Roma-Lager angegriffen, die Ärmsten der Armen in der Ukraine terrorisiert und einen von ihnen erschlagen haben.
    Quelle: Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam auf RT Deutsch

  3. Frontal 21 zum hochgradig gesundheitsschädlichen Troika-Diktat in Griechenland
    Nachdem Griechenland – genauer: das griechische Gemeinwesen (also Millionen Menschen) – einem jahrelangen Austeritätsprogramm unterworfen wurden, das nicht nur seinesgleichen sucht, sondern dessen humanitär vielfach verurteilte Auflagen auch noch lange Zeit und tiefgreifend nachwirken werden, scheinen “die Märkte” nun “beruhigt” und schwingen ihre Zinspeitsche vorerst nur noch sachte drohend.
    Der Umgang mit Griechenland, von der “Eurogruppe” unter Deutschlands Führung angeordnet, der Troika exekutiert und der griechischen Bevölkerung unter Zwang erduldet, ist dabei doch ein Teil jenes Eisbergs, über dessen Spitze sich viele nun aufregen, wenn sie den Vormarsch der Rechtspopulisten in Europa beklagen. Dabei sollte man stets auf sein Unterwassermassiv schauen, jene unzivilisierten Strukturen, wie sie sich eben besonders im gnadenlosen Umgang mit Griechenland gezeigt haben und noch zeigen. Doch das Eingeständnis der Verheerungen im Umgang mit dem Land und seinen Menschen ist etwas, das bis heute kaum Aufmerksamkeit aus dem Mainstream und seinen Eliten erhält. Wir verweisen auf einen aktuellen Frontal 21-Beitrag, der sich mit der Zurichtung des griechischen Gesundheitssystems beschäftigt, das dem “Willen der Märkte” unterworfen wurde. Wer ein wenig über die Zusammenhänge nachdenkt, müsste eigentlich darauf kommen, dass mit der derzeitigen Weiter-so-Politik à la Merkel und Großkoalitions-SPD-Spitze, ebenso wie mit dem institutionellen Gefüge, das sie in Europa ermöglicht, kein friedliches und zivilisiertes Gemeinwesen zu machen ist:
    Quelle: Maskenfall

    dazu: Krank gespart: Griechenland nach acht Jahren Troika
    Von den Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre war vor allem das Gesundheitssystem betroffen: Personal wurde eingespart, Gehälter rabiat gekürzt und die Ausgaben für medizinische Geräte zusammengestrichen. Die Folgen sind dramatisch: In den öffentlichen Krankenhäusern können selbst lebensnotwendige Operationen erst mit monatelanger Verzögerung durchgeführt werden, Ärzte und Krankenschwestern sind völlig überlastet und junge Ärzte verlassen zu Tausenden das Land, um in Deutschland oder anderen europäischen Ländern zu arbeiten. Wer nicht genug verdient, um sich in einer Privatklinik behandeln zu lassen, für den ist Kranksein ein existenzielles Risiko.
    Quelle: frontal 21

  4. Deutschland treibt den Krieg im Jemen an
    Die Deutschen spenden für die humanitäre Hilfe im Jemen, die Bundesregierung genehmigt unterdessen weitere Rüstungsexporte. Aber die zynische Rechnung geht auf: Die Einnahmen der Rüstungsfirmen lagen etwa 600.000 Euro höher. (…)
    Doch zugleich wird jetzt bekannt, dass die große Koalition mit ihrem Versprechen bricht, eine Aus- oder Aufrüstung der Kriegsparteien im Jemen durch deutsche Firmen zu unterbinden – was man unter der vielzitierten „Bekämpfung von Fluchtursachen“ hätte verbuchen können. Nun aber zeigt sich, dass die Bundesregierung das Recht auf Bestandsschutz früherer Genehmigungen und jahrzehntealter Produktionsabkommen höher bewertet.
    Das muss man noch nicht zynisch finden – vielleicht aber das: Im ersten Halbjahr 2018 spendeten die Deutschen allein an die „Aktion Deutschland Hilft“ für Menschen im Jemen knapp 1,4 Millionen Euro, weil sie die humanitäre Not anrührte, die nicht zuletzt der Kriegseinsatz der Saudis dort auslöste. Die Einnahmen, die die Bundesregierung den deutschen Rüstungsfirmen aus Saudi Arabien etwa zeitgleich genehmigte, lagen etwa 600.000 Euro höher. Eine zynische Arbeitsteilung.
    Quelle: FR Online

