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Titel: Hinweise des Tages II

Datum: 22. April 2022 um 16:30 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Die Panzer-Lieferkette
  2. Offener Brief fordert von Scholz Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine
  3. Berichterstattung ohne Balance?
  4. NATO-Mitglied Türkei: Neuer Angriffskrieg im Irak
  5. EU-Beitritt der Ukraine: Symbolpolitik aus Brüssel
  6. Jeder kann deutlich sehen, wer der größte Verlierer in der Ukraine-Krise ist
  7. Keine Dumpinglöhne für Geflüchtete
  8. Unbekannte Lieferketten
  9. Energiepreis-Experte: Erdölkonzerne machen über 3 Mrd. Extraprofite auf Kosten der Allgemeinheit
  10. Kinder in der SARS-CoV-2-Pandemie in Deutschland: Die Stellungnahme des Instituts für Virologie der Charité im Anhörungsverfahren des Bundesverfassungsgerichts zur „Bundesnotbremse“ – und offene Fragen
  11. Sinkende Corona-Zahlen: Diskussion um kostenlose Bürgertests
  12. Weitere 2,6 Milliarden Euro für Corona-Impfdosen
  13. Nach Aus für Baumindestlohn: Tariftreuegesetz jetzt!
  14. Gibt es eine neue Arbeiterklasse?
  15. Folgen des Ukraine-Kriegs: Zielscheibe für Hass
  16. Australien ficht Urteil zu Assange nicht an

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Die Panzer-Lieferkette
    Der moralische Druck, schwere Waffen an die Ukraine zu liefern, ist riesig in Deutschland. Olaf Scholz will sich freikaufen. Doch die Strategie ist riskant
    Werden der Ukraine nicht sofort schwere Waffen geliefert, dann drohen „Vernichtungskrieg“ und „Völkermord“. Nahezu stündlich werden per Liveticker „unvorstellbare Kriegsgräuel“ berichtet: der Beschuss einer Geburtsklinik, systematische Vergewaltigungen, Massenexekutionen, Chemiewaffeneinsatz. Die Flucht der letzten Shoah-Überlebenden und die Rede vom „totalen Krieg“ sollen schmerzliche Erinnerungen wachrufen und Hitler-Vergleiche auslösen. Die Deutschen, so heißt es, machten sich „wieder“ schuldig, weil sie „zögern und zaudern“. Mit ihrem Nichtstun würden sie „Putins Mordbanden“ freie Hand lassen. Das Einzige, was jetzt noch helfen könne, seien Kampfpanzer made in Germany.
    In keinem anderen Land wird so viel moralischer Druck erzeugt, geht es um die Lieferung schwerer Waffen: um Schützen- und Kampfpanzer, Kampfhubschrauber und -flugzeuge. Unter Twitter-Generälen und solidarischen Fähnchenschwenkern ist der Glaube weitverbreitet, man brauche ukrainische Soldaten nur in einen „Leopard“, „Marder“, „Tiger“ oder „Tornado“ setzen und los geht die wilde Jagd auf russische Tanks.
    Dass für komplexe Waffensysteme längere Schulungen nötig sind, will den hyperventilierenden Moralisten partout nicht einleuchten, denn irgendein „Experte“ oder Ex-General findet sich immer, der haudegenstark erklärt, dass die Einweisung von Panzerkommandanten oder Tornado-Piloten auch in einer Woche absolviert werden kann. Im Krieg wollen sich die Hasardeure ihre Kampfmoral nicht von Bedenkenträgern kaputtmachen lassen.
    Quelle: Wolfgang Michal in der Freitag

