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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 28. Juli 2021 um 8:30 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Corona und die neue Protestkultur
  2. Corona und LGBT: Die Freiheit, die sie meinen
  3. Ein Stimmungsbericht aus Tokio: “Das ist halb Psychiatrie, halb Gefängnis”
  4. Organisierte Verantwortungslosigkeit
  5. Arbeitszeitverkürzung I: Kollektive Arbeitszeitverkürzung ist lange überfällig
  6. 24-Stunden-Pflege: Was nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu beachten ist
  7. Corona-Verlierer: Zehnmal mehr Selbstständige als prognostiziert rutschten in Hartz IV
  8. Seit 1. Juli wurden in der Ukraine fast 2.000 Kaufverträge für Schwarzerde-Flächen abgeschlossen
  9. USA bomben weiter
  10. Tunesien: Coup nach Plan
  11. Ecuador: Gericht entzieht Assange Staatsbürgerschaft
  12. Ecuador: Leben in einer Grube oder in einer Höhle?
  13. Guantanamo forever
  14. Der weltbeste Motorenbauer dämpft die Elektroauto-Euphorie
  15. Kubas kulturelle Konterrevolution:
  16. Rezension: The Bridge
  17. Gemeinsam auf die Straße! 18. September 2021
  18. Zu guter Letzt: 2290 Jahre radeln für ein Vorstandsgehalt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Corona und die neue Protestkultur
    In Frankreich, Italien, Griechenland sind Leute auf die Straße gegangen, in Tunesien wurde sogar die Regierung gestürzt. Doch mal sollte genauer hinschauen, was in den einzelnen Ländern gefordert wird und wer die Proteste dominiert
    Der Konflikt zwischen den rechtspopulistischen tunesischen Präsidenten und der nicht weniger reaktionären islamistischen Regierungspartei schwelt schon lange. Doch erst die Proteste gegen die Ausbreitung von Corona und die Reaktion der Regierung darauf, haben dazu geführt, dass Kais Saied mit Unterstützung von Militär und Polizei zunächst für einen Monat das Parlament suspendierte. Es ist sicher nicht die erste Regierung, die wegen Corona stürzte, aber nirgends ist der Zusammenhang so deutlich wie in Tunesien…
    Frankreich entwickelt sich zum europäischen Zentrum der Corona-Proteste, warnte die FAZ. Besonders erschreckend ist für das konservative Blatt die Staatsfeindlichkeit der Demonstranten. Es wird auch drauf verwiesen, dass erfahrene Aktivisten der Gelbwesten-Bewegung bei den Protesten aktiv mitmischen…
    Auch an den jüngsten Protesten in Frankreich beteiligten sich zahlreiche Gewerkschaften. Es handelt sich dabei keineswegs um “Corona-Leugner”. Schließlich lautet eine zentrale Forderung der Proteste “Ja zu Impfungen, Nein zu Gesundheitspässen und Entlassungen”. Es sind also die sozialen Folgen des Corona-Lockdowns, die der aktuellen Regierung gefährlich werden können.
    Es sind auch keine kurzzeitig aufflammenden Proteste. Sie haben eine gewisse Kontinuität. Die Rechten können die Proteste nicht so einfach vereinnahmen, weil eben auch Basisgewerkschaften und linke Gruppen aktiv sind. Wichtig ist aber, dass sich die Protestierende nicht gegen Impfungen positionieren und damit in der Tradition der Arbeiterbewegung und anderer fortschrittlicher Bewegungen weltweit stehen.
    Ob nach 1917 in Russland, nach 1959 in Kuba oder 1979 in Nicaragua: Immer sorgten Impfkampagnen gegen unterschiedliche heilbare Krankheiten zu einem Rückgang der Sterblichkeit und immer waren es klerikale und irrationalistische Kräfte, die gegen die Impfungen mobilisierten.
    Klerikale und rechte Kräfte auf den Straßen Griechenlands
    Solche Kräfte mobilisierten am Wochenende in Griechenland zu teilweise militanten Demonstrationen in verschiedenen Städten…
    Da die Corona-Schutzmaßnahmen die Touristikindustrie stark trifft und viele Menschen von den Einnahmen der Tourismussaison leben, sind sie von den Corona-bedingten Ausfällen besonders tangiert. Daher hat der Protest auch eine soziale Komponente, wird aber eben von reaktionären Kräften dominiert. Ähnlich ist das Gemengelage bei den Protesten auch in Italien, wo von der Krise betroffene Mittelständler wie diverse rechte Gruppen auf die Straße gehen.
    Die aktuell schwache außerparlamentarische Linke ist auf den Protesten auch nur schwach vertreten. Dabei haben vor allem basisgewerkschaftliche Kräfte mit der Streikwelle im Logistiksystem von Amazon ihre Macht gezeigt. Schon im letzten Jahr haben Beschäftigte in Italien die Schließung von Produktionsstätten erzwungen, um nicht dem Virus ausgesetzt zu sein…
    Protest auch gegen irrationale Corona-Politik in Deutschland?
    Dieses Beispiel zeigt wie falsch es ist, bei den Protesten eine Unterscheidung zu machen zwischen solchen, die angeblich das Virus ernst nehmen, und den anderen, die es angeblich verharmlosen. Hier wird eine völlig falsche Spaltungslinie aufgezogen.
    Vielmehr sollte es um den Protest gegen eine staatliche Politik gehen, die den Beschäftigten unter Corona-Bedingungen weitere Belastungen auferlegt…
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung Marco Wenzel: Corona ist auch eine Klassenfrage

