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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 7. Oktober 2021 um 8:51 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Gastbeitrag von Ex-Verfassungsrichter Michael Bertrams: Folgenreiches Dinner mit Merkel
  2. Spahns Maskendeals – Bittere Schlappe für das Bundesgesundheitsministerium vor Gericht
  3. Söders Wegsperren der Bayern war rechtswidrig
  4. Das Impf-Meldesystem vermittelt trügerische Sicherheit
  5. Bundesregierung verheimlicht Rüstungsausgaben
  6. 20 Jahre »Krieg gegen den Terror«: Eine furchtbare Bilanz
  7. Westsahara-Urteil schwere Klatsche für EU und Bundesregierung
  8. Aktionsbündnis protestiert gegen illegales Tropenholz auf Gorch Fock
  9. „Digitale Zugangsrechte“ für Betriebsräte und Gewerkschaften: Studie analysiert Rechtslage und empfiehlt gesetzliche Klarstellung
  10. Überlastete Kreißsäle: „Keine möchte an dem Tag da sein, wenn jemand stirbt“
  11. Sparverträge vorm BGH – Der Streit um die Zinsen
  12. Das Ibiza der ÖVP: Kurz soll fast 2 Mio. Euro Steuergelder für Machtübernahme missbraucht haben
  13. “Der große Tabak-Moment”: Wieso Frances Haugen für Facebook gefährlich werden könnte
  14. Totale Überwachung? Sir, jawohl, Sir!

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Gastbeitrag von Ex-Verfassungsrichter Michael Bertrams: Folgenreiches Dinner mit Merkel
    Die Begegnung und die Gespräche fanden hinter verschlossenen Türen statt. Angesichts dessen liegt für die „Freien Wähler“ der Verdacht nahe, dass die Gespräche nicht nur abstrakt, sondern auch mit Bezug auf ihre anhängigen Verfahren geführt worden sind.
    Das weisen die Richter zwar zurück. Sie selbst haben jedoch einen entsprechenden Verdacht durch ihre Teilnahme an Merkels Dinner und den Corona-Gesprächen genährt und damit den „bösen Schein“ begründet, sich Einflüsterungen der Bundesregierung ausgesetzt zu haben. Der Vortrag von Justizministerin Lambrecht liest sich jedenfalls nach Auffassung des Staatsrechtlers Kyrill-Alexander Schwarz „wie eine Handlungsempfehlung der Exekutive an das Bundesverfassungsgericht“.
    Auch unabhängig vom Aspekt der Befangenheit halte ich es überdies für äußerst problematisch, dass die mit der Bundesnotbremse befassten Verfassungsrichter vor einer Entscheidung über diese Verfahren der Dinner-Einladung der Kanzlerin gefolgt sind. Meines Erachtens spricht dieses Verhalten für einen erschreckenden Mangel an richterlicher Zurückhaltung und Sensibilität.
    Aber daran hat man sich inzwischen fast schon gewöhnen müssen. Ich erinnere nur daran, dass Karlsruhe ausgewählte Journalisten vorab über noch nicht verkündete Urteile informiert und sich damit eine Gestaltungsmacht angemaßt hat, die ihm weder die Verfassung noch der Gesetzgeber einräumt. Die Karlsruher Richterinnen und Richter nehmen sich Freiheiten heraus, die in anderen Gerichten undenkbar wären – ein, wie ich finde, höchst bedenklicher Befund.
    Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger

    dazu: Oberster Verfassungsrichter wehrt sich gegen Vorwurf der Befangenheit
    Nach einem umstrittenen Dinner im Kanzleramt stellte ein Berliner Jurist im „Bundesnotbremse“-Verfahren einen Befangenheitsantrag gegen Deutschlands obersten Richter. Dieser hat nun Stellung genommen.
    Stephan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, wehrt sich gegen den Vorwurf der Befangenheit im Verfahren um die Verfassungsbeschwerden gegen die sogenannte „Bundesnotbremse“. Außerdem weist er Kritik an einem Zusammentreffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem Rest des Bundeskabinetts zurück. Dies geht aus einem Schreiben hervor, das WELT vorliegt.
    Quelle: Welt Online

    dazu auch: Höchster Verfassungsrichter a. D.: “Vertrauen in Handlungsfähigkeit des Staates ist erschüttert”
    Hans-Jürgen Papier stellt klar: Die Verantwortlichen der Corona-Maßnahmen müssen diese dringend rekapitulieren, der Rechtstaat ist für viele Bürger nur noch Illusion. Der Ex-Präsident des Verfassungsgerichts fordert: So etwas darf nicht noch einmal passieren – und warnt vor neuen Bedrohungen.
    Quelle: RT DE

