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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 7. November 2022 um 8:31 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Kiew setzt SPD-Fraktionschef Mützenich auf Terrorliste
  2. Deutschlands Position in Amerikas neuer Weltordnung
  3. Scholz in China: Deutschlands letzter Sargnagel – oder doch ein Schritt zur Rettung?
  4. US says Zelenskiy risks allies’ ‘Ukraine fatigue’ if he rejects Russia talks – report
  5. USA stellen weitere Militärhilfe bereit
  6. Das Pentagon ist einer der grössten Klimagrüsel der Welt
  7. Gegen Einmischung
  8. Honduras und das Modell der Privatstädte
  9. Etwa zwei Millionen Menschen holen Lebensmittel bei der Tafel
  10. «Shit happens»: Wer behauptet, für den Klimaschutz zu kämpfen, kann im Ampel-Deutschland auch Menschenleben gefährden
  11. Kriminalisierung des politischen Gegners
  12. Sieben Tage der Zerstörung
  13. Weiterer Rückschlag fürs E-Rezept
  14. Digitalwährung: Deutsche Industrie drängelt beim digitalen Euro

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Kiew setzt SPD-Fraktionschef Mützenich auf Terrorliste
    Die ukrainische Regierung hat den SPD-Fraktionsvorsitzenden Ralf Mützenich auf eine Terrorliste gesetzt – weil er sich für eine diplomatische Lösung im Ukraine-Krieg einsetzt. Wie Mützenich erklärte, habe er daraufhin weitere Drohungen bekommen. (…)
    Bereits im Juni hatte das Zentrum gegen Desinformation des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine” im Internet eine Liste mit 75 Personen veröffentlicht, unter denen sich auch Mützenich befand. Der Grund: Diese verbreiteten “russische Narrative”. Mützenich wurde mit dem Hinweis aufgelistet, dass er sich für einen Waffenstillstand einsetze.
    Der SPD-Fraktionsvorsitzende beschwerte sich zudem über die Diskriminierung derjenigen, die sich wie er selbst für mehr Diplomatie mit Blick auf den Krieg in der Ukraine starkmachen. Wenn der Einsatz für einen Waffenstillstand ein Kriterium für eine solche Liste sei, dann müsse auch UN-Generalsekretär António Guterres darauf gesetzt werden, so Mützenich. Diese Diskriminierung warf er auch den Grünen und der FDP als Koalitionspartner der SPD vor.
    “Das geht ja bis hinein auch teilweise zu den Koalitionspartnern. Gegen diesen Rigorismus, gegen den wende ich mich.”
    Seine Forderungen nach mehr Diplomatie verteidigte er:
    “Es bleibt dabei: (…) Die meisten Kriege sind am Ende nicht auf dem Schlachtfeld beendet worden.”
    Der SPD-Politiker hatte kürzlich seine Hoffnung geäußert, dass man auf dem G20-Gipfel in Bali Mitte November einen Weg finden könne, diplomatische Initiativen auszuloten.
    “Es gibt von heute auf morgen sicherlich keine Waffenruhe. Manchmal entwickeln sie sich zuerst auch nur in einzelnen Regionen. Wir dürfen aber keine Chance außer Acht lassen, die eine lokale Waffenruhe, den Austausch von Kriegsgefangenen und die Versorgung der Zivilbevölkerung möglich macht.”
    Quelle: RT DE

    Anmerkung Christian Reimann: Und dennoch setzt sich auch der deutsche Bundeskanzler für dieses Regime in der Ukraine ein und sichert Ukraine und Moldau Unterstützung auf Weg in die EU zu.

    dazu: Ukraine: Liste mit “Informationsterroristen” natürlich keine “Terrorliste” (Update)
    Behörde von Selenskyj führte auch SPD-Fraktionschef als “Informationsterroristen”. Debatte flammt nach Monaten wieder auf. Halbherziges Dementi aus Kiew.
    Nach mehreren Monaten ist eine Debatte über eine schwarze Liste ukrainischer Behörden wieder aufgeflammt, auf der auch deutsche Politiker und Wissenschaftler standen. Beim sogenannten Debattenkonvent der SPD in Berlin hatte der Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, der ukrainischen Regierung vorgeworfen, ihn schon längerem auf eine „Terrorliste“ gesetzt zu haben. Ukrainische Diplomaten wiesen die Vorwürfe entschieden zurück, äußerten sich in der Sache aber vage – wie schon im Sommer.
    Quelle: Telepolis

