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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 2. November 2022 um 8:42 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Waffen für die Ukraine: Sturmgewehre tauchen plötzlich in Finnland auf
  2. Neue Bomben für Büchel
  3. Putin über die neue Weltordnung: Russland reicht allen Staaten die Hand
  4. Einflusskampf um Zentralasien
  5. Gegenseitiger Nutzen
  6. Hintergrund: Weshalb Russland aus dem Getreideabkommen aussteigt …
  7. Wieder im Spiel? Moskau und Kaukasus-Konflikt
  8. Kein russisches Erdgas, aber Wirtschaftskrieg: Frieren oder nur Panikmache? Wenn im Winter die Lichter ausgehen…
  9. Seeheimer Kreis fordert staatliche LNG-Tankerflotte von Scholz
  10. Gaspreisbremse: Jetzt kommt es auf die Politik an
  11. Lügen und Maulkörbe – Wie die Grünen die Öffentlichkeit im Atomstreit hintergehen
  12. Veröffentlichte NSU-Akten: Der Verfassungsschutz hat nicht “versagt”, er hat seine Arbeit gemacht »
  13. Zwei ehemalige HVB-Banker im Cum-Ex-Skandal verurteilt
  14. 8% bei 12 Monaten Laufzeit sind schon das Minimum! Urabstimmung und Vollstreik jetzt!
  15. Haaretz-Kolumnist Levy: „Die Wahl in Israel ist eine Maskerade der Demokratie“
  16. Knapper Sieg für Lula da Silva in Brasilien
  17. Warum die ARD Bolsonaro rechtsextrem nennt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Waffen für die Ukraine: Sturmgewehre tauchen plötzlich in Finnland auf
    Der Verbleib von Kleinwaffen lässt sich im Krieg nicht kontrollieren. Für Kriminelle ist der Waffenschmuggel ein lohnendes Geschäft. Wie die US-Regierung in der Ukraine dagegen vorgehen will.
    Die USA sind der wichtigste Waffenlieferant der ukrainischen Regierung. Seit Beginn des Krieges im Februar lieferte Washington Waffen im Wert von rund 18 Milliarden US-Dollar. Doch die US-Regierung hat keine Kontrolle darüber, wo die Waffen letztlich landen.
    Offenbar gelangte ein Teil davon in die Hände von kriminellen Banden, so das finnische National Bureau of Investigation (NBI). Waffen, die von verschiedenen Ländern in die Ukraine geliefert wurden, seien in Finnland, aber “auch in Schweden, Dänemark und den Niederlanden gefunden worden”, erklärte Kriminaloberkommissar Christen Ahlgren in einem Interview mit Yle News.
    Damit haben sich offenbar die Befürchtungen der europäischen Polizeibehörde Europol bestätigt. Im Sommer hatte die Behörde gewarnt, dass “die Verbreitung von Schusswaffen und Sprengstoff in der Ukraine zu einer Zunahme des Waffen- und Munitionshandels in die EU über etablierte Schmuggelrouten oder Online-Plattformen führen könnte.”
    Ahlgren sagte nun: “Wir haben Anzeichen dafür gesehen, dass die Waffen bereits ihren Weg nach Finnland gefunden haben”. Nähere Angaben machte er in dem Interview nicht und verwies dabei auf die laufenden Ermittlungen.
    Die Routen und Kontakte für den Handel mit illegalen Waffen aus der Ukraine seien aber bereits vorhanden. Und es wird angenommen, dass Rockerbanden bei dem Geschäft eine entscheidende Rolle spielen.
    Quelle: Telepolis
  2. Neue Bomben für Büchel
    USA ziehen Stationierungstermin auf Dezember 2022 vor. Russische Informationen über mögliche »schmutzige Bombe« Kiews lösen im Westen Hektik aus
    Laut einem Bericht der englischsprachigen Tageszeitung Politico vom Donnerstag wollen die USA den Prozess zur Postierung »modernisierter« Atombomben vom Typ B61-12 in Westeuropa beschleunigen. Der Termin solle vom Frühjahr 2023 auf Dezember 2022 vorgezogen werden. Ein Stationierungsort ist im Rahmen der »nuklearen Teilhabe« auch der deutsche Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz.
    Die Nachricht wurde zu einem Zeitpunkt veröffentlicht, da russische Informationen über eine mögliche »schmutzige Atombombe« Kiews hektische Aktivitäten westlicher Atommächte auslösten. Gleichzeitig blieb die ukrainische Offensive gegen Russland an verschiedenen Fronten stecken. Die russische Armee führte ihre Angriffe auf die Energieinfrastruktur der Ukraine mit verminderter Intensität fort. Es hatte mit den Attacken auf die Sprengung der Krim-Brücke bei Kertsch am 8. Oktober durch Kiew reagiert. Zudem hat US-Präsident Joseph Biden laut einem Bericht der New York Times vom Donnerstag Mühe, den bisher parteiübergreifenden »Konsens zur Unterstützung der Ukraine« aufrechtzuerhalten.
    Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu sprach von Freitag vergangener Woche bis Mittwoch mit seinen Amtskollegen in den USA, Frankreich, Großbritannien, der Türkei, Indien und China. Der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow telefonierte mit den Stabschefs der USA und Großbritanniens. Am Montag betonte das russische Verteidigungsministerium, die Lage in der Ukraine spitze sich immer stärker auf eine »unkontrollierte Eskalation« hin zu. Am Dienstag tagte auf Antrag Russlands der UN-Sicherheitsrat in nichtöffentlicher Sitzung. Am Mittwoch konferierte US-Stabschef Mark Milley mit seinen Kollegen in Großbritannien, Frankreich und Kanada zur Ukraine.