    dazu: Jemen: Angriffe auf die Wasserversorgung
    Angesichts der schlechten Hygiene wird die erneute Ausbreitung der Cholera befürchtet. Netanjahu erklärt, dass Israel sich im Konflikt um die Bab-al-Mandab-Wasserstraße der saudischen Koalition gegen Iran anschließen würde
    Ein sofortiger Stopp der Kampfhandlungen im Jemen wäre bitter nötig; schon wenn sie “nur” in der Hafenstadt al-Hudeida wirklich eingestellt würden, wäre das schon ein wichtiger Schritt. Dort werden lebensnotwenige Versorgungseinrichtungen angegriffen, klagen UN-Hilfsorganisationen.
    UNICEF beschreibt eine “Eskalation der Angriffe auf Systeme und Einrichtungen, die wesentlich sind für die tägliche Versorgung”. Zwei Luftangriffe hätten Lagerhäuser mit Lebensmitteln gegolten, einschließlich Versorgungsmitteln, die mit Wasser zu tun haben. Zudem sei ein Treibstofftank getroffen worden und eine Trinkwasseranlage, die al-Hodeida versorgt.
    Quelle: Telepolis

  5. Afrika/Flüchtlinge:
    1. Wie die westliche Agrarpolitik in Afrika die Flüchtlingskrise verschärft
      Mit der New Alliance for Food Security and Nutrition” wollten 2012 die G8-Länder in Afrika bis zum Jahr 2022 50 Millionen Menschen aus der Armut holen. Profitiert haben aber nur Großkonzerne, die sich mithilfe öffentlicher Gelder wie Kolonialherren verhalten.
      Meistens kommt nichts Gutes dabei raus, wenn Regierungen mit ihren öffentlichen Geldern Unternehmen beauftragen, eine nachhaltige Politik zu betreiben. Ausschlaggebend war die Rohstoffkrise im Zuge der Finanzkrise im Jahr 2008, die die Preise für gewisse Rohstoffe wie Reis, Mais oder Weizen explodieren ließ. Und damit einhergehend auch die Sorge, wie Millionen von Afrikanern Zugang zu diesen Rohstoffen erhalten sollten, wenn sie sich diese zu derart hohen Preisen nicht mehr leisten konnten.
      Der Plan war so simpel wie alt: Investitionen in die afrikanische Landwirtschaft und somit Sicherstellung der Ressourcen durch Eigenproduktion.
      Flüchtlinge werden an Bord eines Bootes der libyschen Küstenwache nach Tripolis gebracht.
      Um dem Ganzen auch noch einen offiziellen Titel zu geben, wurde eine Art Konsortium unter dem Namen “New Alliance for Food Security and Nutrition” (NAFSN) gegründet. Dahinter steckten die Regierungen der G7-Staaten, die Europäische Union und multinationale Konzerne wie etwa Monsanto, Cargill, Unilever oder Syngenta. Mit Steuergeldern und privaten Investitionen der Unternehmen sollen die afrikanischen Kleinbauern den Großunternehmen Platz machen. Von Ländern wie Mosambik wurde verlangt, “systematisch die Verteilung von kostenlosem und nicht verbessertem Saatgut an die Bauern zu verbieten, mit Ausnahme von Notfällen”.
      So soll natürlich sichergestellt werden, dass die teilnehmenden afrikanischen Staaten nur noch modernes und oft genmodifiziertes Saatgut der Großkonzerne kaufen.
      Von Äthiopien wurde beispielsweise im Rahmen dieses NAFSN-Projektes verlangt, “das Landgesetz, wenn nötig, zu verfeinern, um langfristige Pachtverträge zu begünstigen”. In der Elfenbeinküste beantragten die Konzerne 500.000 Hektar unter denselben Bedingungen, was zu Protesten in dem westafrikanischen Land führte.
      In Tansania wurden für eine von Großbritannien finanzierte Reisplantage 230 Bauern von ihrem Land vertrieben, während sich andere verschulden mussten, um die vertraglich vereinbarten Produktionsmittel des britischen Unternehmens Agrica zur Förderung der Reisproduktion kaufen zu können. In Nigeria ergibt sich ein ähnliches Bild, wobei es allerdings das US-Unternehmen Dominion Farms ist, das auf 30.000 Hektar eine Reisfarm im Osten des Landes aufgebaut hat. Viele Bauern beschweren sich, dass das Unternehmen und die Regierung sie nur unzulänglich informiert hätten und sie aus von dem Gebiet verjagt worden seien, wo sie seit Jahrhunderten über Weiderechte und Zugang zu Wassersystemen verfügten.
      Quelle: RT Deutsch
    2. Senegal: Wie Überfischung ein Land ruiniert
      Nach jahrzehntelanger Überfischung ist die Küste des Senegal leergefischt. Was an Fisch übrig ist, landet auch auf Europas Tischen. […]
      Gefischt wird im Senegal seit vielen Generationen. Die traditionellen Pirogen fischen vor allem Sardinen für den lokalen Bedarf, die im Land verkauft oder getrocknet wurden. Hochwertigere Fische wie Thunfisch werden exportiert. Vor etwa 30 Jahren begannen grosse europäische und asiatische Fangflotten, an der westafrikanischen Küste im grossen Stil zu fischen. Viele zerstörten mit Schleppnetzen die Brutstätten der Fische am Meeresboden. In dessen Folge griffen die lokalen Fischer zu illegalen Methoden wie sehr engmaschigen Netzen, um überhaupt noch etwas zu fangen. Jetzt werden die Folgen sichtbar.
      Schon 2006 reagierte die senegalesische Regierung, führte Quoten ein und verbot Fischfangflotten aus der EU, im Senegal zu fischen. Allein, es nutzte nichts. «Keines der Boote fuhr zurück nach Europa», sagt der ehemalige Fischereiminister Haidar al-Ali gegenüber «GP Investigations». Stattdessen nutzten die Unternehmen eine Gesetzeslücke und gingen Partnerschaften mit senegalesischen Firmen ein. Auch die Quoten, sagen Umweltorganisationen, werden nicht eingehalten.
      Was in Europa den Fisch auf den Tisch gebracht hat, hat im Senegal zu einer Krise geführt. Inzwischen ist das Grundnahrungsmittel Fisch so teuer geworden, dass es sich viele Menschen nicht mehr leisten können. In der Region hat das eine Ernährungskrise ausgelöst. Nach dem überregionalen Komitee für Dürrekontrolle in der Sahelzone werden in diesem Sommer für 9,5 Millionen Menschen in Westafrika Ernährungskrisen oder gar Hungersnöte erwartet. Etwa eine halbe Million davon lebt im Senegal.
      Quelle: Infosperber