  2. Deutschlands Position in Amerikas neuer Weltordnung
    Deutschland ist zu einem wirtschaftlichen Satelliten von Amerikas Neuem Kalten Krieg mit Russland, China und dem Rest Eurasiens geworden. Deutschland und andere NATO-Staaten wurden angewiesen, sich selbst Handels- und Investitionssanktionen aufzuerlegen, die den heutigen Stellvertreterkrieg in der Ukraine überdauern werden. US-Präsident Biden und seine Sprecher des Außenministeriums haben erklärt, dass die Ukraine nur die Eröffnungsarena in einer viel breiteren Dynamik ist, die die Welt in zwei gegensätzliche Gruppen wirtschaftlicher Allianzen spaltet. Dieser globale Bruch verspricht einen zehn- oder zwanzigjährigen Kampf zu werden, um festzustellen, ob die Weltwirtschaft eine unipolare US-zentrierte Dollarwirtschaft oder eine multipolare Welt mit mehreren Währungen sein wird, die sich auf das eurasische Kernland mit gemischten öffentlichen und privaten Ökonomien konzentriert.
    Präsident Biden hat diese Spaltung als eine Spaltung zwischen Demokratien und Autokratien bezeichnet. Die Terminologie ist typische orwellsche Doppelsprache. Mit „Demokratien“ meint er die USA und verbündete westliche Finanzoligarchien. Ihr Ziel ist es, die Wirtschaftsplanung aus den Händen gewählter Regierungen an die Wall Street und andere Finanzzentren unter US-Kontrolle zu verlagern. US-Diplomaten nutzen den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank, um die Privatisierung der weltweiten Infrastruktur und die Abhängigkeit von US-Technologie, Öl- und Lebensmittelexporten zu fordern.
    Quelle 1: Michael Hudson in The Unz Review
    Quelle 2: Michael Hudson in Brave New Europe
  3. Scholz in China: Deutschlands letzter Sargnagel – oder doch ein Schritt zur Rettung?
    Man muss schon grün sein, um nicht zu erkennen, dass die gegenwärtige Haltung gegen Russland für Deutschland verheerend ist. Das Gleiche noch mal gegen China, und das selbst gegrabene Loch wäre für jede Leiter zu tief. Also was wird Olaf Scholz in China tun? (…)
    Das ist eine Frage, die vermutlich selbst nach seinem Besuch nicht gleich beantwortet werden kann. (…)
    Erdoğan hat in einer Livesendung mit mehreren türkischen Sendern über sein Telefonat mit Scholz gesprochen und dort gesagt, sowohl Scholz als auch Putin hätten in den jeweiligen Telefonaten die Bedeutung der Diplomatie hervorgehoben. “Selbst Olaf war vor einem Monat an einem ganz anderen Punkt, aber jetzt ist er an einem anderen Punkt.” Die Deutsche Welle auf Türkisch fand diese Aussage bedeutend genug, dass sie gleich versuchte, sie mit Hilfe der deutschen Zusammenfassung zu übertünchen. Was natürlich nicht besagt, dass Erdoğans Andeutung, Scholz könne jetzt verhandlungsbereiter sein als vor einem Monat, nicht stimmt.
    Version 1 der möglichen Ereignisse bei Scholz’ Gespräch mit Xi Jinping skizzierte Michael Hudson: “Der deutsche Kanzler Olaf Scholz geht diese Woche nach China, um zu fordern, dass es seinen öffentlichen Sektor abbaut und seine Wirtschaft nicht länger subventioniert, sonst werden Deutschland und Europa Sanktionen über den Handel mit China verhängen. China kann auf diese lächerlichen Forderungen keinesfalls eingehen, ebenso wenig, wie die Vereinigten Staaten oder irgendeine andere industrialisierte Wirtschaft aufhören würde, ihre Produktion von Mikrochips oder andere Schlüsselsektoren zu fördern. (…) Das verspricht, der letzte Nagel im Sarg der deutschen Wirtschaft zu werden.”
    Gäbe es nicht diese irrlichternde Aussage Erdoğans, die Erwartung, die Hudson hier äußert, träfe mit hoher Wahrscheinlichkeit zu. Auch wenn Scholz Vertreter der realen, produzierenden Industrie im Gefolge hat, in den letzten Monaten war die gesamte (sichtbare) deutsche Außenpolitik völlig den Interessen der Rentenökonomie und damit der US-Hegemonie untergeordnet; es war ja nicht einmal ein Mucks zu Nord Stream zu vernehmen. Die Erwartungen des grünen Koalitionspartners wie der US-amerikanischen “Freunde” sind klar, und es zeigte sich bisher nicht der leiseste Widerstand gegen den angekündigten Untergang innerhalb der politischen Klasse. Tatsächlich, nach dem verheerenden Bruch mit Russland auch noch ein Bruch mit China wäre der letzte Nagel im Sarg, und die Deutschen könnten schon einmal anfangen, das Ziehen von Holzpflügen zu üben.
    Aber da gibt es noch eine Variante, von Pepe Escobar, der in der Regel nicht schlecht informiert ist; wobei man natürlich gegenüber Nachrichten, die unerwartete Hoffnungen sprießen lassen, besonders skeptisch sein muss.
    Escobar bezieht sich auf Quellen in deutschen Unternehmen. Er schreibt: “Sie sagen mir, Scholz geht nach China, um über Peking einen Friedensschluss mit Russland auszuhandeln.” Zwischen Berlin und Moskau sei, erklärt er, bis zum Anschlag auf Nord Stream der Kontakt nie abgebrochen. Die Delegation könne versuchen, China als Verbündeten an die Stelle der USA zu setzen. Und nun zitiert er zwei seiner Quellen. Die erste: “Wenn dieser Versuch erfolgreich ist, dann können Deutschland, China und Russland sich verbünden und die USA aus Europa vertreiben.” Und nun die zweite: “Olaf Scholz wird auf dieser Reise von deutschen Industriellen begleitet, die Deutschland wirklich kontrollieren und sich nicht zurücklehnen werden und zusehen, wie sie zerstört werden.”
    Quelle: Dagmar Henn in RT DE

