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Titel: Hinweise der Woche

Datum: 14. April 2019 um 9:00 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lohnenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Julian Assange
  2. Wenn ein Kalter Krieger heißläuft – Claus Kleber redet von Krieg mit Russland
  3. Rüstungsexport nach Saudi-Arabien genehmigt
  4. China’s EU envoy to Europe: plot your own path, not Washington’s
  5. Krise in Venezuela: Maduro lässt internationale Hilfen zu
  6. Gelbwesten-Proteste – Französischer Premier verspricht Steuersenkungen
  7. Schwarze Kriegskasse
  8. Private Stiftungen sind Teil des Problems, nicht der Lösung
  9. Steuerakrobatik großer Konzerne: Kapitalismus pervers
  10. Unser Autoland, ein Irrenhaus
  11. Wenn Hochqualifizierte gehen und wenig Gebildete kommen – Deutschlands doppeltes Migrationsproblem
  12. Wohnungsnot
  13. Reichtum verpflichtet
  14. Wall-Street-Milliardäre rufen nach der Sozialdemokratie
  15. Amazon-Mitarbeiter hören private Gespräche mit Alexa ab und fertigen Transkripte an
  16. So zerfällt der gesellschaftliche Zusammenhalt und auch die Demokratie
  17. Altkanzler Schröder wird 75 – „Ich wollte immer meine eigene Situation verbessern“
  18. Zu guter Letzt: Braunkohlevorkommen unter Berliner Wohnungen entdeckt: CDU plötzlich doch für Enteignungen

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnendsten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Julian Assange
    1. USA wollen Assange – die EU schweigt
      Wikileaks-Gründer Julian Assange wurde in London in der Botschaft Ecuadors festgenommen – allein das schon ein fragwürdiger Vorgang. Doch nun wird bekannt, dass – neben dem britischen Haftbefehl – ein Auslieferungsgesuch der USA vorliegt. Und die EU schweigt. […]
      Wenn es um die Justiz in Polen oder Rumänien geht, nimmt die EU-Kommission kein Blatt vor den Mund. Junckers Vize Frans Timmermans mischt sich regelmäßig ein, wenn er Verstöße gegen den Rechtsstaat wittert. Doch in UK, dem Brexit-Land? Nichts! Dabei ist die drohende Auslieferung in die USA nun wirklich ein Casus belli. Die EU kann und darf es nicht erlauben, dass Assange in ein Land ausgeliefert wird, in dem ihm die Todesstrafe droht. Das hätte sie auch schon längst klarmachen müssen. Doch statt für die Rechte Assanges einzutreten, haben Juncker & Co. lieber weggeschaut…
      Quelle: Lost in Europe
    2. Assange Has Been Arrested For US Extradition. The Time To Act Is Now.
      So there you have it. Extradited for journalism. In a blur, everything that Assange and WikiLeaks have been warning about for years has been proven correct, contrary to mountains of claims to the contrary by establishment loyalists everywhere. The same government which tortured Chelsea Manning is in the process of extraditing her publisher so that they can silence him forever. Everyone who has ever denied that this was happening needs to hang their heads in shame for scoffing at a very real threat to press freedoms everywhere when they could have been opposing this obscene agenda. It’s time for some serious soul searching. […]
      Assange is an Australian citizen. As of this writing, the Australian government has still not interceded to protect its citizen. Shame on Australia. […]
      The US government is setting a precedent which, if carried out, will constitute a grave threat to press freedoms the world over and a greater leap in the direction of Orwellian dystopia than the Patriot Act. Shame on America. […]
      This arrest warrant was issued under the Trump administration, in full alignment with what the Trump administration has openly been saying about its agenda to silence WikiLeaks. Shame on Trump, and shame on anyone who continues to support him. […]
      This arrest is a Trump administration action, and has nothing to do with the 2016 Russia nonsense that Democrats have been shrieking about, yet these same Democrats who claim to oppose Trump and oppose his war on the press are currently cheerleading for Trump’s prosecution of a journalist who told the truth. Shame on Democrats.”
      Quelle: Caitlin Johnstone

      Anmerkung unseres Lesers D.W.: Sehr lesenswerter, treffender Artikel von Caitlin Johnstone.

    3. Bundesregierung muss Julian Assange Asyl anbieten
      Die Bundesregierung muss alles dafür tun, zu verhindern, dass das EU-Mitglied Großbritannien Julian Assange an die USA ausliefert, wo ihm wegen der Enthüllung von US-Kriegsverbrechen eine lebenslängliche Haftstrafe oder sogar die Todesstrafe droht. Angela Merkel muss Julian Assange jetzt in Deutschland politisches Asyl anbieten. Es ist unerträglich, dass Assange in größter Gefahr ist, auch weil die Bundesregierung es versäumt hat, sich in der Vergangenheit und trotz der drohenden Verhaftung für ihn einzusetzen”, erklärt Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. Wagenknecht weiter:
      „Die Rücknahme des politischen Asyls für Julian Assange durch die Regierung Ecuadors und die Verhaftung des Wikileaks-Gründers durch die britische Polizei ist eine Schande und ein klarer Verstoß gegen internationales Recht. Die Regierung von Ecuador hat gegen die auch von UN-Vertretern mehrfach betonte Verpflichtung verstoßen, Julian Assange als politisch Verfolgten zu schützen. Die Festnahme des Publizisten Julian Assange ist zugleich ein schwerer Schlag gegen unabhängigen Journalismus, der weitreichende Folgen haben wird.“
      Quelle: DIE LINKE. im Bundestag
    4. WikiLeaks: Die bedeutendsten Veröffentlichungen der Enthüllungsplattform
      WikiLeaks berichtet von der womöglich bevorstehenden Verhaftung ihres Mitbegründers Julian Assange, weil die Botschaft Ecuadors in London ihn in Kürze ausweisen könnte. RT Deutsch hat die bedeutendsten Veröffentlichungen von WikiLeaks zusammengestellt.
      Die Enthüllungsplattform WikiLeaks wurde nach eigenen Angaben 2006 von Julian Assange gegründet. Zu ihrer Tätigkeit schreibt die Plattform:
      WikiLeaks ist spezialisiert auf die Analyse und Veröffentlichung großer Datensätze von zensierten oder anderweitig eingeschränkten offiziellen Materialien zu Krieg, Spionage und Korruption. Sie hat bisher mehr als zehn Millionen Dokumente und zugehörige Analysen veröffentlicht.
      Viele der Veröffentlichungen von WikiLeaks erregten weltweit Aufsehen und Kontroversen, sowohl wegen ihres Inhaltes als auch wegen der anonymen Arbeitsweise von WikiLeaks. Assange stand als Mitbegründer und langjähriger Chefredakteur der Plattform besonders in der medialen Öffentlichkeit und in der Kritik. Anlässlich eines Ermittlungsverfahrens der schwedischen Behörden mit einer drohenden Festnahme und Auslieferung an die USA beantragte Assange im Juni 2012 politisches Asyl in der Botschaft Ecuadors in London, in der er sich seitdem aufhält. Trotz der Einstellung des schwedischen Ermittlungsverfahrens im Mai 2017 würde Assange weiterhin von den britischen Behörden festgenommen und womöglich an die USA ausgeliefert werden.
      Quelle: RT Deutsch

      Lesen Sie zu dem Thema bitte auch unsere „Hinweise des Tages Spezial zur Festnahme von Julian Assange“.