    Quelle: junge Welt
  3. Putin über die neue Weltordnung: Russland reicht allen Staaten die Hand
    Beim Valdai-Club haben wir mehr als einmal über die Veränderungen gesprochen, die gravierenden, großen Veränderungen, die in der Welt stattgefunden haben und weiterhin stattfinden, über die Risiken, die mit dem Abbau der globalen Institutionen, der Aushöhlung der Grundsätze der kollektiven Sicherheit, der Ersetzung des Völkerrechts durch so genannte Regeln verbunden sind – ich wollte sagen, Regeln, die von irgendwem ausgearbeitet wurden, aber das ist wahrscheinlich ungenau ausdrückt – es ist überhaupt nicht klar, wer sie ausgearbeitet hat, worauf diese Regeln beruhen, was in ihnen steckt. (Anm. d. Übers.: Damit meint Putin die vom Westen ausgerufene „regelbasierte Weltordnung“ …)
    Offensichtlich wird nur versucht, eine einzige Regel aufzustellen, damit die Mächtigen – wir sprechen jetzt von Macht, ich spreche von globaler Macht – ohne jegliche Regeln leben und tun können, was sie wollen, mit allem durchkommen, was sie wollen. Tatsächlich sind das die Regeln, von denen man uns ständig erzählt. […]
    Der sogenannte Westen – das ist natürlich im übertragenden Sinn gemeint, denn es gibt dort keine Einigkeit – ist verständlicherweise ein sehr kompliziertes Konglomerat, dennoch kann man sagen, dass dieser Westen in den letzten Jahren, und insbesondere in den letzten Monaten, eine Reihe von Schritten zur Eskalation unternommen hat. Genau genommen setzt er immer auf Eskalation, das ist nicht neu. Das sind die Anzettelung des Krieges in der Ukraine, die Provokationen rund um Taiwan und die Destabilisierung der globalen Lebensmittel- und Energiemärkte. Letzteres geschah natürlich nicht absichtlich, daran besteht kein Zweifel, sondern aufgrund einer Reihe von systematischen Fehlern genau jener westlichen Regierungen, die ich bereits erwähnt habe. Und wie wir jetzt sehen, kam auch noch die Zerstörung der paneuropäischen Gaspipelines dazu. Das ist unvorstellbar, aber wir sind trotzdem Zeugen dieser traurigen Ereignisse. […]
    All das ist ohne Übertreibung nicht einmal eine systemische, sondern eine doktrinäre Krise des neoliberalen amerikanischen Modells der Weltordnung. Sie haben keine Ideen, etwas zu erschaffen und von positiver Entwicklung, sie haben der Welt einfach nichts zu bieten außer dem Erhalt ihrer Vorherrschaft.
    Quelle: Anti-Spiegel

    dazu: Das Ende westlicher Dominanz
    Russland will ein System gleichberechtigter Zivilisationen und ein Währungssystem jenseits von Dollar und Euro schaffen
    Im Folgenden dokumentieren wir – redaktionell gekürzt – die Rede, die der russische Präsident Wladimir Putin auf der diesjährigen Waldai-Konferenz am 27. Oktober gehalten hat.
    Quelle: junge Welt

  4. Einflusskampf um Zentralasien
    Die Bundesregierung sucht Differenzen zwischen Kasachstan und Russland zu nutzen, um einen Keil zwischen beide Staaten zu treiben. Astana tue gut daran, dass es weder die Abspaltung der Krim noch die russische Annexion von Teilen der Ukraine anerkenne, erklärte Außenministerin Annalena Baerbock zu Wochenbeginn bei einem Treffen mit ihrem kasachischen Amtskollegen; es gelte nun, die Kooperation mit Berlin auszubauen. Allerdings erkennt Kasachstan auch die Abspaltung des Kosovo nicht an. Baerbock setzte sich zudem für enge Zusammenarbeit in der Herstellung grünen Wasserstoffs ein. Ein Unternehmen aus Dresden hat dazu in der vergangenen Woche eine Vereinbarung über ein Großprojekt in Kasachstan unterzeichnet, das ab 2032 jährlich zwei Millionen Tonnen Wasserstoff für die EU herstellen soll. Bisher gehört Kasachstan zu Deutschlands größten Öllieferanten. Weil das Erdöl über einen russischen Hafen exportiert wird, lässt sich allerdings nicht ausschließen, dass es von dem EU-Ölembargo betroffen ist, das in Kürze in Kraft tritt. Kasachische Ölförderer suchen bereits nach alternativen Exportrouten – allerdings bislang ohne echten Erfolg.
