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Titel: Teslas Cybertruck – ein Auto, wie gemacht für unsere Zeit

Datum: 4. Dezember 2023 um 13:13 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Verkehrspolitik
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Ist es nicht fantastisch? Künftig können wohlsituierte Helikopter-Mütter ihre Kinder nicht nur sicher, sondern auch klimaneutral zum Yoga-Unterricht bringen. Der Dank dafür gebührt Elon Musk. Der multimilliardenschwere Tausendsassa bringt nun mit seinem Tesla Cybertruck endlich einen Pickup auf den Markt, auf den unsere Gesellschaft nur gewartet hat. Es gibt kein anderes Auto, das den Zustand unserer westlichen Zivilisation so gut widerspiegelt wie das martialische Elektromobil aus Austin, Texas. Eine Glosse von Jens Berger.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Schönheit liegt bekanntlich immer im Auge des Betrachters. Ist Teslas Cybertruck schön? Fest steht, dass er mit seinem futuristisch-dystopischen Design polarisiert. Und genau darum geht es doch im Luxussegment. Man will sich abheben, man will auffallen. Und wie kann man heutzutage besser auffallen als mit einem kantigen 3-Tonnen-Edelstahlkeil, der in 2,6 Sekunden von 0 auf 100 beschleunigt und sich schon optisch wohltuend von dem gefällig-braven politisch korrekten Wir-haben-uns-alle-lieb-Schnickschnack abhebt. Der Cybertruck sendet eine Botschaft aus, die grundehrlich ist und die den Individualismus auf die Spitze treibt: Ihr geht mir am Arsch vorbei. Die Gesellschaft geht mir am Arsch vorbei. Soll die Welt um uns herum doch in Flammen aufgehen.

Bei der Vorstellung des Cybertrucks beschrieb Elon Musk das Konzept dieses Autos mit klaren Worten: Dieser Wagen sei das Richtige für alle, die „von den Endzeitstimmungs-Vibes getrieben sind“. Das hätte er nicht extra erwähnen müssen. Wo andere Autos Sicherheitsfahrgastzellen, Stoßstangen und Knautschzonen haben, um beim Crashtest ihre fünf Sterne zu bekommen, hat der Cybertruck ein Exoskelett aus ultrahartem Edelstahl; ein Produkt übrigens, dass Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX eigentlich für wiederverwertbare Raketen entwickelt hat. Dieser Stahl sei – so Musk wörtlich – so hart, dass „man die Karosserieteile nicht pressen [könne], davon würde das Presswerk zerbrechen“. Im Imagefilm belegt Tesla die Vorzüge dieses Materials, indem man das Auto mit diversen automatischen Waffen beschießen lässt. Der kugelsichere Panzer für die Apokalypse. Schon heute auf unseren Straßen. Ist das nicht toll?

Fußgänger, Radfahrer und Normalsterbliche in ihren Blechautos werden das anders sehen. Bei einem starren, ultraharten Exoskelett liegen die strukturell tragenden Teile nun mal außen und dieses Design erlaubt keine Knautschzonen – und so richtig übersichtlich ist es für den Fahrer auch nicht. Bei einer der ersten Testfahrten mit dem Cybertruck fuhr Elon Musk persönlich erst mal einen Poller in Kleinkindgröße um – sowas kann schon mal passieren, wäre der Poller wirklich ein Kleinkind, wären dessen Überlebenschancen wohl marginal.

Aber was soll’s. Sicherheit ist unserer Gesellschaft nun mal allen voran die eigene Sicherheit. Wen interessieren da schon Kleinkinder oder andere Verkehrsteilnehmer?

„If you are ever in an argument with another car you will win” – „Wenn Du mal einen Streit mit einem anderen Auto hast, wirst Du daraus als Sieger hervorgehen“, so Musk bei der Cybertruck-Präsentation. Und das kann man sicher wörtlich nehmen. Bei einem Crash mit einem Cybertruck wird die gesamte kinetische Aufprallenergie vom Unfallgegner absorbiert. Aber was interessieren uns heute schon die anderen? Wichtig ist, dass wir der Sieger sind. Der Cybertruck ist ein Auto von Siegern für Sieger! Was will man mehr?

Ich will nicht verschweigen, dass mir einige Stellen von Musks Sicherheitskonzept noch unklar sind. Wird er nun den Feuerwehren spezielle Hochleistungsschneider verkaufen? Mit einer herkömmlichen Schere und einem Spreizer wird man die Insassen eines verunglückten Cybertrucks sicher nicht aus der ultraharten Edelstahlkarosse schneiden können. Ich bin auch kein Physiker. Aber so wie ich den Energieerhaltungssatz verstehe, könnte die fehlende Knautschzone gerade bei einem Aufprall auf ein starres Hindernis wie einen Baum oder eine Mauer auch für die Insassen des Cybertrucks ein nicht gerade erfreulicher Nachteil sein. Aber, who cares? Wer denkt bei der Apokalypse schon an solche Feinheiten? Es leben die Endzeit-Vibes.

Und überhaupt. Wir reden hier schließlich von einem rein elektrisch angetriebenen, also guten (!) Auto. Dafür gibt es sicher auch Steuerzuschüsse, bezahlt vom normalen Volk, auf das man nun noch schöner herabschauen kann. Und am besten schaut man ja immer noch mit gutem Gewissen herab. Bei einem Elektroauto kauft man dieses gute Gewissen gleich mit. Und die Korinthenkacker, die nun mit sowas wie einem CO2-Fußabdruck kommen und auf den irren Ressourceneinsatz, der beim Bau eines mehr als drei Tonnen schweren Edelstahl-Pickups nun mal nötig ist, verweisen, sind letztlich ja nur Neider.

Als Besitzer eines Teslas signalisiert man: Mir ist die Zukunft meiner Kinder wichtig! Ok, das gilt nicht für die Zukunft eurer Kinder, die bei den 17 Zoll Bodenabstand des Cybertrucks bei einem Zusammenstoß unter die ultraharte Edelstahlkarosse gezogen werden. Aber wer sagt denn, dass das Leben leicht wäre? So geht Evolution, meine lieben Versager.

Der einzige Wermutstropfen ist, dass die europäische Bürokratie den Kauf des Cybertrucks hierzulande erschweren wird. Klar, der Cybertruck ist die Zukunft und unser Regelkorsett ist die Vergangenheit. Dass Teslas neuer Geniestreich nie einen Crashtest nach EU-Norm bestehen würde und auch ansonsten nach europäischen Gesetzen niemals zulassungsfähig wäre, versteht sich bei so einem innovativen Produkt von selbst. Aber zum Glück regelt sowas ja der Markt und es gibt ja zahlreiche Dienstleister, die sich darauf spezialisiert haben, nicht zulassungsfähige Fahrzeuge in Europa doch zuzulassen. Wohlsituierte Helikopter-Mütter können also aufatmen. Es dauert nicht mehr lang, dann können sie ihre Kinder nicht nur sicher, sondern auch klimaneutral zum Yoga-Unterricht bringen. Wenn das keine gute Nachricht ist, weiß ich auch nicht mehr weiter.

Titelbild und sonstige Bilder: Tesla


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