  2. Corona und LGBT: Die Freiheit, die sie meinen
    Am Wochenende gab es in EUropa ungewöhnlich viele große Demonstrationen – ‘mal für die Rechte von Schwulen, Lesben und anderen LGBT, ‘mal gegen neue Corona-Maßnahmen. Allen geht es um die Freiheit – doch ansonsten haben die Demonstranten nicht viel gemein.
    In Budapest und Berlin brachte die LGBT-Bewegung viele tausend Menschen auf die Straße. Es sei die höchste Teilnehmerzahl seit dem ersten Marsch vor 26 Jahren gewesen, hieß es in der ungarischen Hauptstadt, wo sich die Teilnehmer gegen ein homophobes Gesetz von Premier Orban wenden, das auch von der EU angeprangert wird.
    Gleichzeitig protestierten in Frankreich, Italien und Griechenland Zehntausende gegen neue Corona-Maßnahmen, mit denen die Rechte von Nicht-Geimpften beschnitten werden. In Frankreich war es der größte Protest seit der Gelbwesten-Bewegung; er richtet sich auch gegen Präsident Macron und seinen selbstherrlichen Regierungsstil.
    Allen Teilnehmern ging es um Recht und Freiheit. Doch ansonsten haben die Demonstranten nicht viel gemein. Die LGBT-Bewegung kämpft um die Rechte einer Gruppe, sie macht Identitätspolitik. Sie streitet gegen reaktionäre Politiker und kann sich sogar auf die EU-Kommission berufen, die ein Verfahren gegen Ungarn eingeleitet hat.
    Die Gegner der neuen Corona-Maßnahmen hingegen kommen aus allen Bevölkerungsgruppen; sie verstehen sich als bürgerlich-liberale Freiheitsbewegung. Sie streiten gegen “die Regierung” oder “das System” – und werden deshalb oft als Querdenker oder Verschwörungstheoretiker denunziert. Hilfe aus Brüssel bekommen sie nicht.
    Warum lässt man Macron gewähren?
    Hier sehe ich ein Problem. Wieso ergreift die EU-Kommission Partei für eine sexuelle Minderheit, nicht aber für die Verteidiger von Grundrechten in der Pandemie? Warum legt man sich mit Orban an, nicht jedoch mit Macron und anderen Staats- und Regierungschefs, die den EU-Impfpass restriktiv oder gar repressiv einsetzen?
    Ist das die Freiheit, die sie meinen? Wäre es nicht besser, sich in einer Pandemie um die Rechte aller zu kümmern – und nicht vor allem um Minderheiten? Will Brüssel gegen die Ausgrenzung von LGBT kämpfen – und gleichzeitig tatenlos zusehen, wie ein Keil zwischen Geimpfte und Nichtgeimpfte getrieben wird?
    Mir wäre wesentlich wohler, wenn sich die EU für die Rechte aller Bürger einsetzen würde. Der freiheitliche Rechtsstaat ist nicht nur in Ungarn oder Polen in Gefahr, sondern auch in Frankreich, Italien oder Spanien. Wenn man die jüngsten Aussagen aus dem Kanzleramt so hört, könnte Deutschland bald folgen…
    Quelle: Lost in Europe
  3. Ein Stimmungsbericht aus Tokio: “Das ist halb Psychiatrie, halb Gefängnis”
    Der Berliner Simon Geschke hat sich bei den Olympischen Spielen in Tokio mit Corona infiziert. Die Quarantänemaßnahmen vor Ort sind erschreckend – und wirken sich auf den Körper und die Psyche des Radsportlers aus.
    Der Radprofi und Olympionike Simon Geschke wurde mittels PCR-Test positiv auf COVID-19 getestet. Die strengen Quarantäneregeln bei den Olympischen Spielen sind hart – und nicht förderlich für die Leistungsfähigkeit. Darum hat sich nun auch die deutsche Botschaft in Tokio eingeschaltet…
    Die kleine Quarantäne-Unterkunft erschwert die Gesamtsituation. “Es ist nicht so, dass man sich hier wohlfühlt”, berichtete der Profi des französischen Teams Cofidis. Er resümiert: “Quarantäne ist das eine, aber das Hotel ist schon ziemlich alt, und es ist alles übertrieben streng hier. Die Fenster sind sogar abgeschlossen, was ich überhaupt nicht verstehe. Man darf sich kein Essen oder andere Sachen bestellen. Hier geht absolut nichts. Das ist halb Psychiatrie, halb Gefängnis. Wobei es Psychiatrie eher trifft.”…
    Seine Situation sei “ein wenig sinnlos, hier im Hotel eingesperrt zu sein, aber sie gehen dreifach auf Nummer sicher…
    Quelle: RT
  4. Organisierte Verantwortungslosigkeit
    Das katastrophale Pandemiemanagement ist geprägt von einer Verantwortung, die ständig hin und her delegiert wird, vermutlich aus Angst, für verbindliche Entscheidungen politisch haftbar gemacht zu werden. Beispiele dafür gibt es genug. Eines ist das Bestreben der Politik, die Kinder unbedingt impfen zu lassen. Das geschieht nämlich nur, weil es auf der anderen Seite nicht gelingt, die Schulen, die man erst zu Gefahrenorten hochstilisiert hat, nun wie versprochen sicherer zu machen. Außerdem droht bei einer Zunahme der Fallzahlen auch viel Quarantäne, also Homschooling durch die Hintertür.
    Im Augenblick ist es so, dass Eltern und Lehrer von Politik und Verwaltung erwarten, die zur Verfügung stehenden Mittel, zum Beispiel Gelder für Raumluftfilter, schnell zu nutzen. Doch die Umsetzung ist ein Problem. Stationäre Anlagen können zeitnah kaum verbaut werden, da solche Eingriffe in die Gebäudesubstanz erheblich sind und in der Regel komplizierte Ausschreibungsverfahren erforderlich machen. Der Bund weiß das, tat aber so, als könnten die Kommunen das mal eben nebenbei in den Sommerferien erledigen. Die Kritik daran war groß. (…)
    Die Sache mit den Filteranlagen wird damit ziemlich sicher in die Hose gehen. Aus Sicht der Hysteriker, die Klassenräume bar jeder Evidenz schon immer als Drehscheibe für das Virus ansahen, wird es eine sichere Schule folglich auch nach den Ferien nicht geben können. Der Lehrerverband warnt bereits vor „Durchseuchung“. Es droht daher Ungemach für die politischen Verantwortungsträger, die sich der panikartigen Stimmung mit Schulschließungen nur allzu gerne hingaben und diese Haltung als Markenkern des Teams Vorsicht beschrieben, obwohl sich auch jetzt wieder zeigt, dass das Infektionsgeschehen in der jüngeren Altersgruppe dann zunimmt, wenn gerade keine Schule ist. (…)
    Zudem sind Schulschließungen außerhalb der Ferien für Kinder und Jugendliche sehr viel schädlicher als die Infektion mit dem Virus selbst. Ein Dilemma. Bequemer als der Einbau von Luftfiltern erscheint das Impfen, obwohl es dafür keine plausiblen Gründe gibt, wie die STIKO in ihrer Empfehlung festhielt. Der Nutzen ist nicht erwiesen und die Risiken einer Impfung noch nicht ausreichend erforscht. Das wurmt die Politik, wie der SPD-Chef Norbert Walter-Borjans kürzlich bei Lanz unter Beweis stellte. Auch dessen Kollege Stephan Weil, Ministerpräsident in Niedersachsen, gehört zu denjenigen, die Druck auf die STIKO ausüben, damit die ihre Haltung ändert. (…)
