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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 5. Mai 2011 um 9:07 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante aktuelle Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Heute u. a. zu folgenden Themen: Tod von Osama bin Laden, Pakistan, Europas Kälte, Portugal, Arbeitskämpfe, Arbeitssicherheit, öffentlich geförderte Beschäftigung, Praktika, Leiharbeit, Gemeinschaftsschule, Krankenkassen-Pleite, Riester-Rente, Integration und Zuwanderung, Sarrazin und die SPD, Sicherungsverwahrung, Sicherheit von Atommeilern, Fernsehtipp, „Neues aus der Anstalt“, zu guter Letzt. (RS + WL)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Tod von Osama bin Laden
  2. Pakistan: Im Klammergriff der Generäle / Brahma Chellaney
  3. Gastbeitrag : Europas Kälte / Barbara Lochbihler ( MdEP )
  4. Milliarden von EU und IWF: Portugal muss Tafelsilber verkaufen
  5. Deutlicher Rückgang der Arbeitskämpfe im Jahr 2010
  6. Arbietssicherheit
  7. Öffentlich geförderte Beschäftigung erheblich reduziert
  8. Missbrauch von Praktika stoppen
  9. Der Wegwerfmann Eingestellt, entlassen, eingestellt, entlassen
  10. Handwerk für Gemeinschaftsschule
  11. Was die erste Krankenkassen-Pleite bedeutet
  12. Riester-Rente: Nachzahlung rettet Zulagen
  13. Integration, Zuwanderung und Soziale Demokratie
  14. Sarrazin und die SPD
  15. Bundesverfassungsgericht kassiert Gesetze zur Sicherungsverwahrung
  16. Debatte um Sicherheit von Atommeilern
  17. Fernsehtipp: Monitor
  18. „Neues aus der Anstalt“ vom 03.05.2011
  19. Zu guter Letzt: Wie der pakistanische Geheimdienst Bin Laden jagte …

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Tod von Osama bin Laden
    1. Neue Details zum Tod des Al-Quaida-Chefs – Bin Laden war unbewaffnet
      Die USA revidieren ihre Darstellung zur Tötung von Osama bin Laden: Bei der Erstürmung seines Verstecks durch Spezialtruppen soll der Al-Qaida-Führer unbewaffnet gewesen sein. Den tödlichen Einsatz hat das US-Militär aus Angst vor Verrat bewusst vor Pakistan geheimgehalten.
      Quelle: SZ
    2. Tötung Osama bin Ladens und das Völkerrecht : Der Tod ist immer eingeplant
      Die USA verstießen oft gegen Rechtsnormen. Auch bei bin Ladens Tötung ? Barack Obama soll alle Fakten offenlegen. Seit dem 11.September haben alles US-Regierungen vielfach gegen die Genfer Konvention verstoßen.
      Konsens ist bei Völkerrechtlern, dass die Erschießung von Kämpfern, die sich bereits ergeben haben, in jedem Fall ein eindeutiger Verstoß gegen die Genfer Konvention ist.
      Quelle: TAZ
    3. Ortstermin Ground Zero: Späte Sühne für New York
      Bin Ladin tot, Amerika im Freudentaumel? In New York nimmt man das Ende des Massenmörders mit Zurückhaltung auf. Sein Tod sorge für Gerechtigkeit, heißt es, aber nicht für mehr Sicherheit. Eindrücke von Ground Zero.
      New York hat es eilig, wenn es aufwacht. Keiner geht, alle rennen. Nur am Baustelleneingang herrscht Stillstand. Dicht gedrängt stehen die Bauarbeiter, fast jeder hat einen Pappbecher mit Kaffee in der Hand. Nach Mitternacht hatten sich hier jubelnde Menschen gedrängt, jetzt besteht das Personal der Szene nur noch aus Bauarbeitern. Die aber reden nicht viel, nicht einmal miteinander. Irgendwann sagt der eine: „Es war langsam Zeit, dass sie ihn gefunden haben.“ Wieder vergehen ein paar Minuten, bis der andere sagt: „Jetzt hat die Sache ihr Ende gefunden.“ Dann herrscht wieder Ruhe. Aber bevor sie hinter dem Baustellenzaun verschwinden, dreht Steve Wysokowsky sich noch einmal um: „Al Qaida kann nichts mehr tun. Sie haben kein Geld mehr. Und wir haben bewiesen, dass wir etwas tun können.“ Dann muss er wieder grinsen, aber nur ganz kurz.
      Sieben Stunden, nachdem die Sensationsmeldung um die Welt ging, herrscht in New York wieder Alltag. Usama Bin Ladins Triumph hätte die Stadt fast aus der Bahn geworfen, von seiner Niederlage wird sie sich bestimmt nicht aus dem gewohnten Rhythmus bringen lassen. Bürgermeister Bloomberg hat von einem „entscheidenden Sieg für unsere Nation“ gesprochen. New York habe zehn Jahre auf diese Nachricht gewartet. Die Nachricht wurde vernommen, mit mehr Genugtuung als Freude, wie es scheint, aber die Stadt zeigt auch ihre längst wiedergewonnene Stärke, indem sie zur Tagesordnung übergeht.
      Quelle: FAZ