  2. Wenn ein Kalter Krieger heißläuft – Claus Kleber redet von Krieg mit Russland
    Claus Kleber schockt seine Zuschauer im ZDF-heute-Journal vom Donnerstag mit einer Falschmeldung über Kampfhandlungen der NATO mit Russland. Zweck der Aktion: moralisches Framing für höhere deutsche Rüstungsausgaben. Klingt irre? Ist es auch.
    Claus Kleber, seit über 15 Jahren Moderator des ZDF-heute-Journals und als solcher einer der bestbezahlten Journalisten des Landes, begann seine Sendung am Donnerstagabend mit einer mehr als bemerkenswerten Einleitung. Mit ernster Miene verkündete er den Beginn eines Krieges der NATO mit Russland:
    „Guten Abend, zu Wasser und zu Luft sind heute Nacht amerikanische, deutsche und andere europäische Verbündete unterwegs nach Estland, um die russischen Verbände zurückzuschlagen, die sich dort wie vor einigen Jahren auf der Krim festgesetzt haben.“
    Der Fortgang der Moderation brachte die Auflösung. Doch kein Krieg. Aber: Das Beschriebene sei eine “realistische Vision”:
    „Keine Sorge. Das ist nicht so. Das ist nur eine Vision. Aber eine realistische. So etwa müsste nämlich im Ernstfall die Antwort der NATO aussehen auf einen Angriff auf das Territorium eines ihrer Mitgliedsstaaten. Und sei er so klein wie Estland. Wenn das in Frage gestellt scheint, würde die Abschreckung brüchig, die seit 70 Jahren den Frieden in Europa sichert. Das Problem ist heute, dass der Bestand des Bündnisses zu seinem 70. Geburtstag brüchiger erscheint als jemals in seiner Geschichte. Einer bisher beispiellos erfolgreichen Geschichte.“
    Der folgende Filmbeitrag und das Korrespondentengespräch mit dem NATO-Korrespondenten des ZDF, Stefan Leifert, verdeutlichte dann, wozu das martialisch vorgetragene Horrorszenario in Klebers Moderation diente: der moralischen Einordnung der angeblich zu niedrigen deutschen Rüstungsausgaben. Diese stellten, so geht die verquere transatlantische Logik, die NATO, ihre Abschreckung gegen Russland und damit den Frieden in Europa in Frage.
    Quelle: RT Deutsch

    Lesen Sie dazu bitte auch “Das ZDF beginnt den Dritten Weltkrieg – als „Scherz“, um für die NATO zu trommeln”.

  3. Rüstungsexport nach Saudi-Arabien genehmigt
    Trotz des verlängerten Embargos hat die Bundesregierung eine Rüstungslieferung nach Saudi-Arabien genehmigt. Die Opposition ist empört.
    Der geheim tagende Bundessicherheitsrat hat mehrere Genehmigungen für den Export deutscher Rüstungsgüter erteilt. Unter den Empfängern sind mit Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten auch die zwei Staaten, für die die Große Koalition gerade ihren Lieferstopp verlängert hat. Über die Genehmigungen hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) den Wirtschaftsausschuss des Bundestags informiert. Das Schreiben liegt dem ZDF vor. […]
    Vor zwei Wochen hat die Große Koalition beschlossen, das Lieferverbot nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate bis Ende September zu verlängern. Grund ist die Beteiligung der beiden Staaten am Jemen-Krieg.
    Scharfe Kritik an den Entscheidungen des Bundessicherheitsrats kommt von der Opposition. “Der Bundesregierung kann es offensichtlich nicht schnell genug gehen mit der Rüstungsproduktion für die Jemen-Kriegsallianz”, sagte Sevim Dagdelen, die stellvertretende Vorsitzende der Linken-Fraktion dem ZDF: “Dies ist vor dem Hintergrund der jüngsten Angriffe auf jemenitische Schüler einfach zynisch.”
    Quelle: ZDF

    dazu: Tornados und Eurofighter im Jemen-Krieg
    Erstmals hat die Bundesregierung zugegeben, dass Eurofighter und Tornados im Jemenkrieg eingesetzt werden. Nach Recherchen von NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung” wurde vergangene Woche in einer geheim eingestuften Sitzung des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags bekannt, dass die Bundesregierung eigene nachrichtendienstliche Erkenntnisse über den Einsatz von Kampfflugzeugen im Jemen hat. Demnach hat Saudi-Arabien im Krieg gegen Rebellen im Jemen sowohl Tornados als auch Eurofighter eingesetzt. Beide Kampfflugzeuge werden von Deutschland gemeinsam mit anderen Ländern wie Großbritannien und Italien entwickelt und gebaut.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung unseres Lesers A.L.: Das verleiht dem Gedicht von Paul Celan eine neue Aktualität: “Der Tod ist ein Meister aus Deutschland …”

    und: Der Jemen und „der Friedhof der Imperien“
    Seit nunmehr vier Jahren ist eine Koalition unter Führung Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate heillos in einen desaströsen Krieg im Jemen verstrickt, wo die laut UN „größte humanitäre Katastrophe der Welt“ wütet. Neben der Unbeugsamkeit der Houthi-Rebellen ist der Jemen nicht zuletzt wegen seiner Geographie ein kriegsstrategischer Albtraum und hat damit das Potential, Saudi-Arabien sein „Vietnam zu bescheren“.
    Mehr als 85.000 Kinder unter fünf Jahren wurden im seit vier Jahren währenden Krieg im Jemen bereits durch eine menschengemachte Hungersnot ermordet – und damit mehr als die rund 70.000 insgesamt durch Waffengewalt Getöteten. Die Hälfte der jemenitischen Bevölkerung leidet akut unter Hunger. Mit weit über 1,2 Millionen Infizierten wütet kriegsbedingt die größte Choleraepidemie seit Beginn der modernen Aufzeichnungen. Während die UN die „größte humanitäre Katastrophe der Welt“ beklagt, setzt die Saudi-Emirate-Koalition unter Komplizenschaft der westlichen Wertegemeinschaft Epidemien und Hunger als Kriegswaffe ein, weshalb einige Analysten ob der Perfidie bereits Vergleiche zum Holodomor, Stalins Hunger-Genozid in der Ukraine, und der Großen Hungersnot der Nazis im besetzten Griechenland ziehen. Jeder historische Vergleich hinkt, doch sollten die Saudis und ihre unverbesserlichen Verbündeten im Westen allen voran den Vietnam-Krieg im Hinterkopf behalten, wenn sie den Ausgang ihrer Unternehmung erahnen wollen.
    „Sein Vietnam erleben“ umschreibt die Situation, in der ein übermächtiger Aggressor von einem unterlegenen Gegner in die Knie gezwungen wird. Weder die knapp drei Millionen US-Soldaten, noch die größte Chemiewaffenkampagne der Menschheitsgeschichte konnten den USA damals zum Sieg verhelfen. Die Sowjetunion erlebte ihr Vietnam in Afghanistan. Nach einer Dekade zog die Rote Armee 1989 gedemütigt ab und Moskau musste schmerzlich lernen, dass ein Krieg in Afghanistan nicht zu gewinnen ist – so wie bereits Alexander der Große, Dschingis Khan und das British Empire davor und die NATO in ihrer 18-jährigen Katastrophe danach. Nicht umsonst wird das Land „Graveyard of Empires“ genannt. ….
    Quelle: Justice Now

    Anmerkung JK: Hier manifestiert sich einmal mehr das komplette Versagen des deutschen „Qualitätsjournalismus“, der lieber windige Geschichten zur Enthüllungsstory aufbläst wie die angebliche Steuerung der AfD durch Putin oder völlig durchgedreht über einen Krieg mit Russland phantasiert, als über die katastrophale Lage im Jemen zu berichten. Aber bei einer kritischen Berichterstattung über die brutale Kriegführung der Saudis im Jemen würden ja die Interessen der US-Oligarchie berührt, das lässt man dann lieber sein. Man will ja weiter an den Fleischtöpfen sitzen.