    dazu: Doppeltes Spiel
    Vor China-Besuch droht Olaf Scholz dem wichtigen Handelspartner. (…)
    Man kann die Reise von Olaf Scholz nur vor dem Hintergrund der verheerenden Folgen des deutschen Wirtschaftskrieges gegen Russland für die große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland verstehen. Scholz will auf der einen Seite verhindern, dass es zum Showdown mit dem größten Handelspartner China kommt. Auf der anderen Seite ist der Kanzler getrieben von Grünen und FDP, allen voran Außenministerin Annalena Baerbock, die auch in puncto China wie die US-Administration zum Sturm auf Beijing bläst. Scholz deutet aber bereits an, wie er diese Widersprüche aufzulösen gedenkt. Statt eine gemeinsame Friedensinitiative für eine sofortige Waffenruhe in der Ukraine anzustoßen, träumt er von »klaren Worten« Beijings an die Adresse Moskaus.
    Scholz’ Außenpolitik scheint in einer Dauerschleife moralischer Hybris und grotesker Selbstüberschätzung gefangen. Da nimmt er sich mit Baerbock nichts. Als müsste man sich im Auswärtigen Amt und Kanzleramt tagtäglich des wilhelminischen Erbes versichern, geht es schlafwandlerisch durch die Welt. Und in der Tat, die Kaiser Wilhelm I. und II. scheinen die Riesen, auf deren Schultern die Zwerge heute Politik machen.
    So sind kein Kniefall in Beijing und die Rückgabe chinesischer Raubkunst zu erwarten als Entschuldigung für die deutschen Kolonialverbrechen in China. Statt dessen eine Kampfansage des Kanzlers noch vor seiner Abreise, versteckt in einem FAZ-Meinungsbeitrag. »Wir werden Reziprozität einfordern. Wo China diese Gegenseitigkeit nicht zulässt, kann dies nicht folgenlos bleiben«, so die wolkige Drohung aus dem Kanzleramt. Scholz will sich derart die Tür gegenüber Washington offenlassen, dass er unter Umständen doch bereit ist, an einem Wirtschaftskrieg gegen Beijing mitzutun.
    Vieles spricht dafür, dass der Scholzsche Spagat auf Dauer nicht durchzuhalten sein wird und die deutsche Außenpolitik – ähnlich wie gegen Russland – bei der Eskalation gegen China ganz vorne mitmischt, den Ruin der deutschen Industrie und die Vernichtung von Millionen Arbeitsplätzen riskierend.
    Quelle: Sevim Dagdelen in junge Welt

    dazu auch: Wansleben: Zunehmender Protektionismus Chinas problematisch
    Volksrepublik ist ein wichtiger, aber schwieriger Wirtschaftspartner (…)
    “Der Handel mit China macht 9,5 Prozent des deutschen Handelsvolumens aus”, erläuterte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben auf Anfrage mehrerer Medien.
    Damit sei das Land “einer der wichtigsten Handelspartner für die deutsche Wirtschaft, wenn auch ein schwieriger”. Deutsche Unternehmen sähen dort “weiterhin viele Chancen allein wegen der Größe, aber zunehmend auch Risiken und wachsende Herausforderungen”. (…)
    Die vergangenen zwanzig Monate bewertete Wansleben als eher ernüchternd: “Die Zahl der in China tätigen Ausländer hat sich seit dem Frühjahr 2020 halbiert. Reisebeschränkungen und immer wiederkehrende Lockdowns führen dazu, dass nur etwa die Hälfte der deutschen Unternehmen in den nächsten zwei Jahren mehr vor Ort investieren will.” Das hänge damit zusammen, dass die meisten dort tätigen Unternehmen vor allem für den chinesischen Markt produzierten. Ein Drittel plane allerdings wegen der Risiken auch die Diversifizierung seiner Lieferketten von China weg, berichtete der DIHK-Hauptgeschäftsführer. (…)
    Der zunehmende Protektionismus in der Volksrepublik sei aus Sicht der deutschen Wirtschaft ein Problem, sagte der DIHK-Hauptgeschäftsführer. “Das Land setzt selbst eher auf Abschottung, will aber überall in der Welt mehr mitmischen – auch bei uns in Deutschland.” Deshalb sei es so wichtig, dass der Bundeskanzler sich für wechselseitig gleiche Regeln, also Reziprozität, einsetze. “Hier muss sich auch Europa klar positionieren.”
    Quelle: DIHK

  4. US says Zelenskiy risks allies’ ‘Ukraine fatigue’ if he rejects Russia talks – report
    US officials have reportedly warned the Ukrainian government in private that it needs to signal an openness to negotiating with Russia.
    Officials in Washington have warned that “Ukraine fatigue” among allies could worsen if Kyiv continues to be closed to negotiations, the Washington Post reported. US officials told the paper that Ukraine’s position on negotiations with Russia is wearing thin among allies who are worried about the economic effects of a protracted war.
    Ukraine’s president, Volodymyr Zelenskiy, has said Ukraine is only prepared to enter negotiations with Russia if its troops leave all parts of Ukraine, including Crimea and the eastern areas of the Donbas, de facto controlled by Russia since 2014, and if those Russians who have committed crimes in Ukraine face trial.
    Zelenskiy also made clear that he would not hold negotiations with the current Russian leadership. Last month, he signed a decree specifying that Ukraine would only negotiate with a Russian president who has succeeded Vladimir Putin.
    Quelle: The Guardian

    dazu: USA fordern von Kiew wohl Verhandlungsbereitschaft mit Russland
    Die Biden-Regierung hat inoffiziell die ukrainische Führung ermutigt Bereitschaft zu Verhandlungen mit Russland zu signalisieren. Die Ukraine solle ihre öffentliche Weigerung aufgeben, sich an Friedensgesprächen mit Präsident Putin zu beteiligen, berichtete die „Washington Post“ und zitierte mit den Gesprächen vertraute Personen. Der Zeitung zufolge ziele das Drängen amerikanischer Beamter nicht darauf ab, die Ukraine an den Verhandlungstisch zu bringen, vielmehr sei es ein kalkulierter Versuch Kiew die Unterstützung der Länder zu sichern, deren Bürger einen Krieg über viele Jahre hinweg befürchten. „Die Ukraine-Müdigkeit ist für einige unserer Partner eine echte Sache“, zitierte die „Washington Post“ einen mit der Sache vertrauten US-Beamten.
    Quelle: FAZ

  5. USA stellen weitere Militärhilfe bereit
    Die USA richten an ihrem Standort in Wiesbaden eine Militärzentrale ein, die für Waffentransfers und Militärausbildung für die Ukraine zuständig sein soll. Das Pentagon teilte auch mit, dass die Ukraine weitere US-Militärhilfe im Umfang von 400 Millionen Dollar erhält.
    Der Militärposten in Deutschland, der Security Assistance Group Ukraine genannt wird, verdeutlicht, dass die USA ein langfristigeres Hilfsprogramm für die Ukraine im Kampf gegen Russland verfolgen, wie Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh sagte.
    In der Militärhilfe im Umfang von 400 Millionen Dollar sind Aufträge für 1100 Drohnen vom Typ Phoenix Ghost enthalten, wie das Pentagon berichtete. Das Geld werde auch die Neuausstattung von 45 Panzern und 40 Schiffen finanzieren. Eine Phoenix-Ghost-Drohne ist eine bewaffnete Drohne, die beim Kontakt mit ihrem Ziel explodiert. Seit Beginn des russischen Kriegs in der Ukraine am 24. Februar haben die USA der Ukraine Militärhilfe im Umfang von mehr als 18,2 Milliarden Dollar zugesagt.
    Quelle: tagesschau

    Anmerkung unseres Lesers R.M.: Von deutschem Boden darf wieder Krieg ausgehen? So sieht es aus.

