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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 5. Juli 2022 um 8:35 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Die Gipfelbilanz
  2. »Lex Uniper«: Bundesregierung schafft Schutzschirm für Energiekonzerne
  3. Haushalte unter Druck: Die Energiearmut erreicht die Mittelschicht
  4. Der Geldmengenwahn und die Realität
  5. Sprengstoff: Auftakt »konzertierte Aktion«
  6. Probleme bei Stellenbesetzungen: Unattraktive Arbeitsbedingungen sind oft wichtiger Grund
  7. Kampagne gestartet
  8. Schwere Impfnebenwirkungen zu verharmlosen, schadet der Impfkampagne
  9. Berufsunfähigkeit: Als Schüler schon versichern lassen?
  10. Forscher zu Stepan Bandera: Er war ein Faschist, ideologisch ähnelte er Adolf Hitler
  11. Alle Wege führen nach Moskau
  12. Nach US-Bericht: Schirin Abu Akleh war kein Einzelfall
  13. Desolate Lage der Deutschen Bahn: Es rumpelt überall
  14. Die österreichische Umsetzung der Whistleblowing-Richtlinie: Wird hier eine Chance verpasst?
  15. Gegen Warnhinweise auf Junk-Food in Mexiko: Wie das SECO nach Nestlés Pfeife tanzte
  16. Woher die aggressive Unerbittlichkeit der Transgender-Aktivist*innen rührt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Die Gipfelbilanz
    Experten beurteilen weithin gelobte Resultate der westlichen Gipfeltreffen der vergangenen zehn Tage (EU, G7, NATO) skeptisch. So heißt es über den EU-Gipfel, er habe zwar mit der Ernennung der Ukraine und Moldawiens zu Beitrittskandidaten ein spektakuläres Ergebnis hervorgebracht. Doch mit Blick darauf, dass die EU ihr Beitrittsversprechen gegenüber den Nicht-EU-Ländern Südosteuropas weiterhin breche, seien für die reale Perspektive der Ukraine zumindest ernste Zweifel angebracht. Zu der Ankündigung der NATO, ihre Ostflanke massiv zu militarisieren, heißt es, es sei nicht klar, wo die Ressourcen dazu herkommen sollten; zudem müsse die Fixierung auf bloße Aufrüstung der Ukraine durchbrochen werden – zugunsten von Verhandlungen mit Moskau. Über den G7-Gipfel wiederum konstatieren Beobachter, er habe mit seiner 600 Milliarden US-Dollar schweren Infrastrukturinitiative ein „Luftschloss“ mit fraglichem Gehalt produziert. Größere Erfolge können laut Auffassung von Experten zur Zeit die BRICS-Staaten erzielen: Weitere Staaten wollen ihrem Bündnis beitreten. Der Westen, heißt es, könne den aktuellen Machtkampf durchaus „verlieren“.
    Quelle: German Foreign Policy

    dazu auch: Geheimdienstbericht: So sieht die Nato Chinas Rolle im Ukraine-Krieg
    China ist kein traditioneller Verbündeter. Die Volksrepublik hat sich im Ukraine-Krieg auf die Seite Russlands geschlagen. China kauft russische Rohstoffe und Waren, die der Westen mit Sanktionen belegt hat oder boykottiert, und intensiviert die diplomatischen Beziehungen zum Kreml. Wie Business Insider zu Beginn des Krieges berichtete, befürchten die US-Geheimdienste, dass China Russland auch mit Waffen für den Ukraine-Krieg unterstützen könnte.
    Gleichzeitig hält sich China jedoch damit zurück, den G7, der EU und den USA den Rücken zu kehren. Peking und Moskau verbünden sich in der Ukraine-Frage, die chinesische Regierung vermeidet es jedoch, sich zu tief in den Konflikt hineinziehen zu lassen. Kooperation mit dem Kreml gibt es nur da, wo es die Regierung von Xi Jinping als notwendig und vorteilhaft empfindet.
    So schätzt auch die Geheimdienststelle der Nato, das Nato Intelligence Fusion Centre (NIFC), ein. Business Insider liegt ein „Strategisches Update“ des NIFC über China vor; ein Schwerpunkt liegt auf Chinas Beziehungen zu Russland und seiner Rolle in der internationalen Sicherheitspolitik.
    Quelle: Business Insider

    Anmerkung Christian Reimann: Die Situation Deutschlands ist fundamental konträr zur chinesischen Position. Die Bundesregierung folgt der US-Administration und unterstützt die ukrainische Regierung vor allem mit Waffen.