      Anmerkung WM: Und dann wundern sich manche, woher denn die vielen Flüchtlinge plötzlich herkommen.

      Lesen Sie dazu bitte auch „Brennpunkt Afrika – Auch wenn die Debatte unbequem ist, müssen wir sie endlich führen“.

    3. “Bittere Orangen”: Sklaverei in Europa
      Hungerlöhne und katastrophale Lebensbedingungen: In der süditalienischen Zitrusfrüchteproduktion arbeiteten überwiegend afrikanische Migranten unter erschütternden Verhältnissen, sagte der Ethnologe Gilles Reckingers im Dlf. In seinem neuen Buch beschreibt er seine jahrelangen Beobachtungen vor Ort. […]
      “Bittere Orangen, eine neues Gesicht der Sklaverei” heißt Gilles Reckingers neues Buch. Herr Reckinger, warum sind afrikanische Erntearbeiter Sklaven?
      Gilles Reckinger: Es ist so, dass im äußersten Süden Kalabriens, in der Ebene von Gioia Tauro um die Stadt Rosarno herum, sich das Herz der kalabrischen oder süditalienischen Orangenproduktion oder Zitrusfrüchteproduktion konzentriert. Es gibt einen zweiten, bedeutenderen Produktionsort, das ist Sizilien, aber auf dem Festland ist diese Region sozusagen die bedeutendste. Es ist eben so, dass die Menschen, die diese Orangen pflücken, in sehr großer Zahl eben Menschen sind aus afrikanischen Ländern jenseits der Sahara, also subsaharischen Gebieten. Es gibt auch Menschen aus Osteuropa, die dort arbeiten, das ist eine andere Migration, und die sind auch anders mit Rechten ausgestattet – deswegen möchte ich das jetzt hier nicht so in den Blick nehmen -, aber eben die Menschen, die aus Afrika kommen, die sind überwiegend eben über das Meer gekommen, also diese viel beschworene zentrale Mittelmeerroute über die Insel Lampedusa nach Italien hinein. Und wir wissen ja, dass die europäische Solidarität in Bezug auf den Umgang mit diesen Menschen, die über das Meer kommen, nicht sehr gut funktioniert und dass ganz viele Menschen in Italien festsitzen.
      Das bedeutet, dass die Menschen zu extrem ausgebeuteten Bedingungen arbeiten müssen. Die Menschen verdienen für einen Arbeitstag zwischen zehn und zwölf Stunden 25 Euro, sie müssen aber dann noch den Transportteil quasi, dass der Bauer sie in einem überfüllten Minibus zu der Plantage bringt, die vielleicht ein, zwei Kilometer entfernt ist von dem Arbeitsstrich, wo er die Arbeiter abholt, noch mal fünf Euro zahlen. Das heißt, es bleiben maximal 20 Euro für einen Arbeitstag zurück. Es ist eine Tagelöhnerarbeit und eine saisonale Arbeit. Dadurch, dass die Konkurrenz inzwischen groß ist, weil sehr viele Menschen in Italien festgesetzt sind, finden die Leute nur an fünf bis zehn Tagen während drei Monaten im Jahr Arbeit, das heißt, es sind nur wenige hundert Euro, die in diesem Zeitraum verdient werden können.
      Quelle: Deutschlandfunk
  6. Argentiniens Wut auf den Präsidenten
    Argentiniens Wirtschaft schwächelt und die Regierung setzt wegen des IWF-Kredits den Rotstift an. Die Zahl der Jobs ist rückläufig und Lebensmittel angesichts der Pesos-Abwertung teuer. Besonders hart trifft es die Mittel- und Unterschicht: Das Geld reicht nicht, um das Nötigste zu kaufen. […]
    Mehr als dreieinhalb Millionen Kinder und Jugendliche erhalten Sozialhilfen, die die linksperonistische Präsidentin Cristina Kirchner 2009 einführte und ihr liberaler Nachfolger Mauricio Macri fortführt. Doch diese könnten die strukturelle Armut von einem knappen Drittel der Bevölkerung nur lindern, meint Soziologe Donza:
    “Plus minus dreißig Prozent unserer Bevölkerung hat zu geringe Einkünfte, um in Würde leben zu können. Die Hilfen für Familien mit Kindern reichen gerade mal dafür aus, ihre Ernährung sicherzustellen. Aber sie holen die Leute nicht aus der Armut. Dafür müsste sich der Arbeitsmarkt nachhaltig verbessern.”
    Doch das zeichnet sich nicht ab. Zwar hatte es 2017 einen spürbaren Aufschwung gegeben, doch seit einigen Monaten ist die Zahl der Jobs wieder rückläufig. Das liegt an der geschrumpften wirtschaftlichen Aktivität. Gerade kleine und mittlere Firmen und Geschäfte, die Arbeitsplätze schaffen könnten, haben mit schwierigen Rahmenbedingungen zu kämpfen: Konsumflaute, kaum Zugang zu Krediten und gestiegene Energiepreise.
    Quelle: Deutschlandfunk

    dazu: Die Regierung missachtet die Vergangenheit
    In Argentinien findet seit dem Wahlsieg von Präsident Mauricio Macri ein radikaler politischer und kultureller Kurswechsel statt. Die Regierung desavouriere die Geschichte, sagte der Lyriker Sergio Raimondi im Dlf. Im Gespräch analysiert er die einschneidenden Veränderungen in einem der bedeutendsten Länder Lateinamerikas.
    Quelle: Deutschlandfunk

    und: Argentina: Loans upon Loans
    SHARMINI PERIES: Michael, why is it that Argentina needs such a huge credit line from the IMF?
    MICHAEL HUDSON: For precisely the reason that you explained. Its neoliberal policy aims at rolling back the wage increases and employment that Mrs. Kirschner, the former president, achieved. So it’s part of the class war to shrink the economy. To lower wages, you have to cut back business so as to cut back employment. Like almost all IMF loans, the purpose is to subsidize capital flight out of Argentina before this austerity occurs, so that wealthy Argentinians can take their money and run before the currency collapses.
    The loan will indebt Argentina so much that its currency will continue to go down and down, chronically wrecking the economy. That’s what the IMF does. That’s its business plan. It makes a loan to subsidize capital flight, emptying out the economy of cash, leading the currency to collapse, as it has recently collapsed. As soon as the $50 billion was expended, wasted in letting wealthy Argentinians take their pesos, convert them into dollars, move them offshore – to the United States, to England, to the Dutch West Indies, and offshore banking centers – then they let the currency collapse.
    The IMF model’s basic assumption, which it’s announced for the last 50 years, is that when you depreciate a currency, what you’re really lowering is the price of labor. Raw materials and capital have an international price. But when a currency goes down, it makes imports much more expensive, and that causes a price umbrella over the cost of living. Labor has to pay a higher domestic price for grain, food, oil and gas, and for everything else.
    So what Macri has done is to agree with the IMF to wage class war with a vengeance. Devaluation leaves Argentina so hopelessly indebted that it can’t possibly repay the IMF loan. So what we’re seeing is a replay of what happened in 2001.
    Quelle: Michael Hudson