      Anmerkung Orlando Pascheit: Diese Berichte über den Jubel der Amerikaner nerven. Stimmt das überhaupt? Bilden einige Kameras am Ground Zero wirklich die Gefühls- und Gedankenwelt dieser Nation ab? Jordan Mejias hat in New York einen anderen, glaubwürdigeren Eindruck gewonnen. – Auch das hiesige Urteil über die “Liquidation” Osama Bin Ladens, ist es nicht vorschnell? Wir wissen fast nichts. Wollte man ihn gefangen nehmen oder töten? Das wären schon Unterschiede. Dass er dann umgekommen ist, kann viele Gründe haben. Hat man eine Bewegung falsch gedeutet? Hatte man Angst vor einer Sprengfalle? Dass er nun getötet wurde, Gerechtigkeit? Im Sinne des Rechtsstaates gewiss nicht. Nur, ist der Rechtsstaat gerecht? Was hat dieser z.B. in der Finanzkrise erreicht? Eine Krise, die mehr Schaden angerichtet hat und noch anrichten kann, als Bin Laden erträumt hat. – Und wenn es eine ‘kill mission’ war, warum jetzt diese gewaltige Empörung”? Warum nicht, wenn ein Talibanführer auf Bezirksebene samt Familie durch eine Drohne in die Luft gejagt wird? In einem Krieg, an dem wir aktiv beteiligt sind. Oder wie war das mit der Ermordung eines Hamas-Waffenhändlers in Dubai durch den Mossad? Oder die gezielte Tötung militanter Palästinenser, durch das oberste israelische Gericht abgesegnet? Warum regen wir uns über diesen Fall so auf, im Pro wie auch im Contra?

      Anmerkung RS: Dieser FAZ-Artikel zeichnet ein viel realistischeres Bild der Reaktion meiner Landsleute, als die Jubelbilder, die in den Medien gezeigt werden. Ja, es hat Jubel nach der Bekanntgabe gegeben Für die meisten Leute ist das bestimmt eine Genugtuung, aber das war es dann wohl – wenigstens außerhalb der Medien.
      Paul Krugman hat es in seinem Blog so gesagt, wie die meisten Amerikaner es wahrscheinlich empfinden: „Bin Laden Dead: Good, and good riddance. But it’s hard to see how it changes anything important.“
      Das Leben und der Alltag gehen weiter.