  2. Spahns Maskendeals – Bittere Schlappe für das Bundesgesundheitsministerium vor Gericht
    Als zu Beginn der Coronapandemie im Frühjahr 2020 Schutzmasken knapp wurden, beschloss das Bundesgesundheitsministerium selbst in die Maskenbeschaffung einzusteigen und kaufte Schutzausrüstung für 6,4 Milliarden Euro. Eine Beschaffung weit über dem Bedarf, konstatierte der Bundesrechnungshof. Die Maskeneinkaufstour beschert dem Bund auch gehörig juristischen Ärger. Mehr als 100 Klagen von Maskenhändler:innen sind inzwischen vor dem Landgericht Bonn anhängig, weil der Bund die Bezahlung von gelieferten Schutzmasken verweigerte. Begründet wurde dies damit, dass die Masken den Qualitätstest des TüV Nord nicht bestanden hätten.
    Unter den Kläger:innen ist auch Walter Kohl, der Sohn des ehemaligen Bundeskanzlers. Bei ihm geht es um rund 5,5 Millionen Euro. In “Plusminus” äußert er sich zum ersten Mal im Fernsehen zu den Maskengeschäften und erhebt schwere Vorwürfe gegen das Bundesgesundheitsministerium. Das Ministerium habe bewussten Vertragsbruch begangen und würde Steuergelder verschwenden. Vor Gericht hat das Bundesgesundheitsministerium nun vor wenigen Wochen eine ordentliche Schlappe kassiert. Die Qualitätstests seien nicht geeignet, um die Mangelhaftigkeit der Masken zu beweisen. In mehreren Urteilen wurde der Bund mittlerweile zur Zahlung von bislang insgesamt rund 28 Millionen Euro verpflichtet. Die Urteile zeigen: Das Chaos rund um die Maskenbeschaffung ist noch größer als gedacht – und könnte für die Steuerzahler:innen teure Folgen haben.
    Quelle: plusminus
  3. Söders Wegsperren der Bayern war rechtswidrig
    Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof erklärt die von Bayerns Staatsregierung im März 2020 verhängte Ausgangssperre für unwirksam. Die Richter bescheinigen Söders Regierung ein fragwürdiges Menschenbild. Der Beschluss belegt aber auch eine wünschenswerte Entwicklung. […]
    Die Richter stellen dabei bereits die Eignung der Generalklausel als Rechtsgrundlage der Verordnung infrage. „Es bestehen bereits Zweifel, ob der historische Gesetzgeber des Bundesseuchengesetzes und daran im Anschluss des Infektionsschutzgesetzes tatsächlich die Generalklausel des Paragrafen 28 auch im Hinblick auf sogenannte Lockdowns oder Shutdowns entwickelt hat, in dem Sinne, dass den Landesregierungen oder den subdelegierten Stellen der Erlass solch umfassender, das gesamte öffentliche Leben eines Landes tiefgreifend umgestaltender Einschränkungen erlaubt werden sollte“, schreiben die Richter. Es sei eher darum gegangen, Badeverbote an bestimmten Gewässern oder Waldbetretungsverbote zur Verhütung der Tollwut zu ermöglichen.
    Weiter habe die Staatsregierung es versäumt, „bei der Auswahl der Maßnahmen von mehreren gleich geeigneten Mitteln das die Grundrechte der Normadressaten weniger belastende zu wählen“. So seien statt einer Ausgangsbeschränkung mildere Mittel wie Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum in Betracht gekommen, wie sie in anderen Bundesländern auch praktiziert wurden.
    Quelle: Welt Online

    dazu: Gericht erklärt erste Corona-Ausgangssperre für unwirksam
    Das bayerische Verwaltungsgericht hat die erste Ausgangssperre in Bayern für unwirksam erklärt – und nennt die Ansicht der Regierung in München “unzutreffend”.
    Quelle: T-Online