  2. »Lex Uniper«: Bundesregierung schafft Schutzschirm für Energiekonzerne
    Uniper ist der größte deutsche Gasversorger – und steht kurz vor der Insolvenz. Nun schafft der Bund nach SPIEGEL-Informationen die gesetzliche Grundlage, um den Energiekonzern noch diese Woche übernehmen zu können.
    Das Wochenende über hat die Bundesregierung mit Hochdruck gearbeitet. Denn der größte deutsche Gasversorger, der Energiekonzern Uniper, ist von der Insolvenz bedroht. Schnell soll noch eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, mit der Gasimporteure wie das Düsseldorfer Unternehmen angesichts eines drohenden russischen Embargos gerettet werden können.
    Am späten Sonntagabend einigten sich die Spitzen der zuständigen Ministerien für Wirtschaft, Finanzen und das Bundeskanzleramt offensichtlich auf einen Entwurf, der auch schon mit den Fraktionen der Ampelkoalition geeint sein soll. Darin geregelt sind Finanzhilfen bis hin zu einem staatlichen Einstieg, um die Pleite eines Gasversorgers abwenden zu können.
    Der Gesetzentwurf, der dem SPIEGEL vorliegt, sieht »Kapitalmaßnahmen« vor, mit denen »die Ausgabe neuer Aktien gegen Hingabe von Einlagen aus vom Bund eingegangenen stillen Gesellschaften oder zur Beschaffung von Mitteln zum Zweck der Rückgewähr solcher Einlagen« ermöglicht werden sollen. Das bedeutet: Der Staat kann Kredite oder Bürgschaften für ein betroffenes Energieunternehmen gewähren – oder aber selbst als Anteilseigner auftauchen.
    Quelle: DER SPIEGEL

    dazu auch: Investitionsruine LNG-Terminal
    Deutschland und die EU investieren Milliarden in LNG-Terminals. In fünf bis zehn Jahren aber werden die gar nicht mehr gebraucht.
    Quelle: FAZ

    und: Öffnet Nord Stream 2!
    Ich kann das Gejammere von Steinmeier, Scholz und anderen über die sozialen Verwerfungen, die entstehen werden, wenn der Gaspreis sich verdreifacht, nicht mehr hören. Wenn man nur von Staaten wie den USA, Saudi-Arabien oder Katar und Russland, denen man völkerrechtswidrige Kriege vorwirft, Energie beziehen kann, dann sollte man den Lieferanten bevorzugen, der die beste und günstigste Ware hat. Das ist Russland. Es wird zudem immer deutlicher, dass die deutsche Wirtschaft auch bei vielen anderen notwendigen Rohstoffen und Ersatzteilen eng mit Russland verflochten ist.
    Man kann es nicht oft genug wiederholen: Wenn man wegen Menschenrechtsverletzungen die Verbindungen zu einem Land abbricht, dann darf man mit den USA, die für die meisten Menschenrechtsverletzungen in der Welt verantwortlich sind, keinen Handel treiben.
    Es war doch wirklich peinlich, mit anzusehen, wie Biden auf der Pressekonferenz mit Scholz in Washington diesem überdeutlich machte, wer bestimmt, ob die Ostseepipeline Nord Stream 2 in Betrieb genommen wird oder nicht.
    Wann wird es einen Bundeskanzler geben, der den Mut hat, Washington zu sagen, bis hierhin und nicht weiter.
    Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook

  3. Haushalte unter Druck: Die Energiearmut erreicht die Mittelschicht
    Ein großer Teil der Bevölkerung in Deutschland gibt mehr als zehn Prozent des Einkommens für Gas, Strom und Öl aus. Inzwischen sind nicht mehr nur arme Menschen betroffen.
    Die steigenden Energiepreise bringen viele Haushalte in Deutschland in Bedrängnis: Knapp jeder Vierte (25,2 Prozent) ist von sogenannter Energiearmut betroffen. Das ergab eine aktuelle Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Im vergangenen Jahr lag die Quote noch bei 14,5 Prozent.
    “Die Gefahr für Energiearmut ist enorm gestiegen”, sagt Ralph Henger, Ökonom für Wohnungspolitik beim IW, gegenüber Welt am Sonntag (WamS). Eine vergleichbare Entwicklung habe es selbst während der Ölkrise in den 1970er-Jahren nicht gegeben. “Galoppierende Energiepreise setzen private Haushalte zunehmend unter finanziellen Druck.”
    Als energiearm gilt ein Haushalt, der mehr als zehn Prozent seines Nettoeinkommens für Energie aufwenden muss. Diese Definition umfasst die Ausgaben für Heizen, Warmwasseraufbereitung, Kochen und Strom. Kraftstoffe für Autos werden allerdings nicht berücksichtigt.
    In erster Linie sind Menschen mit einem geringen Einkommen betroffen oder Personen, “die sich in schwierigen (Übergangs-) Phasen befinden”, heißt es in der Studie. Zum Beispiel: Arbeitslose, Rentner, Alleinerziehende. Vor allem sie geraten in Gefahr, ihre Ausgaben für Energie nicht mehr ohne fremde Hilfe decken zu können.
    Quelle: Telepolis
  4. Der Geldmengenwahn und die Realität
    In den vergangenen Monaten haben wir uns leider schon einige Male mit der Konfusion um die „Inflation“ und die „Geldmengen“ auseinandersetzen müssen. Es wird aber nicht besser, sondern schlimmer. Jüngster Höhepunkt ist der Spiegel vom 1. Juli 2022, wo Tim Bartz und Christian Reiermann eine reißerische Geschichte von den „Geldschwemmen“ der Notenbanken zu Papier bringen. Auch der Arbeitgeberpäsident, Rainer Dulger, kennt die Theorie von Geldmenge und Inflation. Er meint, die Notenbank sei zwar unabhängig, aber man könne „ja zumindest mal höflichst drum bitten, dass die Geldmenge im Markt reduziert wird, dass die Zinsen erhöht werden. Dass all diese Inflationsbremsen, die wir so kennen aus der Theorie, auch gezogen werden.“
    Wir haben schon mehrfach erklärt, warum der Monetarismus mit seinem Geldmengenkonzept vollkommen zu Recht der Vergangenheit angehört (siehe dazu unsere Beiträge in der Geldserie). Für die Vorstellung, es gebe eine Menge von der Zentralbank zur Verfügung gestellten Geldes, die auf geheimnisvolle Weise die Entwicklung des Preisniveaus bestimme, gibt es weder eine fundierte Theorie (die immer wieder herangezogene sogenannte Quantitätsgleichung ist gerade keine Theorie, sondern eine Identität) noch fundierte Empirie.
    Quelle 1: Relevante Ökonomik
    Quelle 2: Friederike Spiecker
  5. Sprengstoff: Auftakt »konzertierte Aktion«
    Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi hat die entscheidende Frage, die von der »konzertierten Aktion« beantwortet werden muss, in Bild am Sonntag (BamS) richtig formuliert: »Einer wird bezahlen müssen. Entweder zahlen Reiche mehr, oder der Staat nimmt neue Schulden auf, oder der Durchschnittsbürger zahlt und wird ärmer.« Die Macht- und Eigentumsverhältnisse besagen: Ersteres wird nicht passieren. Die Bundesrepublik hat in den 73 Jahren ihrer Existenz noch nie eine gesetzliche Regelung getroffen, die sich gegen die Interessen des Großkapitals und derjenigen, die es repräsentieren, richtet. Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass die Quandt-Erben, die Jahr für Jahr etwa eine Milliarde Euro Dividende allein bei BMW kassieren, dauerhafte Reduzierungen in Kauf nehmen müssen. Gleiches gilt für die zehn Milliardärsfamilien, denen etwa zwei Drittel der bundesdeutschen Medien gehören, und alle anderen Superreichen. Sie haben von allen Krisen des Kapitalismus profitiert. Fahimi in BamS: »Die Milliardäre in Deutschland haben in der Coronapandemie ihren Besitz mal eben um knapp 100 Milliarden Euro gesteigert. Das ist Sprengstoff für den sozialen Zusammenhalt.«
    Dem wäre nur hinzuzufügen: Sprengstoff wird das, wenn denen, die schon jetzt auf gute Lebensmittel, auf Urlaub, Warmwasser und demnächst auf Heizung verzichten oder verzichten sollen, bewusst wird, dass es konkrete Personen gibt, die von Massenverarmung profitieren. Und wenn sich herumspricht, dass es möglich ist, sich gegen diese Leute zu wehren, gegen ihre feudale Stellung in der Gesellschaft, gegen ihr leistungsloses Einstreichen märchenhafter Summen. Durch Streiks auf allen Ebenen und durch politischen, d. h. durch Generalstreik. Die »konzertierte Aktion« dient auch dazu, das Aufkommen solchen Bewusstseins zu verhindern. Ausgehandelt werden soll, welche Brotkrumen vom Tisch der Besitzenden und ihres Staates herabfallen sollen.
    Quelle: junge Welt

    dazu: „Wir stehen vor einer historischen Herausforderung“
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) appelliert angesichts steigender Preise und hoher Inflationsrate an den „Geist der Gemeinsamkeit“ in Deutschland. „Wir stehen vor einer historischen Herausforderung“, sagte er am Montag in Berlin nach Beginn der als „konzertierte Aktion“ titulierten Beratungen von Regierung, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden über die schwierige Lage.
    „Die aktuelle Krise wird nicht in wenigen Monaten vorübergehen“, fügte Scholz hinzu. Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine habe alles geändert, die Lieferketten seien durch die Corona-Pandemie nach wie vor gestört und die generelle Unsicherheit wachse. Daher müssten nun „ausgetretene Pfade verlassen“ werden. Die erste Sitzung der „konzertierten Aktion“ sei ein vielversprechender Auftakt gewesen. (…)
    Der Kanzler betonte, dass der faire Ausgleich zwischen den Interessen in einem Geist der Gemeinsamkeit Deutschland präge. Diesen Geist gelte es zu erhalten und zu stärken. Mit Blick auf die steigenden Preise für Energie und andere wichtige Güter des täglichen Lebens sagte er, jeder spüre das beim Einkauf, bei der Heizkostenabrechnung und beim Tanken. Deshalb sei ihm die Botschaft wichtig: „Wir stehen zusammen und wollen, dass alle Bürgerinnen und Bürger gut durch diese Zeit kommen.“
    Quelle: FAZ

    Anmerkung Christian Reimann: Von einer “historischen Herausforderung“ und dem Willen, “dass alle Bürgerinnen und Bürger gut durch diese Zeit kommen“ ist die Rede. Aber das “Wir” in den Sätzen ist nicht definiert. Eine sichere – und auch die günstigste – Energieversorgung könnte hergestellt werden, wenn die Politik der Konfrontation gegen Russland beendet werden würde. Das macht der Bundeskanzler und seine Ampelkoalition nicht, dabei wäre sie nun dringend geboten – die EU-Sanktionen richten sich vor allem gegen die in Deutschland lebende Bevölkerung. Bitte lesen Sie dazu auch:

    1. Gas für den Winter oder Bundeskanzler Olaf Scholz?
    2. Auch beim Thema „Mit Staatshilfe gegen Gaspreiserhöhungen“ nachplappernde Hauptmedien
    3. Wann endlich erwacht Europa?

