NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Hinweise des Tages

Datum: 10. Dezember 2019 um 8:00 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Warum das Vorgehen von Verkehrsminister Scheuer als Korruption gelten kann
  2. Der Fachkräftemangel ist ein Mythos
  3. Renten rauf – auch in Deutschland
  4. Le duel Martinez-Berger
  5. Wieso Hartz ein Segen war
  6. Industrie fordert mehr Investitionen in den Standort Deutschland
  7. Steuerhinterziehung – Eine Masche, noch perfider als Cum-Ex
  8. Existenzminimum nach Luxemburger Art
  9. Die Entfesselten
  10. Was passiert, wenn man Armen Geld schenkt? Die Wirtschaft boomt
  11. Kein einziges Politikerauto hält den CO2-Grenzwert ein
  12. Als ich mich für die Bahn schämte
  13. Studie zeigt gigantisches CO2-Einsparpotenzial bei Zulieferbetrieben
  14. Verfassungsschutz-Klausel gefährdet gemeinnützige Organisationen
  15. Die Sonderwirtschaftszone Donezk-Luhansk
  16. Ich habe Angst
  17. Nobelpreis für einen “Genozid-Leugner”
  18. Vorankündigung: Die Anstalt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Warum das Vorgehen von Verkehrsminister Scheuer als Korruption gelten kann
    In den vergangenen Wochen haben viele Medien die Frage gestellt: Wie kann es sein, dass Andreas Scheuer nach dem Debakel um die Ausländer-Maut noch immer Minister ist? Die Frage nach systemischen Rechtsstaatsdefiziten im Verkehrsministerium beschäftigt neben anderen Organisationen auch Transparency Deutschland.
    Fehlentscheidungen und Skandale im Bundesverkehrsministerium sind leider keine Seltenheit. Wer erinnert sich nicht an das Desaster um die Rechtsstreitigkeiten mit Toll Collect, an Stuttgart 21, an Dieselgate und an die vielfachen Rügen des Bundesrechnungshofes zum Umgang dieses Hauses mit Steuergeldern? In allen Fällen wirkte das Ministerium überfordert oder böswillig, wenn man die Wahrung des Allgemeininteresses, den Schutz von Verbrauchern oder den sorgsamen Umgang mit Steuergeldern zum Maßstab nimmt.
    Wie ist die Stellung des gegenwärtigen CSU-Verkehrsministers Andreas Scheuer in dieser „Ahnenreihe“? Übertrifft sein Maut-Debakel die Vorgänger an rechtsstaatlichem Versagen und Schädigung der öffentlichen Finanzen dermaßen, dass ein radikales inhaltliches und personelles Umdenken in der Bundesregierung zwingend ist?
    Quelle: Tagesspiegel
  2. Der Fachkräftemangel ist ein Mythos
    Karl Brenke spricht, wenn auch rhetorisch etwas schief, Klartext: „Das Geschrei der Unternehmen ist viel heiße Luft.“ Natürlich gebe es in einigen Branchen Engpässe, sagt der Arbeitsmarktexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), und in manchen Bereichen sogar einen Mangel, etwa in der Pflege, im Handwerk oder bei speziellen IT-Berufen.
    „Von einem flächendeckenden Fachkräftemangel“, sagt Brenke, „kann aber keine Rede sein.“ Und tatsächlich gibt mancher Personaler auch zu, dass der Mythos vom Fachkräftemangel die eigene Reputation retten könne – als Ausrede für all diejenigen, die offene Stellen nicht schnell genug besetzen können. Auch für Personaldienstleister gibt es kein besseres Verkaufsargument als knappe Arbeitskräfte.
    Fachleute wie Brenke kritisieren die Methodik vieler Studien. Für seinen MINT-Report stellt das IW Köln beispielsweise zwei Zahlen einander gegenüber: die der offenen Stellen und die der Arbeitslosen. „Dieser Vergleich sagt aber gar nichts aus“, so Brenke: „Nicht jeder, der einen neuen Job sucht, ist arbeitslos gemeldet.“
    Die Bundesagentur für Arbeit bestätigt, dass sie nicht unterscheiden könne, ob zwei Stellenanzeigen auf denselben Job hinweisen. Das ist immer dann der Fall, wenn nicht nur der Arbeitgeber seine offene Stelle meldet, sondern auch der Personaldienstleister, den das Unternehmen mit der Suche beauftragt hat. Die Folge: Es gibt zwei Anzeigen für einen Job.
    Der einzig zuverlässige Indikator, um Knappheiten am Arbeitsmarkt zu messen, ist für Brenke daher die Lohnentwicklung. „Gäbe es tatsächlich einen Fachkräftemangel“, sagt der Forscher, „müssten die Reallöhne viel stärker steigen.“ Laut einer aktuellen Gehaltsanalyse der Korn Ferry Hay Group sind die Bezüge 2017 aber so wenig gestiegen wie seit 2011 nicht mehr – gerade mal um 0,7 Prozent.
    Quelle: Wirtschaftswoche
  3. Renten rauf – auch in Deutschland
    Die deutsche Kritik am Rentensystem Frankreichs ist reichlich verwunderlich. Denn in der Sache machen die Franzosen fast alles richtig.
    Das deutsche Urteil steht fest: Die spinnen, die Franzosen! Wie kann man 42 verschiedene Rentenkassen haben? Oder mit 52 Jahren in Rente gehen? Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich: Das französische Rentensystem funktioniert besser als das deutsche.
    Es trifft nämlich nicht zu, dass sich die Franzosen massenhaft in die Frührente verabschieden würden. Das durchschnittliche Renteneintrittsalter liegt bei 62 Jahren, in Deutschland sind es 64 Jahre.
    Markante Differenzen gibt es jedoch beim Geld: Die französischen Rentner erhalten durchschnittlich 1.400 Euro im Monat, während es in Deutschland 2018 ganze 906 Euro waren.
    Die höheren Renten lassen sich finanzieren, weil in Frankreich auch die Rentenbeiträge höher sind. Die Arbeitnehmer führen 11,2 Prozent ihres Lohns an die Rentenkassen ab, die Unternehmen müssen sogar 16,3 Prozent beisteuern. In Deutschland hingegen zahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nur jeweils 9,3 Prozent des Bruttolohns. Das wirkt zunächst wie ein gutes Geschäft für die deutschen Beschäftigen, aber sie sollen ja auch noch 4 Prozent in eine Riester-Rente stecken. Macht in Wahrheit 13,3 Prozent – das ist mehr als bei den Franzosen.
    Quelle: Ulrike Hermann in der taz