    Quelle: German Foreign Policy
  5. Gegenseitiger Nutzen
    Dakar-Forum: Emanzipation afrikanischer Staaten schreitet voran. Senegal wird BRICS-Mitglied
    Es sei »dringend erforderlich, dass die afrikanischen Staaten den Trend umkehren, indem sie ihre Abhängigkeit vom Ausland verringern, um eine nachhaltige Widerstandsfähigkeit aufzubauen«, erklärte der Vorsitzende der wissenschaftlichen Kommission des Forums, Generalmajor Mbaye Cissé, auf der vorbereitenden Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag. Der Hartnäckigkeit afrikanischer Staaten dürfte geschuldet sein, dass am selben Tag der Gesetzentwurf der Regierung von Joseph Biden vom US-Senat kassiert wurde, der Sanktionen gegen afrikanische Länder vorsah, die als zu eng mit Moskau verbunden gelten. Der Senat hielt das Gesetz für »kontraproduktiv und unausgegoren«, wie das Portal Africa Intelligence am Dienstag berichtete. Demnach soll es dem US-Kongress nun auch nicht mehr nach den Zwischenwahlen im November wieder vorgelegt werden, wie ursprünglich geplant war. […]
    Präsident Sall hatte schon 2018 auf einem Kolloquium mit seinen westafrikanischen Kollegen einen »Dakar Consensus« statt des »Washington Consensus« gefordert, um die neokoloniale Kreditpolitik von Weltbank und Internationalem Währungsfonds abzuschaffen. Was aber nun erst einmal für Furore sorgen wird, ist, dass Senegal der erste BRICS-Staat in Westafrika wird. Am 12. Oktober unterzeichneten Mansour Faye, Senegals Minister für Infrastruktur, die russische BRICS-Vorsitzende Larisa Selenzowa und Ahoua Don Mello, der BRICS-Vertreter in West- und Zentralafrika, ein entsprechendes Memorandum. Das stelle einen Wendepunkt in den geopolitischen Machtverhältnissen auf dem Kontinent dar, weil, so Don Mello, die »Zusammenarbeit auf gegenseitigem Nutzen und Solidarität beruht und nicht auf brutaler und unangebrachter Einmischung in die inneren Angelegenheiten der afrikanischen Staaten im Namen von Demokratie und Menschenrechten, die oft das Gegenteil bewirkt«.
    Quelle: junge Welt
  6. Hintergrund: Weshalb Russland aus dem Getreideabkommen aussteigt …
    … und was das ZDF daraus macht.
    Nach dem Beschuss der russischen Schwarzmeerflotte im Hafen von Sewastopol durch einen ukrainischen Drohnenangriff gab Russland am Samstag bekannt, seine Teilnahme am Getreideabkommen (Black Sea Grain Initiative) auszusetzen, da die Sicherheit der auslaufenden Schiffe nicht mehr gewährleistet sei (Russland kündigt Getreideabkommen auf: Ukrainischer Drohnenangriff auf russische Kriegsschiffe in Sewastopol). Am selben Tag kündigte es an, mit Hilfe der Türkei in den nächsten vier Monaten bis zu 500.000 Tonnen Getreide kostenlos an die ärmsten Länder der Welt zu verteilen. Im September hatte Russland bereits 300.000 Tonnen Düngemittel als Spende für notleidende Länder freigegeben.
    Neben der aktuellen Sicherheitslage gibt es noch zwei weitere Gründe, weshalb Russland schon seit Wochen erwägt, das befristete Abkommen nicht zu verlängern.
    1.Russland wirft dem Westen vor, die Umsetzung des zweiten Teils des Abkommens zu blockieren, der die freie Ausfuhr von russischen Agrarprodukten und Düngemittel erlaubt. Tatsächlich sitzen in europäischen Häfen Zigtausende Tonnen Düngemittel fest, die in den ärmsten Ländern der Welt dringend benötigt werden. Zwar beziehen sich die westlichen Sanktionen nicht auf die russischen Düngemittel selbst, sie wirken sich aber auf die Schifffahrt aus, sei es durch Sanktionen gegen die Schiffseigentümer oder durch Beschränkungen im Bereich von Zahlungsabwicklung und Versicherungen russischer Fracht. Wiederholt hatte die UNO diesbezüglich ihre Sorge zum Ausdruck gebracht.
    Angesprochen auf die Aussage des russischen Außenministeriums, dass immer noch 80 Prozent der von Russland als Spende für ärmste Länder gedachten 300.000 Tonnen Düngemittel in Europa blockiert werden, antwortet der Sprecher des UN-Generalsekretärs Stéphane Dujarric am 28. Oktober:
    „Nun, die Botschaft der UNO ist, dass da ein Zugang zu russischem Dünger notwendig ist.“
    Auch UN-Generalsekretär Guterres fordert am selben Tag, also einen Tag vor dem Angriff auf die russische Schwarzmeerflotte, „beide Vereinbarungen“ des Getreideabkommens umzusetzen und verlangt erneut die „umgehende Beseitigung der verbliebenen Hindernisse für die Ausfuhr von russischem Getreide und Dünger“.
    2.Moskau kritisiert zudem, dass entgegen dem ursprünglichen Zweck des Getreideabkommens die ärmsten Länder der Welt am wenigsten davon profitieren. Tatsächlich wird nur der geringste Teil der exportierten ukrainischen Agrarprodukte im Rahmen des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen an notleidende Länder ausgeliefert, wie die bis zum 19. Oktober durch Fettdruck hervorgehobenen Zieldestinationen in der fortlaufend aktualisierten Liste der Getreideinitiative zeigen.