    Aussicht auf Besserung durch die Opposition gibt es leider auch nicht.

    dazu auch: Einmalzahlungen reichen nicht!
    Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Vorschlag gemacht, auf die steigenden Preise mit Einmalzahlungen der Arbeitgeber zu reagieren. Diese sollen dann steuer- und abgabenfrei gestellt werden, damit sie voll bei den Beschäftigten und ihren Familien ankommen.
    Das hört sich erst mal gut an. Es ist aber der falsche Weg und letztlich zum Nachteil der Beschäftigten. Warum? Scholz will diesen Vorschlag in ein Treffen mit Gewerkschaften und Arbeitgebervertretern einbringen, die „Konzertierte Aktion“. Dort soll über das Umgehen mit der Inflation geredet werden. Die Presse mutmaßte, dass im Gegenzug die Gewerkschaften auf Forderungen nach höheren Lohnzuwächsen verzichten sollen.
    Quelle: ver.di

  6. Probleme bei Stellenbesetzungen: Unattraktive Arbeitsbedingungen sind oft wichtiger Grund
    Viele Betriebe haben Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Auch aus Sicht von Betriebs- und Personalräten ist das ein großes Problem, zeigt eine repräsentative Befragung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Die Beschäftigtenvertreterinnen und -vertreter weisen aber auch auf einen wichtigen Grund hin, den Unternehmensleitungen eher selten nennen: unattraktive Arbeitsbedingungen wie niedrige Bezahlung oder ungünstige Arbeitszeiten. Je nach Qualifikationsprofil der offenen Stellen sehen ein Viertel bis ein Drittel der Befragten darin den wichtigsten Faktor für Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung in ihrem Betrieb.
    Arbeitskraft ist knapp – zumindest in bestimmten Branchen: Laut der Bundesagentur für Arbeit gibt es etwa in Bauberufen, dem Handwerk, der Pflege oder dem IT-Bereich seit geraumer Zeit einen Mangel an Fachkräften. Wie Vertreter und Vertreterinnen der Beschäftigten dieses Problem sehen, hat WSI-Forscherin Dr. Elke Ahlers zusammen mit Valeria Quispe Villalobos analysiert. Ihre neue Studie basiert auf Daten der WSI-Betriebs- und Personalrätebefragung 2021/22, an der knapp 3900 Arbeitnehmervertretungen in Betrieben und Dienststellen ab 20 Beschäftigten teilgenommen haben. Die Befragung ist damit repräsentativ für mitbestimmte Betriebe oder Organisationen ab 20 Beschäftigten.
    Dass Fachkräftemangel in der deutschen Wirtschaft verbreitet ist, bestätigen die befragten Betriebs- und Personalräte:
    Quelle: Hans Böckler Stiftung

    dazu auch: Ähnlich wie an Flughäfen: Faeser will Ausländer für Gastronomie anwerben
    Wie an den Flughäfen fehlen auch in der Gastronomie seit der Pandemie zahlreiche Mitarbeiter. Auch hier sollen nun Fachkräfte aus dem Ausland das große Chaos verhindern. Innenministerin Faeser will dabei die Akzeptanz der Bevölkerung im Blick behalten.
    Nach der Sonderregelung für das Flughafenpersonal plant die Bundesregierung auch für das Gastgewerbe einen vereinfachten Zuzug von Arbeitskräften aus dem Ausland. “Die Arbeitskräftenot hat sich durch die Pandemie sehr verschärft”, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Im Luftverkehr gebe es einen massiven Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel, ebenso im Bereich der Gastronomie und Hotellerie.
    “Dass wir dort Erleichterungen für ausländische Kräfte schaffen müssen, wissen Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und ich.” Gemeinsam mit Heil werde sie deshalb noch in diesem Jahr Änderungen vorschlagen, “um gute Arbeitskräfte nach Deutschland zu holen”.
    Quelle: n-tv