    dazu: Deutsche Waffenlieferungen: Übertriebene Kritik an Scholz
    Mit der Nato abgestimmt, liefert Deutschland der Ukraine, was möglich ist. Trotzdem gibt es die dämliche Debatte über „Ladehemmungen“ des Kanzlers.
    Man stelle sich vor, Bundeskanzler Olaf Scholz wäre vor einer Woche nach Kiew gereist, hätte den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski getroffen, wäre an ein paar Ruinen vorbeigelaufen und hätte sich dann vor den Kameras aufgebaut, um „Waffenlieferungen“ zu versprechen.
    Das deutsche Publikum wäre begeistert gewesen. Niemand hätte gefragt, welche Waffen denn genau in die Ukraine gehen. Die Bilder hätten genügt: Kanzler ist in Kiew. Das ist kein abstraktes Szenario. Genauso hat sich der britische Premier Johnson inszeniert – aber Panzer liefert auch Großbritannien nicht.
    Scholz hingegen hasst Symbolpolitik und bleibt in Berlin, um von dort aus stundenlang mit Selenski zu telefonieren. Deutschland und Großbritannien betreiben eine identische Ukrainepolitik. Mit der Nato abgestimmt wird in die Ukraine geliefert, was sich liefern lässt. Aber nur in Deutschland gibt es die dämliche Debatte, ob der Kanzler „Ladehemmungen“ habe.
    Zum Teil ist Scholz selbst schuld. Es ist ehrenwert, auf Symbolpolitik zu verzichten. Aber wichtig wäre, klar zu kommunizieren. Doch leider liebt Scholz den verschachtelten Nebensatz und abwegige Umschreibungen. „Schwere Waffen“ heißen bei ihm „Waffen mit erheblicher Auswirkung“.
    Quelle: Ulrike Herrmann in der taz