  6. Das Pentagon ist einer der grössten Klimagrüsel der Welt
    Wo Kriege stattfinden, häuft sich über kurz oder lang der Müll. Treibstoff, Schwermetalle, Sprengstoffe und andere Chemikalien finden zusammen mit Schutt aus zerbombten Gebäuden und den Abfällen der Kämpfenden. Die oft langanhaltende Umweltverschmutzung ist eine der am wenigsten beachteten Kriegsfolgen der Welt.
    Noch weniger Aufmerksamkeit bekommen die Treibhausgasemissionen des Militärs. Das Pentagon, sagt Neta C. Crawford, sei einer der grössten einzelnen CO2-Verursacher der Welt. In einem Interview mit «Mother Jones» stellt die Politikwissenschaftlerin der Universität Oxford ihr Buch «Pentagon, Climate Change, and War: Charting the Rise and Fall of US Military Emissions» vor. (…)
    Crawford, die auch für das Projekt «Costs of War» der Brown University tätig ist, macht das an Zahlen fest: Seit 2001 entfielen 77 bis 80 Prozent des staatlichen Energieverbrauchs auf das Militär. Das US-Verteidigungsministerium sei der weltweit grösste institutionelle Nutzer fossiler Brennstoffe.
    Das Ministerium verwalte weltweit mehr als 560’000 Gebäude auf rund 500 Militärbasen, was einen grossen Teil ihrer Emissionen ausmache. Dazu kommen Waffensysteme, LKWs, Kriegsschiffe und Jeeps, die mit fossilien Rohstoffen betrieben werden. Den bei weitem grössten Treibstoffbedarf haben Flugzeuge, stellte auch eine Studie der Lancaster and Durham University 2019 fest, die das US-Militär im Ländervergleich auf Platz 47 der grössten CO2-Emittenten einordnete. (…)
    Vom Beginn des «War on Terrorism» 2001 bis 2017 habe die US-Armee 1,2 Milliarden Tonnen Treibhausgase ausgestossen, hat «Costs of War» ebenfalls 2019 ausgerechnet. Davon seien 400 Millionen Tonnen direkt auf den Treibstoffverbrauch zurückzuführen.
    Der CO2-Aussstoss des US-Militärs von 59 Millionen Tonnen war 2017 laut Statista vergleichbar mit dem des Landes Marokko und nicht ganz doppelt so hoch wie jener der Schweiz (34,4 Mio. Tonnen).
    Quelle: Infosperber
  7. Gegen Einmischung
    Arabische Liga: Einigkeit bei Gipfel demonstriert. Grußbotschaften von Putin und Guterres
    Am Mittwoch ist in Algerien das Gipfeltreffen der Arabischen Liga zu Ende gegangen. Konflikte gab es Medienberichten zufolge vor allem zwischen Marokko und dem Gastgeber. Die Grenzen zwischen beiden Ländern sind geschlossen, Algerien brach die diplomatischen Beziehungen zu Marokko im August 2021 ab, nachdem das Königreich ein militärisches Abkommen mit Israel unterzeichnet und israelische Truppen ins Land gelassen hatte. Rabat wiederum wirft Algier vor, die Frente Polisario zu unterstützen, die für die Unabhängigkeit der von Marokko besetzten Westsahara kämpft.
    Ursprünglich war die Teilnahme des marokkanischen Königs Mohammed VI. angekündigt worden, doch die eintreffende Delegation wurde von Nasser Bourita geleitet, dem Außenminister. Über Medien wurden zahlreiche Anschuldigungen verbreitet, die offiziell nicht bestätigt wurden. So sei die marokkanische Delegation von der algerischen Sicherheitsbegleitung abgehört und marokkanische Journalisten seien schikaniert worden.
    Trotzdem konnte der Gipfel eine abschließende »Erklärung von Algier« annehmen. Darin wurde jede ausländische Einmischung in die internen Angelegenheiten der arabischen Staaten zurückgewiesen. Probleme und Unstimmigkeiten sollten von den Staaten der Arabischen Liga friedlich und im Dialog gelöst werden. Die Liga solle eine aktivere Rolle bei der Konfliktlösung einnehmen, insbesondere bei den Krisen im Jemen, in Libyen und Syrien.
    Gastgeber Abdelmadjid Tebboune, der algerische Präsident, erinnerte an die Entwicklung einer arabischen Zollunion, dafür solle die Großarabische Freihandelszone (GAFTA) vollständig aktiviert werden. Ziel des 1998 in Kraft getretenen Zusammenschlusses von heute 18 arabischen Staaten ist, Zölle, Gebühren und Steuern beim grenzüberschreitenden Handel anzupassen und perspektivisch aufzuheben.
