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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 20. März 2023 um 8:45 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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  1. Haftbefehl gegen Putin erlassen
  2. Die Haager Abkommen: Eine russische Idee, die jetzt gegen Moskau verwendet werden soll
  3. Nach der Lüge folgte der Völkerrechtsbruch
  4. Der stellvertretende Tod der Ukraine
  5. RWE beginnt mit Bau von LNG-Terminal vor Rügen: Ohne Genehmigung?
  6. “Kraftwerke nur abschalten, wenn andere Leistungen verfügbar”
  7. Kommt ein Banken-Crash? Der Wirtschaftskrieg hat seine ersten Zinstoten
  8. Neue Jobs auf dem deutschen Arbeitsmarkt und die Bedeutung der ausländischen Arbeitskräfte
  9. Jobcenter muss Hartz-IV-Empfängerin Kosten für Rechtsstreit erstatten
  10. Landesweite Zusammenstöße in Frankreich, weil Macron Rentenkürzungen ohne Parlamentsabstimmung durchsetzt
  11. 1,5 Millionen Liter radioaktiv verseuchtes Wasser ausgetreten
  12. Rostock und Kopenhagen: Ungleiche Radschwestern
  13. Von der Gegenöffentlichkeit in die „amtierenden“ Medien
  14. Die Young Global Leaders des WEF von 2023 verbessern die Welt – diesmal bestimmt
  15. Viel Geld für viele linke Organisationen: Streit um das sogenannte Demokratiefördergesetz
  16. Wahlrechtsreform: Das Volk wird sich noch wundern, was heute entschieden wurde

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Haftbefehl gegen Putin erlassen
    Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehl gegen Russlands Präsidenten Putin erlassen. Das Gericht wirft ihm vor, für die Verschleppung von ukrainischen Kindern verantwortlich zu sein. Der Kreml spielte die Bedeutung des Vorgangs herunter.
    Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag hat wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin erlassen.
    Russlands Staatschef sei mutmaßlich für die rechtswidrige Deportation von Kindern und Umsiedlungen aus besetzen Gebieten der Ukraine in die Russische Föderation persönlich verantwortlich, teilte der IStGH mit.
    Quelle: tagesschau

    Anmerkung J.K.: Durch die Instrumentalisierung für die NATO-Kriegspolitik hat sich der Internationale Strafgerichtshof selbst desavouiert. Der Haftbefehl gegen Putin ist eine Eskalation ganz im Sinne der NATO-Kriegstreiber. Wie sollen vor diesem Hintergrund eine diplomatische Lösung des Konflikts aussehen? Wer soll sich mit einem gesuchten Kriegsverbrecher an den Verhandlungstisch setzen? Mit dieser Entscheidung des ICC wird der Ukrainekrieg ganz im Sinn der USA weiter verlängert. Und wann erlässt der ICC Haftbefehle gegen Bush, Obama und Biden? Gerade George W. Bush ist für die völlige Zerstörung des Irak, durch den von ihm befohlen völkerrechtswidrigen Angriff auf diesen, verantwortlich. Da passt es, dass die USA den ICC sowieso nicht anerkennen.

    Anmerkung Tobias Riegel: Der Vorgang ist geopolitisch die reine Heuchelei und er wirkt zerstörerisch für einen längst überfälligen Friedensprozess. Der Schritt wurde auch von einigen Medien in Deutschland vorbereitet, lesen Sie dazu beispielsweise ARD stellt „Putin vor Gericht“ – Paradebeispiel der Verzerrung.

    dazu: Haftbefehl gegen Putin: Die Entwertung angeblich objektiver internationaler Institutionen
    Die Verhängung des Haftbefehls, den der Internationale Strafgerichtshof gegen den russischen Präsidenten Putin erlassen hat, ist juristisch unwirksam und ein weiterer Schlag des Westens gegen das Völkerrecht, der Russlands Kritik bestätigt, dass der Westen angeblich objektive und neutrale internationale Institutionen entwertet. Warum das so ist, werde ich hier der Reihe nach aufzeigen.
    Dass der Haftbefehl juristisch unwirksam ist, liegt daran, dass Russland dem Abkommen über den Gerichtshof nicht beigetreten ist und daher nicht seiner Gerichtsbarkeit unterliegt. Dass der Haftbefehl trotzdem verhängt wurde, ist daher ein weiterer Schlag gegen das Völkerrecht.
    Dass der Haftbefehl auf politischen Druck des Westens zustande gekommen ist, zeigt sich an der Begründung. In der Pressemitteilung schreibt der Gerichtshof:
    „Herr Wladimir Wladimirowitsch Putin, geboren am 7. Oktober 1952, Präsident der Russischen Föderation, soll für das Kriegsverbrechen der rechtswidrigen Deportation der Bevölkerung (Kinder) und des rechtswidrigen Transfers der Bevölkerung (Kinder) aus den besetzten Gebieten der Ukraine in die Russische Föderation verantwortlich sein (…) Die Verbrechen sollen zumindest ab dem 24. Februar 2022 in den besetzten ukrainischen Gebieten begangen worden sein. Es gibt hinreichende Gründe für die Annahme, dass Herr Putin für die genannten Verbrechen individuell strafrechtlich verantwortlich ist, i) weil er die Handlungen unmittelbar, gemeinsam mit anderen und/oder durch andere begangen hat (…) und ii) weil er es versäumt hat, seine zivilen und militärischen Untergebenen, die die Handlungen begangen oder ihre Begehung zugelassen haben und die seiner tatsächlichen Autorität und Kontrolle unterstanden, gemäß der Verantwortlichkeit des Vorgesetzten angemessen zu kontrollieren.“
    Es geht also um die angebliche „Deportation“ von Kindern aus der Ukraine. Das Problem dabei ist, dass es dafür keine Beweise gibt, sondern nur unbelegte Vorwürfe von Russlands Gegnern.
    Quelle: Anti-Spiegel