  7. Kampagne gestartet
    Eine Kampagne in Deutschland für eine Rentenversicherung a`la Österreich? Fällt uns nichts Besseres ein? Nein, denn die Altersversorgung in Deutschland schreit regelrecht nach einer grundlegenden Neuordnung der Rentenversicherung. Wie die aussehen kann, wird uns mit dem österreichischen System sehr gut demonstriert.
    In Deutschland lebt jeder fünfte Rentnerhaushalt unter der Armutsschwelle. In 20 bis 30 Jahren wird es jeder zweite sein! Das Rentenniveau ist in den letzten 20 Jahren um 10 Prozent gesunken, es wird in den nächsten 20 bis 30 Jahren um weitere 15 Prozent sinken.
    Das verlangt dringend nach Einhalt und Umkehr. Gefordert sind vor allem die jüngeren Generationen. Denn es ist vor allem ihre Aussicht auf einen erbärmlichen dritten Lebensabschnitt.
    Wie es besser und nachhaltig gemacht werden kann, das wird uns in Österreich vorgemacht.
    Quelle: Seniorenaufstand
  8. Berufsunfähigkeit: Als Schüler schon versichern lassen?
    Wer noch vor Ausbildungsstart eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abschließt, kann auf Dauer Tausende sparen.
    Berufsunfähigkeit: Als Schüler schon versichern lassen? – Schülerin sitzt zuhause am Notebook.
    Eine private Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) sollte möglichst früh im Leben abgeschlossen werden, das ist längst kein Geheimtipp mehr. Denn wer jung und gesund ist, spart über Jahrzehnte kräftig bei den Beiträgen. Aber ein Abschluss noch vor Start der Berufsausbildung? Das mag nicht so recht einleuchten. Dabei kann sich gerade das in vielen Fällen besonders bezahlt machen. Der Grund liegt in der Tarifstruktur der Versicherer.
    Wer sein Kind noch vor Ablauf des Schuljahres versichert, der versichert es in der Berufsgruppe der Schüler. Mit Beginn einer Berufsausbildung dagegen legen die Versicherer den Lehrberuf zugrunde – mit gravierenden Beitragsunterschieden.
    Beispiel: Für einen Schüler der 10. Klasse der Gemeinschaftsschule wird bei einem guten BU-Versicherer ein Monatsbeitrag von 58,65 Euro fällig, wenn die Versicherung vor Beginn der Ausbildung zum Anlagenbauer beginnt. Nach Ausbildungsbeginn sind es 84,94 Euro, also knapp 26 Euro mehr. Das summiert sich auf über 300 Euro im Jahr und rund 16.000 Euro über die gesamte Vertragslaufzeit – bei identischem Schutz. Die zu Schulzeiten vereinbarte Rente kann bei den Top-Anbietern am Markt nach Abschluss der Ausbildung ohne erneute Gesundheitsprüfung erhöht werden.
    Auch angehende Studierende können oft Geld sparen, wenn Sie sich noch als Schüler versichern lassen. So zahlt ein 20-jähriger Gymnasiast in der Oberstufe rund 41 Euro im Monat, wenn er 1000 Euro Rente versichert. Ein Lehramtskandidat hingegen ist mit einem deutlich höheren Beitrag von rund 86 Euro im Studium dabei. Insgesamt summieren sich die Unterschiede hier auf rund 25.000 Euro bis zum Renteneintritt mit 67 Jahren – da lohnt es sich auf alle Fälle, rechtzeitig eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen.
    Quelle: Ihre Vorsorge

    Anmerkung unseres Lesers S.N.: Die privatisierte Absicherung gegen Berufsunfähigkeit ist weder billiger noch besser, als der Schutz in der GRV: Rot-Grün schaffte 2001 die Gesetzliche Berufsunfähigkeitsrente u.a. mit dem Argument ab, dass “die Beitragszahler” um 2%-Punkte beim GRV-Beitragssatz entlaste. Ein Durchschnittsverdiener mit 3333 Euro brutto hat somit 33,33 Euro brutto monatlich mehr – die andere Hälfte spart der Arbeitgeber ein, wovon der Arbeitnehmer nichts hat.

    Nun muss aber gemäß dem Beispiel ein Schüler in der 10. Klasse schon 58,60 Euro für eine private Berufsunfähigkeitsrente zahlen, ein 20-jähriger Gymnasiast immer noch 41 Euro monatlich. Das ist gemessen an deren Einkünften weit mehr, als das in der Gesetzlichen Rentenversicherung kosten würde. Aber es geht weiter: In der GRV gab es weder eine Gesundheitsprüfung noch Risikozuschläge oder Versicherungsausschlüsse. Die Altenpflegerin, der Metzger oder der Krankenpfleger bekommen entweder gar keinen privaten Schutz oder nur zu absurd hohen Tarifen. Einzig eine Absicherung in der Sozialversicherung würde auch denen eine Absicherung zukommen lassen, die sie am dringendsten brauchen.

    Die Sozialverbände haben bereits mehrfach angemahnt, eine Arbeitskraftabsicherung wieder in die Sozialversicherung zu integrieren – wenn schon nicht in die GRV, dann eben in die Arbeitslosen- oder Krankenversicherung. Oder in die Berufsgenossenschaften – die kennen sogar die Risiken ihrer Versicherten. Aber die Politik weigert sich aber seit Jahren, das Thema anzufassen. Eine in 2013 mit viel Tamtam eingeführte steuerliche Förderung von BU-Policen ist gescheitert, weil kein einziger Versicherer solche Policen angeboten hat – insbesondere wollte kein Anbieter lebenslange Renten zahlen, sondern nur bis zum 65. bzw. 67. Lebensjahr.