    Anmerkung JK: Der kollektive Widerstand der französischen Bürger gegen die neoliberale Politik des Emanuel Macron wirft auch ein bezeichnendes Licht auf die gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland. Diese zeichnen sich inzwischen durch eine tiefe soziale Spaltung des Landes aus. Wesentlich verursacht durch die Agenda 2010. Leider kann man sich einen so breiten Protest gegen den Neoliberalismus von den Studierenden an den Universitäten und Hochschulen über die Angestellten des öffentlichen Dienstes bis zu den Gelbwesten hier zu Lande nur schwer vorstellen. Träger des Protests sind in Frankreich auch die Gewerkschaften. Auch dies ist aktuell in Deutschland, wo der DGB lieber gemeinsame Erklärungen mit den Vertretern der deutschen Oligarchie veröffentlicht als sich für die Interessen der arbeitenden Menschen einzusetzen, eher eine Wunschvorstellung.

  4. Le duel Martinez-Berger
    C’est le conflit dans le conflit, qui redouble la bataille qui oppose gouvernement et syndicats. Celui-là est pour l’instant feutré mais il influera sur l’avenir des relations sociales en France. C’est le duel CGT-CFDT, Martinez-Berger.
    Quelle: Libération

    Übersetzung Marco Wenzel: Das Martinez-Berger-Duell

    Es ist ein Konflikt im Konflikt, der den Kampf zwischen Regierung und Gewerkschaften verdoppelt. Dieser wird im Moment noch geheim gehalten, aber er wird die Zukunft der sozialen Beziehungen in Frankreich prägen. Es ist das CGT-CFDT-Duell, Martinez-Berger.

    Getreu ihren radikaleren Prinzipien fordert die CGT, das Projekt Delevoye-Philippe ganz aufzugeben. Die CFDT ist seit langem für das Punktesystem und akzeptiert den Grundsatz der Reform, will aber über seine Anwendung verhandeln. Die CGT beantragte die Rücknahme, die CFDT die Änderung.

    So begann ein paradoxer Wettbewerb. Gestärkt durch die seit Donnerstag ausgelösten Mobilisierungen, bleibt die CGT bei ihrer Position. Umsichtig, praktisch stillschweigend, wartet die CFDT erst auf die Klarstellungen der Regierung (grundsätzlich Mittwoch) um Position zu beziehen. So prallen in diesem großen Streik zwei Vorstellungen der Gewerkschaftsbewegung stillschweigend aufeinander. Bisher hat der Reformismus der CFDT es ihr ermöglicht, Punkte zu sammeln: Oft wegen ihrer Mäßigung angeprangert, ist sie zur führenden Gewerkschaft in Frankreich geworden und hat diesen Platz der CGT abgerungen, die lange Zeit die mitgliederstärkste Gewerkschaft war.

    Diesmal wieder die gleiche Taktik: Wenn das Projekt unter Einbeziehung der Forderungen von Laurent Berger weitergeführt wird, kann er sich als der beste Verteidiger der Arbeitnehmer präsentieren, als derjenige, der durch Verhandlungen abtrotzt, was ein harter Konflikt nicht erreicht. Aber wenn die Regierung schließlich gezwungen wird, das Projekt zurückzuziehen, wird die CGT als Gewinner des Konflikts hervorgehen.