    Quelle: Overton
  7. Wieder im Spiel? Moskau und Kaukasus-Konflikt
    Für das Treffen Wladimir Putins mit dem Präsidenten Aserbaidschans Ilham Alijew und dem Regierungschef Armeniens Nikol Paschinjan am Montag in Sotschi war am Abend westwärts noch keine einheitliche Sprachregelung gefunden. Dpa titelte: »Kaum Annäherung bei Putins Treffen mit Armenien und Aserbaidschan«. AFP meldete: »Armenien und Aserbaidschan einigen sich bei Spitzentreffen in Sotschi auf ›keine Gewalt‹«. Der Gastgeber kündigte nach dem Gespräch aber eine »Normalisierung« zwischen beiden Ländern an, aus »gemeinsamer Sicht« sei es »ein sehr nützliches Treffen« gewesen, »eine sehr gute Atmosphäre für mögliche zukünftige Abkommen« sei geschaffen. Dabei geht es um den Grenzverlauf, um Handel, Verkehr und vor allem um einen Friedensvertrag. Dem Anschein nach hat Russland mit dem Treffen seine traditionelle Rolle als Vermittler in dem seit mehr als 30 Jahren immer wieder aufflammenden Konflikt mit 30.000 Toten wieder eingenommen. Im Herbst 2020 hatte Moskau nach sechs Wochen Krieg, den Aserbaidschan mit türkischer Waffenhilfe für sich entschied, einen Waffenstillstand erreicht und eine Friedenstruppe stationiert. Im Sommer und im September kam es aber erneut zu bewaffneten Auseinandersetzungen, was Russlands Ruf als Schutzmacht Armeniens beschädigte. (…) Putin hat Russland offenbar mit praktikablen Vorschlägen wieder stärker ins Spiel gebracht. Er räumte vor Journalisten am Montag in Sotschi ein, es gebe eine Reihe von Fragen, in denen man nicht übereinstimme, entscheidend seien aber die Grenzmarkierung und die Entmilitarisierung des Konflikts.
    Quelle: Arnold Schölzel in junge Welt
  8. Kein russisches Erdgas, aber Wirtschaftskrieg: Frieren oder nur Panikmache? Wenn im Winter die Lichter ausgehen…
    Wir wollen schnellstmöglich russisches Gas boykottieren und davon unabhängig werden – aber dass Putin seinerseits uns zuvorkommt und reduziert und damit die Realisierung unseres Zieles quasi beschleunigt, das – so die Berliner Regierung – ist absolut empörend, das ist Vertragsbruch, das ist Wirtschaftskrieg! […]
    Es wird also reichen. Die Speicher haben genug Reserve, niemandem muss das Gas abgeschaltet werden. Natürlich soll und muss sparsam mit dem verfügbaren Erdgas umgegangen werden, schon aus grundsätzlich rohstoff- und klimaschonenden Erwägungen. […]
    Wozu der Alarmismus?
    Klar, wenn Putin auch noch die Pipelines von Norwegen her sprengt und auch die aus den Niederlanden und Belgien, und wenn er auch die LNG-Anlandehäfen in diesen Ländern zerstört, wenn also gar kein Gas mehr importiert wird: dann haben wir ein Problem, dann reichen die Speicher nicht. Aber rechnet die Regierung mit so etwas? Bei jeder Sabotage, bei jedem Anschlag auf irgendeine Infrastruktur wird mittlerweile auf Putin gezeigt und eine hybride Kriegsführung Russlands als riesige und kaum abwehrbare Gefahr angeführt.
    Der grauenvolle Putinsche Angriffskrieg hat den Weg aufgemacht für eine Zeitenwende. Wir sind auf dem besten Weg, in ein absolut starres Denkmuster zurückzufallen und die Welt aufzuteilen in zwei absolut unversöhnliche, total konträr gegeneinanderstehende Hälften, die sich nicht mehr auf ein auch nur halbwegs vernünftiges Nebeneinander einigen wollen: Hier Demokraten, dort Autokraten; hier regelbasierter Umgang (was auch immer das heißen mag, es sind jedenfalls US-Regeln), dort absolute Vorteilsheischerei; hier freundliche Marktwirtschaft, dort Wirtschaftskrieg.
    Wir merken gar nicht mehr, wie unerträglich verlogen das ist.
    Quelle: isw
  9. Seeheimer Kreis fordert staatliche LNG-Tankerflotte von Scholz
    Dem Seeheimer Kreis in der SPD gehen die Pläne für die geplanten LNG-Terminals nicht weit genug: Sie fordern von Kanzler Scholz den Aufbau einer eigenen, staatlichen Tankerflotte. Zudem wollen sie das Freihandelsabkommen TTIP wiederbeleben.
    Einigen Vertretern der Politik sind die bisher geplanten LNG-Terminals offensichtlich nicht genug: Rund hundert Vertreter des “Seeheimer Kreises” der SPD fordern in einem Positionspapier von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), eine staatliche Flotte von Flüssiggas-Tankern aufzubauen. In dem Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es, dass man “bei der Energieversorgung nicht von einer Ressourcenabhängigkeit in eine Transportabhängigkeit steuern dürfe.” Daher gelte es, “eine hochflexible LNG-Tankschiffflotte in staatlicher Hoheit aufzubauen.” […]
    Der Seeheimer Kreis gilt als konservativer und wirtschaftsfreundlicher Flügel in der SPD, dem etwa 90 Bundestagsabgeordnete angehören, darunter Parteichef Lars Klingbeil. Die Seeheimer planen ebenfalls, sich stärker von den USA abhängig zu machen: Laut Tagesspiegel schlagen sie einen neuen Anlauf für ein Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten vor. […]
    Die Mitglieder des Seeheimer Kreises gelten als Unterstützer und Initiatoren von Freihandelsabkommen wie dem kanadische-europäischen Freihandelsabkommen CETA und dem transatlantischen Abkommen TTIP. In der deutschen Bevölkerung gab es bis 2016 massive Proteste gegen diese Abkommen.