  2. Die Haager Abkommen: Eine russische Idee, die jetzt gegen Moskau verwendet werden soll
    Weder Russland noch die Ukraine sind Vertragsstaaten des IStGH. Die Ukraine hatte aber nach der Krim-Annexion 2014 die Gerichtsbarkeit des Strafgerichtshofs für alle Verbrechen auf ihrem Territorium anerkannt. Da Russland den IStGH nicht anerkennt, kann der Gerichtshof jedoch nicht gegen Moskau wegen des Verbrechens der Aggression vorgehen. Die Regierung in Kiew drängt deshalb auf ein internationales Sondertribunal.
    Dieses Sondertribunal für Russland wiederum wird lautstark von der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und anderen EU-Offiziellen betrieben. Der Schlachtruf lautet, dass die gesamte russische Regierung sowie Präsident Wladimir Putin und viele andere Personen für Kriegsverbrechen belangt werden sollen.
    Die Ironie der Geschichte ist, dass die Haager Gerichtsbarkeit von russischen Juristen vor rund 124 Jahren auf Initiative des letzten Zaren begann, aber sie nun gegen russische Politiker eingesetzt werden soll. Weder werden Briten, US-Bürger oder andere für all jene Verbrechen belangt, die zum Beispiel Julian Assange in Afghanistan und im Irak aufdeckte, noch wird ein Sachverhalt zur gesamten Situation erarbeitet. Assange wurde für seine Aufdeckungen in London verhaftet und sitzt seit Jahren als politischer Häftling ein.
    So ehrenwert die Idee dieser internationalen Strafgerichtsbarkeit und der individuellen Verantwortung von Tätern, ob Kommandeuren, Journalisten – so im Falle von Ruanda – und letztlich Politikern auch mir stets erschien. Die Umsetzung ist indes auf allen Linien gescheitert. Das Recht sollte stets das Mittel sein, um Emotion und im internationalen Bereich das Politische aus dem Fall herauszuholen. Der Gerichtshof erscheint aber politisierter denn je. Vor 120 Jahren gelang es Juristen noch die Welt zu verbinden. In unserer Zeit haben Parolen die Normen ersetzt. Es zerbricht sehr vieles, das es wieder aufzubauen gilt.
    Quelle: Karin Kneissl auf RT DE
  3. Nach der Lüge folgte der Völkerrechtsbruch
    Vor 20 Jahren begannen die USA ihre Invasion im Irak. Begründet mit angeblichen Massenvernichtungswaffen, die es nie gab. Der Völkerrechtsbruchs wirkt bis heute fort – in der Region und der Welt. (…)
    Vor allem aber war der Angriff auf den Irak eine „völkerrechtswidrige Gewaltanwendung unter Verletzung der UN-Satzung“, wie der Göttinger Straf- und Völkerrechtler Kai Ambos gegenüber der DW ausführt. „Die Invasion im Irak hatte keine Grundlage durch eine Resolution des UN-Weltsicherheitsrates. Daneben bleibt nur die Möglichkeit, die Gewaltanwendung über eine Selbstverteidigung zu rechtfertigen, über Artikel 51 der UN-Satzung. Was in diesem Fall offensichtlich auch nicht gegeben war.“ Weshalb auch UN-Generalsekretär Kofi Annan den Irakkrieg als völkerrechtswidrig bezeichnete.
    Deutschland hatte sich der Teilnahme an dem Krieg zwar verweigert. Aber durch die Bereitstellung von Stützpunkten und Überflugrechten für die Invasionstruppen leistete Berlin nach Einschätzung von Ambos „Beihilfe zu einem völkerrechtswidrigen Akt“. (…)
    Immer wieder kam es zu Massakern an der Zivilbevölkerung. So wie in Hadhita, wo 2005 US-Marines 24 unbewaffnete Zivilisten erschossen. Oder wie 2007 am belebten Nisur-Platz in Bagdad, wo Mitarbeiter der privaten Söldnertruppe Blackwater mit Sturm- und Maschinengewehren willkürlich in eine Menschenmenge gefeuert und 17 Menschen getötet haben. Oder so wie auf dem von Wikileaks veröffentlichten „Collateral Murder“ Video: Da schießen zwei Kampfhubschrauber mit 30-mm-Kanonen auf unbewaffnete Zivilisten. Mindestens 12 Menschen sterben, darunter zwei Reuters-Journalisten; zwei Kinder werden schwer verletzt. (…)
    Die USA hatten zwei Gründe für ihre Regimewechsel-Operation angeführt: Die angebliche Gefahr durch irakische Massenvernichtungswaffen sowie vermeintliche Verbindungen Saddam Husseins zu Al-Kaida. Nichts davon stimmte. Im Irak wurden nach der Invasion keine Massenvernichtungswaffen gefunden. Und auch die unter Folter zustande gekommen Hinweise auf Verbindungen des irakischen Diktators zu den Attentätern des 11. Septembers erwiesen sich als falsch.
    Quelle: Focus Online

    dazu: Nichts aus dem Irak-Krieg gelernt – Die Unterwerfung Europas unter die USA
    Als die USA 2003 den Irak angriffen, regte sich unter anderem in Paris und Berlin Widerstand. Doch von derartigen Unabhängigkeitsbestrebungen ist Europa im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt weit entfernt. Im Gegenteil: Die Unterwerfung unter die USA ist nahezu komplett.
    Quelle: Pierre Lévy auf RT DE

    dazu auch: Die Jahrestage dreier Angriffskriege
    Die ersten Bombardierungswellen dreier völkerrechtswidriger Angriffskriege, die für die Täter keinerlei Konsequenzen hatten, jähren sich in dieser Woche. Heute vor 20 Jahren starteten US-Truppen die Invasion in den Irak, an der sich britische, australische und polnische Einheiten beteiligten. Sie wurde mit offenen Lügen legitimiert und diente genauso machtstrategischen Zielen wie der Überfall auf Libyen, den französische Kampfjets gestern vor zwölf Jahren einleiteten – erst unter Berufung auf eine Resolution des UN-Sicherheitsrats, die allerdings umgehend gebrochen und illegal zum Sturz der libyschen Regierung missbraucht wurde. Am Freitag vor 24 Jahren überfielen NATO-Truppen, darunter deutsche, ebenfalls völkerrechtswidrig Jugoslawien, um dessen südliche Provinz Kosovo abzuspalten. Außenministerin Annalena Baerbock fordert unter großem medialen Beifall, das Führen von Angriffskriegen dürfe nicht „straflos bleiben“, will dies freilich – ebenso wie die deutschen Leitmedien – nicht auf westliche Kriege bezogen wissen. Dasselbe gilt für schwerste Kriegsverbrechen, die westliche Soldaten begangen haben. Bestraft werden lediglich Whistleblower, die sie aufzudecken halfen.
    Quelle: German Foreign Policy