    Die Strategie ist dann auch durchschaubar. Wären die Kinder geimpft, müsste die Politik nicht erklären, warum das mit der angekündigten Ausstattung der Schulen wieder nicht klappt. Man müsste bei einem positiven Test auch keine ganzen Klassen mehr in Quarantäne schicken, da ja die Impfung per amtlicher Festlegung auch vor einer Isolation in den eigenen vier Wänden schützt, ob man nun infiziert und weiterhin ansteckend ist oder nicht, ist dann prinzipiell wurscht. Die Impfung heilt quasi das Glaubwürdigkeitsproblem einer Regierung, die inzwischen zum albernen Schattenboxen übergegangen ist.
    Quelle: TauBlog
  5. Arbeitszeitverkürzung I: Kollektive Arbeitszeitverkürzung ist lange überfällig
    Von Heinz-Josef Bontrup
    (…) Fakt ist, dass seit 45 Jahren in Deutschland Massenarbeitslosigkeit vorliegt, die Milliardenbeträge an fiskalischen Kosten verursacht, die höher ausfallen als die vielgescholtene Staatsverschuldung. Offensichtlich war in der Vergangenheit das reale Wachstum für eine vollbeschäftigte Wirtschaft nicht ausreichend. Die Produktivitätsraten waren in der Tat fast immer größer. Fakt ist auch, dass es in der Welt eine noch viel größere Massenarbeitslosigkeit als in Deutschland gibt, die nichts als Verelendung, Landflucht und Kriege verursacht…Dabei ist die Geschichte des Kapitalismus schon immer von Arbeitslosigkeit geprägt worden. Vollbeschäftigung und Profitinteressen sind ein Widerspruch. Sinn des durch technischen Fortschritt angetriebenen Produktivitätsanstiegs ist es ja gerade, Arbeit durch Kapital einzusparen…
    Ohne politische Hilfe wird eine Verteilungspartizipation auch in Zukunft nicht gelingen. Ein gesetzlicher Mindestlohn, der mit zurzeit 9,35 Euro ein Armutslohn ist, und von vielen Kapitaleignern nicht einmal gezahlt wird, reicht da nicht aus. Man muss sich das einmal langsam durch den Kopf gehen lassen: In einem der reichsten Länder der Erde, wie Deutschland, gibt es heute als Vereine organisierte sogenannte „Tafeln“ zur Armenspeisung. Und der Deutsche Bundestag nimmt das zur Kenntnis und das war es…
    Gesamtwirtschaftlicher Fakt ist weiter, dass von 1960 bis 2019 das Arbeitsvolumen (trotz Wiedervereinigung) nur von 56,2 auf 62,6 Milliarden Stunden (um 11,4%) zugenommen hat, während das Potenzial der Erwerbspersonen von 26,3 auf 46,5 Millionen Personen gewachsen ist, also um 76,8%. Das bedeutet, dass heute ca. 65% mehr Menschen um das gleiche Arbeitsvolumen konkurrieren müssen als 1960. Auflösbar war diese riesige Arbeitsplatzlücke nur durch Arbeitslosigkeit und eine Zunahme der Teilzeitarbeit und geringfügig Beschäftigten zu Lasten von Vollzeitarbeitsplätzen. Die vorhandenen Arbeitsplätze wurden auf mehr Beschäftigte mit kürzerer individueller Arbeitszeit verteilt…
    Ein weiterer Fakt ist, dass die gewaltige nie geschlossene Arbeitsplatzlücke auf die Arbeitseinkommen drückt…
    Weil der Lohnsatz so niedrig ist, müssen die abhängig Beschäftigten lange Arbeitszeiten anbieten, um überhaupt auf ein Einkommen zu kommen, das einigermaßen ihre Reproduktion sichert. Dadurch kommt es aber nach Wolfgang Stützel (1925-1987) zu einer anormalen Arbeitsangebotsreaktion. Statt weniger Arbeitszeit anzubieten, um so das Arbeitsangebot zu verknappen, bieten die Beschäftigten mehr Arbeitszeit mit der Folge an, dass jetzt die Löhne noch mehr verfallen. Indiz für die Arbeitszeitausweitung bei gleichzeitigem Lohnverfall ist dabei auch die starke Zunahme der Doppelverdiener in den privaten Haushalten…
    Vor diesem gesamten Hintergrund besteht ein dringender Handlungsbedarf. Um die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit einigermaßen gerecht zu verteilen, muss auf die wirtschaftspolitische Agenda eine „Kurze Vollzeit für alle“ (Hartmut Seifert) gesetzt werden. Die Vollzeit muss abgesenkt und die Teilzeit angehoben werden…
    Wir müssen endlich begreifen, dass die auch in Zukunft durch technischen Fortschritt erwachsenen Produktivitätssteigerungen in Arbeitszeitverkürzungen und Lohnerhöhungen zur Verteilung gebracht werden müssen…Denn auf absehbare Zeit leben wir noch in einer ‚Arbeitsgesellschaft‘ und dies bedeutet, daß die Mehrzahl der Menschen ihren Lebensstandard durch Erwerbsarbeit verdienen muß. Deshalb schließt die Verteilungsfrage die Verteilung der Arbeit mit ein. So gesehen ist Arbeitslosigkeit primär kein Produktionsproblem (mehr), sondern zu einem Verteilungsproblem geworden.“
    Eine kollektive Arbeitszeitverkürzung verlangt hier deshalb einen vollem Lohn-, Personal- und Finanzierungsausgleich bzw. ein Eindringen in den Mehrwert. Im Befund liegen in einer real wachsenden Wirtschaft bei einer Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohn- und Personalausgleich immer eine Lohnstückkostenneutralität, keine Preissteigerung (keine Inflation) und eine Verteilungsneutralität der Wertschöpfungen vor…
    Quelle: Gewerkschaftsforum
  6. 24-Stunden-Pflege: Was nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu beachten ist
    Von Verbraucherzentrale NRW
    Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass auch ausländische Betreuungskräfte für ihre Arbeits- und nächtlichen Bereitschaftszeiten bei der Betreuung den in Deutschland geltenden Mindestlohn erhalten. Nun fragen sich viele Familien, wie sie die häusliche Betreuung und Pflege von Pflegebedürftigen neu organisieren sollen. Wer tatsächlich eine 24-Stunden-Betreuung wünscht, müsste nach Maßgabe der Entscheidung drei Kräfte für je acht Stunden im Wechsel beschäftigen sowie Urlaubs- und Krankheitszeiten überbrücken, um eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung zu gewährleisten. Das ist in der Regel unbezahlbar, zumal sich die Pflegekasse nur in Höhe des Pflegegeldes an einer solchen Betreuung beteiligt. Das sind selbst bei Pflegegrad 5 nur 901 Euro. „Bis die Politik hier eine tragfähige Lösung findet, raten wir Betroffenen, Betreuung und professionelle Pflege getrennt voneinander zu organisieren“, sagt Susanne Punsmann, Juristin im Projekt “Pflegewegweiser NRW” der Verbraucherzentrale NRW. So lässt sich eine Rundum-Betreuung legal neu aufstellen:

    • Betreuung auf mehrere Schultern verteilen:
      … Hinzu kommt, dass eine Betreuungskraft nur für durchschnittlich acht Stunden am Tag eingesetzt werden kann. Empfehlenswert ist daher, zusätzlich zu einer Betreuungskraft eine professionelle Pflegekraft zu engagieren. Spätestens ab Pflegegrad 3 sollte das ein ambulanter Pflegedienst sein…
    • Bereitschaftszeit richtig einschätzen:
      Der Mindestlohn gilt nicht nur für eine achtstündige Arbeitszeit, sondern auch für Bereitschaftszeiten, z.B. nachts…
    • Arbeitszeiten dokumentieren:
      Die acht Stunden müssen nicht an einem Stück geleistet werden, sondern können in Abstimmung mit der Vermittlungsagentur und je nach Bedarf über den Tag verteilt werden – wenn Pausen- und Ruhezeiten eingehalten werden und die Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche nicht überschritten wird…
    • Scheinselbständigkeit und Schwarzarbeit vermeiden:
      Der Mindestlohn und das deutsche Arbeitszeitgesetz gelten für angestellte Betreuungskräfte, egal, ob sie beim Pflegebedürftigen direkt oder bei der Vermittlungsfirma angestellt sind. Einige Agenturen werben seit dem Urteil verstärkt mit der Vermittlung selbstständiger Kräfte, für die Mindestlohn und Arbeitszeitregelung nicht gelten. Doch wenn die Betreuungskraft beim Pflegebedürftigen einen Großteil ihres Einkommens verdient, sie weisungsgebunden ist und mit im Haushalt lebt, kann ein Statusfeststellungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung schnell zu dem Ergebnis kommen, dass eine Scheinselbstständigkeit vorliegt. Dann wären unter anderem die Sozialversicherungsbeiträge – auch rückwirkend – nachzuzahlen. Ein solches Verfahren kann nicht nur von misstrauischen Nachbarn, sondern auch von der Betreuungskraft selbst initiiert werden, beispielsweise wenn sie durch eine längere Tätigkeit in Deutschland Ansprüche auf Arbeitslosengeld II geltend machen möchte. Auch von der Betreuung in Schwarzarbeit ist abzuraten. Hier drohen neben der Nachzah­lungspflicht erhebliche Bußgelder und es entstehen Probleme, wenn die meist nicht krankenversicherten Betreuungskräfte erkranken oder einen Unfall haben.