  2. Offener Brief fordert von Scholz Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine
    Ein offener Brief, der unterzeichnet wurde von Daniela Dahn und Konstantin Wecker, fordert den Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine.
    Angesichts wachsenden Drucks auf Bundeskanzler Olaf Scholz, der Forderung nach Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine nachzukommen, hat sich ein Kreis von Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik, Kultur und anderen Bereichen der Zivilgesellschaft in einem offenen Brief an den Kanzler gewandt.
    Darin fordern sie, die Waffenlieferungen an die ukrainischen Truppen einzustellen und die Regierung in Kiew zu ermutigen, den militärischen Widerstand ‒ gegen die Zusicherung von Verhandlungen über einen Waffenstillstand und eine politische Lösung ‒ zu beenden.
    Die UnterzeichnerInnen kritisieren, dass mit der Lieferung von Waffen sich Deutschland und weitere Nato-Staaten de facto zur Kriegspartei gemacht hätten und warnen vor einer atomaren Eskalation.
    Waffenlieferungen und militärische Unterstützung durch die NATO würden den Krieg verlängern und eine diplomatische Lösung in weite Ferne rücken. Der Preis eines längeren militärischen Widerstands wären ‒ unabhängig von einem möglichen Erfolg ‒ noch mehr zerstörte Städte und Dörfer und noch größere Opfer unter der ukrainischen Bevölkerung.
    Mit ihrer Initiative wollen die UnterzeichnerInnen auch ein Signal an die Mitglieder des Bundestages senden, die kommende Woche voraussichtlich über weitere Waffenlieferungen an die Ukraine beraten werden.
    Quelle: Berliner Zeitung
  3. Berichterstattung ohne Balance?
    In Kabul sind vor drei Tagen bei einem Angriff auf eine Schule mehrere Kinder getötet worden. WHO-Chef Tedros A. Ghebreyesus fordert eine Balance in der Berichterstattung. Darüber hatten Anfang März auch der russische Außenminister und eine britische Journalistin gestritten.
    „Ich habe eine Frage zu Polina Zakhodinskaya. Sie war in der Abschlussklasse der Grundschule. Sie wurde von Russen erschossen… Herr Lavrow, ich weiß, Sie haben selbst eine Tochter. Ich möchte, dass Sie mir in die Augen schauen und mir nur sagen, wie schlafen Sie nachts, wissend, dass russische Bomben Kinder töten?“
    Die Anklage der britischen Journalistin, vorgebracht auf einer Pressekonferenz Anfang März, zeigt beispielhaft das Bemühen der westlichen Berichterstattung, die Opfer des Krieges aus der Anonymität herauszuholen. Wie in kaum einer Kriegsberichterstattung zuvor wird den Opfern des Krieges in der Ukraine ein Gesicht gegeben, indem ihre Namen genannt, ihre Geschichte erzählt und ihre Bilder gezeigt werden. Mitgefühl und Empörung weltweit sind die Folge.
    Mindestens sechs Kinder und Jugendliche fielen vor drei Tagen einem Terroranschlag im Westen Kabuls, im Stadtteil Dasht-e Barchi zum Opfer. Sie wurden getötet, als sie gerade die Schule verließen. Es ist nicht der erste Anschlag dieser Art, die Brutalität des Schicksals trifft die Menschen deswegen nicht weniger hart. Mindestens 20 verletzte Schüler soll es geben. Ihre Schulbücher liegen verteilt über dem Boden. Eine Mutter sucht verzweifelt ihren Sohn, ein Vater soll gleich drei seiner Söhne verloren haben. Wie lauten ihre Namen, wo sind ihre Bilder, was ist ihre Geschichte?
    Das ZDF hatte für das Schicksal dieser Kinder und Jugendlichen in der heute-Sendung um 19 Uhr kein Wort übrig. Das gilt auch für das heute-Journal, das von Bettina Schausten mit den Worten „Soweit der Tag aus unserer Sicht“ beendet wurde. Auch die ARD-Tagesthemen erwähnten den Anschlag auf die afghanischen Schulkinder mit keinem Wort. Lediglich die Tagesschau konnte sich immerhin zu einer kurzen Randbemerkung als letzte Meldung vor den Sportnachrichten entschließen. Das alles beherrschende Thema der Abendnachrichten von ARD und ZDF blieb die Frage nach Waffenlieferungen an die Ukraine.
    Quelle: Krass & Konkret
  4. NATO-Mitglied Türkei: Neuer Angriffskrieg im Irak
    Hat man davon in den Zeitungen schon lesen können? Haben westliche Regierungen schon reagiert? Ist irgendwo Kritik zu hören? Wenn das NATO-Mitgliedsland Türkei mit Luft- und Bodentruppen in den Irak einmarschiert, um «zur eigenen Sicherheit» die PKK – «Terroristen», wie die Türkei behauptet – zu bekämpfen, schauen alle weg.
    Seit dem frühen Montagmorgen, 18. April, führt die Türkei einen Angriffskrieg in der Luft und am Boden gegen kurdische Kämpfer im benachbarten Nordirak. Artillerie, Kampfflugzeuge und Hubschrauber seien an den «Angriffen auf Lager, Tunnel, Munitionsdepots und Unterstände beteiligt», teilte das Verteidigungsministerium mit. Kommandos und Spezialeinheiten würden anschliessend per Hubschrauber in die Region geflogen: «Unsere Operation wird wie geplant erfolgreich fortgesetzt», erklärte Verteidigungsminister Hulusi Akar der Presse. Dabei liess er sich im Hauptquartier der Luftwaffe in Ankara ablichten, flankiert von seinen Stabschefs. «Die Terroristen müssen begreifen, dass sie sich nirgendwo verstecken können; sie müssen sich ergeben, da ihr Ende gekommen ist».
    Quelle: Globalbridge
  5. EU-Beitritt der Ukraine: Symbolpolitik aus Brüssel
    Anfang April überreichte EU-Chefin Von der Leyen dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj einen Fragebogen zum EU-Beitritt. Darf sein Land jetzt hoffen?
    Die Ukraine kommt beim erhofften EU-Beitritt nicht so schnell voran wie erhofft. Bisher fehlten noch einige Antworten aus dem Beitritts-Fragebogen, sagte der Sprecher von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag in Brüssel. Erst wenn alle Fragen beantwortet seien, könne die EU-Kommission mit der Prüfung des Antrags beginnen.
    Damit dämpfte der Sprecher die großen Erwartungen, die Präsident Wolodymyr Selenskyj in die EU setzt. Geweckt hatte sie von der Leyen persönlich – bei einem Blitzbesuch in Kiew Anfang April. Dabei überreichte sie Selenskyj einen Fragebogen, der als Startschuss für die üblicherweise jahrelange Beitritts-Prozedur gilt.
    Nun hat Selenskyj den Fragenkatalog ausgefüllt und an den EU-Botschafter in Kiew weitergeleitet. Das sei ein „historisches Ereignis“, erklärte er. Sein Land habe für den Antrag nur etwas mehr als eine Woche gebraucht – und damit wesentlich weniger als andere Beitrittskandidaten, die sich meist jahrelang vorbereiten mußten.
    Doch der Fragebogen hat zwei Teile. Der zweite, entscheidende Teil sei bisher noch nicht beantwortet worden, heißt es in Brüssel. Dabei geht es um Fragen zum sogenannten „Acquis“, also dem Besitzstand der EU. Damit wird die Annäherung an das EU-Recht geprüft. Der Besitzstand muss von einem Beitrittskandidaten komplett übernommen werden.
    Davon ist die Ukraine noch meilenweit entfernt. Auch die wirtschaftlichen und politischen Kriterien, die im ersten Teil des Beitritts-Fragebogens erfasst werden, dürfte Kiew noch nicht annäherungsweise erfüllen. Die Wirtschaft befindet in freiem Fall, die Politik entspricht nicht den demokratischen und rechtsstaatlichen Standards der EU.
    Quelle: Eric Bonse in der taz
  6. Jeder kann deutlich sehen, wer der größte Verlierer in der Ukraine-Krise ist
    Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian, hat am Freitag Stellung zu einem Kommentar genommen, in dem Europa als größter Verlierer der Ukraine-Krise bezeichnet wurde.
    Vor der Presse erklärte Zhao dazu, im März hätten nur zwölf Ukrainer in die USA einreisen können. Seit dem Ausbruch des Konflikts zwischen Russland und Ukraine hätten die Aktienkurse der US-Rüstungskonzerne aber einen enormen Anstieg verzeichnet, so Zhao Lijian. Es sei deutlich zu sehen, wer als der lachende Dritte das Feuer am gegenüberliegenden Ufer beobachtet habe.
    Die sogenannte Dreiteilung „Konkurrenz, Kollaboration und Konfrontation“ bezeichnete Zhao Lijian als ein Ablenkungsmanöver der amerikanischen Seite für die Unterdrückung Chinas. Die chinesische Regierung habe mehrmals deutlich gemacht, dass der Standpunkt Chinas zur Ukraine-Frage offen, transparent und klar ist.
    Zu den Äußerungen einiger EU-Vertreter, dass die chinesisch-russischen Beziehungen die Verbindungen zwischen China und der EU beeinträchtigen werden, erläuterte Zhao Lijian. China habe in der Ukraine-Frage konsequent auf der Grundlage der Unterscheidung von Recht und Unrecht selbständig seine Entscheidungen getroffen. In der Ukraine-Frage setze China auf Frieden und lehne Krieg ab.
    Quelle: CRI online