  4. China’s EU envoy to Europe: plot your own path, not Washington’s
    Hey, Europe: don’t let Washington ruin our good thing.
    That was the message from China’s top representative to the European Union, who spoke to POLITICO in the run-up to a Beijing-EU summit on Tuesday, taking place against a backdrop of growing tensions on trade and technology.
    Amid last-minute preparations for the talks, which aim to salvage a bruised relationship between Brussels and Beijing, Zhang Ming urged the EU to maintain its spirit of economic openness and the level playing field for foreign companies to invest and grow inside the EU.
    But he also lamented Europe’s toughening stance towards Beijing, pushing back against the term “systemic rival” adopted by European countries to describe China, arguing that such polarising language was not even used during the cold war at a time of icy relations.
    “I would disagree with that [term],” he said.
    He added: “In Chinese culture, rivals are bound to seek superiority over the other side … During the cold war, there also existed differences between the sides, and even then the two sides didn’t describe each other as rivals.”
    Quelle: SCMP
  5. Krise in Venezuela: Maduro lässt internationale Hilfen zu
    Fast ein Viertel der Venezolaner braucht laut UN dringend Hilfe. Präsident Maduro hatte sich aber lange geweigert, Hilfslieferungen ins Land zu lassen. Nun hat er sich bereit erklärt, mit dem Roten Kreuz zu kooperieren.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung unseres Lesers G.R.: Es ist mal wieder ein Klassiker öffentlich-rechtlicher Berichterstattung über Venezuela. Schon die Überschrift ist irreführend, denn Maduro hat schon zuvor Hilfslieferungen zugelassen. Es geht natürlich noch weiter: “Die Bevölkerung des ölreichen Landes leidet seit Jahren unter den Folgen der Misswirtschaft.” Unstrittig ist, dass es unter Maduro politische Fehlentwicklungen gab und gibt, aber natürlich wird im Text nicht erwähnt die Blockade der USA und der Versuch der Amerikaner, die Regierung in Venezuela zu stürzen. Denn auch darunter leidet die Bevölkerung. Aber man sieht bei tagesschau.de eben immer nur das, was man sehen möchte.

    Anmerkung unseres Lesers R.K.: Die Tagesschau schreibt:

    “Fast ein Viertel der Venezolaner braucht laut UN dringend Hilfe. Präsident Maduro hatte sich aber lange geweigert, Hilfslieferungen ins Land zu lassen. Nun hat er sich bereit erklärt, mit dem Roten Kreuz zu kooperieren. […] Maduro hatte zuvor lange die Annahme von internationalen Hilfslieferungen verweigert und die venezolanische Grenze schließen lassen.”

    Bereits eine kurze Suche im Netz bringt hingegen Artikel aus dem Februar zu Tage, die von einer Verdoppelung der IKRK-Hilfen für Venezuela berichten sowie Berichte über Hilfen aus China und Russland. Die Lügen werden immer dreister…

  6. Gelbwesten-Proteste – Französischer Premier verspricht Steuersenkungen
    Die französische Regierung hat die Ergebnisse ihres Dialogs mit der eigenen Bevölkerung vorgestellt. Als Konsequenz sollen die Steuern schneller sinken als geplant.
    Als Konsequenz aus der in den vergangenen Wochen in Frankreich organisierten “großen nationalen Debatte” will die französische Regierung schneller für Steuererleichterungen sorgen. Es gebe einen “riesigen Ärger über die Steuern”, sagte Regierungschef Édouard Philippe bei der Vorstellung der Ergebnisse. Die Debatte habe hier eine klare Richtung vorgegeben. “Wir müssen die Steuern senken, und zwar schneller”, versprach er. Gleichzeitig müsse die Regierung die staatlichen Ausgaben kürzen.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Es stimmt, daß die Gelbwesten Steuersenkungen gefordert haben – und soweit es direkte Steuern (auf die Einkommen) betrifft, halte ich das für einen Fehler, weil Menschen mit höheren Einkommen (relativ und absolut) wesentlich mehr Steuern sparen als solche mit den niedrigen Einkommen der meisten Gelbwesten. Daneben haben die Gelbwesten aber auch *Steuererhöhungen* gefordert, nämlich die Wiedereinführung der von Macron abgeschafften Vermögensteuer. So interpretiert Philippe die Forderungen sehr einseitig und gewohnt wirtschaftsliberal (“Steuern senken”) – und wenn er zusätzlich die Staatsausgaben kürzen will, sind die Gelbwesten und andere Niedriglöhner noch einmal die Verlierer, während Macron seine Agenda der Entstaatlichung unbeirrt weiterführt.

    dazu: „Liberté, Égalité, Flashball“
    Die militarisierte Repression der Gelbwestenbewegung durch den französischen Staat (…)
    Die Gelbwesten sind unkaputtbar: Seit vier Monaten gehen im (nach Gesamtvermögen) sechstreichsten Land der Welt jede Woche an die hunderttausend Menschen jeden Alters und Geschlechts auf die Straße, um für ihre elementarsten Rechte zu kämpfen. Eine geplante Erhöhung der Benzinsteuer diente der Bewegung als Initialzündung, die neoliberale Charaktermaske Macron als Katalysator. Im Nu ist die Bewegung, die einen bemerkenswerten Selbstverständigungs- und Politisierungsprozess durchlaufen hat, über ihren ursprünglichen Anlass hinausgewachsen.
    Die Kaufkraft steht jedoch auch weiterhin im Zentrum der Forderungen. Dass diese laut Statistikamt INSEE angeblich Jahr für Jahr steigen soll, halten viele Franzosen für einen absurden Witz: Viele kommen trotz Vollzeitbeschäftigung bis zum Monatsende nicht mehr über die Runden. Die größte Sorge dieser „unteren Schichten“ besteht mitnichten darin, wie Spiegel Online behauptet, „Champagner und Austern“ nicht gegen „Bier und Chips“ eintauschen zu wollen. Drei Fakten veranschaulichen den sozialen Niedergang des Landes:

    • Die Immobilienkaufkraft eines französischen Durchschnittsjahreseinkommens hat sich innerhalb einer Generation halbiert (wodurch die Arbeiterschaft aus den Innenstädten und in die Dieselabhängigkeit getrieben wurde).
    • Eine aktuelle Studie der staatlichen Forschungseinrichtung Inserm (Institut national de la santé et de la recherche médicale) führt jährlich zwischen 10.000 und 14.000 Todesfälle in Frankreich auf die psychischen, sozialen und gesundheitlichen Folgen der Arbeitslosigkeit zurück.
    • 2018 starben in Frankreich nach einer unvollständigen Zählung der Organisation „Les Morts de la Rue“ mindestens 566 Obdachlose elendig auf der Straße, darunter 50 Frauen und 13 Minderjährige (Durchschnittsalter: 48 Jahre).

    Es ist die systemische Gewalt dieses Produktions- und Verteilungssystems, die die Menschen empört und auf die Straße treibt. Der Staat bekämpft die Proteste mit aller Härte. Dabei kommen auch paramilitärische Waffen von Tränengas- bis hin zu leichten Sprenggranaten zum Einsatz, die eine inzwischen nicht mehr überschaubare Anzahl von Verletzten gefordert haben. Der wachsenden Empörung über die staatlichen Gewaltexzesse wissen Präsident Macron und seine Regierung nichts entgegenzusetzen, als beredtes Schweigen und unerträglichen Zynismus.
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.