    Daraus ergibt sich die Bedeutung der von Edouard Philippe angekündigten Konzessionen. Um die Vereinbarung oder zumindest die Neutralität der CFDT zu erreichen, muss er erhebliche und kostspielige Konzessionen machen: die Eisenbahner beruhigen, indem er eine mehr oder weniger abgeschwächte Version der “Großvaterklausel” bei der SNCF (und RATP) akzeptiert, vorerst auf eine Verschiebung des Renteneintrittslters verzichtet und die Entschädigungen für Schwerarbeiter erhöht. Wenn dieser Kompromiss angenommen wird, wird die CFDT davon ausgehen, dass sie zufrieden gestellt wurde, und Philippe Martinez, ermutigt durch das Ausmaß der Mobilisierung, den Streik auf eigenes Risiko fortsetzen lassen. Indem man im Petto betet, dass die CGT nichts erreichen wird……..

    Anmerkung Marco Wenzel: Unter “Grossvaterklausel” versteht man, dass die Änderungen nur für neue Rentner gelten sollen, diejenigen, die bereits in Rente sind werden keine Änderungen bzw. Kürzungen haben. Es geht also darum, den Widerstand zu spalten. Wenn die “Rentenreform” durchgezogen ist und die Situation sich wieder beruhigt hat, kann man dann den nächsten Schritt vorbereiten und die Reform rückwirkend auf alle anwenden.

  5. Wieso Hartz ein Segen war
    “Man muss all das nicht gut finden, aber es hat zweifellos gewirkt”: Ökonom Enzo Weber erklärt den Arbeitsmarktboom seit 2005 – und warum Deutschland künftig dringend bessere Jobs mit höheren Löhnen braucht.
    SPIEGEL: Herr Weber, Sie haben mit weiteren IAB-Forschern untersucht, was den noch immer andauernden enormen Aufschwung am Arbeitsmarkt seit 2005 verursacht hat. Diese Frage ist unter Ökonomen bislang stark umstritten. Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?Enzo Weber: Eine wichtige Erkenntnis ist, dass sich die Bedeutung einzelner Faktoren im Zeitverlauf stark verändert hat. Manches, was 2005 eine große Rolle spielte, ist heute weniger bedeutend und umgekehrt. Dennoch kann man es auf einen kurzen Nenner bringen: Entscheidender Auslöser des Arbeitsmarktbooms waren die Hartz-Reformen. Auch die Zuwanderung spielte in den vergangenen Jahren eine sehr wichtige Rolle.
    Quelle: SpiegelOnline

    Anmerkung JK: Der Spiegel macht seinem Namen als neoliberales Propagandablatt wieder alle Ehre. Es ist aber erstaunlich, dass im Interview unumwunden zugegeben wird, dass es bei Hartz IV allein um die Deregulierung des Arbeitsmarktes und um explizite Lohnsenkung ging. Durchgesetzt mit eindeutig verfassungswidrigen Maßnahme. Die katastrophalen gesellschaftlichen Folgen von Hartz IV werden dabei nicht einmal am Rande erwähnt.

  6. Industrie fordert mehr Investitionen in den Standort Deutschland
    Industriepräsident Dieter Kempf hat die große Koalition zu mehr Investitionen aufgefordert. Kempf sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die Wirtschaft stagniert bereits, die Bundesregierung bleibt schon länger beim Reformtempo hinter unseren Erwartungen zurück. Schwarz-Rot hätte eine große Mehrheit, um den Standort Deutschland voranzubringen.“
    Es fehle trotz Rekordhaushalts das Bekenntnis zu mehr Investitionen und die Antwort auf den sich verschärfenden internationalen Steuerwettbewerb, so Kempf. „In der Energie- und Klimapolitik besteht erheblicher Nachbesserungsbedarf, sonst droht die Bundesregierung, mit übereilter Gesetzgebung die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie zu ruinieren.“
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung JK: Das hat wieder einmal Chuzpe. Wie kann man auf der einen Seite beständig Steuersenkungen für die Unternehmen fordern und auf der anderen Seite mehr Investitionen? Im übrigen war der BDI in der vergangen immer ein vehementer Verfechter der „schwarzen Null“. Woher nun der Gesinnungswandel? Sicher nicht aus Einsicht. Wie immer soll die Allgemeinheit wieder allein die Infrastruktur zur privaten Gewinnmaximierung finanzieren.

