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Titel: Betrug – und wo bleiben die Kontrolleure, die Wirtschaftsprüfer, die Bankenaufsicht, die Zentralbanken und letztendlich die Politik?

Datum: 11. Dezember 2007 um 8:46 Uhr
Rubrik: Banken, Börse, Spekulation, Finanzkrise, Ungleichheit, Armut, Reichtum
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„UBS noch tiefer im Strudel der Kreditkrise“ so lautet die Überschrift über einer Meldung der Neuen Zürcher Zeitung. Und weiter: „Die Grossbank UBS muss wegen der amerikanischen Hypothekenkrise weitere 10 Milliarden Dollar abschreiben. Die grösste Schweizer Bank befürchtet rote Zahlen für das ganze Jahr. Sie erhält eine Finanzspritze aus Singapur und Nahost.“
Quelle: NZZ
Orlando Pascheit hat dazu für die NachDenkSeiten einen interessanten Kommentar geschrieben. Albrecht Müller.

Kommentar Orlando Pascheit:

Es hieß einmal „so sicher wie auf einer Schweizer Bank.“ Das betraf offenkundig zunächst einmal die geringen Einflussmöglichkeiten des Auslands und das legendäre Schweizer Bankgeheimnis, implizierte aber auch solides und seriöses Bankmanagement, dem Sicherheit vor Risiko galt. Zumindest letztere Einschätzung dürfte endgültig perdu sein. Nicht nur Bankmanager in der deutschen Provinz, die ganze große Welt des Geldes ist infiziert von der banalen Gier nach immer mehr.

Die Abschreibung von insgesamt 14 Mrd. USD aufgrund der Subprime-Krise hätte die meisten anderen Banken in den Ruin getrieben, zu ihrem Glück ist die größte Schweizer Bank auch der weltweit größte Vermögensverwalter. So wird das Jahr in einem überschaubaren Minus enden. Ob das für die übrige Finanzwelt auch gilt, wird sich vielleicht erst mit Vorlage der Bilanzen für 2007 zeigen. Etliche Banken bzw. Fonds werden wohl zwecks Refinanzierung Notverkäufe von Wertpapieren tätigen müssen, mit entsprechenden Folgen für die Realwirtschaft.

Könnten wir doch Gier, Größenwahn und bodenlosen Leichtsinn einfach als Charakterfehler einiger Weniger abtun und ihnen zurufen: Geht in Euch, tut Buße, Aber waren eben dieselben Manager vor kurzem noch nicht die Heroen der Geschäftswelt? War die Kunst, aus Geld mehr Geld zu machen, nicht bis vor kurzem die edelste und meistbezahlte? Galt nicht der Finanzmarkt als das reinste Destillat dessen, was wir freien Markt nennen, und jeglicher Widerspruch als obsolet? Dass der Mensch in seiner schlichten Gier die Übersicht verliert, ist so bedauerlich wie alltäglich. Dass aber Wissenschaft und Politik angesichts der sich seit langem abzeichnenden Entwicklung sich gerade noch auf die Forderung nach mehr Transparenz einigen können, ist erbärmlich und verantwortungslos.

Managergehälter, die Sau, die derzeit durch das Dorf getrieben wird, sind doch nur die Spitze des Eisbergs. Eine gewaltige Umverteilungsmaschinerie bewirkte, daß heute die Hälfte des weltweiten Vermögens in der Hand von zwei Prozent der Weltbevölkerung ist, und dies lässt sich in den einzelnen Nationalökonomien weiter durchdeklinieren.
Das mobile Finanzkapital fand bei niedrigen Zinsen normale, klassische Anlagen nur wenig befriedigend. Zudem ist die Zahl an guten bzw. sicheren Schuldnern begrenzt. Der Kreditbedarf von Toyota, General Electric, Porsche oder Bayer ist halt begrenzt, also muß auf weniger sichere Geschäfte ausgewichen werden. Dazu wurden nur noch mit komplizierten mathematischen Modellen erfassbare Finanzinstrumente geschaffen, sog. strukturierte Produkte. Heute ist der Bestand an mit zweifelhaften Krediten besicherten Papieren vollkommen unübersichtlich. Nur die Banken selbst haben, aber eben auch nur bei sich selbst, die Übersicht.

Wenn diese in der Vergangenheit behaupteten, sie hätten die unsicheren Bestände abgebaut, so stellt sich jetzt heraus, dass sie diese nur vorübergehend gegen hohe Zinsen an Finanzjongleure abgetreten hatten.

Wenn heute eine große Bank die Karten auf den Tisch legt, so stellt sich neben der Frage nach den anderen Banken auch das unangenehme Gefühl des Betrogenwordenseins ein. Und hier kommen in der Tat die Managergehälter in das Spiel. Hätten denn nicht die Fachleute z.B. angesichts der Hypothekenblase in den USA, Großbritannien und Spanien die Katastrophe kommen sehen müssen? Ja, und das heißt, sie haben diese willentlich in Kauf genommen, um weiterhin fette Boni in Millionenhöhe zu kassieren, solange es eben geht.

Und wo bleiben die Kontrolleure, die Wirtschaftsprüfer, die Bankenaufsicht, die Zentralbanken und letztendlich die Politik? Ach ja, die Zeche werden wir, die Wähler dieser an Mittelmäßigkeit kaum zu übertreffenden Kontrolleure, zahlen müssen.


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