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Titel: “Konjunktur – Ifo-Chef sieht tiefe Rezession”

Datum: 26. April 2005 um 19:27 Uhr
Rubrik: Wirtschaftspolitik und Konjunktur
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So lautete eine Schlagzeile in der Frankfurter Rundschau vom 4. Dezember 2001. Damals zeigte – wie auch heute wieder berichtet – der Geschäftsklimaindex des Ifo-Instituts nach unten. Die damalige Meldung ist zur Kommentierung der heutigen Einlassungen des Professor Sinn bestens verwertbar. Heute sind bei ihm vor allem die Löhne schuld am mangelnden Wachstum, damals war es in einer vergleichbaren Lage die „Konjunktur“. Der Text der damaligen Meldung ist lesenswert. Deshalb:

FR 4. Dezember 2001

Konjunktur – Ifo-Chef sieht tiefe Rezession Berlin. – Die deutsche Wirtschaft befindet sich nach Einschätzung von Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn in der stärksten Flaute seit rund 20 Jahren. „Wir sind derzeit in einer Rezession, die so scharf ist – wahrscheinlich – wie die von 1981″, sagte Sinn. Der Ifo-Geschäftsklimaindex sei in den vergangenen zwei Monaten so deutlich gefallen wie zuletzt 1973, als die drastische Erhöhung der Ölpreise rund um den Globus die Konjunktur auf Talfahrt schickte. Der Weltwirtschaftsklimaindex sei inzwischen so niedrig wie noch nie seit seiner ersten Erhebung in 1981. Sinn forderte die Bundesregierung auf, eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts nach dem Stabilitäts- und Wachstumsgesetz von 1967 festzustellen. Als Folge daraus sollten staatliche Investitionsbeihilfen zur Konjunkturstützung beschlossen und die Steuerreform vorgezogen werden, sagte Sinn. Die Bundesregierung lehnt beides ab.

So weit die Meldung aus der Frankfurter Rundschau. Ein wunderbarer Text. Aber wo sind die Einsichten des Prof. Sinn heute geblieben? Damals, im Jahr 2001 lag das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes bei 0,7 Prozent. Für das Jahr 2005 haben, wie die Zeitungen heute melden, die sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognose gerade auch auf 0,7% abgesenkt. Auch heute könnte man angesichts dieser Zeichen einer deutlichen Rezession gut begründen, die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts festzustellen. Stattdessen erklärt der Ifo-Konjunkturexperte Gerhard Flaig, man müsse sich von der Vorstellung verabschieden, hier zu Lande noch Wachstumsraten von drei oder vier Prozent erreichen zu können, und sich klar machen, dass bereits ein Wachstum von etwas mehr als einem Prozent ein Aufschwung sei. – Das ist eine Kapitulation. Da wird die Unfähigkeit, eine richtige Makro-Politik zumachen, also die Unfähigkeit, die Konjunktur anzukurbeln, zum Schicksal erhoben. Warum sollte bei uns nicht möglich sein, was bei einer vernünftigen Konjunkturpolitik in anderen Staaten heute und bei uns auch noch 1988 bis 1992 früher möglich war? Es gibt keinerlei Grund, Wachstumsraten von drei oder vier Prozent nicht zu erreichen. Angesichts der Tristess unserer Wissenschaft und Wirtschaftspolitik bleibt nur übrig, wieder einmal den amerikanischen Nobelpreisträger Robert Solow zu zitieren ( „Wirtschaftswoche“ vom 9.September 2004):

Die deutsche Wirtschaft schwächelt nun schon seit einer Dekade. Wenn ich ein Manager wäre, würde ich meine Produktion auch nicht ausweiten, solange die Märkte nicht erkennbar expandieren. Klar, Makropolitik beherrscht vermutlich niemand perfekt. Aber mir scheint offensichtlich: in Deutschland könnte man sie wesentlich besser machen.

Interessant an den zitierten Einlassungen Sinns von 2001 ist übrigens auch seine damalige Überzeugung, die Ölpreisexplosion von 1973 hätte die Konjunktur auf Talfahrt geschickt. Heute wird diese Einsicht wie auch die Einsicht, dass damals Konjunkturprogramme geholfen haben, von den Freunden Sinns permanent verweigert. Nicht Konjunktureinbrüche sondern Strukturfehler des deutschen Sozialstaats sind angeblich schuld für die Miseren von damals bis heute.

Nachtrag: Mich erreicht gerade der Hinweis eines Nutzers der NachDenkSeiten auf eine passende Spiegel-Notiz: „Die sechs führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr mehr als halbiert und rechnen jetzt mit deutlich mehr Arbeitslosen. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement […] sieht sich in der Notwendigkeit seines Reformkurses bestätigt.“ Wie ich immer schon sage: Wirkt die Droge nicht, dann wird die Dosis erhöht.


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