  4. Der stellvertretende Tod der Ukraine
    Stellvertreterkriege fressen die Länder auf, die sie vorgeben zu verteidigen. (…)
    Es gibt viele Möglichkeiten für einen Staat, Macht zu demonstrieren und Gegner zu schwächen, aber Stellvertreterkriege sind eine der zynischsten. Stellvertreterkriege verschlingen die Länder, die sie vorgeben zu verteidigen. Sie verleiten Nationen oder Aufständische dazu, für geopolitische Ziele zu kämpfen, die letztlich nicht in ihrem Interesse liegen.
    Der Krieg in der Ukraine hat wenig mit der ukrainischen Freiheit zu tun und viel mit der Schwächung des russischen Militärs und der Schwächung der Macht des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Und wenn die Ukraine auf eine Niederlage zusteuert oder der Krieg ins Stocken gerät, wird die Ukraine wie viele andere Staaten geopfert werden, in dem, was eines der Gründungsmitglieder der C.I.A., Miles Copeland Jr., als das “Spiel der Nationen” und “die Amoralität der Machtpolitik” bezeichnete.
    In meinen zwei Jahrzehnten als Auslandskorrespondent habe ich über Stellvertreterkriege berichtet, unter anderem in Mittelamerika, wo die USA die Militärregime in El Salvador und Guatemala sowie die Contra-Aufständischen, die versuchten, die sandinistische Regierung in Nicaragua zu stürzen, bewaffneten. Ich berichtete über den Aufstand im Punjab, einen von Pakistan geschürten Stellvertreterkrieg.
    Ich berichtete über die Kurden im Nordirak, die vom Iran und von Washington mehr als einmal unterstützt und dann verraten wurden. Während meiner Zeit im Nahen Osten lieferte der Irak Waffen und Unterstützung an die Mudschaheddin-e-Khalq (MEK), um den Iran zu destabilisieren. Als ich im ehemaligen Jugoslawien war, glaubte Belgrad, durch die Bewaffnung bosnischer und kroatischer Serben Bosnien und Teile Kroatiens in ein Großserbien eingliedern zu können.
    Stellvertreterkriege sind bekanntermaßen schwer zu kontrollieren, vor allem, wenn die Bestrebungen derjenigen, die kämpfen, und derjenigen, die die Waffen liefern, auseinanderklaffen. Außerdem haben sie die schlechte Angewohnheit, Sponsoren von Stellvertreterkriegen, wie die USA in Vietnam und Israel im Libanon, direkt in den Konflikt zu ziehen.
    Stellvertreterarmeen erhalten Waffen, für die sie kaum Rechenschaft ablegen müssen und die in großen Mengen auf dem Schwarzmarkt oder in den Händen von Warlords oder Terroristen landen. Der Nachrichtensender CBS News berichtete im vergangenen Jahr, dass etwa 30 Prozent der an die Ukraine gelieferten Waffen an der Front landen, ein Bericht, den er unter starkem Druck aus Kiew und Washington teilweise zurückzog. Die weit verbreitete Abzweigung von gespendeter militärischer und medizinischer Ausrüstung für den Schwarzmarkt in der Ukraine wurde auch von der US-Journalistin Lindsey Snell dokumentiert. Waffen in Kriegsgebieten sind eine lukrative Ware. In den Kriegen, über die ich berichtet habe, gab es immer große Mengen zu verkaufen.
    Quelle: Chris Hedges in Seniora.org

    Anmerkung Christian Reimann: Den englischen Originaltext können Sie hier lesen.

  5. RWE beginnt mit Bau von LNG-Terminal vor Rügen: Ohne Genehmigung?
    Vor Sellin auf Rügen ist am Sonntag nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe (DUH) eine Offshore-Arbeitsplattform eingetroffen, mit der erste Arbeiten für das geplante LNG-Terminal erfolgen solle. Wie die DUH mitteilt, wurde eine entsprechende Genehmigung oder Bekanntmachung vom zuständigen Bergamt Stralsund bisher nicht veröffentlicht.
    Nur wenige Tage nach der Ankündigung von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, ein LNG-Terminal vor dem Ostseebad Sellin sei keine Option, hat der Energiekonzern RWE offenbar mit ersten Bauarbeiten begonnen. Dies belegen Schiffsbewegungen, die die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ausgewertet hat. Bereits am Samstag ist die Offshore-Arbeitsplattform „JB119“ vor Sellin eingetroffen. Zudem war der Schwimmbagger „Swarog“ in den Küstengewässern aktiv. Der Schwimmbagger gehört der Firma Sea Terra, die auf Kampfmittelräumung spezialisiert ist. Es bleibt unklar, ob bereits Baggerarbeiten oder nur Bodenerkundungen durchgeführt wurden. Die Arbeitsplattform hingegen ist für schwere Arbeiten und zum Beispiel Bohren ausgerüstet. Diese sind für die Errichtung der geplanten Risertower notwendig, die später zur Vertäuung der LNG-Terminalschiffe dienen sollen. Eine Bekanntmachung zur Genehmigung der Arbeiten durch das zuständige Bergamt Stralsund gibt es nicht. Die DUH hat unmittelbar nach Auswertung der Schiffsbewegungen Widerspruch eingelegt.
    Quelle: Berliner Zeitung

    Anmerkung unserer Leserin A.F.: Was Musk und Tesla können, muss doch auch RWE machen, klar. Schließlich fanden das ja auch viele Bürger toll, dass da jemand sich nicht durch Wassermangel und Artenschutz aufhalten lässt. Und wenn der Staat straft, dann gibt’s halt ein bisschen Ordnungsgeld, aber die Fakten sind schon geschaffen, wie jüngst in Berlin in Arkenberge. Die skrupellose Wirtschaftsmafia ist letztlich kaum etwas anderes als eben das, organisierte Kriminalität.