  9. Schwere Impfnebenwirkungen zu verharmlosen, schadet der Impfkampagne
    Bisher hat es funktioniert, Betroffene zu diffamieren. Inzwischen haben sie sich vernetzt und zumindest ein bisschen Hilfe in der Forschung gefunden. Gut so!
    Es ist ein Schlag ins Gesicht für die Betroffenen: Schwere Impfnebenwirkungen seien „nicht vergleichbar mit der Schwere der Erkrankung von Post-Covid“, hat der Gesundheitsminister zuletzt öffentlich verkündet. Es war überhaupt sein erstes bekanntes Statement zu schweren Impfnebenwirkungen, in dem Karl Lauterbach weder ihr Vorhandensein negierte noch die Betroffenen oder die Verkünder der schlechten Nachrichten als Impfgegner diffamierte.
    Und das im Jahr zwei nach Start der Impfkampagne. Er sollte es mittlerweile wirklich besser wissen.
    Und das tut er wohl auch, denn Hunderte von Patienten haben sich kürzlich in einer konzertierten Aktion noch einmal an Politik und Medien gewandt, ihre schweren Symptome geschildert, die viele von ihnen arbeitsunfähig machen, sie haben um Aufmerksamkeit geradezu gebettelt, nachdem einzelne von ihnen schon lange zuvor alle zuständigen Ämter, Politik und Medien angeschrieben hatten. Sie haben Ansprechpartner gefordert, Forschung, eine wissenschaftliche Aufarbeitung ihrer Fälle. Doch aus der Politik kam: einfach keine Antwort auf ihren Brandbrief. Niemand, der zuständig ist, kann deshalb heute noch behaupten, er wisse nichts von schweren Impfnebenwirkungen.
    Quelle: Berliner Zeitung
  10. Forscher zu Stepan Bandera: Er war ein Faschist, ideologisch ähnelte er Adolf Hitler
    Historiker Grzegorz Rossoliński-Liebe klärt nach Melnyk-Interview über Bandera, seine Verantwortung für die Massenmorde und die mangelnde Reflexion auf.
    Durch die russische Propaganda werden Ukrainer immer wieder als Faschisten verunglimpft. Gleichzeitig fehlt es in der Ukraine an einer differenzierten Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte, vor allem der des Zweiten Weltkriegs. Dass diese mitunter Wasser auf die Mühlen der Kremlpropagandisten ist, zeigte sich jüngst bei einem Interview von Tilo Jung im Format Jung & Naiv mit dem ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk. Dabei weigerte sich Melnyk, Stepan Bandera als Faschisten zu bezeichnen, und gab schwammige Antworten auf die Fragen nach einer Beteiligung Banderas an Massenmorden der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) im Zweiten Weltkrieg.
    Der gebürtige Pole Grzegorz Rossoliński-Liebe ist Historiker und forscht an der Freien Universität Berlin unter anderem zum Thema Faschismus in Osteuropa. Er verfasste 2014 die erste umfassende und kritische Biografie zu Stepan Bandera. Hier spricht er über das problematische Bandera-Bild, seine Verantwortung für die Massenmorde in der Ukraine, und sagt, was geschehen müsste, um die Diskussion zu entpolitisieren.
    Quelle: Berliner Zeitung
  11. Alle Wege führen nach Moskau
    Von wegen »360-Grad-Blick«: Hamburgs Verfassungsschutz warnt in Jahresbericht vor allem vor Bedrohungen aus Russland
    Nicht weniger als eine »Zeitenwende« sei es für den Geheimdienst: Seit Beginn des Ukraine-Kriegs ist Hamburgs Landesamt für Verfassungsschutz verstärkt als Beratungsstelle in Sachen Onlinespionageabwehr gefragt. Das zumindest behauptete Innensenator Andy Grote (SPD) am Montag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für 2021, wie der NDR berichtete. Auch in der Hansestadt mache sich die von Russland ausgehende »hybride Bedrohung« bemerkbar, meinte Grote. Dem Sender zufolge nannte der Senator jedoch keine konkreten Zahlen zu Computerattacken auf Hamburger Unternehmen oder Einrichtungen.
    Die Behörde ist offiziell auch für Spionageabwehr zuständig. Dabei habe man einen »360-Grad-Blick«, wie es heißt, der auch Geheimdienste von Verbündeten der BRD berücksichtige. Im Fokus sind laut Jahresbericht 2021 jedoch die Dienste der Russischen Föderation, der Volksrepublik China, der Islamischen Republik Iran und des NATO-Partners Türkei. Zu Russland erwähnt der Verfassungsschutzbericht neben dem Mord im Berliner Tiergarten durch einen mutmaßlich russischen Agenten vor allem, das Land habe mit seinen Auslandssendern in der BRD Desinformation während der Coronapandemie verbreitet. Diese hätten »eine Verunsicherung der Bevölkerung bezüglich des deutschen Gesundheitssystems« zum Ziel gehabt. Derweil fällt der Abschnitt zum türkischen Geheimdienst dadurch auf, dass die in einem vorherigen Kapitel noch als Terrororganisation bezeichnete Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hier lediglich als ein »Schwerpunkt der Aktivitäten des MIT« bei der Ausspähung kurdischer Organisationen in der BRD aufgelistet wird.