  7. Dieselskandal bei VW: Manager sahen Desaster voraus
    VW beharrt darauf: Die Tragweite des Dieselskandals hätte keiner ahnen können. Doch interne Dokumente hochrangiger Manager voller warnender Ausrufezeichen besagen etwas anderes.
    Es ist der 13. September 2015. Noch fünf Tage, dann wird der Dieselbetrug beim Autobauer Volkswagen weltweit Schlagzeilen machen, dann werden die US-Umweltbehörden den VW-Konzern öffentlich des Betrugs beschuldigen und mit Milliardenstrafen drohen. Dann wird der VW-Aktienkurs einbrechen, dann wird die jahrelange Abgasmanipulation öffentlich bekannt.
    Bis heute sagt der VW-Konzern: Der Schritt der Amerikaner sei völlig überraschend gewesen. So etwas sei nicht absehbar gewesen, zuvor habe es nie vergleichbare Strafen gegeben. Niemand habe wissen können, dass Milliardenzahlungen drohen.
    …an jenem 13. September – einem Sonntag – schreibt der Chef der Qualitätssicherung des VW-Konzerns, ein enger Vertrauter von Ex-VW-Chef Martin Winterkorn, um neun Uhr eine alarmierende Mail an einen Juristen des Unternehmens. Volkswagen haben “jede Glaubwürdigkeit bei den Behörden verloren”. Es drohe ein “sofortiger Stopp der Produktion” und eine “Klageschrift der US-Justizbehörden”. Damit die “Situation nicht weiter außer Kontrolle gerät”, müsse sich VW von dem Vorgang distanzieren. Gemeint ist die Betrugs-Software in den Dieselfahrzeugen. Die interne Revision müsse den Vorgang untersuchen, und man müsse eine offensive Kommunikation auch gegenüber den Aktionären entwickeln
    Am Tag zuvor – am 12. September 2015 – hatte bereits ein hochrangiger Ingenieur eine Hiobs-Email verschickt. […]
    Auf Anfrage teilt VW mit, die internen Mails und Zeugenaussagen änderten nichts an der Grundeinschätzung des Konzerns. VW sei mit den US-Behörden bis zum 18. September in intensivem Kontakt gewesen. Kursrelevant seien diese Verhandlungen erst am 18. September 2015 geworden, “als die US-Behörden völlig überraschend von der bisherigen Praxis einer Lösung auf dem Verhandlungsweg abwichen und den Vorgang einseitig veröffentlichten”.
    Quelle: Tagesschau

    dazu: Schlechte Zeiten für wen?
    Kosten des Dieselabgasbetrugs belasten VW-Konzernbilanz. Eigentümer kassieren Profite. Beschäftigte in Kurzarbeit […]
    Bezogen auf die Verhaftung und andauernde Untersuchungshaft des Audi-Vorstandschefs und Konzernvorstandsmitglieds Rupert Stadler heißt es im Risikobericht: »Vorgeworfen wird dem Beschuldigten u. a. Betrug im Zusammenhang mit dem Verkauf von Dieselfahrzeugen im Zeitraum nach Herbst 2015. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in diesem Zusammenhang gegen 20 Personen.«
    Angesichts der Weigerung von VW bis hin zum Bundesverfassungsgericht, die Ergebnisse der Ermittlungen der Kanzlei Jones Day der Staatsanwaltschaft zur Verfügung zu stellen, liest sich die Erklärung zur Kooperation mit den Behörden geradezu zynisch. Es werden Heerscharen von Anwälten beschäftigt, um die Forderungen von Staaten, Umweltbehörden und Kunden abzuwehren.
    Für 2018 hat VW über fünf Milliarden Euro für durch den Abgasbetrug entstandene Kosten zurückgestellt. Eine Milliarde davon musste der Wolfsburger Autobauer jüngst als Bußgeld an die niedersächsische Landeskasse überwiesen. Bedeutsam ist, wie diese Strafe von der Staatsanwaltschaft begründet wurde: Es geht um fahrlässige Aufsichtspflichtverletzungen bei der Auslieferung von fast elf Millionen Dieselfahrzeugen. Die Summe setzt sich zusammen aus fünf Millionen Euro als Höchstmaß der Ahndung sowie aus 995 Millionen Euro zur »Abschöpfung wirtschaftlicher Vorteile«. Damit ist die Betrugsdividende gemeint, die aber tatsächlich längst an die Großaktionäre weitergereicht wurde. Also müsste eigentlich der Porsche-Piëch-Clan dafür vor den Kadi und diese »Hehlerware« abliefern wie jeder andere Betrüger.
    Noch stehen viele Prozesse aus, es gibt jedoch auch schon Urteile gegen VW und es wurden milliardenschwere Vergleiche abgeschlossen. Alles zusammen Umstände, die die Bilanz belasten und die Verkäufe erschweren. Aber es kommt noch dicker: Der voraussichtliche Rückruf von über 120.000 Elektrofahrzeugen wegen der Verwendung von krebserregendem Cadmium wurde am Tag vor der Veröffentlichung des Halbjahresberichtes bekannt und floss also in den Risikobericht noch nicht ein.
    Quelle: junge Welt