  4. Das Impf-Meldesystem vermittelt trügerische Sicherheit
    Wegen Lücken und Schwächen im Meldesystem werden Nebenwirkungen unterschätzt, zu spät erkannt, und es wird zu spät gehandelt. […]
    Solange kein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem Vorfall und der Impfung etabliert ist, sprechen die Experten nicht von tatsächlichen Nebenwirkungen. Ein solcher Zusammenhang kann aber nur schwer und eventuell erst nach längerer Zeit nachgewiesen werden. Da das Impfen auch in der Schweiz vom Bund als einziger Weg aus der Pandemie gesehen wird, besteht ein Interessenkonflikt mit dem akribischen Erfassen und der Aufklärung von Impfzwischenfällen. Und da die Hersteller von allen finanziellen Haftungsfolgen befreit wurden und die Impfung in der Schweiz freiwillig ist, würden allfällige Schäden auf die Geimpften oder zu einem geringen Teil auf den Bund zurückfallen.
    Ihre Beteuerungen, dass die Impfungen sicher seien, stützen die Behörden auf folgendes Vorgehen:

    • Sie gewähren den Impfstoffherstellern eine Zulassung aufgrund von Daten und Studienberichten der Hersteller. Die Zulassung ist in der Schweiz befristet, da die Studien noch laufen. Die Zulassung suggeriert eine vollständige Abklärung von Wirksamkeit und Sicherheit, was aufgrund der kurzen Dauer und der wenigen Studienteilnehmenden nicht der Fall sein kann.
    • Um erst später oder unerwartet auftretende Nebenwirkungen zu erfassen, unterhalten die Arzneimittelbehörden Meldesysteme, wo unerwünschte Wirkungen erfasst und ausgewertet werden. Das gilt nicht nur für Impfungen, sondern auch für Medikamente.

    Bisher kamen die Behörden zum Schluss, dass Nebenwirkungen der Impfung deutlich weniger ins Gewicht fallen als das Risiko, ohne Impfung schwer zu erkranken. Es gilt allerdings, die Berichte der Swissmedic über Verdachtsmeldungen von Nebenwirkungen genau zu analysieren.
    Quelle: Infosperber

  5. Bundesregierung verheimlicht Rüstungsausgaben
    Es ist skandalös, dass sich die Bundesregierung kurz vor der Bundestagswahl weigert, die Gesamtkosten für Rüstungsbeschaffungen der 19. Legislaturperiode offenzulegen“, erklärt Matthias Höhn, sicherheitspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE und Vorsitzender des Unterausschusses Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung, anlässlich der nicht öffentlichen Beantwortung seiner schriftlichen Frage zu Rüstungsbeschaffungen in der 19. Legislaturperiode. Höhn weiter:
    „Seit 2017 hat die Regierung Milliarden für Waffen und Munition ausgegeben, weitere Abermilliarden sind eingeplant. Die Bevölkerung hat ein Anrecht darauf zu wissen, wie viele ihrer Steuergelder für Rüstung ausgegeben werden. Doch die Regierung weigert sich, meine Fragen dazu offen zu beantworten. Ihre Begründung ist nebulös: Eine Offenlegung gefährde das Staatswohl. Das ist erstens juristisch äußerst fragwürdig. Zweitens haben die Wählerinnen und Wähler ein Recht auf offene Antworten, damit auch das Thema Rüstung vor der Wahl in der Öffentlichkeit transparent bilanziert und diskutiert werden kann. Es scheint aber, dass die Große Koalition genau das verhindern möchte.“
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag
  6. 20 Jahre »Krieg gegen den Terror«: Eine furchtbare Bilanz
    Die humanitären Kosten westlicher Interventionen nach »Nine Eleven« – ein Überblick
    »Unser Krieg gegen den Terrorismus beginnt mit Al-Qaida, aber er wird dort nicht enden«, verkündete US-Präsident George W. Bush am 20. September 2001 in einer Fernsehansprache. »Jede Nation in jeder Region muss nun eine Entscheidung treffen. Entweder sind sie auf unserer Seite oder auf der Seite der Terroristen.« Er verband diese Drohung mit der Warnung, die »Amerikaner sollten sich nicht auf eine Schlacht, sondern auf einen lang andauernden Feldzug einstellen, wie wir ihn bislang noch nicht erlebt haben«.
    Die von Bush jun. beschworene Vision sollte sich auf furchtbare Weise bewahrheiten: Die folgenden militärischen Interventionen wurden zu einigen der längsten und teuersten Kriege in der Geschichte der USA. Die Anschläge vom 11. September 2001 waren ein lokaler krimineller Akt, der mehr als 3.000 Menschen tötete. Die Folgen der damit gerechtfertigten Interventionen hingegen waren global: Ganze Städte wurden zerstört, Staaten zerschlagen, die Gesellschaften zerrissen und ins Elend gestürzt. Die Zahl der Opfer übersteigt die von New York und Washington tausendfach.
    Quelle: junge Welt