    Bei der sogenannten Cyberabwehr endet die diffuse russische Gefahr offenbar nicht. Landesamtschef Torsten Voß zufolge seien verstärkt »prorussische Attitüden« unter sogenannten Staatsdelegitimierern festgestellt worden. In der Mitteilung zum neuen Bericht erklärte Grote entsprechend, dass »mit Verschwörungsideologien, die die Legitimität unserer demokratischen Institutionen in Abrede stellen«, ein neues »extremistisches Phänomen« hinzugekommen sei.
    Quelle: junge Welt
  12. Nach US-Bericht: Schirin Abu Akleh war kein Einzelfall
    Ein neuer US-Bericht legt offen: Die Al-Jazeera-Journalistin wurde wohl von Israel getötet. Recherchen unseres Autors zeigen: Sie war nicht die Einzige.
    Es war ein mit Spannung erwarteter Bericht: Die Kugel, welche die im Mai im besetzten Westjordanland erschossene palästinensisch-US-amerikanische Journalistin Schirin Abu Akleh tötete, wurde höchstwahrscheinlich vom israelischen Militär abgefeuert. Sie war allerdings zu stark beschädigt, um dies mit letztgültiger Sicherheit sagen zu können, erklärte das US-Außenministerium am Montagnachmittag. Die Beschädigung der Kugel erschwerte es, eine endgültige Aussage über die Waffe zu treffen, aus der sie abgefeuert wurde, hieß es in einer entsprechenden Erklärung.
    Die Schüsse, die von israelischen Verteidigungskräften abgefeuert wurden, seien „höchstwahrscheinlich für den Tod verantwortlich“, hieß es weiter. Die US-Beamten hätten „keinen Grund zu der Annahme gefunden, dass es sich um einen vorsätzlichen Tod handelte, sondern um das Ergebnis tragischer Umstände während einer von den israelischen Streitkräften geführten Militäroperation“.
    Doch nicht erst der tragische Tod der Al-Jazeera-Reporterin Shireen Abu Akleh bei einem Schusswechsel zwischen Israelis und Palästinensern in Dschenin zeigte, dass palästinensische Journalisten ausgesprochen gefährlich leben. Seit Beginn des Jahrtausends sollen mehrere Dutzend von ihnen durch israelische Militärs getötet worden sein. Die Zahlen variieren stark, je nach Quelle werden hier zwischen 30 und 50 Personen genannt.
    Quelle: Berliner Zeitung
  13. Die österreichische Umsetzung der Whistleblowing-Richtlinie: Wird hier eine Chance verpasst?
    Spätestens seit den Fällen von Julian Assange und Edward Snowden ist Whistleblowing auch in der breiten Öffentlichkeit ein geläufiger Begriff. Weil Whistleblower:innen immer wieder Verfolgung und (arbeits-)rechtlichen Sanktionen ausgesetzt sind, soll eine EU-Richtlinie ein höheres Maß an Schutz bringen. Nun liegt der Entwurf des österreichischen Umsetzungsgesetzes zu dieser Richtlinie vor. Er entspricht zum Teil nicht den Mindestvorgaben der Richtlinie und ist auch verfassungsrechtlich höchst bedenklich. Wird das Gesetz nicht deutlich ambitionierter, droht es zu einer verpassten Chance zu werden.
    Quelle: A&W blog
  14. Desolate Lage der Deutschen Bahn: Es rumpelt überall
    In 140 Ländern ist die Deutsche Bahn AG mit Bussen, Flugzeugen, Schiffen, Lkws, Krankenwagen, Elektroautos unterwegs. Mit rund 800 Gesellschaften, Firmen und Firmenbeteiligungen agiert sie rund um den Globus. Für wen? Wozu? Diese Deutsche Bahn AG ist seit 20 Jahren, seit dem unheilvollen Agieren des damaligen Bahnchefs Hartmut Mehdorn, keine Deutsche Bahn mehr. Sie ist nur noch ein Anhängsel in einem Reich, über dem die Sonne nie untergeht.
    Wer in Katar das Streckennetz ausbaut, in Dubai mit Lufttaxis experimentiert, wer Biogasbusse in Dänemark fahren lässt, wer Marktführer im Schiffsverkehr zwischen China und den USA ist und einer der größten Luftfrachtunternehmer der Welt – hat der noch Lust und Zeit, Züge von Itzelberg nach Mergelstetten zu organisieren? Kümmert der sich gern um marode Brücken, die im ganzen Land die ICEs zum Langsamfahren zwingen? Nein. Und deshalb rumpelt es überall.
    Gut die Hälfte des DB-Konzernumsatzes stammt heute aus Auslandsgeschäften. Viel Geld wird da bewegt, der Gewinn aber ist gering. Mehr als 10 Milliarden Euro gingen für diese Auslands­einsätze drauf, Investitionen, die sich nicht amortisieren. Investitionen, gegen die sich, manchmal, Menschen wehren. Ganz aktuell: In Mexiko beteiligt sich der Staatskonzern an dem gigantischen Bahnprojekt „Tren Maya“, einer Trasse von über 1.500 Kilometern – auch quer durch Regenwälder.
    Quelle: Arno Luik in der taz