  7. Schwarze Kriegskasse
    Bundesregierung rechnet 4,6 Milliarden Euro aus dem Militärhaushalt heraus. Linke: »Finanzminister spielt mit gezinkten Karten«
    Die Bundesregierung wird im kommenden Jahr nicht, wie sie offiziell behauptet, 45,1 Milliarden Euro für das Militär ausgeben, sondern 49,7 Milliarden Euro. Dies geht aus der Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch (Die Linke) hervor, die junge Welt vorliegt. Die Differenz ergibt sich daraus, dass die Regierung mehrere Etatposten aus dem offiziellen Verteidigungshaushalt ausgegliedert hat, die ihm der Sache nach zugerechnet werden müssen. Dazu zählen die Ausgaben für den Wehrbeauftragten der Bundeswehr, für »Friedenserhaltung und Konfliktbewältigung« sowie für die »Ertüchtigung von Partnerstaaten« insbesondere im militärischen Bereich, aber auch Aufwendungen »im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte« und allerlei Personal- und Sachkosten. Laut NATO-Kriterien zählt all dies zum Wehretat. »Man glaubt es kaum: Die NATO ist ehrlicher als die Bundesregierung«, kommentierte Lötzsch gegenüber jW: »Der Finanzminister spielt mit gezinkten Karten, wenn es um den Rüstungsetat geht.« (…)
    Während die Militärausgaben steigen, nimmt die Armut zu. Der Paritätische Gesamtverband bezifferte die Armutsquote in Deutschland zuletzt auf 16,8 Prozent – der höchste Wert seit 1990. Dennoch sähen die Pläne des Bundesfinanzministers das »Einfrieren der öffentlichen Investitionen« vor, kritisierte Lötzsch Ende vergangener Woche: »Die Bundesregierung tut nichts gegen die weitere Spaltung der Gesellschaft.« Vorrang hat die Aufrüstung: Sie gilt als Voraussetzung für die angestrebte deutsch-europäische Weltmachtpolitik.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Christian Reimann: Eigentlich müsste sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz schämen – von wegen Erneuerung der SPD und mehr soziale Gerechtigkeit.

  8. Private Stiftungen sind Teil des Problems, nicht der Lösung
    Die Gates Foundation ist nicht die einzige Stiftung, die Spenden an Unternehmen wie Mastercard vergibt. Die Ford Foundation vergibt Spenden vornehmlich an Medienkonzerne, während die größte philanthropische Organisation Großbritanniens, der Wellcome Trust, oft an pharmazeutische Konzerne spendet. Doch Geschwindigkeit und Umfang der Spenden an Unternehmen seitens der Gates Foundation haben so dramatisch zugenommen, dass selbst führende Experten für Philanthropie das Ausmaß dieser Aktivitäten nicht erfassen können. Um die Neuartigkeit dieser Darlehen an Unternehmen wie Mastercard verstehen zu können, ist es sinnvoll, sich vor Augen zu führen, was die Spenden der Gates Foundation nicht sind. Es handelt sich dabei nicht um kontinuierliche Zahlungen, die dazu dienen, gemeinnützige Zwecke zu verfolgen. (…) Es handelt sich vielmehr um Spenden zur Abschwächung von indirekten Kosten der Unternehmen. Mit ihnen können Konzerne die Kosten zur Erschließung neuer Märkte gegenfinanzieren. (…) Die Spenden der Gates Foundation sind schlicht dies: Spenden. Für die Konzerne handelt es sich um Gratisgeschenke. Für die amerikanischen Steuerzahlerinnen jedoch handelt es sich um einen Abfluss öffentlichen Geldes.
    Quelle: Ada
  9. Steuerakrobatik großer Konzerne: Kapitalismus pervers
    Globale Konzerne deklarieren riesige Gewinne in kleinen Ländern – und kleine Gewinne auf riesigen Märkten. So sparen sie Steuern im ganz großen Stil. Eine Grafik macht das Ausmaß deutlich. […]
    Da haben Großkonzerne ganz andere Möglichkeiten. Und die nutzen sie exzessiv. Vor einigen Tagen veröffentlichte der US-Ökonom Brad Setser zwei Diagramme auf Twitter. Sie machen begreifbar, in welchem Ausmaß die Konzerne sich davor drücken, Steuern zu zahlen. Sie zeigen ausgewiesene Gewinne von US-Unternehmen im Ausland, und zwar im Zeitraum von 1995 bis 2018. Die Praxis betreiben nicht nur amerikanische, sondern viele andere global agierende Konzerne, auch deutsche.
    Ein Diagramm zeigt die Gewinne der US-Unternehmen in sieben sehr großen Märkten wie China, Japan oder Deutschland mit insgesamt deutlich mehr als drei Milliarden Verbrauchern. Länder, in denen sich iPhones und Viagra massenhaft verkaufen. Länder, in denen Google, Facebook oder Amazon selbstverständliche Bestandteile des Alltags sind (mit Ausnahme von China). Die Länder also, in denen die US-Konzerne ihre Gewinne erwirtschaften – und in denen Unternehmensgewinne besteuert werden (wenn auch meist niedriger als die Löhne).
    Quelle: Spiegel Online
  10. Unser Autoland, ein Irrenhaus
    Das war von Bundesfinanzminister Olaf Scholz wohl nicht so geplant. Just an dem Tag, an dem aus seinem Ministerium durchsickert, dass er einen neuen Vorstoß zur massiven steuerlichen Förderung der Elektromobilität unternommen hat, teilt die EU-Kommission mit: Die Autokonzerne Daimler, VW und BMW haben illegale Absprachen zu Technologien der Abgasreinigung getroffen. Das Kartellverfahren der EU ist zwar noch nicht abgeschlossen. Aber es ist nun wohl nicht mehr die Frage, ob die Konzerne zahlen müssen. Es geht eher darum, wie teuer es wird und wie dreist sie im einzelnen Kunden, Politik und Bürger geschädigt haben.
    Es ist gut, dass diese beiden Nachrichten heute zusammentreffen, macht dies doch deutlich, wie schizophren die Bundesregierung auf den Abgasskandal reagiert. Automanager haben offensichtlich wie Verbrecher die Köpfe zusammengesteckt und – sinngemäß – gesagt: Keiner von uns prescht vor, keiner führt die vorhandene Technik für wirklich saubere Diesel (Harnstoffeinspritzung) und saubere Benziner (Partikelfilter) ein. So verhindern wir erst einmal die Technik, sparen Milliarden. Ein grünes Image wollen wir aber trotzdem: Wir machen eine weltweite Werbekampagne für die „Clean Diesel“ von VW, Audi, Porsche, BMW und Mercedes.
    Der WirtschaftsWoche war der Trick mit dem Harnstoff (Adblue-Flüssigkeit) früh aufgefallen. Schon vor drei Jahren, im März 2016, berichtete sie: „Nicht nur Volkswagen betrügt bei der Abgasmessung, die gesamte deutsche Autoindustrie gerät unter Beschuss.“ Und weiter: „Dieselgate, das sind demnach nicht nur die Softwaremanipulationen einiger weniger, sondern auch das für jeden aufmerksamen Automanager und Ingenieur sichtbare Knausern mit Adblue. Demnach muss das Problem mit den Abgaswerten der Dieselfahrzeuge nicht nur bei Volkswagen, sondern bei vielen Autokonzernen bis in die höchsten Etagen bekannt gewesen sein.“ (…)
    Die Bundesregierung „habe seit dem Jahr 2009 rund 5,2 Milliarden Euro für die Förderung“ des E-Autos ausgegeben, sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer Ende vergangenen Jahres. Er sei „verärgert, dass daraus keine Produkte entstehen.“ Die Bundesregierung verteilt seit bald einem Jahrzehnt mit der Gießkanne gute fünf Milliarden Euro im Land und fängt erst jetzt an zu fragen, was das eigentlich bringt? Während Scheuer noch nach den versickerten Milliarden sucht, kratzt Scholz aber schon neue Subventionsmilliarden für die Autoindustrie zusammen. Verstehe noch einer diese Autonation.
    Quelle: WirtschaftsWoche