    dazu auch: Afghanistan: Kosten
    Die offiziellen Kosten eines Militäreinsatzes liegen immer deutlich unter den tatsächliche, weil stets wichtige Posten ausgeklammert werden. Dies trifft auch für den Afghanistan-Einsatz zu, für den das Costs-of-War-Project der Brown University Gesamtkosten von astronomischen 2.313 Mrd. Dollar errechnete. Nicht einmal eingerechnet waren sind dabei Kosten etwa für die Versorgung von Veteranen oder künftige Zinszahlungen aufgrund der Schulden, die durch den Krieg verursacht wurden (siehe IMI-Aktuell 2021/458).
    Nun wird in den Medien über eine FDP-Anfrage über die deutschen Gesamtkosten des Krieges berichtet, die auf 17,3 Mrd. Euro beziffert werden. Dabei entfielen auf den Einsatz der Bundeswehr bis zum 31. August 2021 ein Betrag in Höhe von 12,3 Mrd. Euro, ein Betrag, der so in etwa allerdings bereits im Frühjahr bekannt war (siehe IMI-Standpunkt 2021/019). Neu ist aber nun die Auflistung der Ausgaben anderer Ressorts, über die unter anderem in der FAZ berichtet wird: „Das Auswärtige Amt gab demnach rund 2,48 Milliarden Euro für sogenannte projektbezogene Personal- und Sachkosten aus. Diese Summe beinhaltet nicht Personal- und Betriebskosten des Auswärtigen Amtes, wie sie also im regulären diplomatischen Betrieb sowieso entstehen. Das Entwicklungsministerium stellte binnen 20 Jahren rund 2,46 Milliarden Euro in Afghanistan zur Verfügung. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gab in zwei Jahrzehnten 33 Millionen Euro aus.“
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.