  7. Steuerhinterziehung – Eine Masche, noch perfider als Cum-Ex
    Aktiengeschäfte zulasten des deutschen Fiskus, wie vorher jahrelang Cum-Ex-Geschäfte, waren nach 2012 weiter möglich, als der Staat diese Steuertricks eigentlich unterbunden hatte. Die neuartigen Deals hießen und funktionierten anders, aber ihr Zweck war der gleiche.
    Es ging um Geschäfte mit Wertpapieren namens American Depositary Receipts (ADR). Mit diesen Papieren, die in den USA stellvertretend für deutsche Aktien gehandelt werden, sei auf noch perfidere Weise ein Griff in die Staatskasse möglich gewesen, erklärten die Anwälte. Banken konnten sich Steuern auf Kapitalerträge erstatten lassen für Aktien, die gar nicht existierten. Wie das funktionierte, das wussten die Juristen der Kanzlei Allen & Overy und der Strafrechtler Walther Graf zunächst ganz abstrakt zu beschreiben. Sie zeigten aber auch sechs konkrete Geschäfte unter Beteiligung der Deutschen Bank aus den Jahren 2010 bis 2012 auf, die das Institut damals intern untersucht hatte. Dabei seien 1,5 Millionen Euro an Steuern möglicherweise zu Unrecht erstattet worden.
    Quelle: SZ

    passend dazu: Cum-Ex-Richter – „Es war ein kollektiver Griff in die Staatskasse“
    Im ersten großen Straf-Prozess um Cum-Ex-Geschäfte in Deutschland sieht das Landgericht Bonn die Steuertricks als nicht rechtens an. „Cum-Ex-Geschäfte sind in der hier angeklagten Konstellation strafbar“, sagte Richter Roland Zickler am Mittwoch in einer ersten rechtlichen Einschätzung des Anfang September begonnen Verfahrens.
    Der Tatbestand einer Steuerhinterziehung in besonders schwerem Fall sei grundsätzlich erfüllt. Es sei im Prozess erkennbar geworden, dass es keinen wirtschaftlichen Sinn für die Geschäfte gegeben habe. Beteiligten Instituten könne die Einziehung der erlangten Gewinn drohen. Dies gelte auch für Investoren, die gar nicht an dem Prozess in Bonn beteiligt sind und Vorteile aus den Steuer-Deals erlangten.
    „Die Kammer ist weit davon entfernt, Banken pauschal abzuwatschen“, sagte der Richter. „Was wir gesehen haben, sind aber zahlreiche Beispiele für Fehlverhalten“, fügte er hinzu: „Es war ein kollektiver Griff in die Staatskasse.“
    Quelle: Wirtschaftswoche

  8. Existenzminimum nach Luxemburger Art
    Leistungen zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Lebensstandards sind unantastbar. Das hat die große Kammer des EuGH in der Rs Haqbin (C-233/18) am 12. November 2019 für das Flüchtlingssozialrecht entschieden. § 1a des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) wird den Anforderungen des EuGH nicht gerecht, und das BVerfG könnte am Ende den Kürzeren ziehen, wenn es die Rechtsprechung des EuGH nicht berücksichtigt und die Sozialgerichtsbarkeit in Sachen Sanktionssystem stattdessen Rat in Luxemburg sucht.
    Die Entscheidung kam nur eine Woche, nachdem das BVerfG mit langen, aber kaum überzeugenden Ausführungen (dazu z.B. hier) versucht hat, zu plausibilisieren, warum ein Entzug existenzsichernder Leistungen (ein Minimum unter Minimum) möglich ist – ja sogar Leistungskürzungen bis zu 100 Prozent nicht auszuschließen sind. Der EuGH hingegen hat deutlich konstatiert, dass Leistungen, die einen menschenwürdigen Lebensstandard (also ein menschenwürdiges Existenzminimum) sicherstellen, nicht verhandelbar sind und unter keinen Umständen sanktioniert und mithin eingeschränkt oder entzogen werden dürfen. Die Mitgliedstaaten müssen dauerhaft und ohne, auch nur zeitweilige, Unterbrechung einen menschenwürdigen Lebensstandard gewährleisten. (…)
    Der EuGH differenziert zwischen dem angemessenen und menschenwürdigen Lebensstandard. Der erstere ist als Normalfall in der Aufnahme-RL (Art. 17) vorgesehen. Folglich ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nur vorzunehmen, wenn es ausschließlich um die (dem Grunde nach zulässige) Einschränkung des angemessenen Lebensstandards geht. Dadurch gerät der EuGH – anders als das BVerfG – nicht in Verdacht, Relativierungen der oder Eingriffe in die Menschenwürde zu ermöglichen. In dieser Hinsicht überzeugen die Ausführungen des EuGH. Sie sind dogmatisch nachvollziehbar, was man in Bezug auf die jüngste Entscheidung des BVerfG kaum behaupten kann.
    Die Entscheidung des BVerfG zu Sanktionen im SGB II kann ihm noch Probleme bereiten, wenn auch nicht in absehbarer Zeit.
    Quelle: Verfassungsblog

    Anmerkung Christian Reimann: Diese Entscheidung sollte die SPD-Spitze für die Umsetzung ihres Sozialstaatskonzeptes berücksichtigen. Auch die kürzlich getroffene Entscheidung aus Karlsruhe bezüglich Sanktionen von bis zu 30 Prozent im SGB II könnte nun als gänzlich irrelevant interpretiert werden, denn nationales Recht muss europäische Rechtsprechung berücksichtigen.