    4. Bin Ladens Nachfolger : Skrupellos und wendig
      Osama bin Laden war der Mythos, Eiman al-Sawahiri sein Sprachrohr. Der frühere Leibarzt Bin Ladens wird den Terrorchef wohl beerben.
      Quelle: FR
  2. Pakistan: Im Klammergriff der Generäle / Brahma Chellaney
    Das Ende Bin Ladens ist ein Triumpf der USA und verrät doch, wie tief ihr Partner Pakistan in den Terrorismus verstrickt ist,
    Dabei wurde Pakistan von den USA seit dem 11.September 20 Milliarden Dollar Finanzhilfe zur Terrorismusbekämpfung zur Verfügung gestellt …
    Ohne eine Reform der pakistanischen Armee und des Geheimdienstes ISI kann dem internationalen Terrorismus kein Ende bereitet werden – und in Pakistan keine echte Nationenbildung erfolgen…
    Dabei ist das arme Pakistan mit einem der weltweit geringsten Anteile der Steuereinnahmen am Bruttosozialprodukt stärker auf US-Finanzhilfe angewiesen als je zuvor..
    Quelle: Project Syndicate

    Anmerkung Volker Bahl: Dieser Beitrag von Brahma Chellaney ist heute in der “Außenansicht” auf der Seite 2 der SZ abgedruckt. Brahma Chellaney ist Asienexperte und Professor für strategische Studien am Center for Policy Research, einem unabhängigen Think Tank in Neu Dehli (Indien).