    dazu: Amerikas stellvertretende Außenministerin will mit EU-Partnern über China sprechen
    Die stellvertretende amerikanische Außenministerin Wendy Sherman wird voraussichtlich am Donnerstag mit ihren EU-Partnern zusammentreffen, um im Rahmen des dritten hochrangigen Treffens des China-Dialogs zwischen den USA und der Europäischen Union Fragen im Zusammenhang mit China zu erörtern. Der Sprecher des amerikanischen Außenministeriums, Ned Price, erklärte, dass die USA weiterhin „das Ausmaß der Unterstützung, die China gegenüber Russland zeigen könnte, sorgfältig überwachen“ werden. (…)
    Im Dialog mit Europa werden die USA weiterhin versuchen, die europäischen Länder zu einigen, indem sie sie auffordern, sich weiter für eine Seite zu entscheiden und die normalen Beziehungen zwischen China und den europäischen Ländern zu untergraben, sagte Diao Daming, außerordentlicher Professor an der Renmin-Universität von China in Beijing.
    „Die USA werden der EU gegenüber betonen, dass China nicht von der gegenwärtigen Situation profitieren darf“, sagte Lü Xiang, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften. Experten sind der Meinung, dass die Bestrebungen der USA wahrscheinlich nicht alle Länder beeindrucken werden, da einige europäische Länder, die sich für eine pragmatische Lösung entscheiden, statt Partei zu ergreifen und den Konflikt anzuheizen, Schwachstellen in der amerikanischen Logik finden und eine rationalere Sichtweise auf China beibehalten werden. Einige Länder könnten unter dem Druck der USA proaktiver gegen China vorgehen.
    Quelle: German.China.org.cn