    Quelle: RT DE
  10. Gaspreisbremse: Jetzt kommt es auf die Politik an
    Der Bericht der Gaskommission steht – und die Gaspreisbremse weist nach wie vor Lücken auf. Viele davon hat die Ampel selbst zu verantworten.
    Es ist soweit. Die Kommission Gas und Wärme hat ihren Endbericht vorgelegt. Dabei war schon der Zwischenbericht von halbgaren Kompromissen geprägt. Dem Bericht zufolge empfiehlt die Kommission, die Gaspreisbremse für Haushalte erst für März oder April einzuführen. Allen ist aber klar, dass die Heizsaison dann bereits vorüber ist. Gleichzeitig sollte im Winter nur eine Abschlagszahlung übernommen werden, und zwar im Dezember.
    An diesen beiden großen Fehlern der Gaspreisbremse ist letztendlich die Politik schuld. Sie hat die Kommission viel zu spät eingesetzt, wodurch der Zeitdruck entsprechend hoch war. So scheiterte zum Beispiel eine gerechtere Entlastung an fehlenden Daten über Haushaltsmitglieder. Ob es eine Obergrenze geben wird, die etwa Villenbesitzer ausklammert, ist zu diesem Zeitpunkt noch offen. Dass die Gaspreisbremse für Haushalte nicht schon vorher in Kraft tritt, scheitert schlichtweg daran, dass die Versorger technisch nicht dazu in der Lage sind, die Millionen Verträge anzupassen. Auch das war absehbar. Dass keine zweite Abschlagszahlung etwa für die Monate November und Januar empfohlen wurde, dürfte wohl daran liegen, dass es laut der Vorsitzenden der Kommission und Wirtschaftsweisen Veronika Grimm nicht darum gehe, die Summe von über 200 Milliarden Euro vollständig auszugeben.
    Die Bundesregierung hat also den zeitlichen wie den haushälterischen Rahmen vollkommen falsch gesetzt. Auch bei der Besetzung der Kommission gibt es etliche Fragezeichen. So war Isabella Weber die einzige wirklich progressive Ökonomin, die mehreren Ökonomen des wirtschaftsliberalen Mainstreams samt der Kommissionsvorsitzenden entgegenstand.
    Quelle: Lukas Scholle auf Jacobin
  11. Lügen und Maulkörbe – Wie die Grünen die Öffentlichkeit im Atomstreit hintergehen
    In einem Beitrag wirft die Bild den Grünen absichtliche Täuschung der deutschen Öffentlichkeit vor.
    Durch die Verlängerung des Betriebs der Atomkraftwerke würde der Strompreis nicht wesentlich sinken. Diese These vertreten unter anderem Wirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) und die Bundesvorsitzende der Grünen, Ricarda Lang.
    Wie gemeinsame Recherchen der Welt mit dem Magazin Cicero laut Angaben der Bild zeigen, stand das Nein zu einer Laufzeitverlängerung jedoch schon im März fest – lange vor Abschluss der eigens dazu beauftragten Untersuchung. Habeck hat sich also lange vor der Prüfung der Frage durch Experten aus ideologischen Gründen gegen eine Laufzeitverlängerung deutscher Atomkraftwerke entschieden.
    Die beiden Medien untersuchten dazu 166 Dokumente aus dem Umwelt- und Wirtschaftsministerium und haben sie inhaltlich ausgewertet. Die Dokumente musste Umweltministerin Steffi Lemke (Die Grünen) auf Antrag aushändigen. Trotz der Verpflichtung zur Herausgabe verweigerte Habeck die Übergabe der angeforderten Unterlagen.
    Bei seiner Entscheidung gegen die Laufzeitverlängerung ignorierte Habeck die Empfehlung der Experten im eigenen Haus. Diese prognostizierten das Sinken der Energiekosten durch den Weiterbetrieb der Meiler. Außerdem würde so das Energienetz stabilisiert. Die Ratschläge wurden vom Wirtschaftsminister ignoriert. Gegenüber der Öffentlichkeit behauptete der Wirtschaftsminister, ein Weiterbetrieb hätte keine Auswirkungen auf den Strompreis.
    Zudem bestätigen die Recherchen Vorwürfe über eine autoritären Führungsstil in von den Grünen geleiteten Ministerien. So wurde laut Bild dem Chef der Gesellschaft für Reaktorsicherheit nach dessen Kritik am Atom-Aus ein Maulkorb von einem Staatssekretär im Umweltministerium verpasst.
    Habeck hatte in einem anderen Zusammenhang gegen leitende Mitarbeiter, die seine Auffassung nicht teilten, bereits Sicherheitsüberprüfungen eingeleitet.
