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Titel: Leserbriefe zu „Die Rückkehr der Flüchtlingsdebatte und der Elefant im Raum“

Datum: 4. Oktober 2023 um 13:08 Uhr
Rubrik: Leserbriefe
Verantwortlich:

Jens Berger diskutiert hier das „Comeback“ der Flüchtlingsdebatte. Die beklagte Situation sei nicht unerwartet gekommen. Erstaunlich sei jedoch die Art und Weise. Zu Recht werde beklagt, dass die kommunalen Aufnahmekapazitäten erschöpft seien. Ausgeblendet werde jedoch, dass „allein im letzten Jahr mehr Menschen aus der Ukraine aufgenommen wurden als während der gesamten ´Flüchtlingskrise´ von 2014 bis 2016 aus den größten Herkunftsländern Syrien, Afghanistan und dem Irak zusammen“. Die Debatte werde „lieber auf dem Rücken anderer Flüchtlinge“ ausgetragen. Wir danken für die interessanten Zuschriften. Hier nun eine Auswahl der Leserbriefe, die Christian Reimann für Sie zusammengestellt hat.


1. Leserbrief

Hallo Herr Berger,

ich kann ihrem Artikel wie so oft voll und ganz zustimmen. Es tut sehr gut, einmal das zu lesen, was ich mir bei der aktuellen Flüchtlingsdiskussion auch denke.

Es ist kaum zu ertragen, was aktuell in diesem Land passiert und meine Hoffnung, dass alle mal wieder zur Vernunft kommen, wird immer geringer.

Ich wünsche ihnen weiterhin viel Kraft für ihre wichtige Arbeit.

Mit freundlichen Grüßen
B.B.


2. Leserbrief

Hallo Herr Berger,
 
ich möchte dem Wort Krieg noch ein Wort hinzu fügen Wirtschaftskrieg (Sanktionen).
 
Würden wir den Menschen in all diesen Ländern helfen, ihr Land wieder auf zubauen, gäbe es viele Flüchtlinge nicht.
 
Stattdessen stehlen wir teilweise auch noch ihre Rohstoffe oder verweigern ihnen Medizinische Unterstützung und vieles mehr.
 
Da muss man sich über das Ergebnis nicht wundern.
 
Danke für Ihren Artikel.
 
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Melchior


3. Leserbrief

Liebe NDS Redaktion, Herr Berger und Herr Müller,

Der Artikel eignet sich hervorragend zu einer tiefer gehenden Analyse ( Ursachenforschung ) die sie nachstehend finden können:

Der Begriff Sündenbock geht zurück auf die Bibel ( Levitikus 16 ).
Worum es geht ist Flüchtlinge mit dem Begriff Sündenbock zu verbinden und die Folgen davon auszuleuchten.

Eine Gruppe von Menschen wird zum Sündenbock sobald sie nachfolgende  Merkmale hat:

  • Die Gruppe hat faktisch keine Möglichkeit sich zu wehren.
  • Die Gruppe ist in der Gesellschaft identifizierbar durch Merkmale oder Verhalten.
  • Die Gruppe ist unbeliebt und beladen mit negativen Stereotypen.
  • Die Gruppe wird gesehen als eine Bedrohung, in Medien und Politik wird diese Bedrohung verstärkt zum Ausdruck gebracht.
  • Die Menschlichkeit der Gruppe wird angetastet.

All diese Merkmale des Sündenbocks lassen sich ohne Schwierigkeit auf die Flüchtlinge übertragen.

Wird eine Gesellschaft, die Bewohner eines Landes getroffen durch negative Ereignisse wie hohe Arbeitslosigkeit, Kriegsängste, Epidemie, hohe Inflation, oder vieles mehr erzeugt dies eine unterliegende Aggression die sich allerdings auf niemand im besonderen richten kann.
Da muss dann ein Sündenbock her. Dieser Mechanismus ist uralt:

  • Im 3 Jahrhundert machte Tertullianus die christliche Gemeinschaft zu Sündenböcken.
  • In der USA des 19 Jahrhunderts war die Gruppe der schwarzafrikanischen Sklaven der Sündenbock.
  • Die Massenarbeitslosigkeit der 30er Jahre bedrohte Millionen Menschen in ihrer Existenz, die Juden wurden zum Sündenbock.

