NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Lateinamerikanisch-chinesisches Forum in Peking: „Neues Kapitel einer gemeinsamen Zukunft”

Datum: 18. Mai 2025 um 10:00 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Wirtschaftspolitik und Konjunktur
Verantwortlich:

Mit der Teilnahme von über 20 Außenministern aus Lateinamerika und der Karibik unter Vorsitz des chinesischen Außenministers Wang Yi hat diese Woche in Peking das vierte Forum der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (Celac) mit der Volksrepublik China stattgefunden. Das Forum wurde 2014 auf dem zweiten Celac-Gipfeltreffen in Havanna ins Leben gerufen. Neben den Außenministern nahmen aus Lateinamerika auch die Präsidenten Brasiliens, Luiz Inácio Lula da Silva und seine Amtskollegen Gustavo Petro aus Kolumbien und Gabriel Boric aus Chile teil. China verkündete unter anderem die Bereitstellung umfassender Kreditlinien für Infrastruktur- und KI-Projekte sowie den massiven Ausbau von wissenschaftlichen Austauschprogrammen mit Lateinamerika. Von Thorben Austen.

Chinas Präsident Xi Jinping hielt die Eröffnungsrede. In seiner Ansprache umriss er die Punkte der Zusammenarbeit zwischen der Volksrepublik und den Celac-Staaten. Mit dem „Programm der Solidarität” werde China in den nächsten drei Jahren jährlich 300 Funktionäre politischer Parteien aus Lateinamerika einladen, um „Forschungen durchzuführen und Erfahrungen auszutauschen”. Im Bereich der Entwicklungsprogramme erklärte Xi, China werde mehr Qualitätsprodukte aus Lateinamerika importieren und seine Unternehmen dazu ermutigen, ihre Investitionen in der Region zu erhöhen.


Quelle: Juan Diego Cano – Presidencia de Colombia

Um die Entwicklung der Länder in der Region zu unterstützen, werde China eine Kreditlinie im Wert von 66 Milliarden Yuan (rund 8,19 Milliarden Euro) zur Verfügung stellen. Neben der Vertiefung der Zusammenarbeit in „traditionellen Bereichen wie Infrastruktur, Landwirtschaft und Ernährung sowie Energie und Bergbau” soll die Kooperation in „aufstrebenden Bereichen wie saubere Energie, 5G-Kommunikation, digitale Wirtschaft und künstliche Intelligenz” ausgebaut werden.

Im Bereich Frieden unterstütze China „die Proklamation Lateinamerikas und der Karibik als Zone des Friedens und die Erklärung der 33 Länder zur Einrichtung einer atomwaffenfreien Zone in Lateinamerika und der Karibik”. Im Bereich „Programme der Völker” erklärte Xi, sein Land werde in den „nächsten drei Jahren den Celac-Mitgliedsländern 3.500 staatliche Stipendien, 10.000 Ausbildungsmöglichkeiten in China, 500 Stipendien für internationale Chinesischlehrer, 300 Ausbildungsmöglichkeiten für Fachkräfte in der Armutsbekämpfung stellen”. Zur Unterstützung der freundschaftlichen Beziehungen werde die Visapflicht für zunächst fünf Celac-Länder fallen, dies soll noch ausgebaut werden.

Kolumbiens Präsident Petro schlug eine „Transformation des Modells der internationalen Beziehungen vor” und plädierte für einen „Dialog zwischen den Zivilisationen, der über die Strukturen des Nationalstaats hinausgeht”. In seiner Rede wies er „die Theorie des Kampfes der Kulturen zurück” und argumentierte, dieser Ansatz habe Konflikte und Fremdenfeindlichkeit geschürt.

Zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit forderte Petro die Installation eines Unterwasser-Glasfasernetzes zwischen Lateinamerika und China. Dieses Projekt würde einen fairen und ausgewogenen Wissensaustausch im Kontext der künstlichen Intelligenz ermöglichen.

Am Vortag des Gipfels forderte Venezuelas Präsident Nicolás Maduro, im Kontext von Kolumbiens Beitritt zum Projekt der Neuen Seidenstraße eine „binationale Wirtschaftszone” zwischen Kolumbien und Venezuela zu schaffen. „Zu zweit können wir Maschinen, Investitionen, Kapital und Märkte aus China für eine mächtige binationale Wirtschaftszone zusammenbringen”, sagte er. Unternehmer beider Länder seien bereits auf dieses Projekt vorbereitet.

„Kein Land kann allein vorankommen”, betonte Lula da Silva in seiner Rede beim Forum und unterstrich, dass Lateinamerika und die Karibik zusammenarbeiten müssten, um die „historischen Herausforderungen zu bewältigen”. Lateinamerika stehe an einem Scheideweg: „Entweder bleibt es eine von Armut geprägte Region, oder es entwickelt sich zu einem Zentrum für nachhaltige, integrative und gerechte Entwicklung.”

Die Celac-Länder seien bestrebt, wirtschaftliche und soziale Ungleichheiten durch integrative Politik und internationale Kooperation abzubauen, betonte er. Die Zusammenarbeit mit China könne zur Stärkung der lokalen Industrie und zur Förderung technologischer Innovationen beitragen. Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft erfordere einen universellen Zugang zu sauberen Technologien, insbesondere in gefährdeten Regionen wie Lateinamerika und der Karibik.

Auch die mögliche Aufnahme von Gesprächen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine war auf dem Forum Thema. In „einem Akt diplomatischer Harmonie” gaben die Regierungen Chinas und Brasiliens eine gemeinsame Erklärung ab, in der sie ihre Unterstützung für die Wiederaufnahme der Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine sowie ihr Engagement für die Verteidigung des Multilateralismus zum Ausdruck brachten. Lula und Xi begrüßten die prinzipielle Bereitschaft der Präsidenten Russlands und der Ukraine, die Gespräche in der türkischen Metropole Istanbul wieder aufzunehmen.

„Dies ist der einzige Weg, den Konflikt zu beenden”, heißt es in dem Text, der auch die Rolle der vermittelnden Länder lobt und zur Stärkung der diplomatischen Kanäle aufruft. Die beiden Regierungen erklärten, dass sie als „friedliebende und fortschrittliche Kräfte” ihre Koordination verstärken und die „Gruppe der Freunde für den Frieden” umfassend nutzen müssten. Gleichzeitig forderten sie alle Parteien auf, die Ursachen der Krise anzugehen.

Das Forum in Bejing fand in einem Klima eines verschärften globalen Handelskrieges statt. Guo Jiakun, Sprecher des chinesischen Außenministeriums, verurteilte in den Medien den Druck Washingtons auf die Länder Lateinamerikas, den Handel mit China einzuschränken. Er betonte, dass die Länder Lateinamerikas und der Karibik souveräne und unabhängige Staaten seien.

Die Volksrepublik China und die 33 lateinamerikanischen und karibischen Staaten des Celac-Bündnisses, dem außer den USA und Kanada alle souveränen Länder des amerikanischen Kontinents angehören, machen zusammen ein Viertel der Weltbevölkerung und rund 27 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsproduktes (BIP) aus. Das Handelsvolumen erreichte 2024 über 518 Milliarden US-Dollar. In den vergangenen zehn Jahren seit dem ersten Forum hat China laut Medienberichten 268 Infrastrukturprogramme in den Celac-Staaten angestoßen und eine Million Arbeitsplätze geschaffen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Amerika21.

Titelbild: „Familienfoto” vom Ministertreffen des China-Celac-Forums in Beijing am 13. Mai – Quelle: Lula Oficial


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=133052