    und: Ein Jahr Diesel-Gipfel: “Autoindustrie hat Direktzugang zum Kanzleramt”
    Die Bundesregierung gehe beim Diesel-Thema sehr halbherzig vor, sagte Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, im Dlf. Deutschland habe die schlechteste Luft in ganz Europa. Damit sich das ändere, müssten Politiker Entscheidungen treffen. Momentan mache die Industrie der Politik die Vorgaben. […]
    Resch: Ich will es mal ganz klar sagen: Bei uns wird durchregiert. Die Automobilindustrie hat einfach einen Direktzugang zum Kanzleramt und zu bestimmten Landesregierungen, und es gibt ja viele Politiker, heute Morgen auch der Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg, die dann ganz klar sagen, wir müssen technisch nachrüsten, das muss zu hundert Prozent von der Industrie bezahlt werden. Aber dann gibt es bestimmte Seitenwechsler, die früher bestimmte Regierungsfunktionen innehatten und heute vielleicht in den Automobilunternehmen eine andere, wichtige Aufgabe haben. Und plötzlich erleben wir, wie im Kanzleramt oder eben halt in Niedersachsen, Baden-Württemberg oder Bayern plötzlich Positionen eins zu eins übereinstimmend mit dem, was die dortigen Konzerne sagen. Wir brauchen eine Rückeroberung meines Erachtens der Politik, dass die Entscheidungen auch im Bereich der Luftreinhaltepolitik nicht mehr von den Autokonzernen getroffen wird, sondern eben von den Politikern, die wir gewählt haben, und wir dafür sorgen müssen, dass eben die Menschen auch gesund bleiben und die Qualitätswerte der EU eingehalten werden.
    Quelle: Deutschlandfunk

  8. Negativzinsen für Sozialkassen – Zinspolitik nagt an der Rentenreserve
    Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank belastet laut einem Medienbericht zunehmend die Sozialversicherungen. Kassierten diese früher noch Zinsen, müssen sie jetzt für das angelegte Geld häufig draufzahlen. Das hat natürlich Auswirkungen, andere Probleme sind aber für die Rentenkasse gravierender.
    Nun also auch die Rentenversicherung. 49 Millionen Euro Miese stehen dort in der Bilanz, wo eigentlich ein hübscher positiver Betrag stehen sollte: Nämlich bei den Zinserträgen, also den Zinseinnahmen durch angelegte Rentengelder. […]
    Die Rentenversicherung kommt durch diesen Verlust bei den Zinserträgen deswegen aber nicht in eine Schieflage, denn dieser vergleichsweise kleine Verlust von knapp 50 Millionen Euro ist angesichts von Rücklagen von über 34 Milliarden Euro noch verkraftbar, meint Max Herbst: “Das klingt doof, wenn man sagt, 50 Millionen sind Peanuts. Deswegen: Es tut weh, es fehlt Geld, aber der kleine Mann spürt das jetzt nicht, da wird jetzt nicht eine Beitragserhöhung stattfinden, das auf keinen Fall. Aber trotzdem fehlen 50 Millionen, die in dem Moment an die EZB gehen”. […]
    Die Rente ist sicher, hat der ehemalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm einmal gesagt. Das ist sie – trotz dieser Probleme und Herausforderungen immer noch. Und zwar deswegen, weil die Zinsen am Kapitalmarkt bei der durch Umlagen finanzierten Rentenversicherung nur eine Nebenrolle spielen, meint Blüm heute: “Das zeigt, dass eine Alterssicherung, die auf Kapital fußt, eine unsichere Sache ist. Stellen Sie sich vor, unsere gute alte Rentenversicherung wäre auf den Leim gegangen, sie soll vom Umlagen-System auf Kapitaldeckung umgestellt werden. Dann würde das, was jetzt im Kleinen passiert zum Zusammenbruch der Rentenversicherung führen. Also der alte Blüm, der gegen diese Kapitalisierung der Rentenversicherung gearbeitet hat, war nicht so dumm, wie die Bild-Zeitung geglaubt hat.”
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung Jens Berger: Bei all der Aufregung darf man nicht vergessen, dass nicht die gesetzlichen Umlagesysteme, sondern vor allem die privaten, kapitalgedeckten Systeme ganz besonders unter der anhaltenden Niedrigzinspolitik leiden. Vielleicht sollte man ohnehin einmal darüber nachdenken, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Verwaltung der Rücklagen zu ändern. Warum darf die Rentenversicherung beispielsweise dem Bund kein Geld leihen? Solange die Fristenkongruenz gewährleistet ist, sollte dies doch eigentlich kein Problem sein.