Was machen wir heutzutage? Sündenböcke sind die Flüchtlinge.
Das besondere daran ist dass mit dem verschwinden der als Bedrohung empfundenen Situation die Aggression gegen die “Sündenböcke” nicht verschwindet. Wieso? Ganz einfach um eine Wiederholung zu vermeiden.

Bleibt noch die viel weniger angefeindete Gruppe der Flüchtlinge aus der Ukraine zu erklären. Dies erklärt sich aus der Tatsache dass diese Gruppe als zu uns gehörend und gefühlt dargestellt  wird. Sie gehören zu Europa, gehören also zu unserer eigenen Familie.
Flüchtlinge aus Afghanistan, Afrika, Syrien etc gehören nicht zu unserer Familie. Sie werden dargestellt als “Fremdkörper” die abgewehrt und entfernt werden müssen.

Mit freundlichem Gruß
Patrick Janssens


4. Leserbrief

Guten Tag an die Redaktion, danke für Eure stets kritische Berichterstattung

Das Politikergeschwätz und die Lügen und Hetze und Ihre Taten machen mich immer wieder fassungslos zurück. Zu den Ursachen der Flucht empfehle ich den Artikel der Karawane für die Rechte der Geflüchteten. Hier kommen geflüchtete Personen selber zu Wort! Das ist gut so.

Es wäre schön, wenn Sie das Interview an die Leser weiter geben.

Mit solidarischem Gruss
Johanna

migazin.de/2023/09/20/araz-ardehali-wir-sind-hier-weil-ihr-unsere-laender-zerstoert/


5. Leserbrief

Guten Tag,

ich möchte meinen Beitrag beschränken auf den Elefant im Raum, sprich die ukrainischen Massenzugeströmten in Deutschland. Das Zusammenleben mit 1,2 Millionen Menschen aus einem fremden Land stellt Anforderungen an jeden Menschen in diesem Land. Viele waren bereit mit Toleranz zu reagieren, zu helfen und “ein Auge zuzudrücken” und sind es heute noch. Die Leute, um die es geht, sind in der Mehrzahl Erwachsene, auch viele Männer, ihr Herkunftsland und seine Regierungsmitglieder stellt ständig neue  Forderungen nach noch mehr Geld, Waffen, Unterstützung und Anschluss an EU und NATO. Man will sich gemein machen mit uns oder sogar primus inter pares werden.

Auf Forderungen einzugehen, kann nicht einfach von oben verordnet werden. Es verlangt vielmehr vom einzelnen in Deutschland Lebenden (und damit meine ich ausdrücklich auch die sonstigen Flüchtlinge)  allerdings die Bereitschaft und das Entgegenkommen dazu. Die könnte gefördert werden durch anständigen Umgangston, Höflichkeit, gesittetes Benehmen und Anpassung an die hier herrschenden Gepflogenheiten, sicher nicht auf die Melnyk’sche Tour.  Die meisten Kulturen, vor allem auch die, aus denen die sonstigen Flüchtlinge kommen, haben eine ganz  ausgeprägte Kultur für Höflichkeit und Sitten.