  6. “Kraftwerke nur abschalten, wenn andere Leistungen verfügbar”
    Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat zehn Essentials für eine sichere Energieversorgung der deutschen Wirtschaft formuliert. Das vom Präsidium beschlossene Positionspapier “DIHK-Perspektiven für die Energieversorgung 2030 in Deutschland” unterstütze das politische Ziel, die Treibhausgase erheblich zu reduzieren und Klimaneutralität zu erreichen, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian am Rande der Gremiensitzungen am 14. und 15. März in Berlin.
    “Gleichzeitig brauchen die Unternehmen dauerhaft sicheren Zugang zu Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen.” Dafür könnten sich einige Lehren aus der Energiekrise ziehen lassen: “Beim Ausbau erneuerbarer Energien liegt immer noch zu viel im Argen”, so Adrian. “Den Turbo können wir zünden, wenn die Politik bei den Planungs- und Genehmigungsverfahren radikal verschlankt sowie die Eigenstromversorgung und grüne Lieferverträge jenseits der EEG-Vergütung stärkt.”
    Auch helfe der Wirtschaft ein schnellerer Ausbau der Infrastruktur, die verstärkte Nutzung heimischer Potenziale sowie ein rascher Hochlauf beim Wasserstoff. “Es sollte künftig zudem der Grundsatz gelten: Kraftwerkskapazitäten werden nur abgeschaltet, wenn andere wetterunabhängige Leistungen zur Verfügung stehen”, sagte Adrian. Hinzukommen müssten Entlastungen für Unternehmen bei den Energiepreisen: Die Reduzierung von Abgaben auf Strom und Gas sei schnell umsetzbar. Durch eine Finanzierung von Umlagen aus dem Bundeshaushalt und einer Senkung der Strom- und Energiesteuer auf Gas könnten die Energiekosten abgesenkt werden.
    Quelle: DIHK

    Anmerkung Christian Reimann: Ohne diesen Lobbyverband allzu sehr loben zu wollen, herrscht in dessen Führungsetagen bei der Energiefrage offensichtlich etwas mehr ökonomischer Sachverstand als beim derzeitigen Führungspersonal mit dem „Kellner/Graichen-Clan“ im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, das eher durch den Realisierungsversuch grüner Ideologien gepaart mit Interessen aus den USA glänzt. Insgesamt fällt die Kritik auch dieses Wirtschaftsverbandes an der Politik der Bundesregierung angesichts hierzulande drohender Arbeitsplatzverluste durch Standort-Verlagerungen wegen der zu hohen Energiekosten eher zaghaft aus.

  7. Kommt ein Banken-Crash? Der Wirtschaftskrieg hat seine ersten Zinstoten
    Eigentlich verrückt: Die Zentralbanken müssen einen Flächenbrand löschen, den sie selbst gelegt haben. Denn die Zinsen haben sie so drastisch erhöht, um die Inflation zu bekämpfen. Und die Inflation kommt maßgeblich von dem Energiepreisschock, den der schreckliche Ukrainekrieg und die Sanktionspolitik gegen Russland ausgelöst haben. Aus Sorge vor Gasknappheit vervielfachte sich der Gaspreis im letzten Jahr an den Börsen und ließ die Inflationsraten nach oben schießen.
    Das Problem: Nach Jahren von Nullzinsen haben viele Banken Staatsanleihen in ihrer Bilanz, die kaum Zinsen abwerfen. Genau diese Anleihen verlieren jetzt kräftig an Marktwert und sorgen für unrealisierte Verluste in den Bankbilanzen. Würden die Banken die Anleihen verkaufen, bekämen sie deutlich weniger dafür. Um Verluste zu vermeiden, müssten sie die Anleihen bis zum Ende der Laufzeit behalten – dann bekämen sie die Ausgabewerte zurück.
    Nur, das geht nicht immer, wie das Beispiel der Silicon Valley Bank zeigt. Vorneweg: Die SVB war speziell, weil ihr Geschäftsmodell nicht das klassische Kleinkundengeschäft war –mit Schaltern für Rentner, die ihre Überweisungsträger noch händisch ausfüllen –, sondern das Geschäft mit Großkunden in Kaliforniens Tech- und Krypto-Szene. Darunter Berühmtheiten wie der Milliarden-Investor Peter Thiel. Genau der löste die Todesspirale mit aus, als er letzte Woche ankündigte, Hunderte Millionen von der SVB abzuziehen. Im Internet brach Panik aus, plötzlich wollten Großkunden Einlagen in Höhe von 42 Milliarden US-Dollar abziehen. Ein digitaler Bankansturm (oder Bankrun), der die SVB überforderte.
    Apropos Versicherungen: Die haben ein ähnliches Problem wie die Banken. Auch sie halten verlustbringende Staatsanleihen. Auch ihnen droht, dass Ratingagenturen ihr Kreditrating runterstufen und ihre Aktien Panikverkäufen zum Opfer fallen. (…)
    Die Zentralbanken stecken in einem Dilemma. Einerseits wollen sie den Crash vermeiden, andererseits mit höheren Zinsen die Inflation bekämpfen. Es braucht einen Kurswechsel: Die Zinserhöhungsorgie muss aufhören.
    Quelle: Maurice Höfgen in Berliner Zeitung
  8. Neue Jobs auf dem deutschen Arbeitsmarkt und die Bedeutung der ausländischen Arbeitskräfte
    Noch nie zuvor wurden so viele Beschäftigte in Deutschland gezählt wie derzeit. Hinsichtlich der quantitativen Beschäftigungsentwicklung werden nach einer kurzzeitigen Corona-Delle wieder Rekordmeldungen in die Welt gesetzt. So berichtet das Statistische Bundesamt am 16. Februar 2023 unter der Überschrift 4. Quartal 2022: Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland erreicht neuen Höchststand, dass am Ende des vergangenen Jahres rund 45,9 Millionen Personen in Deutschland erwerbstätig waren. »Verglichen mit dem 4. Quartal 2021 stieg die Zahl der Erwerbstätigen im 4. Quartal 2022 um 492.000 Personen.« Und die Statistiker heben hervor: »Zum Anstieg der Erwerbstätigkeit … hat maßgeblich die positive Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung beigetragen.«
    Und betrachtet man das gesamte zurückliegende Jahr 2022, dann sehen wir einen beeindruckenden Zuwachs an Beschäftigten: 2022 gab es in Deutschland 642.000 neue Jobs: Knapp 70 Prozent wurden durch Zugewanderte besetzt, so ist ein Beitrag von Joana Lehner überschrieben. Aber wer besetzt eigentlich diese neuen, zusätzlichen Arbeitsplätze?
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
  9. Jobcenter muss Hartz-IV-Empfängerin Kosten für Rechtsstreit erstatten
    Eine Arbeitslosengeld-II-Empfängerin hat in einer Auseinandersetzung mit dem Jobcenter vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt – und nun Recht bekommen: Die Verfassungsbeschwerde sei offensichtlich begründet, teilte das Gericht mit. Die Frau hatte 2020 zu Recht Widerspruch eingelegt, weil das Amt bei der Berechnung ihrer Leistungen fälschlicherweise von einem zu hohen Einkommen ausgegangen war.
    Dafür sollte sie die Kosten auf Antrag erstattet bekommen. Als nach sechs Monaten nichts passiert war, erhob sie Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Darmstadt. Daraufhin veranlasste das Jobcenter die Überweisung der ausstehenden Summe. Die Klägerin wollte aber auch für dieses Verfahren eine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten.
    Quelle: Zeit Online