    Anmerkung Christian Reimann: Die Falken in und um die Bundesregierung sind wohl zu sehr in ihrem transatlantischen Netz verbunden, um zu erkennen, dass Europa – und insbesondere Deutschland – “der größte Verlierer in der Ukraine-Krise ist”. Bitte lesen Sie dazu auch bzw. erneut:

    1. Gas für Rubel – Russland reagiert rational auf die Sanktionen und der Westen spielt abermals mit falschen Karten
    2. „Kriege beginnen selten an einem Mittwoch“.

    Daraus zitiert:

    “Zahlreiche kritische Stimmen sehen das eigentliche Ziel der Medienkampagne weniger in Russland oder der Ukraine, sondern ganz im Gegenteil in Deutschland. Die deutsche Öffentlichkeit soll durch das Bedrohungsszenario gefügig gemacht und die Bundesregierung noch stärker in die Eskalationspolitik der USA eingebunden werden. (…)

    Je realer das Bedrohungsszenario wirkt, desto schwerer haben es die Stimmen in Deutschland, die überhaupt noch für eine Entspannungspolitik eintreten und ein Volk der guten Nachbarn sein wollen. Teile und herrsche. Ein altes Herrschaftsprinzip, das die USA perfektioniert haben. Und wenn Europa die wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland herunterfährt, künftig mehr teures Fracking-Gas und Rüstungsgüter aus den USA kauft, ist das für das Imperium natürlich auch nicht gerade von Nachteil.”