    Quelle: Scharf Links

  7. Corona-Verlierer: Zehnmal mehr Selbstständige als prognostiziert rutschten in Hartz IV
    Die Bundesagentur für Arbeit hatte in der COVID-19-Pandemie offenbar mit 10.000 Selbstständigen gerechnet, die Arbeitslosengeld II beantragen würden. Von April 2020 bis Juni 2021 haben jedoch 132.000 Selbstständige die auch als Hartz IV bekannte Leistung beantragt, wie das Magazin Business Insider berichtete.
    Die Dunkelziffer unter den Gastronomen, Künstlerinnen oder Einzelhändlern könnte höher liegen. Wie der Deutsche Gewerkschaftsbund einschätzt, erfüllen nicht alle Selbstständigen, deren Umsatz wegen der Restriktionen einbrach, die Voraussetzungen für den Zugang zu den staatlichen Leistungen. Das betrifft besonders Selbstständige, die in ihrer Erwerbstätigkeit ohne hohe Fix- oder Betriebskosten auskommen.
    Tina Hofmann, Referentin für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik beim Paritätischen Gesamtverband, sieht in der hohen Zahl der Hartz-IV-Anträge unter Selbstständigen ein Alarmsignal. “Nach den Statistiken zu urteilen, befinden sich aufgrund der Pandemie nicht nur sehr viel mehr Selbstständige und Solo-Selbstständige im Hartz-IV-System, sondern viele auch in einer beruflichen ‘Warteschleife’ – und das womöglich über eine lange Zeit”, sagt Hofmann.
    In vielen Regionen pendeln sich die Zahlen der Betroffenen zwar wieder auf das Niveau der Zeit vor der Pandemie ein. Doch bleibe die Hilfe von Seiten der Jobcenter ungenügend. “Es braucht Unterstützungsangebote, die sich auf eine Fortsetzung der unterbrochenen Selbstständigkeit beziehen”, so Hofmann.
    Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) unterstützt die Kritik von Hofmann. Mit fortschreitender Pandemie verringert sich danach die absolute Zahl der Selbstständigen. Die Zahl derjenigen, die die Erwerbstätigkeit nicht fortsetzen können, steigt. Während im Jahr 2018 nur neun Prozent in die Arbeitslosigkeit wechseln mussten, waren es 2020 doppelt so viele.
    Der Forscher Alexander Kritikos vom DIW stellte fest, dass nur wenige Solo-Selbstständige Corona-Hilfen in Anspruch nahmen. Denn diese waren zunächst nur für die Übernahme von Fixkosten. Das hätte sich erst mit der Neustart-Hilfe geändert, die eine Einmalzahlung bis 7.500 Euro vorsieht. “Ich fürchte, diese Hilfe kam zu spät”, sagte Kritikos gegenüber Business Insider.
    Quelle: RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch bzw. erneut Corona-Soforthilfen: Oben gewinnt die Politik an Profil, während unten die Existenznot bleibt.

  8. Seit 1. Juli wurden in der Ukraine fast 2.000 Kaufverträge für Schwarzerde-Flächen abgeschlossen
    Die Ukraine ist das Armenhaus Europas und muss nun auf Druck des IWF auch das letzte Tafelsilber verscherbeln. Es geht um die ukrainische Schwarzerde, die fruchtbarsten Böden der Welt
    Bisher war der Verkauf landwirtschaftlicher Flächen in der Ukraine verboten, das Land wollte diese letzten Aktiva des Landes schützen. Aber der IWF hat als Anwalt der westlichen Großkonzerne ganze Arbeit geleistet und weitere Kredite an das seit dem Maidan komplett verarmte Land daran gebunden, dass das Verbot aufgehoben wird. Nun stehen westliche Lebensmittelkonzerne in den Startlöchern.
    Das in der Ukraine ausgesprochen unbeliebte Gesetz zum Verkauf der Schwarzerde wurde aufgrund des Widerstandes im Parlament in einer bemerkenswerten

    Anmerkung unseres Lesers M.H.: Irgendwo muss ja das Geld für die umfangreiche Militarisierung der Ukraine herkommen!

    Dazu: Ukraine: SWP pro Waffenlieferungen
    Was Grünen-Chef Robert Habeck kann, nämlich Waffenlieferungen für die Ukraine zu fordern, kann die Stiftung Wissenschaft und Politik in einem neuen Papier schon lange. Dass die beiden Autoren das gut finden, ist eine Sache, dass sie aber lediglich angeben, solche Lieferungen würden gegen keine internationalen Verträge verstoßen, ist schon gewagt. Schließlich „vergessen“ sie die nationalen und europäischen Rüstungsexportrichtlinien, die Waffenlieferungen in Krisengebiete untersagen…
    Quelle: IMI

    Dazu auch: Die neuen Großgrundbesitzer
    Das Geschäft mit Europas Boden
    Ackerland wird weltweit rar – auch in Europa. Aktiengesellschaften, börsennotierte Fonds und branchenfremde Unternehmen investieren zunehmend in Land. Die kleinen Bauern können gegen diese Marktmacht kaum mehr bestehen…
    Ackerland ist das neue Gold der Kapitalmärkte, und zwar in ganz Europa. Rumänien ist für internationale Investoren besonders attraktiv. Zwar gab es schon während des Sozialismus riesige Agrarstrukturen, doch seit der Öffnung des Ostens kaufen sich immer mehr ausländische Investoren ein. Ganze Regionen wurden zu Agrarlandschaften mit gigantischen Flächen, die nach der Ernte wie braune und verlassene Wüsten aussehen. Kritiker bezeichnen diese Entwicklung schlicht als “Landraub”, Investoren dagegen argumentieren mit der Schaffung von Arbeitsplätzen.
    Auch in Ostdeutschland hat mit der Finanzkrise der Run auf Ackerflächen durch branchenfremde Firmen begonnen. Einer der Hauptplayer ist die KTG Agrar, ein börsennotiertes Unternehmen, das Flächen kauft oder pachtet und sie mit modernsten Maschinen kostengünstig bewirtschaftet. In Ostdeutschland wehren sich die Bauern immer vehementer gegen die mächtigen Konzerne und die Förderpolitik…
    Quelle: Phoenix