  3. Gastbeitrag : Europas Kälte / Barbara Lochbihler ( MdEP ) 
    An der Grenze zwischen Libyen und Tunesien zeigt sich, was Solidarität ist. Die EU braucht offenbar selbst eine “Revolution der Würde” ehe sie Flüchtlingen hilft.
    Quelle: FR
  4. Milliarden von EU und IWF: Portugal muss Tafelsilber verkaufen
    Portugal hat sich mit der EU und dem IWF auf die Bedingungen für ein Rettungspaket verständigt. Mit 78 Milliarden Euro sollen die Finanzen des Landes saniert werden. Doch dafür zahlt Portugal mit Kontrollverlust.
    Quelle: FR
  5. Deutlicher Rückgang der Arbeitskämpfe im Jahr 2010
    2010 ist die Zahl der Streikenden und der durch Arbeitskämpfe ausgefallenen Arbeitstage im Vergleich zu 2009 deutlich zurückgegangen. Mit rund 120.000 Streikenden hat sich die Zahl der an Streiks und Warnstreiks beteiligten Beschäftigten gegenüber dem Vorjahr (rund 400.000 Streikende) auf weniger als ein Drittel verringert. Dies zeigt die Jahresbilanz zur Arbeitskampfentwicklung, die das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung heute vorlegt. Das Arbeitskampfvolumen schätzt das WSI für das Jahr 2010 auf rund 173.000 wegen Streik und Warnstreik ausgefallene Arbeitstage. Auch dies ist ein deutlicher Rückgang gegenüber den 398.000 Streiktagen des Jahres 2009 und stellt das niedrigste Streikvolumen seit 2005 dar. “Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung liegt darin, dass 2010 in der Metall- und Elektroindustrie ohne Arbeitskampf eine Verhandlungslösung erzielt wurde und es im Dienstleistungssektor deutlich weniger betriebliche Arbeitskämpfe gab als in den Vorjahren”, sagt der WSI-Arbeitskampfexperte Dr. Heiner Dribbusch.
    Quelle: WSI [PDF – 60 KB]
  6. Arbeitssicherheit
    1. Mehr Unfälle, mehr Tote
      Die Zahl der meldepflichtigen Arbeits- und Wegeunfälle ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Das geht aus vorläufigen Zahlen der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen hervor, die die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) in Berlin vorgelegt hat.
      “Es ist ein typischer Reflex, dass bei anziehender Konjunktur und Beschäftigung auch die absolute Zahl der Arbeitsunfälle zunimmt”, kommentiert DGUV-Hauptgeschäftsführer Dr. Joachim Breuer die Zahlen. Das müsse jedoch nicht unbedingt bedeuten, dass auch das relative Unfallrisiko steige. Eine Aussage hierzu könne jedoch erst im Sommer gemacht werden, wenn die Geschäfts- und Rechnungsergebnisse für 2010 und damit die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden vorlägen.
      Quelle: Arbeit und Gesundheit online
    2. Arbeitssicherheit: Produktionsausfälle kosten Wirtschaft Milliarden
      Die von Arbeitsunfähigkeit verursachten volkswirtschaftlichen Produktionsausfälle beliefen sich 2009 auf 43 Milliarden Euro. Dies ergibt eine Einschätzung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).
      Quelle 1: Arbeit und Gesundheit online
      Quelle 2: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin [PDF – 343 KB]
  7. Öffentlich geförderte Beschäftigung erheblich reduziert
    Innerhalb der letzten 12 Monate (April 2010 – April 2011) wurde die im Rechtskreis SGB II geförderte Beschäftigung (einschließlich „Bürgerarbeit“) um 37 Prozent auf insgesamt 215.530 reduziert, weit stärker als durch Budgetkürzungen der Bundesregierung erzwungen. In den Ländern reichen die Kürzungen von 19 Prozent im Saarland und in Bremen bis 50 Prozent in Sachsen.
    Die „Ein-Euro-Jobs“ wurden im entsprechenden Zeitraum um 33 Prozent reduziert (auf 171.836), in den Ländern zwischen 13 Prozent im Saarland und 48 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern.
    Deutlich stärker reduziert wurde die geförderte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung: um 47 Prozent (auf 43.694) im Bund, in den Ländern zwischen 28 Prozent in Bremen und 64 Prozent in Schleswig-Holstein. Der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an der geförderten Beschäftigung sank auf 20,3 Prozent – trotz begonnener „Bürgerarbeit“.
    Quelle: Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) [PDF – 164 KB]
  8. Missbrauch von Praktika stoppen
    Trotz des drohenden Fachkräftemangels werden Praktikantinnen und Praktikanten immer noch als billige Arbeitskräfte ausgebeutet. Zu diesem Ergebnis kommt die neue wissenschaftliche Studie „Generation Praktikum 2011“ vom Deutschen Gewerkschaftsbund und von der Hans-Böckler-Stiftung (HBS). Im Mittelpunkt der Studie stehen Praktika nach dem Hochschulabschluss.
    Innerhalb der ersten dreieinhalb Jahre nach dem Ende des Studiums haben 38 Prozent der Befragten mindestens ein Praktikum oder eine praktikumsähnliche Beschäftigung absolviert. Viele hoffen auf einen Klebeeffekt, also eine direkte Übernahme, erklärte der DGB-Bundesjugendsekretär René Rudolf: „Die Hoffnung auf anschließende Übernahme hat deutlich an Bedeutung gewonnen – aktuell sind es 50 Prozent, also jeder zweite, der auf eine Übernahme hofft. 40 Prozent der Befragten sehen keine andere Möglichkeit als den Einstieg in das Berufsleben über ein Praktikum. Die Hoffnung auf einen Klebeffekt erfüllt sich meistens nicht. 22 Prozent, also nur jeder Fünfte, erhält am Ende des Praktikums ein Übernahmeangebot.“
    Ein gravierendes Problem für die PraktikantInnen sei die Bezahlung, sagte René Rudolf: „Der Anteil unbezahlter Praktika ist zwar leicht zurückgegangen, von 45 Prozent im Jahr 2007 auf 40 Prozent in 2011. Dafür ist das Durchschnittseinkommen der bezahlten Praktika leicht gesunken und liegt aktuell bei 551 Euro brutto monatlich. Weil man damit nicht über die Runden kommt, sind viele PraktikantInnen auf die Unterstützung ihrer Eltern (56 Prozent) oder ihrer Partnerinnen und Partner (23 Prozent) angewiesen.
    43 Prozent greifen auf ihre Ersparnisse zurück, genauso viele finanzieren sich während des Praktikums mit Nebentätigkeiten. Besonders skandalös: Jede bzw. jeder fünfte der Befragten, nämlich 22 Prozent, ist auf Sozialleistungen angewiesen.“
    Quelle 1: DGB
    Quelle 2: Hans-Böckler-Stiftung [PDF – 454 KB]
  9. Der Wegwerfmann Eingestellt, entlassen, eingestellt, entlassen:
    Herr X ist seit Jahren Leiharbeiter wie 900 000 andere in Deutschland auch. Das heißt: dauernde Unsicherheit, geringer Lohn. „Ich fühle mich wie ein moderner Sklave“, sagt er.
    Quelle: Tagesspiegel
  10. Handwerk für Gemeinschaftsschule
    Joachim Möhrle: Ich finde es gut, weil wir das Prinzip der neuen Gemeinschaftsschule schon seit Langem propagieren. Wir wollen, dass die Schüler länger zusammenbleiben und so Restschulen vermieden werden. In erster Linie aber müssen wir unsere Lernkultur ändern! Das Lernkonzept der “Belehrung” darf nicht länger im Mittelpunkt stehen…
    In der alten Landesregierung war die dreigliedrige Schule halt ein Dogma. Da hatten wir keine Chance mit unseren Vorstellungen von einer Basisschule, die bis zur neunten oder zehnten Klasse alle Schüler zusammen unterrichtet und sich dann in einen beruflichen und einen allgemeinbildenden Zweig mit Abiturmöglichkeit aufspaltet. Die Landes-CDU hat sich zusammen mit Bayern als die letzte Bastion der gegliederten Schule gesehen.
    Quelle: taz
  11. Was die erste Krankenkassen-Pleite bedeutet
    Die City BKK forderte von ihren Mitgliedern 15 Euro Zusatzbeitrag: Viele kehrten ihr daher den Rücken. Zurück blieben Alte sowie Kranke – und damit hohe Kosten. Als erste Krankenkasse seit Start des Gesundheitsfonds wurde sie geschlossen. Eine Analyse der Folgen.
    Quelle: FTD