  7. Keine Dumpinglöhne für Geflüchtete
    Anstatt Geflüchteten eine Aussicht auf faire Arbeitsbedingungen zu bieten, versuchen deutsche Arbeitgeber, sie für die prekärsten Jobs in der Logistik, Pflege und Landwirtschaft zu rekrutieren. Das ist schäbig und verantwortungslos. […]
    In der vierten Kriegswoche lieferte sich die deutsche Wirtschaft an der polnisch-ukrainischen Grenze schon mal einen Wettlauf um die neue Humanressource. Deutschlands rasende Honorarbotschafter hielten direkt vor Ort Ausschau nach verwertbaren Skills und schoben den erschöpften Frauen in den Erstunterkünften Arbeitsverträge unter die Nase – nach dem Prinzip »Unterschreibst du hier, nehme ich dich mit«. Die Mitarbeitenden des Großschlachters Tönnies mussten allerdings unverrichteter Dinge wieder abreisen: Der miserable Ruf ihres Arbeitgebers eilte ihnen sogar bis dorthin voraus. Sie wurden von örtlichen Flüchtlingshelferinnen beschimpft und verjagt. Doch Tönnies soll nicht der einzige Arbeitgeber vor Ort gewesen sein. Derweil werden auf Vermittlungsportalen für ukrainische Geflüchtete nicht nur Programmier und Pflegekräfte rekrutiert, sondern auch Fahrradkuriere für Firmen wie zum Beispiel Gorillas, die jüngst mit schlechten Arbeitsbedingungen und aggressivem Union Busting auf sich aufmerksam machten.
    Quelle: Jacobin
  8. Unbekannte Lieferketten
    Viele Unternehmen wissen offenbar nicht, mit wem sie Geschäfte machen
    Hat sich die Globalisierung für Industrie und Handel als überaus vorteilhaft gezeigt, weil sich dadurch günstigere Gestehungskosten für Produkte erzielen ließen, so zeigen sich nun bei den in der Folge entstandenen weltweiten Lieferketten viele Nachteile für direkt und indirekt Betroffene.
    Nicht selten war eine Verlagerung der Produktion oder eine Diversifizierung der Beschaffungsquellen mit einer Absenkung von Umweltstandards und schlechteren Arbeitsbedingungen bei den Beschäftigten der neuen Partner verbunden.
    Gerade in Schwellenländern war die Industrieansiedlung der einschlägigen Gesetzgebung vielfach meilenweit voraus. Auch für die deutsche Justiz waren mit der Verlagerung der Produktion verbundene kostensenkende Missachtungen europäischer und deutscher Gesetze und Vorschriften nicht greifbar.
    Dabei hat es sich in der Vergangenheit gezeigt, dass auch deutsche Unternehmen im Rahmen ihrer globalen Geschäfte selbst oder indirekt über ihre Produktions- oder Handelspartner immer wieder gegen als grundlegend angesehene Menschenrechte verstoßen und/oder die Umwelt schädigen, ohne dass sie dafür dort oder in Deutschland Konsequenzen befürchten müssten.
    Quelle: Telepolis
  9. Energiepreis-Experte: Erdölkonzerne machen über 3 Mrd. Extraprofite auf Kosten der Allgemeinheit
    Mehr als drei Milliarden Euro Krisenprofite für die Erdölkonzerne hat das Forschungs- und Beratungsbüro EnergyComment im Auftrag von Greenpeace errechnet. Das sind 107 Millionen Euro pro Tag zusätzlich für die Erdölindustrie, weil die Preise an den Tankstellen deutlich stärker gestiegen sind als die Rohöl-Preise. Warum sind die Preise für Benzin und Diesel so gestiegen? Welche Rolle spielen Steuern und welche die Spekulation am Finanzmarkt? Darüber haben wir mit Dr. Steffen Bukold, Politikwissenschaftler und Leiter von EnergyComment gesprochen.
    Sie haben die schnell wachsenden Gewinnmargen zwischen dem Rohölpreis und dem Treibstoffpreis an den Tankstellen untersucht. Steigen die Preise an den Zapfsäulen schneller als die Produktionskosten für den Treibstoff?
    Bukold: Wir haben in der Studie eine wachsende Differenz zwischen dem Rohölpreis und dem Verkaufspreis an der Tankstelle festgestellt. Da sich die Kosten für die Ölwirtschaft im Untersuchungszeitraum kaum verändert haben, der Abstand zwischen Rohöl- und Tankstellenpreis aber gestiegen ist, kann man daraus schließen, dass die Gewinne der Mineralölkonzerne parallel dazu gestiegen sind. Solche Übertreibungen gibt es immer wieder in Krisensituationen.
    Quelle: kontrast.at
  10. Kinder in der SARS-CoV-2-Pandemie in Deutschland: Die Stellungnahme des Instituts für Virologie der Charité im Anhörungsverfahren des Bundesverfassungsgerichts zur „Bundesnotbremse“ – und offene Fragen
    Es lohnt sich, die Charité-Stellungnahme näher anzusehen – insbesondere im Vergleich zu den Stellungnahmen der anderen medizinischen, insbesondere pädiatrischen Fachgesellschaften. Wie ein ebenfalls im Verfahren involvierter anderer Gutachter der Charité – Prof. Dr. med. Stefan N. Willich – konstatiert, „[werfen] die epidemiologischen und statistischen Schlussfolgerungen (…) Fragen auf“ [11]. Tatsächlich zeigt die Stellungnahme des Instituts für Virologie der Charité zahlreiche, zum Teil signifikante Mängel. Sie
    berücksichtigt den vorhandenen wissenschaftlichen Forschungsstand nicht ausreichend,
    gibt Ergebnisse der wenigen, aus- gewählten Untersuchungen, die Beachtung finden, fehlerhaft wieder,
    begeht erhebliche methodische Fehler und