  9. Die Entfesselten
    Wohnungskonzerne kaufen billig, lassen Mieter für Sanierung zahlen, nutzen Steueroasen und alle nur denkbaren schmutzigen Tricks. Höchste Zeit für Widerstand.
    Sucht man nach dem Ursprung – und den Schuldigen – für den derzeitig grassierenden Wohnungsnotstand, landet man früher oder später bei Helmut Kohl. Er war es, der im Jahr 1988 zusammen mit CDU, CSU und FDP die Gemeinnützigkeit der Genossenschafts- und Werkswohnungen abschaffte. Aber erst die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer setzte die Welle dann richtig in Gang. Nur ein Beispiel: 2004 verkaufte die Bundesregierung die 82.000 Wohnungen der Gagfah, der Wohnungsgesellschaft der Bundesanstalt für Angestellte, und 65.000 Eisenbahnerwohnungen. Die Berliner Landesregierung von SPD und PDS mit Finanzsenator Thilo Sarrazin verkaufte 65.000 Wohnungen. Die CDU-FDP-Landesregierung in Nordrhein-Westfalen verhökerte 91.000 Wohnungen aus öffentlichem Besitz, Thyssenkrupp verscherbelte 48.000 Werkswohnungen, der Energiekonzern Eon 138.000. Noch 2012 bot die Landesregierung aus Grünen und SPD in Baden-Württemberg 21.000 Wohnungen zum Verkauf an, noch 2013 die CSU in Bayern unter Ministerpräsident Seehofer und Finanzminister Söder 33.000 Wohnungen.
    Whitehall, Terra Firma, Deutsche Annington, Fortress, Cerberus hießen die „Heuschrecken“ aus New York und London, die mit Steuervorteilen reihenweise große Wohnungsbestände aufkauften – für Schnäppchenpreise ab 30.000 Euro pro Wohnung. Nach ihnen und nach der Finanzkrise übernahmen die noch größeren Kapitalorganisatoren wie Blackrock, Lansdowne, Massachusetts Financial, Allianz und der norwegische Staatsfonds Norges Bank Investment Management die schon privatisierten Bestände und formten daraus die jetzigen Großkonzerne. In deren Kielwasser bilden weitere Spekulanten immer mehr kleinere, ständig wachsende, spezialisierte Wohnungskonzerne.
    Das Problem dabei ist nicht, dass „ausländische“ Investoren Wohnungen aufkaufen. Das Problem ist ihr asoziales bis kriminelles Verhalten, potenziert durch ihre unregulierte Marktmacht.
    Quelle: Freitag
  10. Was passiert, wenn man Armen Geld schenkt? Die Wirtschaft boomt
    Eine NGO hat zigtausenden extrem armen Menschen in Kenia 1.000 Dollar geschenkt. Wissenschafter untersuchten, was die Menschen daraus machten. Die Ergebnisse sind fulminant
    Stellen Sie sich vor, Sie leben von der Hand in den Mund. Sie wissen nicht, ob Sie und Ihre Kinder heute satt werden. Plötzlich klopft es an der Tür. Jemand teilt Ihnen mit, dass Sie bald eine SMS kriegen werden. Mit der gehen Sie zur Trafik und holen sich 1.000 Dollar ab. Einfach so. Auf Wiedersehen. Absurd? Das macht die NGO Give Directly seit einem Jahrzehnt in einer Reihe afrikanischer Länder.
    Studien legen nahe, dass das gut funktioniert. Den Familien geht es nachweisbar besser. Aber was ist mit der Nachbarin, die nichts bekommt? Was passiert in der Region? Das hat eine Reihe renommierter Wissenschafter für eine riesige Studie betrachtet. Ihr Ergebnis: Die Wirtschaft boomt – und auch jene, die zuerst nichts bekommen, profitieren mit der Zeit stark. Ist die NGO Give Directly die eierlegende Wollmilchsau im Kampf gegen Armut? …
    Aber wenn man ärmeren Menschen Geld schenkt, liegen sie dann nicht in der Hängematte herum anstatt zu arbeiten? Wenn es überhaupt einen Effekt gibt, arbeiten sie eher mehr, wie Studien nahelegen. Bekommen sie nicht noch mehr Kinder? Nein, weniger, zeigen Studien. Verschwenden sie es nicht für Alkohol oder Zigaretten? Nein. Sie geben es je nach Kontext großteils für Lebensmittel, für das Haus, die Kinder, Vieh oder zum Beispiel ein Moped aus.
    Arbeiten Menschen nicht einfach weniger, wenn man ihnen Geld schenkt? Passiert es einmalig, zeigen Evaluierungen: nein.
    Und jetzt wird es richtig interessant. In den vergangenen Jahren hat die NGO Give Directly in der Entwicklungspolitik mächtig Staub aufgewirbelt. Mit Geldtransfers von 1.000 Dollar, die in Kenia oder Uganda oft einem Jahreseinkommen einer Familie gleichkommen, wurden gute Ergebnisse erzielt. In Einklang mit der wissenschaftlichen Literatur zum Thema wurde das Geld nicht verschwendet, sondern auch einige Zeit später ging es den Menschen besser.
    Quelle: Der Standard
  11. Kein einziges Politikerauto hält den CO2-Grenzwert ein
    Bei der Wahl ihrer Dienstwagen nehmen es viele Politiker aus Bund und Ländern nicht so genau mit dem Klimaschutz. Das geht aus einer Untersuchung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hervor. Das Ergebnis: Kein einziger der untersuchten Politiker-Dienstwagen hält den derzeit geltenden CO2-Flottengrenzwert von 130 Gramm CO2 pro Kilometer im Realbetrieb ein. In der 13. Auflage der DUH-Dienstwagenumfrage sind die durchschnittlichen Werte vielfach sogar angestiegen.
    Von März bis November 2019 befragte die DUH deutsche Bundes- und Landespolitiker zu ihren Dienstwagen. Grundlage der DUH-Bewertung ist der Normverbrauchswert auf Basis des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ). Die Werte der realen CO2-Emissionen basieren auf Angaben des International Council on Transportation ICCT. …
    Negativspitzenreiter unter den Bundesministern ist Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Sein Hybrid-Modell BMW 745Le xDrive hat einen realen CO2-Ausstoß von 258 g/km.
    Quelle: SpiegelOnline