Das Konzept des “Einzelfalls” ist mir bekannt. Allerdings erlebe ich sehr viele ukrainischen Menschen hier als extrem ungezogen und ungesittet: Beispiel Einkaufen im Supermarkt. Es war bis “vor den Ukrainern” nicht üblich, dass gestapelte Großkartons voller 10er-Packs mit Eiern von unten bis  oben durchgewühlt werden, meist wird auch noch jede einzelne Packung geöffnet. Eine ukrainische Frau sitzt dazu im Schneidersitz auf dem Einkaufsgang, um mehr Platz zu haben. Bei der Frage, ob sie bitte Platz machen könnte, wird sie unwirsch. Die Eierkartons werden dann aber nicht geordnet zurückgestellt, sondern es bleibt ein wilder Haufen übrig. Es ist auch nicht üblich hierzulande, dass lose in einer Schütte angebote Kirschen einzeln herausgepickt werden und die vielen nicht perfekten wieder zurückgeworfen werden. Cherry-Picking auf ukrainische Art. Ähnliches geschieht mit kiloschweren Wassermelonen, die, wenn sie nicht gefallen, mit Gepolter zurückgeworfen werden. Was der Frucht nicht unbedingt gut bekommt.  Vor einigen Wochen stand ich an einem Kassenband, hatte bereits aufgelegt, als von hinten ein Hüne kam, mich sehr feindlich anzischte, ich denke, das war ukrainisch,  und sich vor mich drängte. Zwar bin ich als Frau nicht gerade klein und schwach, doch der Typ war mir körperlich weit überlegen. Ich sprach ihn an, sachlich und behielt meinen Platz am Band. Er rückte mir auf die Pelle. Das Spiel wiederholte sich. Der deutsche Mann vor mir am Band zog es vor, stur nach vorne zu blicken und nichts mitzukriegen. Bei meiner dritten Bemerkung rechnete ich mit einem Kinnhaken. Der erstaunlicherweise nicht kam. Der Hüne zog ab ans Nachbarband, weil dort die Kasse geöffnet worden war. Das war sehr knapp! Seitdem kaufe ich in Geschäften dieser beiden Ketten nicht mehr ein. Was  unsere Haushaltskasse noch mehr belastet.

Das alles sind – wenn es Einzelfälle wären, Kleinigkeiten – schlechtes Benehmen eben. In der Masse aber (und ich wohne in einer Stadt mit der höchsten Ukrainer-Dichte im Bundesland) wird das Leben hier allmählich sehr unangenehm. Denn auch in der Nachbarschaft wohnen Ukrainer, die uns bei gutem Wetter und wochenends lautstark bei ihren Gartenparties mit ihren völkischen Waisen bedenken – das kann dann schon mal 3 Uhr nachts werden. Polizei anrufen?! Ist meiner Ansicht nach keine gute Idee. Unser Fahrzeug hat auch jetzt schon – ohne dass wir “auffällig” gegen die lieben Nachbarn geworden wären, zerkratzte Fensterscheiben bekommen. Ich könnte  noch viele Geschichten anfügen: Von hier einquartierten UkrainerInnen, die sich ihren Vermietern gegenüber aufführen wie die Herrenmenschen (“seien Sie doch froh, dass Sie die Miete vom Sozialamt kriegen…”, “fahren Sie mich gefälligst ins Klinikum” …) , einem anderen Fall, in dem eine Ukrainierin mit 16jährigem Sohn eine neu eingerichtete  Wohnung erhält und nach einigen Monaten total vermüllt und heruntergewohnt zurücklässt. Ich bin sicher, dass es zigtausende solcher Stories gibt. Und frage mich: Warum lassen wir uns das eigentlich alles gefallen?? Von der Politik, von Medien, die diese Sachverhalte totschweigen und von den “Gästen”, die – wie kleine Kinder – sich immer mehr herausnehmen, weil ihnen keine Grenzen aufgezeigt werden.

Beschimpfungen übrigens über meine angebliche Fremdenfeindlichkeit und mangelde Toleranz wären nicht angebracht. Dazu habe ich in meinem langen Leben zu viel aufgewendet dafür, dass Zugewanderte und wir hier Lebende gut miteinander auskommen und uns wechselseitig aufeinander einstellen. Heute bin ich nur noch deprimiert: Denn das Gefühl nimmt überhand, dass dieses Land und sein Wesenskern nicht mehr verteidigt wird, sodass ich mich frage: Wie lange noch hier bleiben und wohin dann?

Mit freundlichen Grüßen
A.B.


6 Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,
 
zu
 
Die Rückkehr der Flüchtlingsdebatte und der Elefant im Raum
 
Man auch sagen, die Geister die ich rief werd ich nun nicht los.
 
Stellt sich erst mal die Frage was ist ein Flüchtling oder eine Flucht.
Anfang der Neunziger Jahre musste ich als junger Ingenieur meine Heimat in Mecklenburg verlassen, da es keinerlei Berufsperspektive gab.
Jetzt nach dem Ende des Berufslebens bin ich dort wieder zurückgekehrt. Übrigens in einen 60ziger Jahre Plattenbau einer Wohnungsgenossenschaft.
 