    zieht daraus epidemiologisch und statistisch nicht nachvollziehbare Schlussfolgerungen.
    Die Charité-Stellungnahme kommt mit 17 Quellen aus. Hierbei handelt es sich nur in sechs Fällen um Arbeiten, die in wissenschaftlichen Zeitschriften mit Peer-Review erschienen sind, vier davon bereits im Jahr 2020. Daneben finden sich verschiedene Links auf die Website der Britischen Statistikbehörde (ONS), ein Verweis auf einen Bericht von GOV.UK und ein Verweis auf einen Situationsbericht des Robert-Koch-Instituts RKI, eine Pressemitteilung, ein Kurzbericht zu einer Studie, und ein Preprint; eine letzte Referenz („Mürbe, Verweis auf Anhang“) konnte nicht nachvollzogen werden.
    Im Gegensatz dazu belegen die anderen sachkundigen Dritten ihre Ausführungen mit zahlreichen, zumeist bereits in Journals mit Peer-Review erschienenen Publikationen. Darüber hinaus werden auch Preprints und Stellungnahmen von Fachgesellschaften, eine S3-Leitlinie der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften), ein Cochrane-Review und ein ECDC-Review zu Kindern und Schule herangezogen.
    Quelle: Hessisches Ärzteblatt
  11. Sinkende Corona-Zahlen: Diskussion um kostenlose Bürgertests
    Sind die kostenlosen Corona-Tests, für die es keinen Anlass braucht, in der jetzigen Lage noch gerechtfertigt? Um die Bürgertests ist eine Debatte entbrannt – nicht zuletzt, weil der Trend bei den Corona-Neuinfektionen klar nach unten zeigt.
    In den vergangenen Tagen ist die Sieben-Tage-Inzidenz wieder leicht gestiegen. Deutschlandweit von 688 am Mittwoch auf 720 gestern und 733 heute Früh. Auch in Bayern ging die Inzidenz wieder leicht nach oben – auf zuletzt 780. Allerdings gehen viele Experten davon aus, dass das lange Osterwochenende zu Verzerrungen führt. Langfristig betrachtet gehen die Zahlen nämlich deutlich zurück.
    Ende März meldeten die Behörden noch mehr als 300.000 Neuinfektionen pro Tag. Dieser Wert hat sich in den vergangenen drei Wochen aber fast halbiert, auf jetzt noch rund 162.000 neue Ansteckungen täglich, in Bayern sind es noch etwa 25.000.
    Quelle: BR24
  12. Weitere 2,6 Milliarden Euro für Corona-Impfdosen
    Unter Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) haben sich die Ausgaben der Bundesregierung für Corona-Impfstoffe fast verdoppelt. Derweil werden nur wenige tausend Dosen pro Tag verimpft – und der Rest droht zu verfallen.
    Die Bundesregierung hat für Covid-19-Schutzimpfungen bislang rund 5,8 Milliarden Euro ausgegeben. Das geht aus einer Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Anfrage von Dietmar Bartsch hervor, dem Co-Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag. Stichtag war demnach der 13. April.
    Vor drei Monaten lag diese Zahl noch deutlich niedriger. Auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hin schrieb die Bundesregierung am 20. Januar: „Für Covid-19-Impfstoffe wurden mit Anordnungsdatum bis zum 14. Dezember 2021 rund 3,2 Mrd. Euro ausgegeben und vom Bund bezahlt.“ Kurz nach seinem Amtsantritt im Dezember 2021 hatte der neue Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen „Impfstoffmangel“ diagnostiziert und massive Nachbestellungen in Auftrag gegeben.
    Quelle: Welt Online
  13. Nach Aus für Baumindestlohn: Tariftreuegesetz jetzt!
    Nach einem Vierteljahrhundert haben die Arbeitgeber in der Bauwirtschaft den branchenweiten Mindestlohn gekippt. Extrem kurzsichtig. Wer über Fachkräftemangel jammert, sollte besser kein Lohndumping betreiben. Als Reaktion sollte die Landesregierung in Niedersachsen Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen herstellen, meint das #schlaglicht 14/2022.
    Früher war keineswegs immer alles besser. Es gibt allerdings Dinge, deren Vorteile so sehr auf der Hand liegen, dass sie eigentlich erhalten werden sollten. Vor fünfundzwanzig Jahren – die Diskussion um den gesetzlichen Mindestlohn war noch weit entfernt – verständigten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften in der Bauwirtschaft erstmalig auf eine für die ganze Branche geltenden Mindestlohn. Damals herrschte auf beiden Seiten Einigkeit, dass es für faire Wettbewerbsbedingungen und die Gewinnung von Fachkräften einer attraktiven Bezahlung bedarf. Jetzt haben die Bauarbeitgeber diesem Instrument ein unverantwortliches Ende bereitet.
    Quelle: DGB Niedersachsen #schlaglicht
  14. Gibt es eine neue Arbeiterklasse?
    Gäste: Sahra Wagenknecht, Christian Baron. Die Zeit der großen Fabriken ist vorbei. Begriffe wie ‘Ausbeutung’, ‘Klasse’ oder gar ‘Klassenkampf’ sind selbst innerhalb linker Kreise in Vergessenheit geraten. Gewerkschaften verlieren Mitglieder und gelten generell als eher uncool. Im Fokus gesellschaftlicher Kämpfe steht mittlerweile eher das Individuum und die Gruppe, zu der es sich rechnet. Das liegt sicher auch daran, dass der Begriff der Arbeiterklasse heute seltsam antiquiert anmutet. Man hört öffentlich wenig bis nichts über diese Gruppe. Woran liegt das und kann man das ändern?
    Quelle: ARD