    dazu: Untätigkeitsklage – und die Kostenentscheidung des Sozialgerichts
    Ein Sozialgericht, das nach einer erledigten Untätigkeitsklage eine Kostenerstattung für die Klägerin mit der Begründung ablehnt, diese hätte die Sozialbehörde zunächst auf die zu lange Untätigkeit hinweisen -sie quasi vorwarnen- müssen, wendet § 193 SGG in nicht mehr nachvollziehbarer Weise an und handelt damit willkürlich.
    So gab jetzt das Bundesverfassungsgericht einer im Bezug von Arbeitslosengeld II stehenden Beschwerdeführerin Recht, die – nachdem das Jobcenter einen Kostenerstattungsantrag nicht beschieden hatte – nach Ablauf der gesetzlichen Wartefrist des § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG Untätigkeitsklage zum Sozialgericht Darmstadt erhob. Nach Erledigung des Rechtsstreits lehnte das Sozialgericht Darmstadt ihren auf Erstattung außergerichtlicher Kosten gerichteten Antrag, ohne dass ein zureichender Grund für die verspätete Bescheidung bestanden hätte, ab und begründete dies im Wesentlichen damit, die Beschwerdeführerin habe es pflichtwidrig versäumt, sich vor Einreichung der Klage nochmals an das Jobcenter zu wenden.
    Quelle: Rechtslupe