  9. Eine Nazi-Allianz für Europa – die düsteren Pläne des Steve Bannon
    Steve Bannon, Donald Trumps ehemaliger Chefstratege und Ex-Chef der rechtsextremen Breitbart News, gründet eine paneuropäische Allianz der Rechtspopulisten und Nazis mit Namen The Movement, die in Europa eine Revolution von Rechtsaußen entfachen soll. The Movement soll als europäischer Thinktank und PR-Firma fungieren, unter dessen Banner sich Europas Rechtsaußen vereinen.
    Steve Bannon ist einer der gefährlichsten Nazis dieses Planeten.
    Wie Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbells… agitiert Bannon zwar auch erfolgreich in der Öffentlichkeit, doch glänzt der hochintelligente Multimillionär Bannon eher als Stratege im Hintergrund, als Redenschreiber, als Propagandist, der den Weg vorgibt und die Strippen in Händen hält. …
    Bannon ist erzkatholisch, hing in der Vergangenheit verschiedenen religiösen Kulten an und forderte „die Rückkehr zu traditioneller abendländischer Religiosität“. Er ist regelrecht besessen von Endzeitszenarien großer Zivilisationskriege zwischen dem christlich-jüdischen Okzident einerseits und dem islamischen Orient andererseits. Bannon ist Militarist und Kriegstreiber…
    Bannon war Navy-Offizier und Investmentbanker bei Goldman Sachs. Er gilt als Ikone der zwei rechtsextremen Tea-Party- und Alt-Right-Bewegungen und wird offen vom Ku-Klux-Klan unterstützt. Bannon war Mitbegründer der rechtsextremen Breitbart News, deren Vorsitz er nach dem Tod von Andrew Breitbart 2012 übernahm….
    Quelle: Justice Now

    Anmerkung WM: Die Nachdenskseiten berichteten bereits am 25. Juli über Bannon’s Pläne für Rechtspopulisten in Europa.

  10. Schluss mit dem Augenzwinkern Richtung Moskau!
    In seiner Antrittsrede schlug Außenminister Heiko Maas einen neuen Ton gegenüber Russland an und bezeichnete die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und die andauernde russische Aggression gegenüber der Ukraine als nicht hinnehmbar. Auch der Rückkehr Russlands in die G7 erteilte Maas später eine entschiedene Absage und bezog eine klare Haltung.
    Doch das Thema Russland spaltet weiterhin: Ein Übermaß an Verständnis gegenüber der Kreml-Politik und das Bedürfnis, gute Beziehungen zu Russland zu pflegen, herrschen in der deutschen Politik und Gesellschaft immer noch vor und überraschen stets aufs Neue. Russlands Vorgehen in der Ukraine ist in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg beispiellos. Der Kreml hat mit der Krim einen Teil der Ukraine gewaltsam annektiert und ist zudem aktiv an einem Angriffskrieg in der Ostukraine beteiligt. Zuletzt kam der Abschlussbericht der internationalen Untersuchungskommission (JIT) vom Mai 2018 zum Schluss, dass die Rakete, die den Flug MH17 abgeschossen und zum Tod von 298 Menschen geführt hat, von der 53. Luftabwehrbrigade der russischen Armee stammt. Auch die wiederholten Hackerangriffe auf politische Einrichtungen der EU-Mitgliedsstaaten und Putins zynische Äußerungen, in denen er Hacker mit Künstlern verglich, tragen nicht zu einer Entspannung der Lage bei.
    Russlands Verhalten ist derzeit aggressiv, völkerrechtswidrig und nicht hinnehmbar. Unter den aktuellen Bedingungen, und vor allem nach den Enthüllungen zu Flug MH-17, kann es daher keine schnelle Rückkehr zu einer Partnerschaft mit Russland geben. Der russischen Aggression sind sowohl ukrainische Bürger als auch Bürger der Europäischen Union zum Opfer gefallen. Diese Aggression erfordert eine angemessene geschlossene europäische Antwort. (…)
    Quelle: IPG