    Anmerkung JK: Nun, Scheuer ist sicher nicht nur in Sachen CO2-Bilanz der Negativspitzenreiter der Politik.

    Anmerkung Jens Berger: Andreas Scheuer hat doch bestimmt einen Elektroroller im Kofferraum, auf den er umsteigen kann, wenn die bayerische Power-Limousine mal wieder im Stau steht.

  12. Als ich mich für die Bahn schämte
    Gerade ist etwas passiert, das selbst mir als Leid geprüftem Bahnfahrer unfassbar erscheint. 15 Minuten vor der regulären Abfahrtszeit des ICE nach Brüssel heißt es noch, dass der Zug unbestimmt verspätet sei. Ich stelle mich kurz in die Sonne auf dem Bahnhofsvorplatz. Fünf Minuten später bin ich zurück am Gleis und lese auf der Anzeigetafel, dass der Zug heute außerplanmäßig nicht am Hauptbahnhof abfahren werde, sondern am Flughafen. Der nächste Zug dorthin ist eine S-Bahn. …
    Ich stehe neben einem Mann im Anzug, der »Scheiß Bahn« flucht. Soweit nichts Ungewöhnliches. Aber dann erzählt er mir, was passiert ist. Der ICE nach Brüssel habe am Hauptbahnhof bereits am richtigen Bahnsteig gestanden, mehr als hundert Fahrgäste hätten davor gewartet, dass nun gleich die Türen aufgehen. Doch dann habe es eine Durchsage gegeben, dass der Zug jetzt leider wegen Personalmangel leer zum Flughafen fahren müsse und erst dort beginne. Diese ganzen Menschen um mich herum sahen also ihren Zug vor sich – und durften nicht einsteigen. Stattdessen riet man ihnen, den ICE mit der S-Bahn zu verfolgen, was natürlich nicht geklappt hat. Der ICE nach Brüssel hat nicht gewartet – weder am Flughafen, noch später in Köln. In der Bahnstatistik galt damit übrigens als pünktlich.
    Quelle: SZ

    Anmerkung unseres Lesers A.M.: Der Autor, selbst Bahnfahrer, schämt sich für die Deutsche Bahn. Ineffizienter als die Bahn geht’s nicht. Das kommt davon, wenn man auf Teufel komm raus privatisiert. Wir werden langsam zum Gespött.

    Anmerkung JK: Das hält den Bahn-Vorstand aber nicht davon ab sich eine satte Gehaltserhöhung zu genehmigen.

  13. Studie zeigt gigantisches CO2-Einsparpotenzial bei Zulieferbetrieben
    Die führenden Unternehmen der Welt können den globalen Treibhausgasausstoß erheblich senken, indem sie ihre Zulieferer dazu bringen, nachhaltiger zu wirtschaften. Schließlich produzieren die Lieferanten mehr als fünf Mal so hohe Emissionen wie die Konzerne selbst – und achten von sich aus kaum darauf, ihren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern.
    Dies sind die zentralen Ergebnisse des “CDP Supply Chain Report 2019/20”, der bislang umfassendsten Untersuchung über Klimarisiken in den globalen Lieferketten. Die Studie der britischen Nichtregierungsorganisation CDP wird diesen Montag anlässlich der Madrider Weltklimakonferenz vorgestellt. …
    Würden die befragten Lieferanten beispielsweise ihren Erneuerbaren-Anteil von 11 auf 31 Prozent erhöhen, würde allein das nach Berechnungen von CDP den Treibhausgas-Ausstoß um eine Milliarde Tonnen pro Jahr verringern. Das entspräche in etwa den gesamten Emissionen von Deutschland und Österreich zusammen.
    Quelle: SpiegelOnline

    Anmerkung JK: Aber ist das nicht gerade der gewünschte Effekt der Globalisierung, immer dort produzieren zulassen wo es am billigsten ist?