Damit stellt sich auch die Frage, ob Krieg die größte Ursache für Massenflucht ist !
Ich bezweifel das !
 
mehr unter
 
Osteuropa und Russland – Das ökonomische Desaster, das wir angerichtet haben, wird vergessen – Teil 1
 
Schon vor Jahren fragten die Ukrainer, welche Möglichkeiten gibt es nach Deutschland zu kommen.
Jetzt können die Ukrainer offiziell kommen. Darunter auch viele aus der Westukraine, die von Kriegsaktivitäten gar nicht betroffen sind.
30 – 35 % der Arbeitskräfte sind aus den baltischen Ländern, Ukraine, Bulgarien, Rumänien, Kroatien u.a. weg.
Das sind die offiziellen Zahlen !
In Diskussion ist, das alleine Berlin ca. 1 Million temporäre Arbeitsmigranten hat. Die haben etwas oder sind auf dem sogenannten “Arbeitsstrich”.
In München, war 2 Häuser weiter einen Arbeiterwohnheim mit Kroatien. Dort waren bis zu 17 Namensschilder an einem Briefkasten !
Wie viele Arbeitsmigranten sich in Deutschland aufhalten kann niemand sagen.
 
Da asoziale neoliberale Kräfte dadurch gigantische Gewinne machen, werden diese Migranten durch EU Freizügigkeit bewußt ausgeklammert.
Das gilt übrigens auch für die AfD.
 
Die anderen Migranten aus Afrika, Nahen Osten usw. sind eine vergleichbar geringe Zahl.
 
Letztendlich ist aber Konsens mit dem Artikel, 90 % der Fluchtursachen sind in der Politik der Bundesregierung zu suchen.

  1. Forcieren von Konflikten
  2. Waffenlieferungen in Kriegsgebiete
  3. Embargos
  4. Zerstörung der Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung siehe Artikel Professor Flassbeck oder EPA Abkommen usw.

 
Die Probleme sind hausgemacht.
Die Regierung nahm sich vor 2022 400.000 neue Wohnungen zu bauen.
295.000 sind es dann geworden.
 
Jetzt vergleichen wir mal den Exportweltmeister, ein 82 Millionen Volk, mit der maroden DDR mit nur 16,5 Millionen Einwohner !
 
Von 1984 bis 1988 wurden in der DDR in 4 Jahren 1 Millionen Wohnungen gebaut !
Das war damals oft grau in grau und viel weniger gedämmt als heute.
Aber mit 5 x so vielen Einwohnern und einer der leistungsfähigsten Industrien der Welt hinter USA, China und Japan, sind nicht einmal 20 % mehr Wohnungen als in der DDR pro Jahr, ein erbärmliches Ergebnis !
 
Übrigens nach Wohnungen in Hamburg, Berlin – Spandau, München bin ich wieder in eine Plattenbauwohnung nach Rostock gezogen, in der ich aufwuchs.
Recht günstige Miete, Top Service einer Genossenschaft von dem ich in Hamburg oder München nicht mal zu träumen wagte und 56 große Bäume ( höher 10 m ) hinter dem Haus, bieten eine sehr viel höhere Lebensqualität als in München, Hamburg und Berlin Spandau.
 
Grüße
Dieter Gabriel


7. Leserbrief

Liebe NachDenkSeiten,

als Leserbrief zum Thema Flüchtlingspolitik – heutiger Beitrag von Jens Berger, “Die Rückkehr der Flüchtlingsdebatte und der Elefant im Raum” – möchte ich Ihnen einen Beitrag einer mir gut bekannten Flüchtlingshelferin, die aus guten Gründen anonym bleiben möchte, schicken:

—————— Beginn des Beitrags————————-

“Integrationsobergrenze! Das neue Zauberwort von Markus Söder, damit will er demonstrieren, dass er Lösungen parat hat. Der starke Mann in Bayern, der für seine Bürger*innen handelt. Doch eigentlich will er nur seinen freien Fall in den Umfragewerten drei Wochen vor der bayerischen Wahl stoppen. Und die Wunderwaffe sind wieder Flüchtlinge. Denkt er. Gelernt hat er zumindest so weit, denn die Obergrenze von Seehofer kam nicht gut an. Da hört sich Integrationsobergrenze schon viel besser an. Wenn es nicht so traurig wäre, dann wäre es eigentlich lustig, denn der Vorsteher einer Partei, die alles darangesetzt hat, dass Integration nicht funktioniert, sieht da plötzlich Gefahr, dass seine Regierung das nicht schultern kann. Unterstützung erhält er von seinen Landräten in erster Reihe von Karmasin, der in jedes Mikrofon von den Überlastungen berichtet. Volle Gemeinschaftsunterkünfte, keine Kapazitäten bei der Unterbringung. Und es sind die „anderen“ Geflüchteten, nicht die eine Million Ukrainer, die nach Deutschland kamen und die „man gut geschultert hätte“ (Söder). Ja, denn die hatten kein Arbeitsverbot, mussten nicht in Gemeinschaftsunterkünfte, konnten sich ihren Wohnsitz frei wählen, hatten Unterstützung bei der Wohnungssuche, durften sofort Sprachkurse besuchen.

In den übervollen Gemeinschaftsunterkünften leben stattdessen viele Fehlbeleger, so dass nun keine Plätze frei sind. In einem Interview in der Sendung quer Anfang 2023 gab K. [… Name dem Verfasser bekannt …] zu, dass er und viele andere Landräte lange Zeit kein Interesse hatten die Fehlbeleger aus den Einrichtungen zu bringen. Er sagte, dass er gar keine Ansiedlung möchte. Von Menschen, die hier Schutz zugesprochen bekommen haben. Denn seine Kollegen und er erhielten somit über Jahre hinweg kaum Neuzuweisungen von Flüchtlingen. Erst jetzt. Aber natürlich, es ist nicht die eigene Konzeptlosigkeit, Schuld sind einzig und allein die Geflüchteten. Oh, präzise bleiben! Die „anderen Geflüchteten“ natürlich!

Nun fanden zu Recht viele ukrainische Frauen und Kinder in den vergangenen Monaten Unterschlupf in Bayern. Kinder, die in Krippen, Kindergärten und Schulen gehen. Das ist eine unglaubliche Belastung für diejenigen, die das tagtäglich schultern. Aber das Problem sind einzig und allein die „anderen Geflüchteten.“ Lehrermangel gibt es seit Jahren, es war schon schwer als meine Kinder in den Kindergarten gingen, qualifiziertes Fachpersonal zu finden. Da kann ich aus Erfahrung sprechen, da ich mit meinen Vorstandskolleginnen auf der Suche war. Aber klar, da konnte man über Dekaden hinweg als Regierung einfach nichts machen, denn man wurde ja quasi von den Flüchtlingen überrascht. Der Wohnungsmarkt ist seit Jahrzehnten extrem strapaziert. Hat die bayerische Staatsregierung dort irgendwann Ansätze oder gar Lösungen erarbeitet? Stopp, wer hat Sozialwohnungen verkauft? Und aus welchen Gründen? Sicher waren Flüchtlinge , die eine Wohnsitzauflage haben und im Verfahren nicht aus GUs ausziehen dürfen, für den angespannten Wohnungsmarkt verantwortlich. Und wenn nicht damals, heute auf jeden Fall. Oder das Gesundheitssystem, welches Söder auch anbringt, dass man da den Menschen nicht adäquat helfen könne. Wie lange wird schon das Problem der fehlenden Hausärzte und Landärzte diskutiert? Wartezeiten bei Fachärzten wegen Überlastung? Fehlende Pflegekräfte? Und das hat sich erst in den letzten Monaten aufgrund der „anderen Geflüchteten“ verschärft? Ernsthaft?

Ich halte das wirklich nicht mehr aus! Das ist lupenreiner Populismus. Es werden keine Lösungen gesucht. Es wird nur eine mit politischen Absichten verbundene, auf mögliche Volksstimmungen gerichtete Themenwahl und Rhetorik gewählt. Es geht nicht um die Bedürfnisse der Bürger*innen. Weiß man überhaupt, was die Menschen bewegt? Ich glaube nicht. Lieber schürt man Angst mit dem Thema Migration, funktioniert ja so gut. Wenn man schon keine Ideen hat, dann kopiert man schlecht die andere Partei. Zumindest kann man scheinbar von allem anderen ablenken, in den Bierzelten wird gejubelt, jedoch nicht diskutiert. A Maß Bier – passt scho! Doch was ist eigentlich mit der Stammstrecke in München und dem Vertuschen für die Bundestagswahl? Oder wie wird das Versagen der CSU-Verkehrsminister aufgearbeitet? Wie sieht Söders Strategie angesichts der Klimaveränderungen aus?