  9. USA bomben weiter
    Afghanistan: Opferzahlen so hoch wie nie seit Beginn der Aufzeichnungen 2009. Auch nach begonnenem Truppenabzug fliegt Washington Angriffe
    Von Jakob Reimann
    In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden in Afghanistan 1.659 Zivilisten getötet und 3.524 weitere verletzt, was einem Anstieg um 47 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 entspricht. Dies geht aus einem Bericht der UN-Mission in Afghanistan (UNAMA) hervor, den diese am Montag in Kabul vorstellte. Für die Monate Mai und Juni dokumentierte UNAMA mit 2.392 derart viele Opfer wie noch nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen 2009. Fast die Hälfte aller zivilen Verletzten oder Getöteten seien Frauen und Kinder. Regierungstruppen seien für ein Viertel aller Opfer verantwortlich, die Taliban für 40 Prozent.
    In einer großangelegten Offensive haben die Islamisten in den vergangenen Monaten weite Teile des Landes erobert… Im Februar 2020 hatten die USA mit den Taliban ein Friedensabkommen unterzeichnet, das den vollständigen Rückzug aller US- und NATO-Truppen umfasste. US-Präsident Joseph Biden verkündete schließlich, alle US-Truppen würden bis 31. August dieses Jahres das Land verlassen. Ungeachtet des im Mai begonnenen Abzugs flogen die USA auch im Juli Luftangriffe im Land, zumeist per Kampfdrohne, wie der staatliche US-Sender Voice of America am Donnerstag berichtete…
    Auf einer Pressekonferenz in Kabul bestätigte am Sonntag auch der für Afghanistan zuständige Kommandeur des US-Zentralkommandos (Centcom), Kenneth McKenzie, die USA hätten »in den letzten Tagen die Luftangriffe« auf Afghanistan verstärkt und kündigte seine Bereitschaft an, diese »in den kommenden Wochen fortzusetzen«, zitiert Reuters den US-General. »Der Sieg der Taliban ist nicht unvermeidlich«, trotzte McKenzie einer nachrichtendienstlichen Einschätzung, über die Mitte Juni das Wall Street Journal berichtete. Demnach werde die afghanische Regierung nach dem Abzug der US-Truppen binnen sechs Monaten gestürzt.
    Unterdessen schiebt die Bundesregierung weiter ab…
    Quelle: junge Welt
  10. Tunesien: Coup nach Plan
    Der tunesische Präsident übernahm am Sonntag die Macht, setzte die Regierung ab, suspendierte das Parlament, hob die Immunität der Abgeordneten auf. Der Plan war schon im Mai geleakt worden.
    Wie ein Coup von statten geht und Ergebnis einer Verschwörung ist, konnte man eben in Tunesien sehen. Dort hat Präsident Kais Saied, ein Verfassungsrechtler und politisch unabhängig, die Regierung mitsamt dem Ministerpräsidenten Hichem Mechichi am Sonntag abgesetzt. Er werde die Exekutive mit einem neuen Ministerpräsidenten übernehmen. Zudem wurde das vom Militär abgeriegelte Parlament für 30 Tage suspendiert, die Immunität der Abgeordneten der Abgeordneten wurde aufgehoben.
    Rached Ghannouchi, Parteichef der islamischen Partei Ennahda, die von der Regierungs- zur Oppositionspartei wurde, und Parlamentspräsident, bezeichnete das Vorgehen des Präsidenten als “Staatsstreich”. Die Partei und das tunesische Volk würden die “Revolution” verteidigen, sagte er. Anhänger von Ennahda protestierten am Parlament, das Militär verhinderte, dass sie in das Gebäude eindringen konnten. Hintergrund ist das Versagen der Regierung in der Covid19-Pandemie, eine anhaltende politische Krise und das weitere Versinken des Landes in Schulden, in dem die Revolutionen des “Arabischen Frühlings” 2010 begonnen hatte.
    Weiterhin geht es darum, ob das Land einen wie auch immer gemäßigten islamischen Kurs fährt oder eine westlich orientierte, säkulare und demokratische Regierungsform behält…
    Wie der Coup über die Bühne laufen sollte
    Interessant ist, dass im Mai Berater des Präsidenten diesen dazu aufgefordert hatten, die Kontrolle des Landes unter Ausrufung des Notstands zu übernehmen. Vorgeschlagen wurde, sich dazu auf Artikel 80 der Verfassung zu berufen, was Kais Saied schließlich auch gemacht hat. Ende Mai hat Middle East Eye einen entsprechenden, “absolut streng geheimen” Brief vom 13. Mai an den Stabschef des Präsidenten, der dem Medium geleakt worden war, veröffentlicht.
    Der Präsident sollte in seinem Palast eine Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats wegen der Pandemie, der Sicherheitssituation und dem Zustand der öffentlichen Finanzen einberufen. Dann solle er eine “verfassungsgemäße Diktatur” erklären, das sei im Falle eines Notstands ein Mittel, “um alle Macht in den Händen des Präsidenten der Republik zu konzentrieren”. Er solle den Regierungschef Hichem Mechichi und den Parlamentspräsidenten Rached Ghannouchi absetzen und sie daran hindern, den Präsidentenpalast zu verlassen, der vom Internet und allen nach außen gehenden Verbindungen getrennt werden müsse. Schließlich solle der Präsident im Beisein von Mechichi und Ghannouchi eine Ansprache an das Volk im Fernsehen halten…
    Quelle: Buchkomplizen
  11. Ecuador: Gericht entzieht Assange Staatsbürgerschaft
    (…) Die ecuadorianische Staatsbürgerschaft erhielt Assange im Januar 2018. Ecuador wollte damit Assange den Diplomatenstatus geben, damit er die Botschaft in London verlassen konnte. Ein Gericht entzog Assange am Montag die Staatsbürgerschaft. Das ecuadorianische Außenministerium teilte der AP mit, das Gericht sei “unabhängig vorgegangen”.
    Das Justizministerium informierte Assange als Reaktion auf eine Beschwerde des Außenministeriums, dass seine Staatsbürgerschaft ungültig sei. Von Behördenseite wird zur Last gelegt, dass das Einbürgerungsschreiben für Assange Unstimmigkeiten enthalten habe.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung Marco Wenzel: Als Assange 2012 in der Ecuadorianischen Botschaft in London Schutz suchte, war der progressive Rafael Correa noch Staatspräsident von Ecuador. Correa hat Assange immer unterstützt, auch noch nachdem er 2017 aus dem Amt ausschied. Sein Nachfolger Moreno aber hat Assange 2019 für einen Kredit vom IWF an die britische Regierung verkauft. Der Preis für Jesus waren damals 40 Silberlinge, der Handel ist derselbe. Seit Ende Mai ist nun der erzkonservative Guillermo Lasso Staatspräsident von Ecuador und führt die neoliberale Politik von Moreno, die das Volk und die Wirtschaft den „Investoren“ ausliefert, weiter.