  14. Verfassungsschutz-Klausel gefährdet gemeinnützige Organisationen
    Es begann mit einer grundsätzlichen Sache: 36 NGOs kritisieren geplantes Steuergesetz 2013 / Offener Brief an Bundestagsabgeordnete: „Zivilgesellschaftliche Organisationen haben sich gegen ein Gesetzesvorhaben gewandt, das dem Verfassungsschutz ermöglichen würde, de facto über den Fortbestand gemeinnütziger Organisationen zu entscheiden. Sie forderten die Bundestagsabgeordneten jetzt in einem offenen Brief auf, dem Steuergesetz 2013, das morgen in erster Lesung im Parlament debattiert wird, ihre Zustimmung zu verweigern. Mit dem vorgelegten Gesetz will die Bundesregierung die Abgabenordnung (AO) so ändern, dass Organisationen, die in einem Verfassungsschutzbericht im Zusammenhang mit Extremismus genannt werden, die Gemeinnützigkeit ohne Prüfung entzogen wird (§ 51, Absatz 3, AO)…“ (Presseerklärung vom 27.6.2012) Leider kamen schnell konkrete Fälle hinzu: dem Frauenverband Courage e.V. und später auch attac sowie Doña Carmen e. V. wurde durch die jeweiligen Finanzämte die Gemeinnützigkeit abgesprochen, nun droht dies auch VVN-BdA und Campact.
    Quelle: LabourNet Germany
  15. Die Sonderwirtschaftszone Donezk-Luhansk
    Die deutsche Wirtschaft fordert vor den heutigen Pariser Verhandlungen über Maßnahmen zur Beilegung des Ukraine-Konflikts einen “Stabilitäts- und Wachstumspakt für die Ostukraine”. In dem heutigen Bürgerkriegsgebiet solle mit Milliardensummen, die eine internationale Geberkonferenz bereitstellen könne, der Wiederaufbau der Infrastruktur forciert werden, um “die Voraussetzung für die Rückkehr privater Investoren zu schaffen”, heißt es in einem aktuellen Papier des Ost-Ausschusses – Osteuropavereins der Deutschen Wirtschaft (OAOEV). Anschließend solle dort eine “Sonderwirtschaftszone” errichtet werden – mit lukrativen Privilegien für auswärtige Firmen. Wirtschaftsverbände aus dem Ausland sollen “beratend” tätig werden; damit erhielte die deutsche Wirtschaft direkten Einfluss auf die ökonomische Entwicklung der Ostukraine. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble fordert, man müsse wieder mehr auf “vertiefende[n] Dialog und Zusammenarbeit” mit Russland setzen. Der OAOEV nimmt bereits einen “Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok” ins Visier.
    Quelle: German Foreign Policy
  16. Ich habe Angst
    David Graeber sieht in der Kritik am Umgang der Labour Party mit Judenfeindlichkeit eine Kampagne, die ihrerseits antisemitisch ist.
    Ich bin 58 Jahre alt. Und zum ersten Mal in meinem Leben macht es mir Angst, jüdisch zu sein. Rassismus ist normal geworden, Nazis marschieren in den Straßen Europas und Amerikas. Judenhetzer wie Viktor Orbán werden auf dem internationalen Parkett hofiert, ein Propagandist des „weißen Nationalismus“ wie Steve Bannon kann in aller Öffentlichkeit mit Boris Johnson die Panikmache koordinieren, während Mörder, die von solcher Propaganda verblendet sind, wie in Pittsburgh Juden mit automatischen Waffen niedermähen.
    Wie kommt es da, dass unsere politische Klasse die größte Bedrohung für die Juden in Großbritannien in jemandem sieht, der sein Leben lang Antirassist war und dem man nun vorwirft, Parteimitglieder, die anstößige Kommentare im Internet posten, nicht eifrig genug zur Disziplin zu rufen? Bei fast allen meiner jüdischen Freunde ruft genau das momentan eine größere und unmittelbarere Beklemmung hervor als die echten Nazis: die endlose Instrumentalisierung von Antisemitismusvorwürfen gegen die gegenwärtige Labour-Führung. Es ist eine Kampagne – wie auch immer sie begonnen hat, sie wird vor allem von Nicht-Juden befeuert –, die so zynisch und unverantwortlich ist, dass ich sie selbst für eine genuine Form des Antisemitismus halte. Sie ist eine unmittelbare Gefahr für jüdische Menschen. Ich muss eine brutale Wahrheit aussprechen. Der Skandal hat ursprünglich sehr wenig mit Antisemitismus zu tun. Seine Ursprünge liegen viel mehr in der Demokratisierung der Labour Party. Nicht dass es in der Partei keine bigotten Einstellungen gegenüber Juden gibt. Weit gefehlt. Aber Antisemitismus ist auf fast allen Ebenen der britischen Gesellschaft anzutreffen. Als verpflanzter New Yorker bin ich oft erschrocken darüber, was im lockeren Gespräch passieren kann (von „Natürlich ist er geizig, er ist Jude“ bis „Hitler hätte sie alle töten sollen“). Umfragen zeigen, dass antisemitische Einstellungen bei Anhängern der Konservativen häufiger sind als bei Labour-Anhängern.
    Quelle: Freitag