    dazu auch: Nahverkehr in SH: Mehr als 400 Gemeinden abends abgehängt
    Kein Bus und keine Bahn nach 20 Uhr: Das ist die Realität in mehr als jeder dritten Gemeinde in Schleswig-Holstein. Das hat eine Fahrplan-Analyse des NDR ergeben. Betroffen sind nicht nur Kleinstgemeinden fernab von zentralen Orten.
    Nach dem Spätdienst mit Bus oder Bahn nach Hause, abends ins nächste Kino mit dem öffentlichen Nahverkehr: Für die Einwohner von 429 Gemeinden in Schleswig-Holstein ist das nicht spontan möglich. Auf ihrem Gebiet wird dann keine Haltestelle mehr regelmäßig nach Fahrplan bedient. Diese große Abend-Taktlücke betrifft jeden zwölften Menschen im Land – mehr als 230.000 Einwohner leben in diesen vom Nahverkehr abgehängten Orten.
    Quelle: NDR

  15. Gegen Warnhinweise auf Junk-Food in Mexiko: Wie das SECO nach Nestlés Pfeife tanzte
    Mit schwarzen Stoppschildern auf ungesunden Lebensmitteln geht Mexiko gegen die grassierende Fettleibigkeit im Land vor. Doch das Vorhaben stösst auf erbitterten Widerstand der Industriekonzerne und ihrer Sitzstaaten. An vorderster Front: Nestlé und die Schweiz. Dokumente und Mailwechsel belegen, wie willfährig sich das Staatssekretariat für Wirtschaft vom Nahrungsmittelgiganten aus Vevey einspannen liess, um gegen Mexikos Gesundheitspolitik zu agitieren. Gemäss exklusiven Marktdaten, die sich Public Eye beschafft hat, ging es um ein Geschäft von über einer Milliarde Franken. Unsere Recherche zeigt auch: Das Vorgehen der Schweiz gegenüber Mexiko ist kein Einzelfall.
    Quelle: Public Eye
  16. Woher die aggressive Unerbittlichkeit der Transgender-Aktivist*innen rührt
    Dass die Queer Theory von links kommt und sich ihre Anhänger*innen in der Regel für Linke halten; dass Rechtskonservative, Rechtsextremisten und Putinoide die „Gender-Ideologie“ als schlimmsten Ausdruck der ihnen verhassten offenen Gesellschaft ansehen und danach trachten, die Errungenschaften der liberalen Moderne, also auch die Anerkennung unterschiedlicher Lebensentwürfe, wieder einzukassieren; dass Wladimir Putin im Krieg gegen die Ukraine auch eine Art von bewaffneter Identitätspolitik betreibt; dass schließlich die neurotischen Abwehrreflexe, mit denen gewisse Leute auf eine „gendergerechte Sprache“ reagieren, dazu verlocken, über jeden Text Gendersternchen zu streuen wie Puderzucker; all das sollte nicht zu der Annahme führen, Queer Theory sei links, progressiv oder auch nur dissident.
    Vielmehr führen Weltkonzerne vor, wie kompatibel „woke“ Ideologie und der Kapitalismus der Gegenwart sind. Amazon etwa, wo man unterbindet, dass sich Mitarbeiter einer Gewerkschaft anschließen, und diese dazu antreibt, in Plastikflaschen zu urinieren, um nicht durch Pinkelpausen die Leistungsvorgaben zu versäumen: Dort achtet man mit peinlich genauen Sprach- und Benimmkatalogen darauf, dass keiner ein böses Wort sagt und keinen einen blöden Witz macht.
    An diesem Befund ändert auch das Gerede vom „Klassismus“, der letzte Schrei im woken Milieu, nichts: Dem „Klassismus“ geht es nicht um Macht und Ausbeutung, sondern um Sprache und Diskriminierung: Was der Prolet verdient und wie er dafür schuftet, spielt allenfalls eine untergeordnete Rolle, solange ihn keiner abschätzig Prolet nennt und darüber die Nase rümpft, dass er dieses oder jenes Fremdwort nicht versteht.
    Womöglich rührt die aggressive Unerbittlichkeit der Transgender-Aktivist*innen daher: weil man sich gerne weiterhin für links und cool und marginal halten will, aber bloß die radikale Avantgarde des Establishments bildet, und die linke Ausprägung einer globalen antiliberalen Identitätspolitik.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung JK: Man muss kein Freund von Yücel sein, aber hier trifft er den Nagel auf den Kopf.

    dazu auch: Die Männersauna: Das Frauenhaus der Zukunft?
    Endlich kommt das Selbstbestimmungsgesetz! Nie wieder Bevormundung – nie wieder Impfzwang? So ist es gar nicht gemeint. Ich darf dann sein wie ich bin, kann aber nicht mehr frei von der Leber weg reden und freundlich sein: Denn das könnte teuer werden. Wir werden alle sein können, wer wir wollen: Nur zivilisiert sind wir nicht mehr.
    Ein Jahrhundertgesetz haben sie uns da neulich vorgelegt. Wieder mal. Unter Jahrhundert macht es die Symbolpolitik in diesem Lande gar nicht mehr. Selbstbestimmungsgesetz heißt die Meisterleistung. Klingt erstmal gut, weil emanzipatorisch. Was soll denn an einem Leben in Selbstbestimmung schlecht sein? Im Grunde nichts. Aber an diesem Gesetz ist alles falsch. Und am Ende wird es, obgleich es Diskriminierung abstellen wollte, exakt so eine Diskriminierung erzeugen. Eine, die man nicht mal beanstanden kann. Denn wenn es mich ein Bußgeld kosten soll, weil ich nicht genau erkenne, ob Männchen oder Weibchen mich anspricht, dann werde ich mich wohl umdrehen und der netten Dame, dem netten Herren oder dem nicht-binären Nettem halt eben nicht behilflich sein wollen.
    Das Abendland ist oft untergegangen. Optimisten entkräften das meistens, sie weisen darauf hin, dass es noch immer steht. Sicher tut es das: Vielleicht sollte man sich so einen Untergang nicht ganz so dramatisch vorstellen. Er vollzieht sich ja nicht im Totalen, richtet alles umgehend in Grund und Boden. Rom wurde sprichwörtlich nicht an einem Tage erbaut – was viele nicht zu wissen scheinen: Es ging auch nicht binnen 24 Stunden unter. So ein Untergang zieht sich hin. In diesem Sinne, man vergebe mir meinen Pessimismus, stecken wir tief im Untergangsmodus. Wir sind mittendrin. Die Dekadenz ist von jeher der Soundtrack aller Untergänge: Dieses Selbstbestimmungsgesetz, man kann es nur als Dekadenz-GAU einordnen. Totalitärer kann Dekadenz gar nicht zelebriert werden.
    Quelle: neulandrebellen


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