    dazu: BMW, Daimler und VW drohen Milliardenstrafen
    Acht Jahre lang EU-Kartellvorschriften missachtet: Diesen Verdacht hat die EU-Kommission gegenüber VW, BMW und Daimler.
    Die Brüsseler Behörde hat eine formelle Beschwerdemitteilung an die Konzerne geschickt: Ein Brief, in dem sie die Vorwürfe detailliert begründet. Die Autokonzerne haben nun die Gelegenheit, darauf zu antworten.
    Die EU-Kommission hatte seit 2017 Untersuchungen angestellt, im September vergangenen Jahres wurden die dann vertieft. Bereits damals hatten sich die Anzeichen verdichtet, wie ein Sprecher von Wettbewerbskommissarin Margarete Vestager deutlich machte.
    „Auf der Grundlage des Materials haben wir uns entschieden, diesen ersten Schritt zu gehen, um zu prüfen, ob unsere Bedenken begründet sind oder nicht.“
    Quelle: Deutschlandfunk

  11. Wenn Hochqualifizierte gehen und wenig Gebildete kommen – Deutschlands doppeltes Migrationsproblem
    Deutschland hingegen verbindet die Auswanderung Hochqualifizierter mit der Einwanderung Geringqualifizierter. Die auf Kosten der deutschen Steuerzahler ausgebildeten Mediziner und Ingenieure maximieren ihren persönlichen Nutzen, was nachvollziehbar und legitim ist. Vergleicht man etwa die Arbeits- und Einkommensverhältnisse von Ärzten im deutschen Gesundheitswesen mit denen in Australien oder der Schweiz, zeigt sich, dass die Einkommen in Deutschland deutlich geringer und die Arbeitsbedingungen häufig schlechter sind. Angestellte Ärzte in leitender Funktion verdienen in Deutschland ein Drittel dessen, was für vergleichbare Positionen in Australien oder den USA gezahlt wird. Dort reichen Jahresgehälter angestellter Ärzte bis zu 450 000 Euro. In Dänemark oder der Schweiz liegen die Gehälter immerhin beim Doppelten des deutschen Wertes.
    Gesundheitsminister Jens Spahn ist die Auswanderung von in Deutschland ausgebildeten Ärzten ein Dorn im Auge. Wie er dies verhindern kann, weiss er aber nicht. Schwer vorstellbar erscheint, Sanktionen über im Ausland tätige Ärzte zu verhängen. Seltsam ist, dass die naheliegende Lösung, höhere Gehälter, nicht in Erwägung gezogen wird. Es wird schwierig bleiben, Hochqualifizierte in Deutschland zu halten, solange es im Ausland sehr viel mehr zu verdienen gibt. Die Gehälter etwa von angestellten Ärzten sind in Deutschland bescheiden, zumindest im internationalen Vergleich.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung JK: Bei Licht betrachtet eine absurde Dimension der offenen Grenzen. Auch Deutschland verliert für teures Geld ausgebildete Mediziner an andere Länder und ersetzt diese dann durch Ärzte aus den osteuropäischen EU-Ländern. Und den Letzten beißen sprichwörtlich die Hunde.

    dazu: Mediziner verlassen das Land
    Das Gesundheitssystem in Rumänien hat ein Problem. Trotz Lohnerhöhungen und verbesserter Jobsuche läuft dem EU-Land das Fachpersonal weg: Ärzte, Pfleger, Krankenschwestern. Jährlich verlassen Tausende das Land, vor allem in Richtung Frankreich, Deutschland, Irland und Belgien.
    Vlad Voiculescu weiß, warum Rumäniens Gesundheitssystem einfach nicht auf die Beine kommt: Der 36-jährige Oppositionspolitiker war 2016 für ein knappes Jahr Gesundheitsminister, zu einer Zeit, in der eine reine Experten-Regierung in Bukarest im Amt war. Er gilt seitdem als ein beliebter Reform-Minister. Voiculescu kennt die offenkundig paradoxe Situation im rumänischen Gesundheitswesen: Junge Ärztinnen und Ärzte erwerben an den wenigen Universitätsklinken des Landes ihre Facharztausbildung und finden dann anschließend nicht einen geeigneten Job. Das Ergebnis:
    „Wir produzieren sehr viele Ärzte, mehr Ärzte pro Kopf der Bevölkerung als die meisten Länder Europas. Und wir exportieren sehr viele Ärzte, viel mehr als jedes andere europäische Land. Aber wir brauchen sehr viele Ärzte. Wir haben ein Defizit von 13.000 Ärzten!“
    Seit sieben Jahren belegt Rumänien den vorletzten Platz in der EU was die Anzahl von Ärzten pro Kopf der Bevölkerung angeht: 276 Ärzte auf hunderttausend Einwohner. Jährlich verlassen 3.500 Ärzte das Land, vor allem in Richtung Frankreich, Deutschland, Irland und Belgien. Um den seit Jahren anhaltenden Exodus der Ärzte aufzuhalten, suchte die derzeitige Regierung Zuflucht in deutlichen Lohnerhöhungen für Mediziner in staatlichen Krankenhäusern. Erhöhungen um teilweise 170 Prozent.
    Eine Entwicklung, die Dr. Andrei Marin aufhalten wollte. Der frischgebackene Facharzt für plastische Chirurgie gründete – noch als Assistenzarzt – einen Verein von Kolleginnen und Kollegen, um die gesetzlichen Missstände bei der Postenvergabe für junge Ärzte zu bekämpfen. Der Exodus halte weiterhin an, obwohl es Lohnerhöhungen und auch Verbesserung bei den Jobchancen für Assistenzärzte gegeben habe.
    Quelle: Deutschlandfunk

  12. Wohnungsnot
    1. Forderung nach Enteignungen schlägt politische Wellen
      Angesichts steigender Mieten in deutschen Großstädten fordert eine Initiative die Enteignung großer Immobilienunternehmen. Die Debatte hat längst die Bundespolitik erreicht. Auch weil eine Umfrage zeigt: Die radikale Idee ist in Berlin mehrheitsfähig.
      „Deutsche Wohnen und Co. enteignen.“ Als Rouzbeh Taheri und seine Mitstreiter ihr Volksbegehren zur Enteignung großer profitorientierter Immobilienkonzerne vergangenes Jahr angemeldet haben, da wurden sie noch als revolutionäre Spinner verlacht. Ihr Credo:
      „Wir brauchen gegenüber der Radikalität des Marktes eine radikale Lösung. Wir haben eine realistische Chance, wir haben die Debatte in der Stadt Richtung Interessen Mieterinnen und Mieter verschoben.“
      Spätestens seit diesem Wochenende ist klar: Die radikale Idee ist bei den Berliner Bürgern mehrheitsfähig, mehr als 50 Prozent sprechen in Umfragen sich für die Initiative aus. Und schon zum Start des Volksbegehrens am Samstag bekamen die Aktivisten 15.000 der 20.000 Unterschriften zusammen, die für den ersten Schritt des Enteignungsvolksbegehrens nötig sind.
      Inzwischen wird auch in der Bundespolitik diskutiert, ob Enteignungen gegen Entschädigung als ultima ratio in der Wohnungspolitik infrage kommen.
      Grünen Chef Robert Habeck spricht sich eindeutig dafür aus.
      „Ausdrücklich ist im Grundgesetz eine Sozialverpflichtung vorgesehen. Aber nirgendwo ist im Grundgesetz vorgesehen, dass man unbegrenzte Rendite machen kann. Sondern die muss begrenzt werden und diese Begrenzung muss durchgesetzt werden. Wenn sie nicht anders durchzusetzen ist, muss man darüber nachdenken, ob man nicht auch enteignet.“
      Es wäre absurd, wenn das Mittel der Enteignung nur angewendet würde, um neue Autobahmen zu bauen, aber nicht um gegen grassierende Wohnungsnot vorzugehen.
      Auch Caren Ley, stellvertretende Bundesvorsitzende der Linken hält Enteignungen für legitim: Das Volksbegehren und auch die bundesweiten Demonstrationen unter dem Motto „Mietenwahnsinn“ am Samstag seien vor allem ein Misstrauensvotum gegen die Wohnungspolitik der Bundesregierung.
      Quelle: Deutschlandfunk