    Die Teilnehmer unterstrichen ihre »volle Unterstützung für die Rechte des palästinensischen Volkes, einschließlich des Rechts auf Freiheit und Selbstbestimmung und des Rechts auf Rückkehr« der palästinensischen Flüchtlinge in ihre Heimat. Die »ungerechte Blockade des Gazastreifens« durch Israel müsse aufgehoben werden. Das Gipfeltreffen forderte zudem die Freilassung aller Gefangenen; insbesondere Kinder, Frauen, kranke und ältere Menschen müssten die Gefängnisse verlassen dürfen. Die Staaten unterstützten die volle Mitgliedschaft Palästinas bei den Vereinten Nationen; die israelische Besatzungsmacht müsse für ihre Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden.
    Quelle: Karin Leukefeld in junge Welt
  8. Honduras und das Modell der Privatstädte
    Eine Gesetzesänderung 2013 hat sogenannte ZEDE in Honduras möglich gemacht. Das sind Areale, die wie Unternehmen organisiert sind und in vielen Bereichen Autonomie besitzen. Kritiker sehen darin den Ausverkauf staatlicher Souveränität.
    „Ich will Zonen für Arbeit und wirtschaftliche Entwicklung hier im Norden von Honduras sehen. Ich habe schon mit verschiedenen Unternehmen in Asien, Kanada und den USA gesprochen und ihnen gesagt: Das Konzept für die Sonderzonen in Honduras ist fertig.“
    Herbst 2017. Fünf Jahre ist es her – in Honduras in Zentralamerika ist Wahlkampf. Juan Orlando Hernández – zu dem Zeitpunkt autoritärer Präsident und starker Verfechter neoliberaler Politik – steht auf einer Bühne in der Stadt Choloma und wirbt für sein Lieblingsprojekt: die Zonas de Empleo y Desarrollo Económico, kurz ZEDE. Auf Deutsch: „Zonen für Arbeit und wirtschaftliche Entwicklung“. (…)
    Der Soziologe Andreas Kemper bezweifelt das. Er hält das Konzept der Privatstadt für gefährlich. „Privatstadt ist erst einmal eine Utopie, also von meiner Seite aus gesehen eine Dystopie, also eine negative Utopie. Aber gemeint ist sie von denen, die das anstreben, als Utopie. Das heißt, es gibt noch keine wirklichen Privatstädte. Eine Privatstadt, so wie sie sein sollte, die wäre jenseits aller Staatlichkeit. Das heißt, alles wäre privatisiert, nicht nur das Gesundheits- oder Bildungswesen, sondern auch Polizei, die Gerichte wären privatisiert, Gefängnisse wären privatisiert, also wirklich alles. Es gäbe keine Staatlichkeit mehr und damit auch natürlich keine Demokratie mehr.“
    In dieser Radikalität wurde bisher noch kein Privatstadtprojekt umgesetzt, nirgendwo auf der Welt. Aber Projekte, in denen neue Wohn- und Geschäftsviertel von privaten Investoren und nicht vom Staat entwickelt werden, gibt es viele – vor allem in Ländern des globalen Südens. Die „ZEDE“ – besagte „Zonen“ in Honduras – gehen allerdings einen Schritt weiter. Sie sind in vielen wichtigen Fragen wie etwa der Steuer- oder Bildungspolitik tatsächlich unabhängig vom Staat Honduras.
    Quelle: Deutschlandfunk
  9. Etwa zwei Millionen Menschen holen Lebensmittel bei der Tafel
    Die Zahl der Bedürftigen, die sich Lebensmittel bei der Tafel holen, war noch nie so hoch wie zurzeit. »Seit Jahresbeginn verzeichnen wir einen Anstieg der Kundinnen und Kunden von 50 Prozent«, sagte der Vorsitzende des Dachverbands Tafel Deutschland, Jochen Brühl, der Düsseldorfer »Rheinischen Post«. Insgesamt kämen etwa zwei Millionen Menschen.
    Die bundesweit rund 960 Tafeln verteilen an Bedürftige Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden können. Zuletzt hatte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Ende September geschätzt, dass knapp 1,1 Millionen Menschen sich über die Tafeln versorgen würden. Es bezog sich dabei auf eine Umfrage aus dem Jahr 2020.
    Tafel-Vorstand Brühl sagte, während die Zahl der Tafel-Kunden gestiegen sei, seien die Lebensmittelspenden zurückgegangen. »Rund ein Drittel der Tafeln sind so überlastet, dass sie Aufnahmestopps verhängen mussten«, sagte Brühl. Hilfesuchende Menschen wegzuschicken, sei für Helfer aber psychisch enorm belastend.
    Quelle: DER SPIEGEL