  10. Landesweite Zusammenstöße in Frankreich, weil Macron Rentenkürzungen ohne Parlamentsabstimmung durchsetzt
    Am Donnerstagabend kam es in Städten in ganz Frankreich zu Massenprotesten, nachdem Premierministerin Elisabeth Borne angekündigt hatte, ihre Regierung wolle die Rentenkürzungen von Präsident Emmanuel Macron ohne eine Abstimmung in der Nationalversammlung durchsetzen. In der Arbeiterklasse wächst die Wut, und sie geht in eine direkte Konfrontation mit der Macron-Regierung, mit revolutionären Konsequenzen.
    Macrons Polizeistaatsapparat tritt die Demokratie und den Willen der Bevölkerung mit Füßen. Er ignorierte die Tatsache, dass drei Viertel der französischen Bevölkerung gegen seine Kürzungen sind und dass sich in den letzten zwei Monaten Millionen von Arbeitern im ganzen Land an Protesten und Streiks dagegen beteiligt haben. Da 60 Prozent der Bevölkerung einen Generalstreik unterstützen, um eine Blockade der Wirtschaft durchzusetzen und Macron zur Rücknahme der Kürzungen zu zwingen, nehmen die Streiks und Proteste in Frankreich weiter zu.
    In Marseille, Lyon, Lille, Toulouse, Bordeaux, Nantes, Rennes, Brest, Dijon, Angers und Besançon griff die Polizei Proteste mit Tausenden von Teilnehmern an. Zehntausende versammelten sich auf der Place de la Concorde in Paris, wo die Polizei, bewaffnet mit Tränengas, Wasserwerfern, Gummigeschossen und Sturmgewehren, anrückte, um strategisch wichtige Gebäude wie den Elysée-Palast, die Nationalversammlung und die amerikanische Botschaft zu bewachen. Als die Polizei die Demonstranten angriff, kam es zu Zusammenstößen. In den Straßen im Zentrum von Paris kam es zu Bränden, als die Demonstranten gegen die Bereitschaftspolizei kämpften. Mindestens 120 Demonstranten wurden verhaftet.
    In ganz Europa entwickelt sich eine objektiv revolutionäre Situation, da der Ausbruch des Klassenkampfs mit dem blutigen Nato-Krieg gegen Russland in der Ukraine zusammenfällt. In Deutschland und Großbritannien streiken Millionen gegen Inflation und Lohnsenkungen, in den Niederlanden und Portugal gehen die Streiks weiter, und in Griechenland fand am Donnerstag ein Generalstreik statt. Doch obwohl die soziale Wut in ganz Europa ein gigantisches Ausmaß annimmt, hat Macron außer Unterdrückung nichts zu bieten. (…)
    Diese Krise kann nicht durch Reformen oder parlamentarische Manöver gelöst werden, sondern nur durch die Übertragung der Staatsmacht auf Organisationen der Arbeiterklasse in Frankreich, ganz Europa und international, die für den Aufbau des Sozialismus kämpfen.
    Quelle: wsws
  11. 1,5 Millionen Liter radioaktiv verseuchtes Wasser ausgetreten
    Aus einem Atomkraftwerk im US-Bundesstaat Minnesota ist nach Angaben des Betreibers mit radioaktivem Tritium verseuchtes Wasser ausgetreten. Die Behörden und die Bundesaufsichtsbehörde NRC seien über den Vorfall im November informiert worden, teilte das Unternehmen Xcel Energy mit. Demnach beschränkte sich die Kontamination weitgehend auf die in Monticello gelegene Anlage selbst. Warum er erst jetzt die Öffentlichkeit informierte, erklärte der Energieversorger nicht.
    “Obwohl das Leck keine Gefahr für die Öffentlichkeit oder die Umwelt darstellt, nehmen wir es sehr ernst”, erklärte der Chef von Xcel Energy, Chris Clark. Nach Angaben von Minnesotas Umweltbehörde MPCA waren laut Meldung des Betreibers insgesamt rund 1,5 Millionen Liter Wasser mit radioaktivem Tritium ausgelaufen. Es habe aber weder die Trinkwasser-Reserven kontaminiert, noch habe es den Mississippi erreicht. Alle Angaben und Maßnahmen des Betreibers würden genau geprüft.
    Quelle: n-tv
  12. Rostock und Kopenhagen: Ungleiche Radschwestern
    Kopenhagen hat schon vor 15 Jahren seine Verkehrswende eingeleitet. Seitdem investiert die Stadt jährlich ca. 20 Millionen Euro in die Radinfrastruktur und verknappt gleichzeitig den Parkraum um drei Prozent. Das Ergebnis: Mittlerweile fahren 62 Prozent der HauptstadtbewohnerInnen mit dem Rad zur Schule, Ausbildung oder Arbeit. In der Hansestadt Rostock sind sich eigentlich alle schon lange einig: Rostock soll wenigstens ein bisschen wie Kopenhagen werden. Ein leistungsfähiges Radschnellwege-Netz hatte Umweltsenator Holger Matthäus (Bündnis90/Die Grünen) schon 2013 im Nordmagazin angekündigt. Acht Jahre später sind von 28 geplanten Kilometern gerade mal ungefähr 4 Kilometer fertig. (…)
    Rostocks Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen (parteilos), selbst gebürtiger Kopenhagener, ist die Ungeduld in der Stimme anzumerken. “Was mich frustriert, ist festzustellen, wie lange die Verfahren sind. Europaweite Ausschreibungen, Planungen – all das. Der Wille ist da, wir haben deutlich aufgestockt in den Finanzen, wir haben ein Amt für Mobilität geschaffen. Und trotzdem siehst Du, wie langsam das geht, wie träge dieses System ist.” Auch deshalb will Madsen Zeichen setzen. Die Lange Straße, innerstädtische Hauptmagistrale Rostocks, wird 2022 zur Fahrradstraße. Es ist ein Experiment für ein Jahr. Madsen ist überzeugt, dass die RostockerInnen die Umwidmung annehmen werden, weil die Stadt seiner Ansicht nach so stressfreier und angenehmer wird. Madsen: “Wenn wir weiter immer nur im Vorfeld diskutieren kriegen wir nie Radwege. Das haben wir die letzten zehn Jahre gelernt.” (…)
    Kopenhagen hingegen hat im vergangenen Jahrzehnt 295 Millionen Euro in die Fahrradinfrastruktur gesteckt. Das Ergebnis sind 248 Kilometer kreuzungsfreie Radschnellwege. Bekanntestes Beispiel ist die “Cykelslange” am Kopenhagener Südhafen. Die geschwungene Radbrücke führt über ein altes Hafenbecken und verbindet zwei Stadtteile. Das 235 Meter lange Bauwerk allein hat fünf Millionen Euro gekostet. Zum Vergleich: Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern gibt für alle Radwege im Nordosten 2020/21 mickrige vier Millionen Euro aus.
    Quelle: NDR
  13. Von der Gegenöffentlichkeit in die „amtierenden“ Medien
    Eine Hintergrund-Recherche findet ihren Weg in den Mainstream. Die umfangreiche Darstellung der Vergangenheit von Gesundheitsminister Karl Lauterbach wurde Grundlage für einen Artikel in der Welt am Sonntag. Denn Lauterbachs wissenschaftliche Laufbahn enthält viele Ungereimtheiten, die unser Autor Thomas Kubo in der Serie „Der Karlatan“ aufgearbeitet hat. Auf unsere Serie haben Mainstream-Medien nicht reagiert, auf die Recherchen der Welt schon. Die Medienrundschau vom 17. März 2023 mit einem Lehrstück zum Thema Mainstream und Gegenöffentlichkeit. (…)
    Die entscheidenden Leitmedien ARD, ZDF, der Spiegel, die FAZ und die Süddeutsche haben die Geschichte gleichwohl nicht weiter aufgegriffen. Zumindest bis jetzt nicht, dort finden sich maximal Agenturberichte zum Thema. Was wiederum auch mit Lauterbach zu tun hat, der am Tag der Welt-Printveröffentlichung auf einmal im ZDF über die Nebenwirkungen der sogenannten Corona-Impfungen sprach (ZDF, 12.3.23). Das zog selbstverständlich ein größeres mediales Beben als die Vorwürfe der Lebenslauf-Fälschung nach sich. In der Folge konstatieren auch Mainstream-Medien wie der Focus, dass der Minister seinen Status als Volksheld verliere – den wir nie so recht verstanden haben. Wegen der Fälschungsvorwürfe und wegen der Aussagen zu Impfnebenwirkungen, die – natürlich – auch nicht stimmen. Ulrich Reitz fasst seinen Eindruck der Lage wie folgt zusammen:
    Täuscht der Eindruck nicht, dann kann man gerade einem Volkshelden bei dessen Entheroisierung zuschauen. Nach der Art, wie er ihn eingeführt hat, kann Scholz am Ende seine Hände in Unschuld waschen, nach dem Motto: Nicht ich – Ihr Bürger habt ihn doch gewollt. (Focus, 14.3.23)
    Und so könnte am Ende der Minister gehen (müssen) und ansonsten alles beim Alten bleiben. Aber wäre Nicht-Recherche besser gewesen? Wir finden: nein.
    Quelle: Hintergrund