    Quelle: RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Noch ein Indiz dafür, dass insbesondere die grünen Mitglieder der Bundesregierung aus ideologischen und nicht sachlich angemessenen Gründen agieren und Entscheidungen treffen. Das ist für den Wohlstand der hiesigen Bevölkerung gefährlich…

  12. Veröffentlichte NSU-Akten: Der Verfassungsschutz hat nicht “versagt”, er hat seine Arbeit gemacht »
    Das ZDF-Magazin Royale veröffentlichte am Freitag einen Geheimbericht des hessischen Verfassungsschutzes bezüglich der faschistischen Terrorgruppe „NSU“. Vieles aus dem Inhalt ist bereits seit Jahren bekannt. Erschreckend ist jedoch, wie sehr selbst antifaschistische Medien das Märchen weitererzählen, der Verfassungsschutz hätte einfach „versagt“. Dieses Wort müssen wir in Bezug auf Geheimdienstverstrickung aus unserem Wortschatz streichen! […]
    Es kann daher nicht die Lösung sein, einen optimierten Verfassungsschutz zu fordern. Der Geheimdienst hat seine gemachten Handlungsentscheidungen in Bezug auf den NSU mit einem klaren Ziel getroffen, die Strukturen aufgebaut und gelenkt und damit die Morde aktiv mitorganisiert. Der Ruf nach einer Optimierung belohnt den Verfassungsschutz sogar mit weiteren Mitteln und neuen Möglichkeiten zur Überwachung sowie Zerschlagung von revolutionären Kräften auf der einen Seite und der Steuerung und Stärkung von faschistischen Bewegungen auf der anderen Seit.
    Quelle: Perspektive
  13. Zwei ehemalige HVB-Banker im Cum-Ex-Skandal verurteilt
    In den Skandal um Steuerhinterziehung über komplexe Dividendengeschäfte sind viele Geldhäuser in Deutschland verwickelt. Nun ist das nächste Urteil gegen zwei ehemalige Banker der Hypovereinsbank gefallen.
    Im milliardenschweren Cum-Ex-Skandal hat das Landgericht Wiesbaden ein Urteil gefällt: Ein ehemaliger Banker der Hypovereinsbank wurde wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt, teilte das Gericht am Dienstag mit. Ein weiterer Ex-Banker erhielt wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in drei Fällen eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, ebenfalls auf Bewährung. Zudem müssen die Männer 60.000 Euro beziehungsweise 20.000 Euro an die Staatskasse zahlen und die Verfahrenskosten tragen. Die Staatsanwaltschaft hatte mehrjährige Haftstrafen ohne Bewährung gefordert…
    Quelle: manager magazin
  14. 8% bei 12 Monaten Laufzeit sind schon das Minimum! Urabstimmung und Vollstreik jetzt!
    Der Gesamtmetallverband hat nach monatelangem Nullrunden-Geschrei in der dritten Verhandlungsrunde ein Scheinangebot vorgelegt: Eine Einmalzahlung oder auch Inflationsbeihilfe/-prämie genannt – von 3000 Euro – steuer- und sozialabgabefrei, plus eine unbezifferte Lohnerhöhung, letzteres aber nur, wenn 30 Monaten Laufzeit vereinbart wird. Außerdem wollen sie eine dauerhafte automatische Differenzierung je nach wirtschaftlicher Situation der Betriebe, also Ausstiegsmöglichkeiten aus tariflichen Erhöhungen. Diese Bedingungen sind eine klare Erpressung – von Leuten, denen es selbst zu gut geht, als dass ihnen steigende Energie- und Lebensmittelpreise auch nur annähernd wehtun würden! Da muss klar gesagt werden: Nicht mit uns!
    Das Angebot von 3000 Euro – umgerechnet auf 30 Monate – wären gerademal 100 Euro mehr im Monat. Das ist einfach nur lächerlich und unverschämt, weil damit absolut nichts ausgeglichen werden kann und sich auch nicht in der Tabelle niederschlägt. Nach 4 ½ Jahren ohne tabellenwirksame Erhöhung ist es mehr als dringend, dass es jeden Monat mehr Geld gibt und nicht schon wieder nur eine Einmalzahlung. Auch die Differenzierungen sind abzulehnen – sie sind ein klarer Angriff auf den Flächentarif. Erkämpfte Errungenschaften bei Entgelt und Arbeitsbedingungen werden ausgehöhlt, die Entsolidarisierung und das Standortdenken befördert.
    Quelle: Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften
  15. Haaretz-Kolumnist Levy: „Die Wahl in Israel ist eine Maskerade der Demokratie“
    Israel wählt am Dienstag ein neues Parlament. Gideon Levy ist prominenter und umstrittener Kolumnist für die linksliberale israelische Zeitung Haaretz. Wir haben mit ihm gesprochen […]
    Berliner Zeitung: Herr Levy, in Ihrer jüngsten Haaretz-Kolumne schreiben Sie, die jetzigen Wahlen seien nicht demokratisch. Können Sie das erklären?
    Gideon Levy: Es ist eine Wahl für Weiße. Wir befinden uns in einem Land, in dem etwa 15 Millionen Menschen unter israelischer Herrschaft leben und circa fünf Millionen Menschen keine Grundrechte haben und an diesen Wahlen teilnehmen können. Wie lässt sich das mit Demokratie vereinbaren? Wenn es um die wichtigsten Frage in diesem Land geht – die Besatzungspolitik –, gibt es keinen wirklichen Unterschied zwischen rechter und linker Seite, auch wenn die Rhetorik minimal anders ist. Daran kann ich mich nicht beteiligen. Ganz gleich ob Netanjahu, Lapid oder Gantz die Wahlen gewinnt: Sie alle stehen für eine Fortsetzung der Besatzung. Dafür, Palästinenser nicht als gleichwertige Menschen zu behandeln. In diesem Sinn wird sich nichts grundlegend ändern.