    dazu: Ein Drittel der Tafeln schickt Bedürftige weg
    Die gestiegenen Lebenshaltungskosten machen sich bei vielen bemerkbar. Immer mehr versorgen sich deshalb bei den Tafeln mit Lebensmitteln. Doch auch die Einrichtungen kommen an ihre Grenzen.
    Quelle: n-tv

    Anmerkung Christian Reimann: Der Umstand, dass Millionen Menschen zu wenig Geld haben, um sich Lebensmittel kaufen zu können, ist – oder sollte – im reichen Deutschland peinlich sein. Eine politische Entscheidungsträgerschaft, die das zulässt und zugleich Milliarden für die Rüstung und überteuerte Energien ausgibt, sollte ihre Prioritäten hinterfragen. Erinnert sei z.B. auch an diese Beiträge:

    1. Auch Erbarmen geht nicht ohne Coca Cola – Nun engagiert sich der Getränkekonzern auch in der Armutsökonomie der „Tafeln“
    2. Die Armutsindustrie

    dazu auch: Millionen in Not
    »Tafeln«: Massenandrang bei Ausgabestellen. Kinder besonders betroffen. Verbände fordern Sozialgipfel von Kanzler Scholz.
    Es reicht einfach nicht. Nicht einmal für den Grundbedarf an Lebensmitteln. Rund zwei Millionen Personen in Deutschland gehen aktuell zu einer der etwa 960 Ausgabestellen der Tafeln, twitterte der Dachverband der Lebensmittelretter am Sonnabend auf seinem Account. Seit Anfang des Jahres ein Anstieg von 50 Prozent. Und: Auf Essensspenden sind längst nicht nur mehr ALG-II-Bezieher, Rentner und Geflüchtete angewiesen, wurde der Tafel-Vorsitzende Jochen Brühl am Sonnabend via Deutsche Presseagentur zitiert. Immer häufiger stünden Geringverdiener in der Warteschlange, die Ende des Monats keine Geldreserven mehr hätten, blank seien. Das weiß auch Michaela Engelmeier. »Abermillionen hierzulande sind gerade in Not«, empörte sich die Vorstandsvorsitzende vom Sozialverband Deutschland (SoVD) am Sonntag gegenüber jW. (…) Dauerkunden bei den Tafeln sind ferner »sehr viele Kinder«, sagte Uwe Kamp, Pressesprecher vom Deutschen Kinderhilfswerk, am Sonntag zu jW. Jedes fünfte hierzulande lebe in Armut. (…) Der Krisentrend dürfte anhalten, die Armut weiter zunehmen. Ein Beleg: 2020 besuchten etwa 1,1 Millionen Personen die Tafeln, hieß es jüngst in einer Studie vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) aus Berlin. Nun sind es beinahe doppelt so viele. Ein Bündnis von Sozialverbänden hatte »schon vor längerer Zeit Bundeskanzler Scholz aufgefordert, einen Sozialgipfel einzuberufen«, erinnerte Engelmeier vom SoVD. Resonanz? Null.
    Quelle: junge Welt

  10. «Shit happens»: Wer behauptet, für den Klimaschutz zu kämpfen, kann im Ampel-Deutschland auch Menschenleben gefährden
    Menschen, die sich auf der Strasse festkleben, sind keine Aktivisten, sondern Straftäter. Doch Deutschlands Regierungsparteien schicken ihnen höchstens liebevolle Mahnungen. Eine Farce.
    Man stelle sich vor, die Demonstranten, die sich auf Berlins Strassen festkleben, hätten andere Ziele. Was wäre los, wenn sie statt «fürs Klima» für weniger illegale Migration oder für die Aufhebung der Maskenpflicht in Bussen und Bahnen protestieren würden? Die Republik würde beben. Mitglieder der Regierung würden vor radikalisierten «Demokratiefeinden» warnen. Leitartikler wären in Aufruhr. Und an diesem Montag wäre die Stimmung wohl endgültig gekippt. (…)
    Die Reaktionen? Nahe null. Die Feuerwehr kritisierte die Blockierer. Aber der politische Betrieb blieb gelassen. «Wer durch Protestaktionen die Rettung von Menschenleben gefährdet, diskreditiert nicht nur die hehren Ziele, für die er/sie kämpft, sondern verspielt damit auch Glaubwürdigkeit», twitterte der Grünen-Co-Vorsitzende Omid Nouripour mit einem Tag Verspätung. Immerhin, könnte man meinen. Aber die Ansprache blieb doch seltsam liebevoll. Nicht: Was ihr da macht, ist kriminell. Sondern: Vorsicht, Freunde, ihr verspielt Sympathien.
    «Shit happens», schrieb ein anderer Kommentator, der sich im Netz als «Aktivist für globale Klimagerechtigkeit, als durchtriebene queere Schlampe und als Politikwissenschafter» vorstellt. Der Mann ruderte später zurück. Aber eigentlich hat er die Stimmung gut zusammengefasst.
    Quelle: NZZ

    dazu: Die unmögliche Debatte um den Tod einer Radfahrerin
    Heute nun meldete die „Süddeutsche Zeitung“ allerdings, dass diese Verzögerung keine Auswirkungen auf die Rettung gehabt haben soll. Das ergebe sich aus einem internen Vermerk der Feuerwehr. Die Notärztin habe vor Ort entschieden, auf ein Anheben des LKW zu verzichten: „Selbst wenn mit Rüstwagen oder Kran andere technische Möglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten, war dies die richtige Vorgehensweise.“
    Das würde bedeuten, dass die Aktion der „Letzten Generation“ die Lage der Radfahrerin nicht noch schlimmer gemacht hat.
    Ist das eine gute Nachricht? Ändert das etwas? (…)
    Es wäre eine gute Nachricht, wenn es zu einer Deeskalation beitrüge, zu einer Versachlichung der Debatte. Wenn es dazu führen würde, über die Anliegen und Methoden der „Letzten Generation“ zu diskutieren, über ihre Radikalität und Gefährlichkeit und Notwendigkeit – ohne dass der Vorwurf im Raum steht, dass diese Gruppe das Leben eines Menschen auf dem Gewissen hat.
    Aber es spricht nichts dafür, dass das passieren wird. Zu groß ist das Bedürfnis nach moralischer Eindeutigkeit, auf beiden Seiten: Wenn die Klima-Aktivisten mit dem Tod der Radfahrerin nichts zu tun haben, so die Logik, muss man sich nicht mehr damit auseinandersetzen, dass man sich dieser Tatsache keineswegs sicher sein konnte und das schon morgen anders ausgehen kann.
    Und wenn die Klima-Aktivisten skrupellose Terroristen sind, die den Tod von Menschen in Kauf nehmen, so die Logik, muss man sich mit ihnen und ihrem Anliegen nicht mehr beschäftigen. Man muss sie nur noch bekämpfen. „Bild“ hat sogar schon ein Sprachverbot erklärt: Jeder, der sie noch als „Aktivisten“ bezeichne, mache sich zum „heimlichen Verbündeten“ dieser „Täter“.
    Quelle: Übermedien