Zumindest gibt Söder inzwischen zu, dass es Zuwanderung bei Arbeitskräften geben muss. Dafür reist er sogar in fremde Länder. Jetzt muss er jedoch sehr stark sein: Auch die werden mit Kindern kommen, brauchen Wohnraum, Ärzte und Sprachkurse und sie wollen hier leben, nicht nur arbeiten und dann in ihrer Höhle verschwinden. Und sie brauchen eine aufnehmende Gesellschaft, die sie willkommen heißt. Nur blöd, wenn man nun die ganze Zeit gegen Menschen hetzt. Wie soll denn der Bierzeltpopulisumusempfänger unterscheiden, wer ihm in der S-Bahn gegenübersitzt? „Nur“ ein „anderer Geflüchteter“ oder vielleicht der heißbegehrte Arzt oder IT-Spezialist aus Indien oder Georgien oder sonst wo her. Kennzeichnungen gibt es zum Glück (noch?) nicht. Kürzlich erzählte mir eine Mitarbeiterin einer Klinikgruppe, die für die Anwerbung von Personal zuständig ist, dass sie es fast nicht mehr schaffen, Ärzt*innen aus dem Ausland für Deutschland zu gewinnen. Und warum? Mangelnde Infrastruktur, keine Wohnungen und vor allem der Alltagsrassismus, dem sie sich und vor allem ihre Familien nicht aussetzen möchten. Huch! Jemand, der Bayern nicht als sicher und lebenswert empfindet? Woran könnte das nur liegen?

Oder ist der „nur ein anderer Geflüchteter“ in der S-Bahn inzwischen eine begehrte Fachkraft? Würde sich der Bierzeltpopulisumusempfänger ihm anders gegenüber verhalten, wenn er es wüsste, oder vielleicht erst am Arbeitsplatz? Nein, leider weder noch. In den vergangenen sieben Jahren habe ich so viele junge Menschen getroffen, die es den Integrationsverhinderungsmaßnahmen der CSU zum Trotz geschafft haben. Menschen, die bis heute keinen offiziellen Sprachkurs besuchen durften, die jede noch so dämliche Hürde, vor die sie gestellt wurden, gemeistert haben, und inzwischen eine in Bayern abgeschlossene Ausbildung zum Maler, Koch in bayerischer Traditionsgaststätte, Einzelhandelskaufmann, Bäcker, Konditor, Pfleger, Sanitärinstallateur, Autosattler, Landschaftsgärtner, zahnmedizinischer Fachangestellter (um nur einige zu erwähnen) vorweisen können. Andere arbeiten seit Beginn in den Hotels in München, sind unverzichtbar in der Logistik oder sorgen als Sicherheitsdienst für Ordnung in bayerischen Behörden oder bei Söders Prestige-Veranstaltung IAA. Und dennoch, in den Augen vieler bleiben sie immer „die anderen Geflüchteten“. Alle, an die ich in meiner Aufzählung gedacht habe, haben inzwischen aufgrund ihrer Fluchtgeschichte Schutz zugesprochen bekommen. Aber das Wort „illegal“ lässt sich einfach zu schön bespielen zur Angsterzeugung und Ausgrenzung. Sie sind in der Argumentation des Ministerpräsidenten das Problem vor dem er, seine Minister*innen, seine Landräte eindringlich warnen. Das ist traurig und unwürdig! Und alles nur für ein wenig Wahlkampfpopulismus! Warum erzählt er eigentlich nicht, was er und seine Regierung in den vergangenen fünf Jahren tatsächlich geleistet hat? Mich würde das wirklich interessieren. Und er müsste den Menschen keine Angst machen oder vielleicht macht er es dann gerade . . .”

——————Ende des Beitrags——————–

schöne Grüße, Ludger Elmer


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