    Wenn Sie sagen, dass Sie sich nicht beteiligen: Heißt das, dass Sie selbst nicht wählen gehen?
    Doch, doch, ich wähle. Wir alle tun so, als seien wir Teil einer Demokratie. Aber wenn Sie heute in die Westbank gehen, sehen Sie zwei Dörfer nebeneinander: hier eine Siedlung, dort ein palästinensisches Dorf, beide unter israelischer Herrschaft. Die Siedlung darf an den Wahlen teilnehmen, das palästinensische Dorf nicht. In diesem Sinn will ich schlicht daran erinnern, dass diese Wahlen eine Maskerade der Demokratie sind.
    Der große Aufsteiger dieser Wahl ist Itamar Ben-Gvir, ein rechtsextremer Kandidat, der vor allem bei den Jungen viel Zuspruch findet. Was ist in Ihren Augen der Grund für diese Unterstützung?
    Ben-Gvir ist extremer als Marine Le Pen in Frankreich oder die AfD in Deutschland. Er appelliert an junge Menschen, die wenig Interesse und noch weniger Wissen haben und jemanden wollen, der sie in ihren stärksten Gefühlen vertritt: Hass auf die Araber und nationale Rache. Ben-Gvir weiß diese Gefühle sehr gut zu manövrieren und auszudrücken. Er ist auch Mizrachi (ein aus der arabischen Welt stammender Jude, Anm. der Red.). Bisher waren die führenden Köpfe der israelischen Rechten allesamt europäischstämmig. Die Kluft zwischen Mizrachi und Aschkenasi ist nach wie vor ein wichtiger Faktor in israelischer Soziologie und Politik. Zudem ist er ein street kid: emotional, authentisch, und er weiß, wie man mit Medien hantiert.
    Quelle: Berliner Zeitung
  16. Knapper Sieg für Lula da Silva in Brasilien
    Wahl mit Rekordergebnissen. Bislang unklar ist, wie sich Bolsonaro verhalten wird. Linke gewinnt bei Gouverneurswahlen im Nordosten, verliert jedoch im Bundesstaat São Paulo
    Von Mario Schenk
    Brasília/São Paulo. Luiz Inácio Lula da Silva (77) hat die Stichwahl in Brasilien mit 50,90 Prozent für sich entschieden. Mit 1,8 Prozent Vorsprung auf den unterlegenen Jair Bolsonaro (67) mit 49,10 Prozent ist es der knappste Sieg aller Wahlen seit Ende der Militärdiktatur 1988. Laut Wahlbehörde liegt die Differenz bei 2.139.645 Stimmen. […]
    Im Zentrum der Metropole São Paulo, wo sich Tausende Anhänger:innen Lulas versammelt hatten, erklärte Lula, dass man keinen gewöhnlichen Gegner bekämpft habe. “Wir hatten den ganzen Staatsapparat gegen uns, den der Andere zu seinem Vorteil nutzte, um unseren Sieg zu verhindern“. Dennoch zeigten sich Linke und progressive Bewegungen enttäuscht darüber, dass der “Denkzettel” für die rechts-autoritäre Politik nicht größer ausgefallen ist. Ein deutlicher Sieg über Bolsonaro hätte die Position der zukünftigen Regierung bedeutend gestärkt.
    Unklar bleibt zudem, wie sich Bolsonaro verhalten wird. Im Vorfeld hatte er erklärt, das Wahlergebnis im Fall einer Niederlage gegebenenfalls anfechten zu wollen. Kurz vor dem zweiten Wahlgang klagte er über Benachteiligung. Zahlreiche Radiostationen hätten seine Wahlwerbung nicht gebracht, weswegen er drohte, die Wahl zu verschieben. Tatsächlich waren Werbespots von ihm wegen der Verbreitung von Fake News verboten worden. Zudem befürchten Beobachter:innen, dass militante Anhänger:innen nun versuchen könnten, das Land durch Gewaltakte zu destabilisieren, was Bolsonaro zum Anlass nehmen könnte, den Ausnahmezustand auszurufen und mit Hilfe des Militärs vorerst im Amt zu bleiben.
    Bereits im Wahlkampf war es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen, bei denen Sympathisant:innen Bolsonaros Schusswaffen einsetzten.
    Quelle: amerika21

    dazu: Lula da Silva gewinnt die brasilianische Präsidentschaft
    (Eigene Übersetzung)
    Die jüngste rosa Flut im globalen Süden mit der Wahl sozialistischer und populistischer Führer in Süd- und Mittelamerika hat die Vormachtstellung der USA weiter in Frage gestellt. Innerhalb des globalen Südens ist Brasilien das größte und am stärksten industrialisierte Land. Es ist um 300.000 Quadratmeilen größer als die zusammenhängenden Vereinigten Staaten.
    Brasilien will seine Führungsrolle im globalen Süden nutzen, um die Schaffung einer lateinamerikanischen Währung namens Sur (Süden) anzuführen. Sie wird sich zu alternativen Finanzsystemen und Währungen gesellen, die bereits für den Handel genutzt werden, wie der chinesische CIPS/Yuan/RMB und der russische SPFS/Rubel, die bereits das SWIFT/Dollar-Transaktionssystem und die US-Wirtschaft angreifen.