  7. Westsahara-Urteil schwere Klatsche für EU und Bundesregierung
    Das Westsahara-Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist eine schwere Klatsche für die EU wie auch für die Bundesregierung mit ihrem wirtschaftlichen Konsolidierungskurs gegenüber der Besatzungsmacht Marokko. Die Bundesregierung muss jetzt auf eine schnellstmögliche rechtskonforme Änderung der Verträge drängen”, erklärt Sevim Dagdelen, Obfrau der Fraktion DIE LINKE im Auswärtigen Ausschuss, anlässlich des EuGH-Urteils, dem zufolge Entscheidungen der EU und der Besatzungsmacht Marokko über die Westsahara ohne Zustimmung von deren Bewohner rechtswidrig sind (AZ T-279/19, T-344/19 und T-356/19 Frente Polisario/Europäischer Rat). Dagdelen weiter:
    „Statt das Königreich in Rabat mit Wirtschaftsabkommen und einer Privilegierten Partnerschaft zum Schaden der Sahrauis zu hofieren, muss sich die Bundesregierung auf EU-Ebene endlich aktiv dafür einsetzen, dass das UN-Referendum über die Zukunft der Westsahara nicht weiter durch Marokko blockiert und nicht durch die völkerrechtswidrige Ansiedlung eines Teils der eigenen Bevölkerung in den besetzten Gebiete untergraben wird.”
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag
  8. Aktionsbündnis protestiert gegen illegales Tropenholz auf Gorch Fock
    Mit kreativem Protest demonstriert heute ein Aktionsbündnis anlässlich der Rückkehr der Gorch Fock nach Kiel. Die Aktivist:innen machen damit auf eklatante Verstöße gegen den Umweltschutz bei der Restaurierung des Marine-Schiffs aufmerksam. Der Vorwurf der Umweltorganisationen WWF, ROBIN WOOD, Deutsche Umwelthilfe (DUH), Rettet den Regenwald sowie der Waldzertifizierungsorganisation FSC: Bei dem für die Erneuerung des Decks verwendeten Teak handelt es sich höchstwahrscheinlich um illegales Holz aus den letzten verbliebenen Urwäldern Myanmars. Das Verteidigungsministerium bzw. die ihm unterstellten Behörden hätten nachweislich die Beschaffungsrichtlinien des Bundes ignoriert. Gleichzeitig weigere sich die der Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner unterstellte Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) beharrlich, eine genaue Legalitätsprüfung des Holzes durchzuführen. Die Gorch Fock als weiße Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland verkomme so zur schwimmenden Peinlichkeit und Symbol für die Ignoranz Deutscher Behörden gegenüber Umwelt- und Klimaschutz.
    Johannes Zahnen, Holzexperte beim WWF Deutschland: „Das Teak der Gorch Fock wurde aus Myanmar importiert, obwohl lange bekannt ist, dass dort Raubbau betrieben wird und das geschlagene Holz meist illegal ist. Der Stolz der deutschen Marine wurde mit Mafiaholz restauriert und die Behörden drücken beide Augen zu. Während wir in Deutschland über einen besseren Umwelt- und Klimaschutz debattieren, werden mit Unterstützung von Landwirtschaftsministerium und Bundeswehr anderswo die letzten Urwälder abgeholzt. Es ist ein Armutszeugnis, dass wir bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen müssen, weil der Staat sich weigert, die Einhaltung von Gesetzen zu überprüfen und sicherzustellen. Die Gorch Fock ist hier nur die Spitze des Eisberges.“
    (…) Das Aktionsbündnis fordert eine ehrliche und umfassende Aufklärung der Legalität des auf der Gorch Fock verbauten Tropenholzes. Für die Zukunft mahnen die Organisationen: Bundes- und Landesbehörden müssen den Waldschutz bei der öffentlichen Beschaffung endlich ernst nehmen und die geltenden Umweltgesetze und Beschaffungsrichtlinien einhalten.
    Quelle: Scharf Links

    Anmerkung: Die Nachdenkseiten hatten bereits in den Hinweisen von gestern das Thema „Gorch Fock“ kritisch beleuchtet.