    dazu auch: Kunst im Fadenkreuz von Klimaaktivisten: Klebeattacke nun im Prado-Museum in Madrid
    Die Welle von Angriffen auf berühmte Gemälde ebbt nicht ab. Nach Vorfällen in Dresden, London, Potsdam und Den Haag haben jetzt Klimaaktivisten in Madrid zugeschlagen. Betroffen sind zwei Gemälde aus dem Pinsel spanischen Meisters Francisco de Goya im Prado-Museum.
    Am Samstag haben sich zwei Klimaaktivistinnen im Prado-Museum in Madrid an die Rahmen zweier Gemälde des spanischen Meisters Francisco de Goya geklebt. Betroffen waren die weltberühmten Bilder “Die nackte Maja” und “Die bekleidete Maja”. An die Wand dazwischen schrieben die jungen Frauen “+ 1,5° C”. Die beiden Aktivistinnen trugen schwarze T-Shirts mit dem roten Aufdruck “Futuro Vegetal” (auf Deutsch “Pflanzliche Zukunft”).
    Quelle: RT DE

    und: Berlin: Klimaaktivistin nennt Richterin eine „Komplizin der Lebenszerstörung“
    Letzte Generation: Helga H. wurde am Freitag der Nötigung und des Widerstands schuldig gesprochen. Es ist erst das siebte von mehr als 100 Verfahren. (…)
    Die Richterin trifft allerdings eine ganz andere Entscheidung – und betont, nur „juristische Erwägungen“ hätten zu ihrem Urteil geführt. Helga H. wird schuldig gesprochen und erhält eine Geldstrafe von 1350 Euro. Ihr Einsatz für den Klimaschutz sei nicht zu überhören, sagt die Richterin. „Aber davon ist nicht gedeckt, für die eigenen Ziele andere Personen in Geiselhaft zu nehmen.“ Eine Vielzahl von Autofahrern sei von den drei Aktionen betroffen gewesen; der Klimaschutz als Fernziel hätte dabei „außer Betracht zu bleiben“ und sei keine Rechtfertigung für die Aktionen.
    Helga H.s Verteidiger hatte dafür plädiert, die Anklage gegen sie komplett fallen zu lassen. Er argumentierte, ihre Teilnahme an den Straßenblockaden sei eine legitime Protestform sowie Ausdruck der Versammlungs- sowie Meinungsfreiheit. Und auch die Forderung der Staatsanwaltschaft war recht mild: Das „bloße Festkleben“ erfülle die gesetzlichen Bedingungen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte aus Sicht des Staatsanwalts nicht. Er wollte Helga H. nur weiterhin wegen Nötigung anklagen und empfahl eine Geldstrafe von 1050 Euro.
    Quelle: Berliner Zeitung

  11. Kriminalisierung des politischen Gegners
    Indem der Bundestag am 20. Oktober den Volksverhetzungsparagraphen dahingehend verschärfte, dass nun bestraft werden kann, wer Kriegsverbrechen „billigt, leugnet oder gröblich verharmlost“, hat er der Gesinnungsjustiz Tür und Tor geöffnet. Schon die öffentlich gestellte Frage, ob sich ein Kriegsgeschehen so oder anders abgespielt hat, könnte künftig zu einer Verurteilung führen. (…)
    Die neue Fassung von § 130 StGB stellt künftig „Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe“ demjenigen in Aussicht, der „eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art […] öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt […] aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören“. Das Gesetz in dieser novellierten Form kann nur als gefährlich schwammig bezeichnet werden. Seine Anwendung bedürfte zunächst einer Definition des Unsagbaren. Doch die formale Aburteilung eines Kriegsverbrechens nach dem Völkerstrafgesetzbuch ist nicht Bedingung für eine Verurteilung nach § 130 [5] StGB. Es obliegt somit einer toxischen Mischung aus öffentlicher Meinung und der persönlichen Auffassung von Staatsanwälten und Richtern, welches Kriegsverbrechen als erwiesen betrachtet und dessen „gröbliche Verharmlosung“ somit unter Strafe gestellt werden sollte.
    Auch der Bedeutungsinhalt des Wortes „gröblich“ wird in der Praxis zu erheblichen Problemen führen. Das bedeutet im schlimmsten Fall, dass künftig alleine die öffentlich gestellte Frage, ob sich ein Kriegsgeschehen so oder anders abgespielt hat, zu einer Verurteilung wegen Volksverhetzung führen könnte. Anders als im Fall der Holocaustleugnung ist die strafbewehrte Handlung weitgehend undefiniert. Während der Holocaust in seiner grauenhaften Singularität umfassend dokumentiert und unbestritten ist, entziehen sich viele andere Kriegsverbrechen den Bemühungen des neutralen Chronisten.
    Quelle: Gerhard Strate in Cicero

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch „Volksverhetzung“ – eine Verschärfung der Strafbestimmung.

  12. Sieben Tage der Zerstörung
    Schlimmer hätte die erste Woche nach der Übernahme für Twitter kaum laufen können. Und doch – es könnte noch wesentlich schlimmer kommen. Das zu verhindern, liege letztlich auch bei den Nutzern selbst. (…)
    Musk hat auch angekündigt, dass Twitter zum “Marktplatz der Debatte” werden soll. Aber auf seinem Platz soll offenbar auch Rassistisches oder Verschwörerisches Platz haben. Twitter kann nur relevant bleiben, wenn das konsequent bekämpft wird. (…)
    Anmerkung: In einer früheren Version wurde der Begriff “rassistische oder verschwörerische Ratten” verwendet. Die Passage wurde geändert. Wir bitten um Entschuldigung für die Wortwahl. Es war nie das Ziel, jemanden zu entmenschlichen.
    Quelle: tagesschau

    Anmerkung unseres Lesers C.K.: Mich hat das zutiefst erschreckt; diese Entmenschlichung und die Gleichsetzung mit Ratten erinnerten mich beim Lesen an die Szenen aus dem Film “Jud Süß”, den ich zu meinen Studienzeiten einmal in einer besonderen Vorführung an der Uni sehen konnte. Es geht mir in diesem Hinweis nicht um den Themenkomplex Musk/Twitter/Entlassungen, sondern darum, wie ein Kommentator in den Tagesthemen sich so sehr über andere Menschen erhebt, dass er sie als Ratten bezeichnet und dass dies niemand in der Tagesschau, kein Redakteur, kein Redaktionsleiter, kein Korrekturleser, kein Web-Programmierer verhindert hat: Jeder Beteiligte hat dies einfach mitgemacht und so ist dies nun auch veröffentlicht.