    Anmerkung unseres Lesers S.B.: Besonderes Augenmerk ist auf den Absatz der Rolle der Politik zu werfen: wenn es um die Gesundheit der Versicherten geht, spielen Wettbewerb und Marktgesetzte auf einmal wieder eine Rolle. Die Verluste der Pleitebanken wurden sozialisiert. die Maßstäbe der Politik sind höchst fragwürdig.

  12. Riester-Rente: Nachzahlung rettet Zulagen
    Neu: Anspruch auf Riester-Zulagen kann künftig nachträglich gesichert werden
    Sparer sollen künftig durch Nachzahlungen staatliche Riester-Zulagen sichern können. Das sieht ein Gesetzesentwurf des Bundesfinanzministeriums vor, der heute beschlossen wurde. Damit reagiert die Bundesregierung auf Fälle, in denen gezahlte Zulagen zurückgefordert wurden, weil Riester-Sparer unwissentlich keinen Eigenbeitrag geleistet hatten. Ab 2012 sollen alle Sparer immer einen Eigenbetrag von mindestens 60 Euro einzahlen (fünf Euro pro Monat).
    Quelle: Ihre Vorsorge

    Anmerkung Martin Betzwieser: Es wird alles getan, um die Riester-Rente und deren Profiteure zu retten!