      Anmerkung JK: Welcher soziale Sprengstoff sich in der immer katastrophaler werdenden Situation auf den Wohnungsmarkt verbirgt, scheint der Politik immer noch nicht ganz klar zu sein. Das oberste Ziel der Parteien des neoliberalen Konsenses von FDP bis SPD, die Grünen (nicht alle) scheinen hier einmal ausnahmsweise auszuscheren, ist offenbar weiter die Interessen der Immobilien- und Finanzspekulanten zu bedienen. Verantwortung für die Misere trägt klar die Politik, die mit ihrem blinden der neoliberalen Ideologie hinterherlaufen hunderttausende Wohnungen in öffentlicher Hand an Finanzinvestoren verscherbelte. Was aber würde z.B. dagegen sprechen die Wohnungsgemeinnützigkeit, die durch die Regierung Kohl abgeschafft wurde, wieder einzuführen? Man kann sich nur wünschen, dass der Protest gegen die Wohnungsnot weiter an Dynamik gewinnt. Vielleicht sehen wir sogar den Beginn einer deutschen Gelbwestenbewegung.

    2. Nüchtern bleiben
      Der Zirkus um das Berliner Volksbegehren »Deutsche Wohnen und Co. enteignen« zeigt, wie verdreht Kategorien und Maßstäbe des politischen Personals inzwischen sind: CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak ist »fassungslos«; Thüringens CDU-Chef Mike Mohring meint: »Sozialismus pur«; Hans Reichhart (CSU), Bauminister in Bayern, will die »schwachsinnige Debatte« schnell beenden; CSU-Generalsekretär Markus Blume weiß, dass »sozialistische Ideen« noch nirgendwo »funktioniert« haben.
      Linke sollten hier ganz nüchtern bleiben. »Sozialistisch« ist an dem Berliner Vorstoß gar nichts. Die Initiatoren wollen die Eigentümer grundgesetzkonform »entschädigen«, wenn auch »unterhalb des Marktwerts«. Am Ende stünde so zwar ein politischer Preis, aber eben doch ein Kauf. Und so radikal, um mit dem Gedanken zu spielen, die Wohnungskonzerne zu dem Tarif zu entschädigen, mit dem das westdeutsche Kapital nach 1990 von der Treuhand Grundstücke, Gebäude und Betriebe im Osten der Republik erworben hat, sind sie nicht. Damals gingen Industriekombinate mit Mann und Maus für eine »symbolische D-Mark« über den Ladentisch.
      Quelle: junge Welt
    3. Volksbegehren “Deutsche Wohnen enteignen”
      Die anhaltenden Mietsteigerungen seien für viele Berliner nicht mehr zu stemmen, sagte Michael Prütz, Mit-Initiator des Volksbegehrens “Deutsche Wohnen enteignen”, im Dlf. Etwaige Entschädigungszahlungen zu leisten, sei für den Berliner Landeshaushalt “kein Problem”.
      Zagatta: Herr Prütz, 20.000 Unterschriften benötigen Sie jetzt in einem ersten Schritt, was ja eigentlich kein Problem sein sollte. Von was gehen Sie aus, bekommen Sie die heute schon zusammen?
      Prütz: Es ist gut möglich, dass wir die heute schon zusammenbekommen, aber vielleicht dauert es noch ein, zwei Tage. Die Unterstützung, die wir in der Stadt erfahren, ist riesig, also das wird überhaupt kein Problem sein.
      Zagatta: Aber wenn Sie damit und mit den Enteignungen vielleicht sogar erfolgreich sind, bringt das ja keine einzige Wohnung mehr – das Argument haben wir ja gehört. Lohnt sich da der ganze Aufwand?
      Prütz: Wir haben das auch nie behauptet, dass neue Wohnungen dadurch entstehen, aber wir sagen, durch die Enteignung werden 400- bis 500.000 Mieterinnen und Mieter in der Stadt geschützt, gewinnen Planungs- und Lebenssicherheit, und infolge dieser Enteignung werden sich auch kleinere Vermieter mehr an die vernünftigen Regeln halten, die wir alle wollen.
      Zagatta: Da sagen aber die großen Unternehmen, also beispielsweise die Deutsche Wohnen, sie gehe sehr vernünftig vor. Also das Unternehmen sagt, seine Mieten seien vergleichsweise günstig. Ist das so falsch?
      Prütz: Alle Konzerne sagen, dass ihre Mieten bei ca. 6,60 Euro liegen, das ist natürlich normal, sie sagen aber nicht – das sagen sie nur in ihren Geschäftsberichten –, dass das Mietsteigerungspotenzial in den nächsten Jahren in Berlin bei 50 Prozent liegt. Das heißt also, drei, vier Euro Nettokaltmiete mehr, das ist das, was sie anstreben, und das ist für die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner überhaupt nicht leistbar.
      Zagatta: Was nutzt Ihnen jetzt, wenn Sie die Stimmen zusammenbekommen, aber der Berliner Senat da nicht mitzieht? Bürgermeister Müller hat ja klar gesagt, dass er nichts von diesen Enteignungen hält.
      Prütz: Der Senat ist unterschiedlicher Auffassung, die drei Regierungsparteien haben eine differente Meinung zu dieser Angelegenheit. Und es wird keinen Einspruch des Senates geben gegen das Volksbegehren, dann müssten sich nämlich alle drei Senatsparteien einig sein, dass sie das Volksbegehren ablehnen und vor das Verfassungsgericht bringen. Das werden sie nicht tun.
      Quelle: Deutschlandfunk
    4. Vier Argumente gegen die Enteignung von Wohnungen – und warum sie falsch sind
      In Berlin findet ein Volksbegehren zur Enteignung großer privater Wohnungskonzerne rege Beteiligung. Dass ein solches Ansinnen auch auf massiven Widerspruch stößt, überrascht nicht. Wie frei von Sachkenntnis die Gegenargumente sind, überrascht hingegen schon.
      In Berlin sind, mehr noch als anderswo, die Mieten in den letzten Jahren massiv angestiegen, und sie tun es weiterhin. Wie eine Studie des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft jüngst gezeigt hat, steigen die Mieten bei den großen Wohnungskonzernen dabei besonders stark. Kein Wunder, dass schon innerhalb der ersten sieben Stunden 15.000 Menschen für das Volksbegehren »Deutsche Wohnen & Co. enteignen« unterschrieben haben. Benötigt werden im ersten Schritt 20.000 Unterschriften, die Aussichten sind also gut. Ziel der Initiative ist es, alle Wohnungsunternehmen, die mehr als 3000 Wohnungen besitzen, gegen Entschädigung zu enteignen.
      Es sind vor allem Liberale, Konservative und Rechte sowie die Wirtschaftslobby des Landes, die sich strikt gegen das Volksbegehren und gegen Enteignungen aussprechen. Aber auch bei SPD und Grünen gibt es, neben vereinzelter Zustimmung, zahlreiche kritische Stimmen. Es lohnt sich, die vier häufigsten Gegenargumente unter die Lupe zu nehmen – dann zeigt sich: Überzeugen können sie nicht.
      Quelle: Blickpunkt WiSo

      Lesen Sie dazu bitte auch “Keine Angst vor Enteignungen – sie kommen ja doch nicht”.

