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Titel: Sozialdemokraten können Wahlen gewinnen und sogar die Rechte kleinhalten, wenn sie ihrem Charakter und ihrem Programm einigermaßen treu bleiben. Siehe Portugal.

Datum: 7. Oktober 2019 um 9:08 Uhr
Rubrik: Wahlen
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In Portugal regieren die Sozialisten/Sozialdemokraten und gewinnen Wahlen, gestern mit einem Plus von fast 5 % auf rund 37 %. Die rechte Partei erreicht eventuell ein einziges Mandat. Siehe dazu im Anhang Berichte aus der FAZ und dem Kurier aus Österreich. Staunend stehen manche Beobachter vor diesem Ergebnis. Da gibt es nicht viel zu staunen. Der portugiesische Ministerpräsident und Vorsitzende der Sozialisten (PS) Costa und seine Partei haben das gemacht, was man machen muss, wenn man den Interessen der Mehrheit gerecht werden will: Aktive Beschäftigungspolitik, Infrastruktur verbessern, Renten und Löhne nicht zusammenstreichen, sondern verbessern. Keine Schwarze Null und dennoch die Lage der Staatsfinanzen verbessern. Usw. Albrecht Müller.

Die portugiesischen Sozialisten haben einen anderen Akzent gesetzt als Griechenland, Deutschland und andere EU-Staaten. Sie haben ihr eigenes Profil nicht bis zur Unkenntlichkeit geschliffen. Sie haben übrigens auch die Zusammenarbeit mit den linken Gruppen in Portugal gesucht und diese Zusammenarbeit auch nicht geleugnet oder gar schlechtgeredet, wie das hierzulande üblich ist, wenn über eine linke Option geredet oder nachgedacht wird. Bemerkenswert klug und respektvoll hat der alte und wohl auch neue Ministerpräsident über diese Zusammenarbeit und ihre wahrscheinliche Fortsetzung nach der Wahl gesprochen und die Konsolidierung seiner Bündnispartner sogar begrüßt. Siehe unten fett markiert.

Das war in guten Zeiten sozialdemokratischer Führung in Deutschland auch üblich. Das könnte man an einem halben Dutzend früherer Wahlen belegen. Die Koalitionsaussage war klar und der Koalitionspartner wurde nicht schlechtgemacht, sondern gelobt. Die heutigen Führungspersonen sind so unklug, dass man diese Selbstverständlichkeit eigens erwähnen muss. Heute wird von Sozialdemokraten zum Beispiel die Differenz zu wichtigen Teilen der Linken in der Außen- und Sicherheitspolitik sogar erfunden – und dann wundert man sich, dass die Wählerinnen und Wähler diese Koalitionsoption nicht gut finden.

Anhang:

Parlamentswahlen: Sozialisten siegen in Portugal

Die Sozialisten wollen mit “Klapperkiste” regieren, also ihr Bündnis mit dem Linksblock und den Kommunisten fortführen.

Mit 37 Prozent gewannen seine Sozialisten (PS) am Sonntag die Parlamentswahlen in Portugal klar vor den konservativen Sozialdemokraten (PSD). Oppositionsführer Rui Rio musste sich mit knapp 28 Prozent der Stimmen geschlagen geben.

Dann legte der 58-jährige Vollblutpolitiker wieder sein berühmtes Lächeln auf und bedankte sich erst einmal für das Vertrauen, welches ihm die Portugiesen ausgesprochen haben. Um knapp fünf Prozentpunkte konnten sich die Sozialisten im Vergleich zu den Parlamentswahlen vor vier Jahren verbessern. “Wir haben bewiesen, dass man mit sozialistischen Lösungen eine verantwortungsvolle und erfolgreiche Politik betreiben kann. Das Mitte-Rechtslager musste heute eine historische Niederlage hinnehmen”, sagte Costa.

Costa will Bündnis weiterführen

Die Sozialisten gewannen zwar die Wahlen, verfehlten allerdings die erhoffte absolute Mehrheit. Das Wahlergebnis zeige, dass “den Portugiesen die ‘Geringonça’ anscheinend gut gefallen hat”, gab Costa offen zu. Aus diesem Grund werde er versuchen, sein politisches Projekt erneut mit dem marxistischen Linksblock (BE) und dem grün-kommunistischen Bündnis CDU fortzuführen. Aus diesem Grund begrüßte Costa auch die Konsolidierung seiner bisherigen Bündnispartner. Der BE kam auf 9,67 Prozent, das kommunistisch-grüne Parteienbündnis CDU auf 6,46 Prozent.

Trotz Erhöhung der Sozialausgaben und einer Milderung der notwendigen Sparpolitik der konservativen Vorgängerregierung wuchs die Wirtschaft und sank die Staatsverschuldung in den vergangenen vier Jahren. Sogar die hohe Arbeitslosigkeit konnte unter Costas Minderheitsregierung auf 6,5 Prozent fast halbiert werden.

In der Nacht auf Montag kündigten auch BE und CDU ihr Interesse an, auch in den kommenden vier Jahren mit den Sozialisten weiterhin zusammenarbeiten zu wollen. Die Zusammenarbeit mit den Sozialisten und der CDU war “gut”, sagte die Vorsitzende des Linksblocks Catarina Martins nach den Wahlen. …

Costa will sich bereits in den kommenden Tagen mit seinen Bündnispartnern zu Gesprächen über die neue Legislaturperiode treffen, in deren Mittelpunkt neben dem Abbau des hohen Staatsdefizits und der Staatsschulden vor allem der Ausbau des maroden Gesundheitssystems, bezahlbarer Wohnraum sowie die Sozial- und Familienpolitik stehen sollen. Dabei signalisierte Portugals sozialistischer Regierungschef, eventuell auch die Umweltschutzpartei Volk-Tiere-Natur (PAN) an Bord holen zu wollen.

SIEGREICHE SOZIALISTEN:
Triumph für Portugals „Klapperkiste“

In Portugal gewinnt die Regierungspartei von Ministerpräsident António Costa die Parlamentswahl. Doch die PS kann weiterhin nicht alleine regieren.

António Costa zeigt, dass Sozialdemokraten in Europa immer noch gewinnen können. Die sozialistische Partei (PS) des portugiesischen Ministerpräsidenten ist am Sonntag als stärkste Kraft aus den Parlamentswahlen in Portugal hervorgegangen. Der Erfolg war zwar weniger glanzvoll, als im Sommer vorausgesagt worden war: Damals näherte sich die PS der absoluten Mehrheit an. Jetzt erhielten die regierenden Sozialisten 37 Prozent der Stimmen – mehr als bei den Wahlen im Herbst 2015, als sie nur zweitgrößte Partei geworden waren. Klar war schon am Wahlabend, dass die portugiesische PS in diesem Jahr besser abschnitt, als die dänischen Sozialdemokraten (26 Prozent) und die spanischen Sozialisten (28,8 Prozent).


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