    Anmerkung Christian Reimann: Auch wenn inzwischen eine Korrektur erfolgt ist, sagt dieser Vorgang einiges über die Geisteshaltung bzw. das Menschenbild der „tagesschau“ aus.

  13. Weiterer Rückschlag fürs E-Rezept
    Mit einem E-Rezept Medikamente in der Apotheke abholen: Seit Langem kommt dieses Vorhaben nur schleppend voran – und nun gibt es den nächsten Rückschlag. In der bundesweit einzigen Pilotregion haben die Kassen den Test gestoppt. (…)
    Bei der schleppenden Einführung kommt erschwerend hinzu, dass die Skepsis in der Ärzteschaft groß ist. In diesem Jahr wurden bisher nur rund 525.000 Digitalverschreibungen eingelöst. Zum Vergleich: Pro Jahr werden in Deutschland circa 500 Millionen Verschreibungen als rosa Zettelchen ausgestellt – der Anteil der Digitalverschreibung ist also verschwindend gering.
    Auf freiwilliger Basis können in Deutschland zwar alle Praxen das E-Rezept anbieten, von einer flächendeckenden Anwendung ist das Produkt aber weit entfernt. Mit der Pilotregion Westfalen-Lippe sollte die Digitalverschreibung neuen Schwung bekommen – die dortige Kassenärztliche Vereinigung hatte sich bereiterklärt, die Einführung aktiv zu begleiten und Schritt für Schritt mehr Praxen einzubinden. (…)
    Der Bundesdatenschutzbeauftragte hatte im Falle von Westfalen-Lippe befürchtet, dass es in der geplanten Form Datenmissbrauch in Apotheken geben könnte. Er erkannte eine Sicherheitsschwachstelle, die “Angreifern den unberechtigten Zugang zum E-Rezept-Fachdienst mit den dort gespeicherten E-Rezepten ermöglichen” könnte, wie es in seiner Entscheidung von September heißt. Notwendige technische Nachrüstungen mit Updates für Konnektoren – also Routern – und die Apotheken-Software dauern wohl bis Mitte 2023. So lange wollte die KVWL nicht warten und zog nun die Reißleine.
    “Die Entscheidung des Datenschützers ist eine Bankrotterklärung für die Digitalisierung im Gesundheitswesen generell und speziell in der ambulanten Versorgung”, sagte KVWL-Vorstand Thomas Müller. Das Ziel, dass 25 Prozent aller Verschreibungen von gesetzlich Versicherten elektronisch erfolgen, könne nicht erreicht werden.
    Quelle: tagesschau
  14. Digitalwährung: Deutsche Industrie drängelt beim digitalen Euro
    Angesichts des Vorsprungs anderer Länder droht Europa beim digitalen Zentralbankgeld den Anschluss zu verlieren, warnt der BDI. Er will viele Zusatzfunktionen.
    Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) hält die Einführung eines digitalen Euros für unabdingbar. Ein solcher wäre ihm zufolge nicht nur für Privatpersonen als weitere Bezahlart neben Scheinen und Münzen ein Fortschritt, sondern auch für Unternehmen. Die digitale Variante des europäischen Zentralbankgeldes könnte sogar “als Katalysator für die Digitalisierungsvorhaben” von Firmen dienen. (…)
    Die Europäische Zentralbank (EZB) kündigte im Juli 2021 eine zweijährige Untersuchungsphase rund um die Digitalwährung mit dem Fokus auf Technologie und Datenschutz an. Im Oktober 2023 will sie die Entscheidung über eine mögliche Umsetzung dieses Vorhabens verkünden. Diese Prüfung “kommt zwar spät, ist aber zielführend”, schreibt der BDI in einem jetzt publik gemachten Positionspapier von Ende September. Aufgrund des hohen Komplexitätsgrads sei es richtig, elementare Aspekte mit allen Beteiligten ausreichend zu diskutieren.
    Angesichts des teils großen Vorsprungs anderer Zentralbanken etwa in Kanada und China sowie der treibenden Kraft von Kryptowährungen wie Bitcoin drohe Europa auf diesem Gebiet den Anschluss zu verlieren, mahnt die Lobby-Organisation zur Eile. Dies gelte insbesondere für die Nutzung durch Unternehmen etwa im Lieferkettenmanagement. Sowohl politische Entscheider als auch die hierfür verantwortlichen Währungshüter sollten gerade bei den für die Industrie relevanten Ausgestaltungsmerkmale zügig zu Potte kommen. Zu groß sei die Gefahr, “dass durch zu langes Abwarten Wettbewerbsnachteile entstünden, die nur schwer aufzuholen wären”.
    Der BDI erwartet, dass “mit der Einführung eines digitalen und programmierbaren Euros die Transaktionskosten im währungsrauminternen und übergreifenden Zahlungsverkehr weiter sinken und positive Effekte auf die Geschwindigkeit in der wechselseitigen Wertstellung erzielt würden”. Beides dürfte eine möglichst breite Anwendung forcieren, was wiederum zu einer hohen Akzeptanz des Zahlungsmittels im globalen Handel führen könnte.
    Quelle: Heise Online

    Anmerkung Christian Reimann: Interessant hierzu sind insbesondere Artikel von Norbert Häring – z.B. dieser: Was Sie alles über den digitalen Euro wissen sollten, um sich davor zu fürchten.


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