  9. „Digitale Zugangsrechte“ für Betriebsräte und Gewerkschaften: Studie analysiert Rechtslage und empfiehlt gesetzliche Klarstellung
    Die Kommunikation in vielen Betrieben verlagert sich zunehmend ins Digitale. Um ihre Aufgaben erfüllen zu können, müssen Betriebsräte und Gewerkschaften Zugang zu dieser Sphäre haben. Sonst droht die grundgesetzlich geschützte Koalitionsfreiheit ins Leere zu laufen. Die geltende Gesetzeslage räumt solche „digitalen Zugangsrechte“ bereits ein, ergibt ein neues Rechtsgutachten von Prof. Dr. Wolfgang Däubler für das Hugo-Sinzheimer-Institut (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Da die Rechtsanwendung bisher aber kompliziert ist und sich Unternehmen widersetzen, empfiehlt der Rechtswissenschaftler eine gesetzliche Klarstellung. […]
    Wer wirksam die Interessen von Beschäftigten vertreten will, muss mit ihnen kommunizieren. Dafür gibt es unter anderem Betriebsversammlungen, Sprechstunden beim Betriebsrat, gewerkschaftliche Flugblätter oder Plakate. Das Problem: Die Digitalisierung macht solche traditionellen Formate zum Teil obsolet. Welche gesetzlichen Möglichkeiten Betriebsräte und Gewerkschaften ausschöpfen können, um mit dieser Entwicklung Schritt zu halten, hat Däubler in seinem Gutachten analysiert. Der Arbeitsrechtler von der Universität Bremen kommt zu dem Ergebnis, dass Arbeitnehmervertreter auch im digitalen Betrieb Anspruch auf Informationsaustausch und Präsenz haben, also zum Beispiel dienstliche E-Mail-Adressen oder das Intranet nutzen dürfen. Das lässt sich nach Däublers Analyse bereits aus der geltenden Rechtslage ableiten. Eine ergänzende gesetzliche Klarstellung durch ein „digitales Zugangsrecht“ sei trotzdem sinnvoll, erklärt der Rechtsprofessor. Schließlich empfänden offenbar viele Manager die Rechtslage als unklar.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung
  10. Überlastete Kreißsäle: „Keine möchte an dem Tag da sein, wenn jemand stirbt“
    Vivantes Neukölln reduziert die Zahl der Entbindungen. Ursache für die Misere ist jedoch nicht der Streik. Eine Medizinerin spricht Klartext. […]
    Im Vivantes-Klinikum Neukölln arbeitet die Geburtsstation bereits eingeschränkt. Grund sei allerdings nicht der Streik, betont das landeseigene Unternehmen. Vielmehr mache Personalmangel diesen Schritt erforderlich. Im Klinikum würden die üblicherweise monatlich rund 300 Entbindungen bis auf weiteres um zehn Prozent reduziert, betroffene Frauen jedoch in andere Kliniken vermittelt.
    Sofortiges Handeln – das fordern die Pflegekräfte bei Vivantes und der Charité; sie fordern einen Tarifvertrag Entlastung, der bei Unterbesetzung einen Freizeitausgleich festschreibt. Unterbesetzung scheint derzeit der Normalzustand zu sein. Das zeigen die Schilderungen der Medizinerin. „Die Krankenwagen bekommen die schwangeren Frauen nicht unter“, berichtet sie. Immer wieder und derzeit immer häufiger kommt es vor, dass sich ihre Station bei der Leitstelle der Feuerwehr abmelden muss, weil keine Betten frei sind und Personal fehlt, das sich um Patienten kümmern kann. „Trotzdem werden wir von Rettungswagen angefahren, auch mit Frauen, bei denen eine Frühgeburt droht. Auch wenn wir sagen, dass uns in der Neonatologie keine Beatmungsplätze mehr zur Verfügung stehen.“