  13. Reichtum verpflichtet
    Bei aller Schönrederei der sozialen Lage in Deutschland, die uns von interessierter Seite immer wieder begegnet, sind sich so gut wie alle Sozialverbände, Fachverbände und schließlich der DGB völlig einig: Wir haben ein unerträgliches Maß an Armut in diesem reichen Deutschland. Die Armut ist auf traurigem Rekordhoch. Mehr als 13 Millionen Menschen müssen nach dem jüngsten Armutsbericht des Paritätischen zu den Armen gezählt werden. Nie waren es mehr seit 1990.
    Und ein weiteres eint uns als Bündnis: Für uns fängt Armut nicht erst an, wenn Menschen in ihrer physischen Existenz bedroht sind, wenn sie gezwungen sind, Flaschen zu sammeln oder auf der Straße leben. In dieser tief gespaltenen Wohlstandsgesellschaft muss auch dann von Armut gesprochen werden, wenn Menschen auf Grund unzureichenden Einkommens systematisch ausgegrenzt sind vom Leben in der Mitte, wenn sie abgehängt sind, weil sie nicht mehr mithalten können. Unter den Armen sind mehr als zwei Millionen Kinder, über zwei Millionen Arbeitslose, fast drei Millionen Rentnerinnen und Rentner und sogar fast vier Millionen Erwerbstätige.
    Quelle: Ulrich Schneider in junge Welt
  14. Wall-Street-Milliardäre rufen nach der Sozialdemokratie
    Irgendetwas läuft schief, wenn Systemkritik von den führenden Köpfen des Systems kommt. Innerhalb einer Woche haben der Chef der größten US-Bank und der Gründer der größten Hedgefonds-Gesellschaft Streitschriften verfasst, in denen sie vor “Revolution” und “Sozialismus” warnen und Reformvorschläge machen, um Amerikas Kapitalismus vor sich selbst zu retten.
    Jamie Dimon (63), seit 2006 an der Spitze von JPMorgan Chase, Bestverdiener an der Wall Street und inzwischen Milliardär, nutzte den Jahresbericht seiner Bank zu einem 50-seitigen Brief an die Aktionäre über die politische Weltlage.
    Ray Dalio (69), mit seiner Hedgefonds-Firma Bridgewater ebenfalls noch spitze im Geldverdienen und persönlich 18 Milliarden Dollar schwer, legte in zwei Posts auf LinkedIn seine Analyse der gesellschaftlichen Krise dar. Er selbst habe einfach Glück gehabt, schreibt Dalio, der mit 12 sein erstes selbst verdientes Geld an der damals boomenden Börse investierte – als Kind aus wohlgehüteten Verhältnissen. Der Kapitalismus sei der beste denkbare Motivator, funktioniere aber für die Mehrheit in Amerika nicht mehr.
    Als Investor sehe er, dass “das Geld sich an der Spitze staut” – zu viel für die wenigen, zu wenig für die vielen. Dalio schreibt von “sich selbst verstärkenden Spiralen: aufwärts für die Besitzenden, abwärts für die Besitzlosen”. Das sprenge nicht nur den sozialen Zusammenhalt, sondern wirke auf Dauer auch unproduktiv. Wenn in den kommenden Jahren keine Koalition zwischen Kapitalisten und Sozialisten gelinge, um gerechtes Wachstum zu sichern, “werden wir irgendeine Art von Revolution erleben, die praktisch jedem schadet”.
    Quelle: manager magazin

    dazu: Das kapitalistische System muss mit Nachdruck reformiert werden
    Die reichsten Männer der USA fordern bessere Bedingungen für Normalverdiener. Die Politik sollte genau hinhören. Einfacher als jetzt wird es nicht mehr werden.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung unserer Leserin E.R.: Es scheint wohl manchen zu dämmern, dass die Massenverelendung immer mehr zu einer tickenden Zeitbombe wird.

  15. Amazon-Mitarbeiter hören private Gespräche mit Alexa ab und fertigen Transkripte an
    Amazon lässt zum Teil Mitarbeiter aufgezeichnete Kommandos von Nutzern an seine Assistenzsoftware Alexa anhören und abtippen, um die Spracherkennung zu verbessern. Der Konzern bestätigte die Vorgehensweise am Donnerstag dem Finanzdienst Bloomberg. Die Informationen würden “streng vertraulich” behandelt. Amazon will mit dem Verfahren die Spracherkennung verbessern.
    “Wir versehen nur eine sehr geringe Auswahl an Alexa-Sprachaufnahmen mit Kommentaren, um das Kundenerlebnis zu verbessern”, so eine Amazon-Stellungnahme gegenüber Bloomberg. Die Nachrichtenagentur hatte die Methode in einem Bericht enthüllt. Bloomberg zufolge wird diese Arbeit an diversen Standorten rund um die Welt erledigt, unter anderem in Boston, Costa Rica, Indien und Rumänien. Laut zwei Mitarbeitern in Bukarest schlagen sie dort pro Schicht bis zu 1.000 Mitschnitte um. Ein Mitarbeiter aus Boston sagte, er habe zum Beispiel Aufzeichnungen mit den Worten “Taylor Swift” analysiert und sie mit der Anmerkung versehen, dass die Nutzer die Sängerin meinten.
    Quelle: Meedia
  16. So zerfällt der gesellschaftliche Zusammenhalt und auch die Demokratie
    Frau Wagenknecht. Sie haben ihren Rückzug aus der ersten Reihe der Linksfraktion angekündigt, nachdem sie zwischenzeitlich “ziemlich ausgebrannt” waren. Wie befreit fühlen Sie sich heute? Welche Last ist da von Ihnen abgefallen?
    Es geht mir sehr viel besser, der extreme Druck ist weg, auch wenn ich natürlich immer noch relativ viele Termine habe, denn noch bin ich ja Fraktionsvorsitzende. Und auch danach werde ich politisch aktiv bleiben, denn es ist mir natürlich nicht egal, wohin sich unser Land entwickelt. Ich möchte mich nur auf einer anderen Ebene einmischen, wieder mehr publizieren, neue Ideen in die Debatte bringen.
    Woran hat es gelegen, dass der Stress so groß wurde? Haben sie sich mit Fraktionsführung und der Gründung von “Aufstehen” übernommen? Oder haben die innerparteilichen Machtkämpfe zu viel Kraft gekostet?
    Da kam viel zusammen. “Aufstehen” ist für mich eine sehr spannende Erfahrung gewesen, weil es etwas völlig Neues war und ich erlebt habe, wie viele Menschen, die sich teilweise noch nie politisch engagiert haben, sich plötzlich mit grosser Leidenschaft einbringen. Deshalb hat diese Bewegung trotz aller Anfangsschwierigkeiten auch eine Perspektive. Aber, klar, es war auch viel Arbeit – zusätzlich zum Fraktionsvorsitz. Und hinzu kamen die zermürbenden Konflikte in der Partei. Irgendwann war ich so ausgebrannt, dass es einfach nicht mehr ging.
    Sie sagen, sie wollen ein “politischer Mensch” bleiben. Wo wird der Schwerpunkt Ihrer Arbeit liegen?
    Wenn man sich die Entwicklung unserer Gesellschaft ansieht, kann einem angst und bange werden, wie viele Zukunftsfragen verschlafen werden und an wie vielen Stellen die Weichen falsch gestellt sind. Das betrifft die digitalen Technologien, die derzeit so eingesetzt werden, dass sie einem gefährlichen Überwachungskapitalismus den Weg bereiten. Das betrifft die ungebrochene Verschwendung natürlicher Ressourcen durch die Wegwerfwirtschaft. Und es betrifft ganz zentral die soziale Frage. Jeder weiß: Die Gesellschaft ist tief gespalten, sozial, aber auch kulturell. Wir haben unterschiedliche Milieus, die sich kaum noch begegnen und sich immer weniger zu sagen haben. So zerfällt der gesellschaftliche Zusammenhalt und auch die Demokratie.
    Sie haben unlängst in Hamburg auch Enteignungen von Immobilienbesitzern gefordert. Warum so radikal?
    Enteignung, das klingt nach Staatswillkür und Unrecht. Aber wenn man genau hinguckt, haben wir heute im Immobilienbereich ständige Enteignungen, nämlich der Mieterinnen und Mieter. Finanzinvestoren kaufen hunderttausende Wohnungen auf und treiben die Mieten nach oben, um ihren Anteilseignern zweistellige Renditen auszuschütten. Bei der “Deutsche Wohnen” etwa liegt die Rendite aktuell bei 18 Prozent. Bei den Häusern dagegen werden oft notwendige Investitionen unterlassen, oder man setzt auf Luxusmodernisierungen, um einkommensschwache Familien gezielt zu vertreiben. Das elementare Recht auf Wohnen ist zu einem Spekulationsobjekt geworden. Das muss gestoppt werden. Grundgüter wie Wohnen, Gesundheit und Pflege gehören nicht in die Hände hemmungsloser Renditejäger. Das sind öffentliche Aufgaben. Und wo Eigentum zum Schaden der Allgemeinheit eingesetzt wird, sieht das Grundgesetz die Übernahme in die Gemeinwirtschaft ausdrücklich vor.
    Zu einem weiteren Streitthema: Sie haben in der Flüchtlingsdebatte von Kapazitätsgrenzen gesprochen. Werden Sie – im Gegensatz zu vielen anderen Linken – weiter für einen eher restriktiven Kurs in der Migrationspolitik kämpfen?
    Verfolgte haben Anspruch auf Schutz, dieses Asylrecht darf nicht ausgehöhlt werden. Aber es ist eine große Lüge, dass man Armut in der Dritten Welt bekämpft, indem man Migration fördert. Das Gegenteil ist der Fall. Denn es verlassen nicht die Ärmsten ihre Länder, sondern eher die Mittelschicht und die etwas besser Ausgebildeten. Das verstärkt die Armut vor Ort, während es den Unternehmen bei uns billige Arbeitskräfte verschafft und so die Löhne unter Druck setzt.
    Quelle: Sahra Wagenknecht