  13. Integration, Zuwanderung und Soziale Demokratie
    Eine Integrationspolitik der Sozialen Demokratie muss sich an ihren Grundwerten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität orientieren. Auch in einer kulturell pluralen Gesellschaft sind die Grundwerte, konkretisiert in den Grundrechten, für die Integrationspolitik leitend. Aus ihnen lassen sich zwei zentrale Zielsetzungen ableiten: Teilhabe und Anerkennung.
    „Wir brauchen einen breiten Konsens über Integration und Zuwanderung. Darum bitte ich alle, die in unserer Gesellschaft Auftrag und Stimme haben: Streiten Sie über den besten Weg zu diesem Ziel. Aber so, dass weder Angst geschürt noch Illusionen geweckt werden.“ (Johannes Rau, 2000)
    Quelle 1: Lesebuch der Sozialen Demokratie (Auszug) [PDF – 651 KB]
    Quelle 2: Vorschau und Bestellmöglichkeiten
  14. Sarrazin und die SPD
    1. Verhöhnt und gedemütigt
      Wer einmal dabei war, wenn Sarrazin aus seinem Buch zitiert, der weiß: Das sind nicht einfach nur Lesungen. Da werden Messen gehalten für diesen knorrig-kauzigen ehemaligen Bundesbanker und Berliner Finanzsenator. Es ist sein erster öffentlicher Auftritt nach dem Ende des Schiedsverfahrens. Wer gehofft hatte, Sarrazin würde jetzt mit etwas mehr Demut, etwas mehr Zurückhaltung agieren, der darf sich vollständig enttäuscht sehen. Nicht allein, dass er die in der SPD diskutierte Quote für Migranten kritisiert (“Der Verstand kommt oder geht ja nicht damit, dass man Migrant ist”). Er faselt einfach weiter über genetisch bedingte Intelligenz, als hätte es den Gründonnerstag nie gegeben. Wer die Erblichkeit von Intelligenz leugne, krakeelt er in Waltrop, sei “strohdumm oder auf kriminelle Weise denkfaul”. Als wenn das nicht reichen würde, demütigt er die gesamte SPD-Spitze mit der Feststellung, er habe von den Aussagen in seinem Buch kein Wort zurückgenommen.
      Bis zum Gründonnerstag hat sich Sarrazin kaum noch öffentlich zu Wort gemeldet. Aber er war einfach nur vorsichtig, wollte seine SPD-Mitgliedschaft nicht mit unbedachten Äußerungen aus Spiel setzen. Die braucht er nämlich, um seine kruden Thesen unters Volk bringen zu können. Es ist ja genau diese Mischung, die ihn für die Menschen so interessant macht: Ein prominentes SPD-Mitglied, das mal ganz ehrlich nichts gegen Ausländer hat, aber … Ohne Parteibuch hätte er wahrscheinlich das gleiche Schicksal erlitten wie weiland ein gewisser Wolfgang Clement. Der frühere Superwirtschaftsminister der Schröder-Regierung und NRW-Ministerpräsident war zuletzt auch nur noch mit Stänkereien gegen die eigene Partei aufgefallen. Einem Rauswurf kam er durch Austritt zuvor. Seitdem will keiner mehr etwas von ihm wissen.
      Quelle: SZ
    2. Berliner Erklärung zur Beendigung des Parteiordnungsverfahrens gegen Dr. Thilo Sarrazin
      Quelle: Openpetition

      Anmerkung www.wirtschaftundgesellschaft.de: Eine wachsweiche Erklärung zur Gewissensberuhigung. Laut den einleitenden Sätzen der Erklärung geht es dann in erster Linie auch darum, Parteiaustritte zu vermeiden, also Ruhe in die eigenen Reihen zu bringen, und der erste Satz unter Punkt 1. liest sich wie eine Selbstmeditation: “Wir sind und bleiben die Partei des sozialen Aufstiegs”. Jeder und jede mag das an den nüchternen Statistiken zur Entwicklung der Durchlässigkeit des Bildungssystems, der Einkommen- und Vermögensverhältnisse und der Staats- und Lohnquote, der Rentenentwicklung oder auch der Entwicklung der Masseneinkommen seit 1998 bis 2009 (Regierungsverantwortung der SPD) bewerten und einordnen. Warum habe “aufrechte” Sozialdemokraten statt dessen nicht das Willy Brandt-Haus besetzt? Nein, also wirklich, sowas! Stattdessen: Vorwärts und vergessen!

      Dass bequeme “Berliner Erklärungen” nicht weiterführen, dazu siehe aktuell auch hier:

    3. Wieder auf der Bühne: Sarrazin giftet gegen die “Migrantischen” in der SPD
      Thilo Sarrazin stichelt weiter in der SPD: Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach dem Stopp eines Parteiordnungsverfahren kritisierte der Ex-Bundesbanker die von der SPD geplante Migrantenquote. „Der Verstand kommt oder geht ja nicht damit, dass man Migrant ist“, sagte der Ex-Bundesbanker am Dienstagabend bei einer Veranstaltung in Waltrop im Ruhrgebiet. In der Berliner SPD gebe es bereits Vorsitzende mit ausländischen Wurzeln. „Je migrantischer diese Leute eingestellt sind, desto weniger neigen sie dazu, Probleme oder Schwierigkeiten objektiv zu sehen.“
      Quelle: FR
  15. Bundesverfassungsgericht kassiert Gesetze zur Sicherungsverwahrung
    1. Das Urteil
      Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass alle Vorschriften des Strafgesetzbuches und des Jugendgerichtsgesetzes über die Anordnung und Dauer der Sicherungsverwahrung mit dem Freiheitsgrundrecht der Untergebrachten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG nicht vereinbar sind, weil sie den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Abstandsgebots nicht genügen.