    Anmerkung Christian Reimann: Herr Lauterbachs Angaben sollten mit Vorsicht betrachtet werden. Eine Unwahrheit reiht sich an die nächste. Früher sind Bundesminister aus weit geringeren Anlässen zurückgetreten. Bei den argumentativen Wendemanövern des Herrn Lauterbach drängt sich weiterhin der Verdacht auf, dass hier die Grenzen für Denk- und Meinungsverbote lediglich leicht verschoben werden, um von vielleicht größerem Ungemach abzulenken – möglicherweise vom WHO-Resolutionsentwurf zur Nutzung der Verhaltenswissenschaften in der Gesundheitspolitik und vom Pandemie-Vertrag der WHO. Eine Entlassung oder ein Rücktritt dieses Gesundheitsministers allein würde jedoch nicht helfen. Es bedarf der Aufarbeitung und Aufklärung – z.B. darüber, weshalb die zuständigen Gesundheitsbehörden im Umgang mit dieser merk-würdigen Coronazeit nicht evidenzbasiert gearbeitet haben. Bitte lesen Sie dazu u.a. auch Schluss mit Irreführung: „Wir brauchen harte, gesicherte Fakten statt nur scheinbar objektive“. sowie Coronavirus: Epidemische Lage von nationaler Tragweite? und Lauterbach ein Lügenbaron? Ungereimtheiten im Lebenslauf bringen Minister in Schwierigkeiten mit einer Anmerkung.