    Anmerkung JK: Sehr interessant. Wer etwas Zeit hat, sollte sich das ansehen – dauert nur 30 Minuten. Mit dabei ist Christian Baron ein Autor und Journalist, der selbst aus prekären Verhältnissen stammt und klar erläutert, dass “Die Linke” durchaus einmal ein Hoffnungsträger für Menschen aus den ärmeren sozialen Schichten war. Aber dies wurde verspielt in dem man sich der absurden Identitäts- und Genderideologie verschrieben hat.

  15. Folgen des Ukraine-Kriegs: Zielscheibe für Hass
    Russophobie in deutschen Medien immer präsenter. Auftritt in ZDF-Talkshow sorgt für Empörung
    Der Krieg in der Ukraine hat die Schleusen geöffnet für Hass und Hetze gegen »die Russen«, wie das 77 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr vorstellbar schien. Vor allem die TV-Talkshows von ARD und ZDF sind zu Arenen mutiert, in denen es fast täglich heißt: Ring frei für die Russland-Hasser! Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, ein Verehrer des ukrainischen Nazikollaborateurs Stepan Bandera, darf ungehindert seine Tiraden gegen die russische Regierung, das russische Volk und alles Russische überhaupt vom Stapel lassen. Mittlerweile scheinen alle Dämme gebrochen zu sein. So ist es möglich, offen rassistisches Gedankengut vor laufender Kamera zu äußern. Das bewies der Auftritt der Politikwissenschaftlerin Florence Gaub beim ZDF-Talk »Lanz« am 12. April.
    Quelle: junge Welt

    dazu: Entgleisung bei Markus Lanz: „Wir dürfen nicht vergessen, auch wenn Russen europäisch aussehen, dass es keine Europäer sind“
    Quelle: NachDenkSeiten

  16. Australien ficht Urteil zu Assange nicht an
    Australien wird eine Auslieferung des Wikileaks-Gründers Julian Assange an die USA nicht anfechten. »Wir haben Vertrauen in die Unabhängigkeit und Integrität des britischen Justizsystems«, sagte der australische Senator Simon Birmingham am Donnerstag dem nationalen Fernsehsender ABC. Ein britisches Gericht hatte am Vortag die Auslieferung des australischen Staatsbürgers an die USA formell genehmigt. In den USA drohen Assange wegen der Bekanntnachung von US-Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan 175 Jahre Haft.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Moritz Müller: Vielleicht sollte Finanzminister Simon Birmingham mal “Der Fall Julian Assange” des ehemaligen UN-Sonderbeauftragten Nils Melzer lesen. Da werden dann Aussagen über Unabhängigkeit der Justiz und Rechtsstaatlichkeit umgehend relativiert. Melzer beschreibt dies nicht nur am Beispiel Großbritannien, sondern auch die Defizite in Schweden, Ecuador, den USA und Deutschland im Bezug zu Assange werden eingehend und detailliert beleuchtet. Am morgigen Samstag findet in Brüssel eine Großveranstaltung zur Unterstützung von Julian Assange statt, bei der auch seine Frau Stella sprechen wird. Sicherlich interessant und wichtig.


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