  12. Ecuador: Leben in einer Grube oder in einer Höhle?
    Die Aussagen des neuen Wirtschaftsministers liegen auf einer Linie mit Funktionären der Regierung Moreno und Leitern von Unternehmerkammern
    Als der Name von Simón Cueva als zukünftiger Wirtschaftsminister im Kabinett des neuen ecuadorianischen Präsidenten Guillermo Lasso bekannt gegeben wurde, kamen automatisch einige Fragen auf: Wer ist er, woher kommt er, hat er hier gelebt oder hat man ihn aus einem anderen Land geholt?…
    In seinen ersten Erklärungen zeigte Cueva seine Fähigkeit, mit den Konzepten zu spielen, und zwar auf zynische Art und Weise. Laut dem ehemaligen Weltbankbeamten ‒ das ist schon ein Hinweis darauf, was uns erwartet ‒ gehört die Hälfte der Bevölkerung, die von durchschnittlich 550 Dollar im Monat lebt, “zu den reichsten 50 Prozent der Ecuadorianer”…
    Cueva hat Ecuador zu einem Land gemacht, das weltweit die größte Anzahl reicher Menschen aufweist. Allerdings sind das ganz “spezielle” Reiche: mit ihrem Einkommen können sie kaum den Grundbedarf einer Familie decken!…
    Die Erklärungen des neuen Ministers sind nicht naiv, sie liegen auf der gleichen Linie wie die Aussagen mehrerer Beamter der Regierung Moreno und des Leiters der Unternehmerkammern, die zur Rechtfertigung einer Politik der Arbeitsflexibilisierung und des Einfrierens der Löhne sagen, dass diejenigen, die Arbeit haben und den Mindestlohn verdienen, “privilegiert” sind…
    Die Erklärungen des neuen Ministers sind kein gutes Omen. Vergleicht man seine Ankündigungen mit dem, was sein Vorgänger getan hat, kann man nur eine Zunahme der Armut erwarten. Etwa so, als vergliche man das Leben in einem tiefen Brunnen mit dem Leben in einer Höhle.
    Quelle: Amerika 21
  13. Guantanamo forever
    In den USA ist der 2001 gestartete Globale Kampf gegen den Terror (GWOT) noch immer nicht beendet, obgleich die Truppen aus Afghanistan von US-Präsident Joe Biden abgezogen wurden und die aus dem Irak folgen sollen. In Syrien will Washington noch einen Fuß haben, in Somalia, Jemen oder Nordafrika ist man weiter beschäftigt. Und dann gibt es da noch die große Wunde für das Image der USA: das Gefangenenlager Guantanamo in Kuba, das den zynischen Umgang der Nation mit Menschenrechten offengelegt hat.
    Hier wurden willkürlich die angeblich gefährlichsten islamistischen Kämpfer außerhalb der amerikanischen Rechtsordnung verschleppt, eingesperrt und gefoltert….
    Die meisten Gefangenen wurden inzwischen in ihre Heimatländer oder andere Staaten, die sie aufnahmen, entlassen, manche kehrten auch ins Schlachtfeld zurück. Aber nach bald 20 Jahren konnte Guantanamo nicht geschlossen werden, da der Kongress die Auflösung immer wieder blockierte und verhinderte, dass die verbliebenen Gefangenen in die USA überstellt werden, um sie dort vor Gericht zu stellen.
    Die US-Regierung hat angekündigt, die Zahl der noch Gefangenen weiter zu reduzieren und letztlich das Lager zu schließen. Aber der Eindruck ist, dass unter Biden nicht viel geschehen wird. Es soll Gras über die Sache wachsen, die mit völlig schief gelaufenen Kriegen und einem ebenso absurden Kampf gegen den Terrorismus verbunden ist, der diesen genährt und failed states hinterlassen hat. Der neue kalte Krieg gegen die neuen und alten bösen Staatsmächte Russland und China beginnt, den Krieg gegen den Terrorismus zu überdecken und zu verdrängen…
    Beweise sind rar, der Kongress hatte den Versuch von Barack Obama abgelehnt, Guantanamo zu schließen und die Angeklagten vor ein Zivilgericht zu stellen, das auch die Todesstrafe verhängen kann. Donald Trump hat schließlich eine Executive Order erlassen, nach der Guantanamo unbegrenzt bestehen bleiben sollte. Er hegte auch die Absicht, neue Gefangene nach Guantanamo zu schicken. Joe Biden hat angekündigt, das Lager schließen zu wollen. Aber das hat offenbar keinen hohen Stellenwert, was auch damit zu haben wird, dass es Obama in den acht Jahren seiner Präsidentschaft bei mehrmaligen Versuchen die Schließung nicht durchsetzen konnte…
    Um das Gesicht zu wahren, kommt ein normaler Prozess nicht in Frage, der auch das “Risiko” eines Freispruchs für die angeblichen Drahtzieher von 9/11 beinhalten würde. Selbst ein lebenslänglich kann nicht erwogen werden, da man mit den Bösen nicht verhandelt, die Todesstrafe scheint verhängt werden zu müssen, um 9/11 zu sühnen und die amerikanische Politik freizusprechen. Auch nach 20 Jahren traut sich die Politik nicht, einen Schlussstrich zu ziehen, der auch juristisch an der Zeit wäre…
    Quelle: Buchkomplizen
  14. Der weltbeste Motorenbauer dämpft die Elektroauto-Euphorie
    Mario Illien zeigt auf: Elektroantrieb ist eher eine elitäre Sackgasse als die Lösung für die exorbitante menschliche Mobilität.
    In den Medien herrscht weitgehend Konsens: Die Zukunft gehört der Elektromobilität. Strom sei «die historische Chance für einen umweltfreundlich motorisierten Individualverkehr», heißt es.
    Wenig Verständnis für derlei Euphorie hat ein Mann, der sich mit Mobilität und Antriebssystemen auskennt wie weltweit kaum ein zweiter: Wenn man die gesamte Umweltbelastung (bei der CO2 und Abgase nur einen Teil ausmachen) genau berechne, sei etwa das bekannte Elektroauto der US-Marke «Tesla» ökologisch glattweg «eine Katastrophe», sagt der Bündner Ingenieur Mario Illien. Er stellt fest: «Elektroautos sind keine Lösung für das globale Klima.»
    Denn: «Die ganze Effizienz eines Systems ist wichtig, und nicht nur ein Teilgebiet, um das Image zu pflegen und das Gewissen zu beruhigen.» …Ingenieur Illien rechnet vor, dass von jener Energie, die zum Laden ihrer Batterien in Elektrizitätswerke einfließt, die Stromer letztlich gerade mal noch 11 Prozent als Schub über ihre Antriebsräder auf die Straße bringen. Der viel geschmähte Diesel ist mit über 20 Prozent schon doppelt so effizient. Die Triebwerke der effizientesten Benzinverbrenner bringen es auf 50 Prozent Wirkungsgrad.
    (…) Für ihn ist klar, dass Elektrofahrzeuge «höchstens im Stadtverkehr eine gewisse Berechtigung» haben. In einer Nische also, in der vorab gutbetuchte Eliten mit ihren Teslas ihr schlechtes Gewissen (ihres großen ökologischen Fußabdrucks wegen) beruhigen können. Dabei ist der «hundsmiserable» (Illien) Wirkungsgrad der E-Triebwerke noch das kleinere Problem: «Katastrophal» wird die Ökobilanz der Stromer erst recht bei deren Produktion und speziell wegen ihrer zentnerschweren Batterien. testen Benzinverbrenner bringen es auf 50 Prozent Wirkungsgrad.
    (…) Noch nicht mal 1 Prozent E-Autos – und schon werden Rohstoffe knapp
    «Jetzt schon knapp werden», müsste es wohl heißen. …
    Und die Batterieproduktion dafür wäre ökologisch nie tragbar. Denn: «Unsere Ressourcen sind begrenzt und wir sollten ein Interesse daran haben, sparsam und vernünftig damit umzugehen.»…
    «Lithium wird mit Wasser aus dem Gestein herausgespült. Es gibt Vorkommen in Argentinien, Bolivien, Chile oder Peru, also in ziemlich trockenen Gegenden, wo es ohnehin nicht viel Wasser hat. Und nun wird der lokalen Bevölkerung auch noch das Grundwasser für diesen Prozess entzogen. Da wird keine Rücksicht genommen, ganze Täler werden auf den Kopf gestellt.» Und die Batterieentsorgung stellt am anderen Ende der Kette ein weiteres, weitgehend ungelöstes Problem dar…
    Gleichzeitig sollen als «marktwirtschaftliche Lenkung» Heizöl und Treibstoff für die gesamte Bevölkerung verteuert werden. Dies ist gleich nochmals Politik der (urbanen) Eliten für die Eliten (die das in ihren dicken Brieftaschen kaum spüren), während die Ärmsten auf dem Land mit ihren kleinen Dieselfahrzeugen die Zeche zahlen müssen….
    Mario Illien rechnet vor: Um ein einziges Elektroauto im Raum Zürich von November bis Februar mit Solarstrom zu laden, wäre eine Anlage mit 175 Quadratmetern Solarzellen nötig (deren Produktion auch wieder «öko-bilanziert» werden müsste) …
    Quelle: Infosperber
  15. Kubas kulturelle Konterrevolution:
    Von der US-Regierung unterstützte Rapper, Künstler werden als „Katalysatoren für aktuelle Unruhen“ berühmt – von Max Blumenthal (Grayzone)
    Die San Isidro-Bewegung, die sich selbst als ein Basiskollektiv von Künstlern im Kampf für Meinungsfreiheit malt, ist zu einer Schlüsselwaffe im Angriff der US-Regierung auf die kubanische Revolution geworden.
    (…) Diesem Kollektiv wurde von US-Medien zugeschrieben, „einen Katalysator für die aktuellen Unruhen zu liefern“.
    In den letzten drei Jahren, als sich die wirtschaftlichen Bedingungen unter einem eskalierenden US-Wirtschaftskrieg verschlechterten und der Internetzugang aufgrund der Bemühungen der Obama-Administration um eine Normalisierung der Beziehungen zu Kuba erweitert wurde, hat die San Isidro-Bewegung zu einem offenen Konflikt mit dem Staat aufgerufen.
    Mit provokativen Aufführungen, bei denen seine prominentesten Persönlichkeiten mit US-Flaggen durch Alt-Havanna liefen, und durch eklatante Demonstrationen der Verachtung für kubanische nationale Symbole hat San Isidro die Behörden verärgert und häufige Inhaftierungen seiner Mitglieder und internationale Kampagnen zur Freilassung ausgelöst…
    (…) Von der Washington Post unerwähnt geblieben war die Rolle der US-Regierung, viele dieser NGOs und Aktivisten zu unterstützen, um die Unterschicht Kubas zu einer Waffe zu machen. An vorderster Front von Washingtons Strategie stehen zwei traditionelle CIA-Fronten: die US-Agentur für internationale Entwicklung (USAID) und die National Endowment for Democracy (NED)…
    In ganz Lateinamerika hat USAID rechte Oppositionelle finanziert und ausgebildet, darunter Venezuelas von den USA ernannten Pseudo-Präsidenten Juan Guaidó…
    Im Laufe ihrer Geschichte haben USAID und NED daran gearbeitet, die Beschwerden ethnischer Minderheiten gegen sozialistische und blockfreie Regierungen auszunutzen. Ihre finanzielle und logistische Unterstützung der Uiguren gegen China, der Tataren gegen Russland und der indigenen Miskito gegen Nicaragua sind nur einige Beispiele.
    In den letzten Jahren haben sich Washingtons Spezialisten für Regimewechsel in Kuba auf Afrokubaner und marginalisierte Jugendliche konzentriert und die Kultur genutzt, um soziale Ressentiments in konterrevolutionäre Aktionen umzuwandeln…
    „Keiner von [Protesten] wäre ohne das entstehende 3G-Netz möglich gewesen, das seit 2018 Millionen von Kubanern den Zugang zum Internet über mobile Geräte ermöglicht“, erklärte das Online-Unternehmen Quartz .
    Als Kubas Zugang zu regierungsfeindlichen Medien zunahm, erhöhte die Trump-Administration das Budget der NED 2018 um 22 %…
    Wie das in Venezuela ansässige Instituto Samuel Robinson berichtete, hat San Isidro seine Verbindungen zur internationalen Rechten durch die CADAL-Stiftung vertieft, die es für den vom Staat der NATO gesponserten Freemuse Prize for Artistic Expression nominiert hat. CADAL ist das Herzstück eines Netzwerks libertärer Organisationen, die Unternehmensgelder nutzen, um den Fundamentalismus des freien Marktes in ganz Lateinamerika voranzutreiben.
    Zu den engsten Partnern von CADAL gehört das Atlas Network, eine Lobby-Front von Unternehmen, die mit Hilfe der Gebrüder Koch gegründet wurde, um die libertäre Wirtschaft voranzubringen und sozialistische Regierungen auf der ganzen Welt zu untergraben.
    Gefördert wird der Think Tank auch vom US-Außenministerium, dem NED und seinen Tochtergesellschaften, darunter das Center for International Private Enterprise, das sich der „Stärkung der Demokratie weltweit durch Privatwirtschaft und marktorientierte Reformen“ widmet….
    Obwohl die Proteste schnell verpufften, deuteten Äußerungen von Präsident Joe Biden, die das von den USA mit einem Embargo verhängte Kuba als „gescheiterten Staat“ verunglimpften, und das Versprechen, den von Trump verhängten Sanktionen neue vernichtende Sanktionen hinzuzufügen, darauf hin, dass die demokratische Regierung nicht zu Obamas Normalisierungsprozess zurückkehren würde. Damit wurde ein wichtiges kurzfristiges Ziel der Miami Regime Change Lobby erreicht…
    Quelle: CO-Op