    Anmerkung unseres Lesers J.S.: Mal ganz vorsichtig nachgefragt: ist bei Ihnen alles in Ordnung? Wie kann man denn diesen drei Greenhorns diesen Text durchgehen lassen, mit dem sie sich demnächst bei einer der zahlreichen transatlantischen Institutionen bewerben?

    Ergänzende Anmerkung Albrecht Müller: Eine solch einseitige und hetzende Propaganda fanden wir in den 1900 fünfziger Jahren bei der Jungen Union und dem RCDS, heute finden wir sie in den Publikationen der Friedrich Ebert Stiftung. Eine tolle Entwicklung.

  11. Mit Andrea Nahles ist ein neuer Geist ins Willy-Brandt-Haus gezogen
    Seitdem Nahles im April den Parteivorsitz übernommen hat, ist ihr Führungsanspruch in der SPD unbestritten. Flügelübergreifend wird sie gelobt. Einen „irrsinnigen Einsatz“ zeige Nahles, findet Juso-Chef Kevin Kühnert. „Sie nimmt sich wahnsinnig viel Zeit für persönliche Rücksprachen, ruft auch früh morgens oder spät abends noch einmal an.“ […]
    Dass das Regieren in der GroKo kein Fluch für die SPD sein muss, hat Nahles erst kürzlich bewiesen. Im erbitterten Asylstreit der Union hielt sich die SPD-Chefin auffallend zurück. Dann legte sie im entscheidenden Moment, dem Treffen des Koalitionsausschusses, ein eigenes Papier vor – mit dem Wunsch nach einem Einwanderungsgesetz. Das soll noch dieses Jahr kommen, schneller als erwartet. Punktgewinn für die SPD – und ihre Vorsitzende, Andrea Nahles.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung André Tautenhahn: Wie leicht doch der Juso-Chef zu beeindrucken ist. Da kann er doch mal gleich einen Vorschlag für das nächste Wahlplakat der SPD unterbreiten. „Anruf Nahles, da werden Sie geholfen.“ Erstaunlich ist auch, dass ein eigenes Papier mit der Forderung nach einem Einwanderungsgesetz, welches ohnehin im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist, nun auch noch als strategischer Erfolg oder Punktgewinn betrachtet wird. In Wirklichkeit hat doch Nahles im Koalitionsausschuss gar nichts erreicht, dafür aber eine Verschärfung der Asylpolitik mitgetragen, auf die sich die Unionsparteien nach ihrem Schaukampf zuvor verständigt hatten. Tolle Leistung.

    Lesen Sie dazu auch: „Wanted: Andrea Nahles“ auf den NachDenkSeiten.

  12. Buchempfehlung: Walter Lippmann, der Großmeister der Meinungsmanipulation, neu aufgelegt
    Walter Lippmann war ein ungemein einflussreicher Journalist und Medientheoretiker. Seine Schrift „Die öffentliche Meinung“ aus dem Jahr 1922 war ein Vorläufer des vielleicht noch einflussreicheren Buchs „Propaganda“ von Edward Bernays. Die beiden waren Pioniere der systematischen Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch die Schaffung von Stereotypen und das Erzeugen von Bildern. Im Colleque Lippmann in Paris wurde der Neoliberalismus aus der Taufe gehoben.
    Silja Graupe und Walter Otto Ötsch haben „Die öffentliche Meinung“ neu aufgelegt, mit einem längeren einordnenden Vorwort, das ich hier mit freundlicher Genehmigung in Auszügen widergebe. Zusätzlich möchte ich darauf hinweisen, dass meine ordoliberal-neoliberale Kollegin Karen Horn in der NZZ eine lesenswerte Rezension dreier englischsprachiger Bücher zum Colloque Lippmann und der Entstehung des Neoliberalismus veröffentlicht hat, die im Internet frei zugänglich ist.
    Quelle: Norbert Häring

    Hinweis: Lesen Sie dazu auch den Beitrag „Lippmann wusste, dass Worte und Sprachbilder soziale Realitäten gestalten“ auf den NachDenkSeiten.


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