      Überdies verletzen die mit den Verfassungsbeschwerden angegriffenen Vorschriften zur nachträglichen Verlängerung der Sicherungsverwahrung über die frühere Zehnjahreshöchstfrist hinaus und zur nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung im Erwachsenen- und Jugendstrafrecht das rechtsstaatliche Vertrauensschutzgebot aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
      Quelle 1: Pressemitteilung
      Quelle 2: Entscheidung

    2. Eine vernichtende Niederlage für die Politik
      “Das Bundesverfassungsgericht hat der Politik für ihr jahrelanges Versagen die verfassungsrechtliche Quittung präsentiert, indem es das gesamte System der Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärt und damit der seit 1998 andauernden gesetzgeberischen Flickschusterei ein Ende gesetzt hat. Seit 1998 ist die Politik ständig den Stammtischen gefolgt und hat, je nach Stimmungslage, das bis dahin geltende System der Sicherungsverwahrung ins verfassungswidrige und menschenrechtswidrige Abseits geführt. Auch das erst zu Beginn des Jahres unter großem Selbstlob des Bundesjustizministeriums verabschiedete Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung ist damit weitgehend ebenfalls erneut ein Fall für den Papierkorb”, erklärt Wolfgang Neskovic, Justiziar der Fraktion DIE LINKE und Richter am Bundesgerichtshof a.D., zum heutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts.
      Quelle: Fraktion Die Linke
  16. Debatte um Sicherheit von Atommeilern
    1. EU kippt strenge Reaktor-Tests
      Terrorangriffe? Menschliches Versagen? Für die EU keine relevanten Gefahren, wenn es um Meiler-Sicherheit geht. Brüssel hat dem Druck der Atomlobby nachgegeben und verzichtet auf strenge AKW-Stresstests. Über Parteigrenzen hinweg regt sich Kritik. Der Adressat: EU-Kommissar Günther Oettinger.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung
    2. EU verzichtet auf strenge Reaktor-Tests: Triumph der Atomlobby
      Mit Pomp kündigt die EU einen großen AKW-Stresstest an, knickt dann aber unter dem Druck der Atomlobby ein. Das ist ein Skandal, denn dieses Verhalten kann verheerende Folgen haben – für alle 500 Millionen Europäer.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung
  17. Fernsehtipp: Monitor
    natürlich ist es immer mit Gewinn verbunden, die Sendung “Monitor” zu verfolgen. Im Fall der morgigen Sendung (5.5.2011, 1.Programm, 22:00 Uhr) lohnt sich dies vielleicht besonders, denn Punkt 2 beschäftigt sich mit
    Abhaken und durchwinken: wie das Finanzamt bei den Reichen wegschaut
    Quelle: Das Erste
  18. „Neues aus der Anstalt“ vom 03.05.2011
    Die komplette Folge in voller Länge und Schönheit
    Quelle: ZDF-Mediathek

    Anmerkung: Erwin Pelzig analysiert die Reihenfolge der Tätigkeiten, welche „Sozialpolitiker“ als zumutbar für Hartz-IV-Bezieher/innen betrachten: Laub rechen – Schnee schippen – Hundekacke aufsammeln – Altenpflege. Zum ersten mal bleibt mir bei Erwin Pelzig wirklich das Lachen im Hals stecken – wie bei den besten Momenten von Georg Schramm. Es ist zu befürchten, dass er recht hat.

  19. Zu guter Letzt: Wie der pakistanische Geheimdienst Bin Laden jagte …
    Wie der Pakistanische Geheimdienst Bin Laden jagte ...
    Quelle: Klaus Stuttmann


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