    Anmerkung Marco Wenzel: Eine sehr detaillierte Schilderung des Umsturzversuches in Cuba und der Akteure, die dahinter stecken.

    Originalartikel in Englisch.

    Dazu auch: Kuba – Haiti. Ein kurzer historisch-ökonomischer Vergleich, sowie Kuba – Der eklatante Versuch der USA, soziale Proteste mit digital gesteuertem Regime-Change-Manöver umzufunktionieren, als auch: Erst mit Sanktionen ausgehungert, dann wird beklagt, dass die Betroffenen hungern. Ein mieses Spiel des Werte-Westens.

  16. Rezension: The Bridge
    Thane Gustafson schildert die Geschichte der Erdgasbeziehungen zwischen Deutschland bzw. der EU und Russland von den 1960er Jahren bis heute.
    “Dass normale ökonomische Bindungen normale politische Beziehungen fördern”: Das ist, so formuliert es Thane Gustafson, Experte für die russische Energiewirtschaft an der traditionsreichen Washingtoner Georgetown University, ein Gedanke gewesen, der das bundesdeutsch-sowjetische, später dann das deutsch-russische Erdgasgeschäft stets begleitet hat. Das wirtschaftliche Interesse war – und ist – auf beiden Seiten in erheblichem Maß vorhanden: Moskau kontrolliert die größten Erdgasvorräte der Welt und ist auf die Erlöse aus seinem Export angewiesen; Deutschland hat erheblichen Energiebedarf. Das politische Interesse hingegen ist – und war – auf deutscher Seite nie völlig eindeutig, es ist stets – in schwankender Heftigkeit – umstritten gewesen. Die Entwicklung, die von den 1960er Jahren bis in die Gegenwart reicht, kann man anhand von Gustafsons Werk “The Bridge” nachverfolgen…
    In den 1960er Jahren war es die von Willy Brandt energisch vorangetriebene Neue Ostpolitik, die zum ökonomischen das politische Interesse an der energiewirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der Sowjetunion hinzufügte: “Wandel durch Annäherung” hieß das Motto; der Realsozialismus sollte nicht mehr durch bloße Konfrontation, sondern durch ein parallel realisiertes gewisses Maß an Kooperation gewandelt, besser: transformiert werden. Eine tragende Säule war das Erdgas-Röhren-Geschäft von 1970, das den Verkauf bundesdeutscher Pipelinerohre an die Sowjetunion sowie die spätere Bezahlung durch sowjetisches Pipelinegas vorsah… Erdgashandel, schreibt Gustafson, ist nicht einfach ein Geschäft, er ist ein Geschäft von Beziehungen.
    Auch als solches ist der deutsch-sowjetische, später der deutsch-russische Erdgashandel immer wieder von den Vereinigten Staaten torpediert worden…
    Im Zuge der allgemeinen Deregulierung gewannen im Erdgashandel Spotmärkte gegenüber langfristigen Verträgen an Bedeutung; die Umorientierung auf Flüssiggas verlieh dem Gasgeschäft noch größere Flexibilität – zu Lasten des Pipelinehandels. Und zu alledem kamen im vergangenen Jahrzehnt die immer stärker eskalierenden politischen Spannungen hinzu: Der politische Wille zur Kooperation, der in den 1960er Jahren dem ökonomischen Interesse an der Erdgaskooperation zum Durchbruch verhalf, schwindet mehr und mehr.
    “Die Gefahr, die vor uns liegt”, schreibt Gustafson, “besteht darin, dass die Gemeinschaft der Wirtschaftsinteressen, die die Erdgasbrücke [zwischen Russland und Westeuropa] aufrechterhält, durch die Eskalation der Spannungen, Sanktionen und Gegensanktionen, durch Stellvertreterkriege und Schlimmeres geschwächt wird”. Sollte hingegen “das gemeinsame Wirtschaftsinteresse trotz der politischen Spaltungen die Oberhand gewinnen”, könne “die Erdgasbrücke für eine weitere Generation und vielleicht noch länger eine stabilisierende Kraft zwischen Russland und Europa bilden”…
    Quelle: German Foreign Policy
  17. Gemeinsam auf die Straße! 18. September 2021
    (…) Seit Jahren engagieren sich Aktivist*Innen, für eine Rekommunalisierung von Betrieben zur Sicherung der Daseinsvorsorge, für den Erhalt einer S-Bahn für Alle in öffentlicher Hand, gegen eine schleichende Privatisierung der Schulgebäude und für eine Gesundheitsversorgung, die sich nicht an einer Profitmaximierung orientiert. Privatisierungen müssen gestoppt und wesentliche Bereiche zurück in die öffentliche Hand überführt werden. Der dringend benötigte Ausbau des ÖPNV erfordert einen in öffentlicher Hand organisierten Nahverkehr – eine Privatisierung der S-Bahn muss verhindert werden. Renditeorientierung verhindert Zukunftsinvestitionen und einen billigen Nahverkehr.
    Private Rechtsformen haben in den letzten Jahren verstärkt in öffentlichem Eigentum Einzug gehalten und hebeln Mitbestimmung aus. Selbst öffentliche Unternehmen drücken Löhne und orientieren nur auf Gewinnausschüttungen an den Landeshaushalt. Das muss beendet und demokratische Entscheidung in öffentlichen Betrieben deutlich ausgebaut werden. Die öffentliche Hand muss sich am Gemeinwohl aller orientieren.
    Die Mietenbewegung machte deutlich, dass die Menschen bezahlbaren Wohnraum brauchen und er in öffentliche Hand gehört. Mehr als 340 000 Unterschriften für „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ zeigen, wie viel Rückhalt das in der Bevölkerung hat. Gegen ihren Volksentscheid wird es eine massive Gegenkampagne geben, die wir kontern müssen.
    Die Pandemie verschärfte die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern und anderen Einrichtungen der Gesundheitsversorgung, wie Pflegeeinrichtungen und ambulanten Diensten. Zu Recht wehrt sich das Personal gegen die schlechten Arbeitsbedingungen und die skandalöse Lohnpolitik, in der trotz gleicher Arbeit unterschiedliche Tarifverträge selbst unter dem Dach von kommunalen Betrieben in einem Rot-Rot-Grün geführten Bundesland zur Praxis gehören. Sie brauchen Unterstützung im Kampf für mehr Personal und den TVÖD für alle.
    Lehrer*innen haben den Kampf für tarifliche Personalbemessung der Berliner Krankenhausbewegung als Vorbild genommen und wollen für mehr Personal und kleinere Klassen kämpfen. Darüber hinaus setzen sich bei Schule in Not Eltern, alle an Schule Beschäftigten und Schüler*innen für die Verbesserung der Lern- und Arbeitsbedingungen an den Schulen ein.
    Wir brauchen Milliardeninvestitionen in Gesundheit, Bildung, Infrastruktur und Soziales. Das kann finanziert werden, wenn der massive Reichtum von Unternehmen und Vermögenden höher besteuert wird, Steuerschlupflöcher unterbunden werden und die Schuldenbremse fällt. Das Geld muss da geholt werden, wo hohe Profite gemacht wurden und deren Reichtum auf Armut und Mittellosigkeit von Vielen basiert: Bei Milliardären und Multimillionären.
    Für einen erfolgreichen gemeinsamen Kampf ist eine Verbindung von sozialen Bewegungen und gewerkschaftlichen Kräften unverzichtbar.
    Nach dem 26. September drohen Sparpakete, die bereits vereinzelt angekündigt werden. Dagegen müssen wir uns gemeinsam wehren! Der Kampf für unsere Ziele wird also auch nach den Wahlen weitergehen müssen.
    Ob Initiativen gegen Privatisierung oder für bessere Bildung, Pflegekräfte, Mietaktivist*innen oder Gewerkschafter*innen, wir müssen zusammenhalten und gemeinsam kämpfen. Deshalb gehen wir am 18. September gemeinsam auf die Straße.
    Quelle: Gemeinsam auf die Strasse
  18. Zu guter Letzt: 2290 Jahre radeln für ein Vorstandsgehalt
    45,7 Millionen Euro: Das ist der Jahresverdienst von Niklas Östberg, Chef von Delivery Hero. Mit Foodpanda, einem Lieferdienst für Essen und Supermarktartikel, will der Konzern zurück auf den deutschen Markt. Doch während Unternehmen wie Delivery Hero Milliardenumsätze machen, werden die Fahrer*innen oft nicht mal nach Tarif bezahlt. Sie müssten 2290 Jahre ununterbrochen in die Pedale treten, um auf ein Vorstandsgehalt zu kommen. Wie lange müssten Sie dafür arbeiten?
    45,7 Millionen Euro: Das ist der Jahresverdienst von Niklas Östberg, Chef von Delivery Hero. Mit Foodpanda, einem Lieferdienst für Essen und Supermarktartikel, will der Konzern zurück auf den deutschen Markt. Doch während Unternehmen wie Delivery Hero Milliardenumsätze machen, werden die Fahrer*innen oft nicht mal nach Tarif bezahlt. Sie müssten 2290 Jahre ununterbrochen in die Pedale treten, um auf ein Vorstandsgehalt zu kommen. Wie lange müssten Sie dafür arbeiten?
    Delivery-Hero-Chef Niklas Östberg verdiente im Jahr 2020 45,7 Millionen Euro. Hauptsächlich aus Aktienoptionen soll das Jahreseinkommen von Östberg stammen. Damit war er im vergangenen Jahr der bestverdienende Vorstandsvorsitzende eines DAX-Unternehmens nach Steve Angel, dem Chef von Linde.
    2290 Jahre arbeiten für das Vorstandsgehalt
    Aber wie lange müssten Fahrer*innen von Delivery Hero für das Jahresgehalt ihres Chefs in die Pedale treten? Angenommen ein Lieferfahrer arbeitet zum Mindestlohn (aktuell: 9,60 Euro). Bei einer 40-Stunden-Woche bräuchte er rund 2290 Jahre, um auf das zu kommen, was Östberg in nur einem Jahr verdient hat.
    Selbst testen: Wie lange müsste ich für Niklas Östbergs Jahreseinkommen arbeiten?
    Quelle: DGB


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