    Der Petroyuan bleibt nicht nur eine Bedrohung für den Petrodollar auf dem globalen Ölmarkt, sondern die Ausweitung der einseitigen wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen (Sanktionen) der USA gegen Russland und China, den Iran und Venezuela (zwei wichtige Ölförderländer) und etwa 37 weitere Länder haben sich wirtschaftlich nachteilig ausgewirkt und den Rubel laut CBS News zur stärksten Währung der Welt in diesem Jahr gemacht.
    Aber es kommt noch schlimmer für die USA. Ihr Stellvertreterkrieg gegen Russland durch die Ukraine und Europa/NATO hat die Einführung dieser konkurrierenden alternativen Transaktionssysteme auf Hochtouren laufen lassen.
    Quelle: Popular Resistance

    dazu auch: Die brasilianische Demokratie siegt gegen erhebliche Widerstände
    (Eigene Übersetzung)
    In den sozialen Medien wurden Tausende von Beschwerden über lange Schlangen öffentlicher und privater Fahrzeuge gepostet, die darauf warteten, von der Polizei kontrolliert zu werden. Sogar die Uber-App war außer Betrieb, und viele Fahrer weigerten sich, Menschen zu fahren, die eindeutig Lula-Anhänger waren. Diese Vorkommnisse waren im Nordosten des Landes weitaus häufiger anzutreffen. Diese Region gilt als Hochburg von Lulas Arbeiterpartei (PT). Mancherorts gingen Bolsonaro-Anhänger so weit, dass sie Bäume fällten und stundenlang Straßen blockierten, um PT-Anhänger daran zu hindern, die Wahllokale zu erreichen.
    In Brasilien sind die öffentlichen Verkehrsmittel am Wahltag in der Regel kostenlos, damit auch Menschen mit geringerem Einkommen wählen können. Dieses Mal weigerten sich viele Gouverneure und Bürgermeister, die mit Bolsonaro sympathisieren, eine solche Maßnahme zu ergreifen. Die Rechte ist sich der starken Unterstützung bewusst, die Lula in den ärmsten Schichten der Gesellschaft genießt, und nutzte diesen Tiefschlag in der Hoffnung, das Ergebnis zu beeinflussen. Vielleicht wäre dies in einem anderen Land nicht von Belang, aber in Brasilien sind die öffentlichen Verkehrsmittel für viele Menschen, die durchschnittlich 5 US-Dollar für eine Fahrt ausgeben müssen, sehr teuer.
    Quelle: Popular Resistance, eigene Übersetzung

    und: Für Lula bringt die Stichwahl einen Sieg, aber keinen Triumph
    Lula da Silva landet den knappsten Wahlsieg seit 1985. Aber seine nunmehr dritte Präsidentschaft beginnt unter anderen Vorzeichen als angenommen. Er hat fast die Hälfte der Wähler gegen sich
    Quelle: Lutz Herden in der Freitag

  17. Warum die ARD Bolsonaro rechtsextrem nennt
    Der brasilianische Präsident Bolsonaro wird oft als Rechtsaußen, Rechtspopulist oder ultra-rechts beschrieben. Warum hat sich die ARD entschieden, ihn sogar rechtsextrem zu nennen?
    Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro hat sich immer wieder mit radikalen Äußerungen zu Wort gemeldet – während seiner langjährigen Tätigkeit als Parlamentarier, im Präsidentschaftswahlkampf 2018 und auch als Staatsoberhaupt seit 2019. Dabei bedient er sich häufig einer rechtsextremen Rhetorik und offenbart ein rechtsextremes Weltbild, weswegen die ARD ihn als “rechtsextrem” bezeichnet.
    Laut Verfassungsschutz haben radikale politische Auffassungen in einer pluralistischen Gesellschaftsordnung ihren legitimen Platz. Der Begriff rechtsradikal bezeichnet also eine Strömung, die nicht zwangsläufig gegen die Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstößt.
    Demgegenüber werden rechtsgerichtete Demokratiefeinde als rechtsextrem bezeichnet, wenn sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnen und – auch unter Anwendung von Gewalt – ein autoritäres oder gar totalitäres staatliches System errichten wollen. […]
    Die Diffamierungen und wiederholt geäußerte Ablehnung des demokratischen Rechtsstaats erfüllen im Einklang mit der Definition des deutschen Verfassungsschutzes die Voraussetzungen für ein rechtsextremes Weltbild. Bolsonaro pflegt neben einem aggressiven Nationalismus die Ablehnung der pluralistischen Gesellschaft und wünscht sich einen Staat mit militärischen Ordnungsprinzipien (Militarismus).
    Auch die wesentlichen Merkmale des Politikwissenschaftlers Richard Stöss erfüllt Bolsonaro: übersteigerter Nationalismus, Beschwörung äußerer Bedrohung, Negierung der universellen Freiheits- und Gleichheitsrechte der Menschen, tendenzielle Gegnerschaft zu parlamentarisch-pluralistischen Systemen, gesellschaftliches Leitbild einer ethnisch homogenen Volksgemeinschaft mit einem Führer…
    Die ARD hat sich für den Begriff “rechtsextrem” entschieden, um trennscharf zu definieren, wie Jair Bolsonaro politisch einzuordnen ist.
    Quelle: tagesschau


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