    Anmerkung Albrecht Müller: Sehr lesenswert.

  17. Altkanzler Schröder wird 75 – „Ich wollte immer meine eigene Situation verbessern“
    Von den Deutschen verlangte er mehr Eigenverantwortung und proklamierte die Agenda 2010. Heute ist Altkanzler Schröder zum fünften Mal verheiratet, pflegt seine Freundschaft zum russischen Präsident Putin und ärgert die SPD mit seinen Kommentaren.
    Da, ein Ball auf saftig grünem Rasen. Ein Fernsehteam hat ihn da hingelegt. Gerhard Schröder kann es nicht lassen: „Pass auf! Das war ‚ne Flanke für’n Kopfball.“
    Da ist er wieder, der junge Fußballer: schnell, kopfballstark, Kampfname „Acker“. Auf dem Platz ist nicht wichtig, dass der Junge aus einer bitterarmen Familie kommt und seinen Vater nie gesehen hat.
    „Meine Mutter hat uns sehr liebevoll allein aufgezogen, obwohl sie wegen Arbeit – sie hat lange als Putzfrau gearbeitet – nur wenig Zeit hatte. Wir waren also sehr früh auf uns selbst angewiesen.“
    „Meine eigene Situation verbessern“
    Die Familie lebt auf dem Land, im Nordosten des heutigen Nordrhein-Westfalen. Gerd, der am 7. April 1944 auf die Welt kommt, lernt Kaufmann, macht sein Abi nach, studiert, wird Rechtsanwalt. Und verspricht Mutter Erika: „Vielleicht schaffe ich das dann noch, dass ich dich mal mit ‚nem Mercedes abholen kann.“
    Was ihn antreibt?
    „Ich wollte immer meine eigene Situation verbessern, vor allen Dingen über Bildung und über Wissen. Aber ich wollte es eben nicht nur für mich, ich wollte es auch für andere. Und deshalb bin ich zur Politik gegangen.“
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur

    Anmerkung Christian Reimann: Das Verklären des Alt-Kanzlers Schröder übernehmen die Medien wie der Deutschlandfunk offenbar selbst gerne. Zur Motivation von Herrn Schröder: Erst die eigene Situation verbessern und dann “Eigenverantwortung fordern, mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern”. Asozialer geht es wohl kaum noch.

    dazu: Merz lobt Schröder in höchsten Tönen für Agenda-Politik
    Friedrich Merz hat die wirtschaftspolitischen Leistungen von Gerhard Schröder gelobt. Die aktuell gute Lage auf dem Arbeitsmarkt sei in erster Linie dem SPD-Altkanzler zu verdanken, erklärte Merz.
    „Schröder hat gezeigt, dass man als Bundeskanzler nicht lange Zeit im Amt bleiben muss, um Großes zu leisten: Die Vollbeschäftigung von heute verdankt unser Land in erster Linie diesem Bundeskanzler und seiner erfolgreichen Agenda 2010“, sagte Merz der „Bild am Sonntag“. Er äußerte sich anlässlich des 75. Geburtstages Schröders an diesem Sonntag.“40,9 Prozent und 38,5 Prozent – diese Wahlergebnisse hat die SPD mit Gerhard Schröder erreicht“, sagte Merz weiter. „Damals war die SPD noch Volkspartei – und man muss kein Sozialdemokrat sein, um ihr heutiges Erscheinungsbild mit Bedauern und Sorge zu betrachten.“ Schröder habe Deutschland in seinen sieben Amtsjahren „mit Mut und Weitsicht“ geführt: „Es gab für ihn wichtigere Dinge als sein Amt des Bundeskanzlers. Allerdings: Auch nach dem Verlassen des Bundeskanzleramts gehört man sich nicht wieder ganz allein.“
    Quelle: Rheinische Post

    Anmerkung JK: Noch irgendwelche Fragen?

  18. Zu guter Letzt: Braunkohlevorkommen unter Berliner Wohnungen entdeckt: CDU plötzlich doch für Enteignungen
    Überraschender Richtungswechsel in der Debatte über Enteignungen von Wohnungskonzernen in Berlin: Nachdem unter mehreren Wohngebieten in lukrativer Lage große Kohlevorräte gefunden wurden, hat sich die Union nun plötzlich doch für Enteignungen ausgesprochen. Zuvor hatten Probebohrungen ergeben, dass sich unter den Stadtteilen Prenzlauer Berg, Mitte, Friedrichshain und Kreuzberg etwa 5 Milliarden Tonnen Braunkohle in günstiger Abbautiefe befinden. “Das ist für die Besitzer sicher nicht schön, aber in so einem Fall muss der Staat von seinem grundgesetzlich verbrieften Recht Gebrauch machen und zur Not auch Zwangsenteignungen durchführen”, erklärte etwa CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die sich zuvor noch dafür ausgesprochen hatte, die schwierige Wohnsituation in Berlin ausschließlich “mit den Mitteln des Marktes” zu beheben.
    Quelle: Der Postillon


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