    Neulich erst musste die Ärztin wieder rasch reagieren, als direkt hintereinander kritische Fälle kamen, unmittelbar bevorstehende Frühgeburten. „Ein Gefühl wie im Feldlazarett“, sagt die Medizinerin. „Man hat das Empfinden, dass man irgendwann anfangen muss, zu triagieren.“ Auszuwählen, für welche Mütter das knappe Personal und Material zur Verfügung gestellt wird und für welche nicht.
    Die Klinik der Ärztin kämpft wie andere Häuser mit Entbindungsstation mit einem Mangel an Fachkräften: „Wir haben seit Jahren ein akutes Hebammen-Problem“, sagt sie. In einem Gutachten, kurz vor Ausbruch der Pandemie veröffentlicht, hat das IGES-Institut im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums den Mangel dokumentiert.
    Quelle: Berliner Zeitung
  11. Sparverträge vorm BGH – Der Streit um die Zinsen
    Wie sieht die korrekte Zinsberechnung bei alten Prämiensparverträgen mit variabler Verzinsung aus? Das Urteil vom BGH wird Signalwirkung haben. […]
    Die Musterfeststellungsklage richtet sich zwar nur gegen die Sparkasse Leipzig, doch das Urteil könnte Signalwirkung für die ganze Branche haben. So begrüßt auch die Deutsche Kreditwirtschaft, der Dachverband der Bankenbranche, das Verfahren in Karlsruhe: “Der BGH hat die Möglichkeit, Klarheit für die betroffenen Kunden der Sparkasse Leipzig und ggf. auch für die Kreditwirtschaft allgemein bringen zu können (…).”
    Laut den Verbraucherzentralen könnten den betroffenen Kundinnen und Kunden hohe Nachforderungsansprüche zustehen. Die Verbraucherzentralen haben nach eigenen Angaben wohl schon knapp 8.000 langfristige Sparverträge, auch Riester-Sparverträge von unterschiedlichen Banken und Sparkassen überprüft.
    Dabei erhielten die Sparer nach Rechnung der Verbraucherschützer und Sachverständigen durchschnittlich rund 4.000 Euro zu wenig. Der höchste Nachforderungsanspruch gegen ein Kreditinstitut läge bei rund 43.600 Euro.
    Die Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Leipzig ist nicht die Einzige. Verklagt haben die Verbraucherzentralen schon eine Reihe von Sparkassen. Allein die Verbraucherzentrale Sachsen geht momentan gegen sechs Sparkassen im Wege einer Musterfeststellungsklage vor.
    Quelle: ZDF heute
  12. Das Ibiza der ÖVP: Kurz soll fast 2 Mio. Euro Steuergelder für Machtübernahme missbraucht haben
    Im Bundeskanzleramt, in der ÖVP-Zentrale und im Finanzministerium fanden am Mittwoch Razzien statt. Sebastian Kurz soll die „öffentliche Meinung“ mit gefälschten Studien zu seinen Gunsten manipuliert und die Berichterstattung dazu in Boulevardmedien gekauft haben. Mit Steuergeldern aus dem Finanzministerium, getarnt mit Scheinrechnungen. Gegen ihn und seine Vertrauten wird wegen Bestechung, Beihilfe zur Bestechung und Untreue ermittelt. So lautet der schwere Verdacht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Sebastian Kurz bestreitet die Vorwürfe. Kontrast hat den Akt gelesen und zusammengefasst.
    Quelle: kontrast.at