    Siehe auch: Die Antisemitismus-Vorwürfe haben nur ein Ziel: Jeremy Corbyn von der Macht fernzuhalten

  17. Nobelpreis für einen “Genozid-Leugner”
    Serben waren die dominante Volksgruppe in Jugoslawien. Für sie mussten die Aussichten auf die Teilung eines Landes, in dem es keine klaren ethnischen Grenzen gab und selbst die Bevölkerung von zwei der Sezessionsstaaten aus gut einem Drittel Serben bestand, beängstigend sein. Abgründe taten sich auf nicht nur für Überlebende und Nachkommen der Opfer der kroatischen Ustascha, Nazi-Verbündete im 2. Weltkrieg, deren Terror etwa 100.000 Menschenleben auslöschte (die Schätzungen gehen weit auseinander), zumeist Serben zusammen mit Zehntausenden Juden, Zigeunern und politisch Oppositionellen. Sie wurden, Munition wollte man sparen, Gaskammern hatte man keine, zumeist wie Vieh ermordet, auch in mehreren Konzentrationslagern.
    Die Greuel werden bis heute ignoriert oder bagatellisiert. Vorbildlich schrieb ein späterer SZ-Chefredakteur (1960-1970) 1942 in einer in Zagreb erscheinenden NS-Zeitschrift, das kroatische KZ Jasenovac diene der “Einordnung asozialer Kräfte, die so lange ein parasitäres Dasein geführt haben, in einen Arbeits- und Erziehungsprozeß”. Die Kräfte, die von einem “serbenfreien Kroatien” träumten, waren auch 1991 gut zu beobachten. Sie zu verdrängen ist Voraussetzung, um einseitig über nationalistische Serben zu klagen und Kroaten wie Muslime als unbeteiligte Opfer hinzustellen. Der Großteil der veröffentlichten Meinung verdrängte. …
    Natürlich kann man fragen, ob Handke den Nobelpreis verdient hat. Ich weiß es nicht. Ich gebe zu, kein einziges Buch von Handke gelesen zu haben. Ich weiß aber, dass niemand in Deutschland einen der renommiertesten Literaturpreise bekommt bei einer dissidenten Meinung zu Themen, die eine zentrale Bedeutung für das offizielle Weltbild haben. Die Rechtfertigung für den Krieg gegen Jugoslawien gehört definitiv dazu. Man muss dem Komitee in Stockholm das Kompliment machen, dass es nicht auf den Strich der westlichen Parteilinie gegangen ist.
    Besonders hierzulande ist ein enger Rahmen zu beachten, in dem alle Diskussionen über die Anliegen der Machtzentren abzulaufen haben. Wer sich auch nur einen Anflug von Skepsis zeigt, kann nicht damit rechnen, ernst genommen zu werden. Musterhaft erfolgte die Indoktrinierung bei den Kriegen gegen Jugoslawien in den 1990er Jahren. Aber was heißt “Kriege”? Es waren “humanitäre Interventionen”, auf welche Tendenz zu blumiger Ausmalung kriegerischer Handlungen der U.S.A. bereits Carl Schmitt hinwies. In geopolitischer Dimension kam diese Propaganda im Westen generell vor allem gegen Russland, dann den “Bolschewismus”, dann wieder Russland zum Zug (schon die Kriegskredite für den 1.Weltkrieg wurden seitens der SPD mit der zivilisatorischen Mission im Osten begründet).
    Quelle: Telepolis
  18. Vorankündigung: Die Anstalt
    Die Gäste am 10. Dezember 2019
    Mit Caroline Ebner, Matthias Brodowy, HG. Butzko und Sarah Lesch
    Quelle: ZDF

    Dazu: Fabio De Masi über diese „Anstalt“-Folge
    Vorsicht Spoiler ! Die Polizei sagt sie haben den Verkehrsminister Andi Scheuer immer noch nicht verhaftet. Aber ich sollte mit Victor Perli am Dienstag einfach mal Die Anstalt – politische Kabarett-Sendung gucken !
    Quelle: Fabio De Masi via Facebook


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=56977