  14. Die Young Global Leaders des WEF von 2023 verbessern die Welt – diesmal bestimmt
    Die frisch zusammengestellte Klasse von 2023 der Young Global Leaders des Weltwirtschaftsforums (WEF) legt laut ihrem Anführer größeren Wert auf Sinnhaftigkeit ihres Tuns und einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft und die Umwelt als ihre Vorgänger. Sie werden die Welt nachhaltig verbessern, ist er sich sicher. Ein Blick auf diese bunte Elite-Truppe erlaubt ein recht sicheres Urteil, ob es diesmal klappen wird mit der Weltverbesserung.
    In einem Beitrag auf der Netzseite des Weltwirtschaftsforums und beim kooptierten Magazin Forbes, äußert sich Wadia Ait Hamza, der Vorsitzende des Forum of Young Global Leaders des Weltwirtschaftsforums. Gleich zu Anfang seines Textes stößt man auf einen Widerspruch. Er beginnt mit:
    „Wir leben in einer zunehmend turbulenten und polarisierten Welt, und inspirierte junge Führungskräfte, die dazu beitragen können, Gräben zu überbrücken und echte Veränderungen in der Welt herbeizuführen, werden heute mehr denn je gebraucht.“
    Dann lernen wir, dass das Forum of Young Global Leaders (YGL) 2004 mit dem Ziel gegründet wurde, „die Welt bei der Bewältigung zunehmend komplexer und voneinander abhängiger Probleme zu unterstützen und:
    „Fast 20 Jahre später arbeitet unsere vielfältige Gemeinschaft junger Führungskräfte immer noch daran, eine integrativere und nachhaltigere Zukunft über Grenzen und Sektoren hinweg zu gestalten.“
    Seit fast 20 Jahren arbeiten also diese geförderten High-Potentials in hohen Ämtern daran, die Welt integrativer und nachhaltiger zu machen, nimmt man das Vorgängerprogramm Global Leaders of Tomorrow dazu, sind es sogar 30 Jahre, und das Weltwirtschaftsforum arbeitet sogar schon seit 50 Jahren (angeblich) an der Verbesserung der Welt. Und das Ergebnis ist, dass die Welt „zunehmend turbulent und polarisiert“ ist. Das wäre nicht gerade ein Erfolgsausweis, wenn man die Sonntagsreden der YGL und des WEF ernst nehmen wollte.
    Vielleicht liegt es ja daran, wie Ali Hamza uns glauben machen will, dass die früheren Jahrgänge der YGL einfach nicht genug engagiert und am Gemeinschaftsinteresse orientiert waren. Dazu gehörten unter anderem Angela Merkel, Jens Spahn, Annalena Baerbock, Emmanuel Macron, Victor Orban und, wenn man Klaus Schwab glauben will, auch Vladimir Putin. Das glauben wir also gern, dass es da mit der Gemeinwohlorientierung hier und da haperte.
    Quelle: Norbert Häring
  15. Viel Geld für viele linke Organisationen: Streit um das sogenannte Demokratiefördergesetz
    In Deutschland gibt es eine spürbare Entfremdung zwischen Bürgern und der politischen Klasse. Die Bundesregierung will gegen diese Entwicklung kämpfen, der Erfolg ist aber ungewiss.
    Am Donnerstag diskutierte der Deutsche Bundestag über das sogenannte Demokratiefördergesetz von SPD, Grünen und FDP. Eine solche Debatte hätte ein Beispiel für lebendige Demokratie und sprühenden Parlamentarismus sein können. Das war die einstündige Aussprache am Abend eines langen Sitzungstages eher nicht. Familienministerin Lisa Paus von den Grünen und Innenministerin Nancy Faeser von den Sozialdemokraten trugen altbekannte Textbausteine über die wehrhafte Demokratie und den Kampf gegen Rechtsextremismus vor.
    Auch sonst übten sich die Abgeordneten in Rollenprosa: Der Jungsozialist von der SPD beschimpfte die AfD. Die AfD wetterte gegen «links-grüne Deutschlandzerstörer». Die Linkspartei forderte mehr Beteiligung von Migranten an möglichst allem. Ein FDP-Vertreter sprach etwas orientierungslos über ein «schlankes Gesetz». Ein schlankes Gesetz übrigens, an dessen konkreten Förderbestimmungen die begünstigten Initiativen ungewöhnlicherweise mitformulieren dürfen.
    Erwähnenswert waren eigentlich nur die Redebeiträge der Christlichdemokraten Christoph de Vries und Marc Henrichmann und von Linda Teuteberg aus der FDP-Fraktion. Henrichmann sagte, solange Äusserungen aus der Mitte des Bundestages ständig an den rechten Rand des politischen Meinungsspektrums gerückt würden, bedürfe es eher eines Vertrauenswiederherstellungs- als eines Demokratiefördergesetzes. Das grosse Defizit der Ampelkoalition sei es, politische Probleme nicht benennen zu können oder zu wollen.
    Quelle: NZZ
  16. Wahlrechtsreform: Das Volk wird sich noch wundern, was heute entschieden wurde
    Die Zahl der Bundestagsmandate wird auf 630 festgezurrt, der Gewinn eines Direktmandats führt nicht mehr automatisch zum Einzug in den Bundestag. Und die Grundmandatsklausel, also die Regelung, dass eine Partei auch dann ins Parlament einzieht, wenn sie mindestens drei Direktmandate gewinnt, egal ob sie über die Fünfprozenthürde kommt, ist abgeschafft. Zack. (…)
    Doch was hier geschehen ist, dürfte den meisten Menschen erst langsam klar werden. Es wurde grundlegend in den wichtigsten Teil der Demokratie eingegriffen: Welche Stimme wie viel zählt. Parteien könnten nun in zahllosen Wahlkreisen gewinnen und doch nicht ins Parlament einziehen.
    Nach den neuen Regeln säße bei dem Ergebnis der letzten Wahl die Linke nicht mehr im Bundestag, die CSU in Bayern wäre nur 0,21 Punkte an einem Scheitern vorbeigeschrammt. Und trotz dieser grundstürzenden Veränderungen hat es keine große gesellschaftliche Debatte darüber gegeben, wie der Souverän seine Stimmen gezählt und seine Vertreter bestimmt sehen will. Aber wann, wenn nicht in diesem Falle, müssten wir lang und breit darüber sprechen?
    Dass am Ende alles ganz schnell ging, lag daran, dass die Ampel ihren endgültigen Entwurf erst in der vergangenen Woche vorgestellt hatte und am Freitag direkt zur Abstimmung brachte. Selbst führende Abgeordnete der Regierungskoalition konnten bei diesem Tempo die Konsequenzen ihres Tuns offenbar nicht völlig umreißen. (…)
    Das zeigte sich zum Beispiel daran, dass die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Britta Haßelmann, der Union vorgeschlagen hatte, doch einfach gemeinsame Listen bei der nächsten Wahl anzumelden, um ein Ausscheiden der CSU aus dem Bundestag bei Unterschreiten der Fünfprozenthürde zu umgehen. Das aber wäre, wie Haßelmann kurz darauf erfahren musste, verfassungswidrig. (…)
    Wie komplex das Wahlsystem ist, weil es historischen und regionalen Besonderheiten der Bundesrepublik und ihren Vorgängern Rechnung trägt, wurde in der Debatte im Bundestag erst in Ansätzen deutlich. Und welch unerhörte Allianzen das Ampel-Basta schmiedet, zeigt auch: Linke klatschten für die CDU, die AfD applaudierte der Ampel.
    Die Änderung des Wahlrechts wäre zwingend der Anlass gewesen, den Bürgern zu verdeutlichen, was die Erststimme bedeutet, was die Zweitstimme bewirkt – und mit dem Souverän in einen Dialog darüber zu treten, wie er seine Stimmen gewichtet wissen will. Gordische Knoten lassen sich mit einem Hieb zerschlagen. Aber man sollte sich vorher gut überlegen, wie man mit den übriggebliebenen Enden umgeht.
    Quelle: Berliner Zeitung

    dazu: Machtpolitische Selbstherrlichkeit
    Gegen den Widerstand der demokratischen Opposition haben SPD, Grüne und FDP das Wahlrecht geändert. So schaden sie der Demokratie.
    Es klingt wie aus einem Werbekatalog: Einfach, fair, gerecht und nachvollziehbar soll es sein, das neue Wahlrecht. Das behaupten SPD, Grüne und FDP. Es ist jedoch schlicht falsch, um nicht zu sagen: eine Lüge. Was die Ampelkoalition in einem wenig schmeichelhaften Akt machtpolitischer Selbstherrlichkeit an diesem Freitag durch den Bundestag gepeitscht hat, ist weder einfach noch fair. Gerecht und nachvollziehbar ist es ebenso wenig.
    Schon die Motivation für die Reform geht an dem eigentlichen Problem vorbei. Denn das Hauptproblem des Bundestags ist nicht seine Größe. Mit 630 Abgeordneten ist er nicht mehr oder weniger arbeitsfähig als mit 736. Die Frage ist vielmehr, wen diese Abgeordneten repräsentieren. Schon dass inzwischen rund ein Viertel der Wahlberechtigten nicht mehr zur Wahl geht, ist höchst bedenklich.
    Quelle: taz

    Anmerkung Christian Reimann: Diese sog. Reform des Wahlrechts geht sogar der grünen-nahen „taz“ zu weit.


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