    dazu: Es könnte eng werden für Sebastian Kurz
    Die Vorwürfe der Korruptionsermittler gegen den österreichischen Kanzler wiegen schwer. Gut möglich, dass es Neuwahlen gibt.
    Als es nur um den Vorwurf der Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss im Parlament ging, gab sich Österreichs Kanzler Sebastian Kurz cool: Das werde sich im Sande verlaufen; bei einer Anklage bleibe er im Amt. Ob das ethisch und politisch richtig gewesen wäre – diese Frage dürfte seit Mittwoch sein kleinstes Problem sein. Sollten sich die jüngsten und hammerharten Vorwürfe der Korruptionsstaatsanwaltschaft, die ohnehin schon zahlreiche Verfahren gegen Politiker aus Kurz’ Regierungspartei ÖVP führt, bewahrheiten, ginge es – juristisch – um Beihilfe zur Untreue und Bestechlichkeit. Und ethisch ginge es um die Manipulation der öffentlichen Meinung und damit der demokratischen Willensbildung.
    Quelle: Süddeutsche

  13. “Der große Tabak-Moment”: Wieso Frances Haugen für Facebook gefährlich werden könnte
    Schon öfters haben Ex-Mitarbeiter gegen Facebooks unlautere Praktiken ausgepackt. Passiert ist bislang wenig. Doch die Aussagen von Whistleblowerin Frances Haugen könnten das “David gegen Goliath”-Spiel neu aufrollen.
    Es ist nicht Mark Zuckerbergs Woche. Am Montag musste sich der Facebook-Chef erst für die gigantische Panne auf den Plattformen seines Unternehmens entschuldigen. Einen Tag später wird er mit schwerwiegenden Vorwürfen einer ehemaligen Top-Mitarbeiterin konfrontiert. Die frühere Facebook-Produktmanagerin Frances Haugen wirft dem Unternehmen vor, eigene Gewinne über die Sicherheit von Menschen zu stellen – mit verheerenden Folgen. “Ich glaube, dass die Produkte von Facebook Kindern schaden, Spaltung anheizen und unsere Demokratie schwächen”, sagte die 37-Jährige am Dienstag. “Der Kongress muss handeln.”
    Haugen hatte sich erst am Sonntag als die Whistleblowerin zu erkennen gegeben, die interne Dokumente des Konzerns an Behörden und das “Wall Street Journal” weitergeleitet hatte. Vor dem US-Kongress forderte sie eine strenge Regulierung von Facebook und erhöhte damit den Druck auf die Gesetzesgeber, endlich konkrete Maßnahmen gegen die schier unantastbare Macht der großen Tech-Konzerne durchzusetzen. Dabei hat die Whistleblowerin einen entscheidenden Vorteil: Sowohl Demokraten als auch Republikaner sind auf ihrer Seite. Zum ersten Mal seit seiner Gründung 2007 scheint Zuckerbergs Imperium angreifbar zu sein.
    Quelle: Stern Online
  14. Totale Überwachung? Sir, jawohl, Sir!
    Im Deutschland des Jahres 2021 ist so einiges strikt verboten: Wer sich kritisch zu den Corona-Maßnahmen äußert, gilt als „Leugner“. Wer meint, die Mohrenstraße solle weiter Mohrenstraße heißen, ist ein „Rassist“. Und wer es wagt, die Behauptung aufzustellen, die Politik habe überhaupt keinen Einfluss mehr, ist schneller als „Verschwörungstheoretiker“ gebrandmarkt, als ein Lämmlein mit dem Schwanz wackeln kann. Das sagt viel aus, vor allem aber, dass die freie Meinungsäußerung nur noch ein Etikett ist, das gut aussieht und eine Illusion zur Realität erklärt. […]
    Kürzlich hat YouTube entschieden, dass die Kanäle von „RT deutsch“ und „Der fehlende Part“ nichts für die Nutzer sind. Und sie einfach gelöscht. Dahin sind die Reichweite und die Möglichkeit, eine andere Perspektive auf die Dinge einzunehmen. Es wurde so entschieden. Für uns, selbstverständlich.
    Gefragt wurden wir nicht, selbstverständlich. Hier geht es um Größeres, um Gemeinschaftsstandards (was immer das genau sein mag), um „Fake News“ und um – man könnte sagen – volksschädigendes Verhalten. Und das kann nun einmal nicht akzeptiert werden.
    Die Frage danach, ob es sich bei der Löschung durch Facebook um Zensur handelt, soll hier nicht erörtert werden. Denn während die einen meinen, Zensur könne es nur von staatlicher Seite aus geben, behaupten die anderen, dass YouTube und die anderen sozialen Medien gesellschaftlich so relevant und meinungsbildend geworden sind, dass man sehr wohl von Zensur sprechen kann. Ob der Begriff der Zensur aber angewendet wird, ist eigentlich zweitrangig. In erster Linie bestimmt ein Konzern aus den USA, was hierzulande an Videos gezeigt werden darf und was nicht. Das ist eine Form der Selbstjustiz.
    Nun ist Selbstjustiz aber bekanntlich verboten, und damit hätte der Staat die Verpflichtung, in diese Praxis einzugreifen. Das tut er aber nicht und sonnt sich darin zu behaupten, dass es keinerlei Absprachen zwischen Bundesregierung und YouTube gegeben habe. Doch diese Frage ist bedeutungslos, wenn wir nicht von Zensur, sondern von Selbstjustiz sprechen:
    Quelle: neulandrebellen

    dazu: Die EU hat mit Google und Facebook ein umfassendes Zensurregime errichtet
    Dass regierungskritische Inhalte auf den großen sozialen Medienplattformen versteckt oder gelöscht und ihretwegen Nutzer gesperrt werden, ist von der Ausnahmeerscheinung zur Regel geworden. Die Bundesregierung tut so, als hätte sie nichts damit zu tun. Das stimmt nur bedingt. Hinter der Zensuroffensive steht die EU-Kommission, deren Handeln die Bundesregierung unterstützt.
    Allein in den letzten Tagen gab es eklatante Fälle von angekündigter oder vollstreckter politischer Zensur. Hier drei Beispiele. Man beachte, bei all diesen Beispielen und allem Folgenden geht es ausdrücklich nicht um strafbare oder anderweitig unerlaubte Aussagen, sondern um solche, die nach vagen Kriterien als zwar erlaubte aber schädliche Desinformation eingestuft wurden:
    Quelle: Norbert Häring


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