NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Kriegstüchtigkeit und das ZDF-Morgenmagazin: Eine zehnminütige Propagandashow – unter Anwesenheit von Ingolstädter Schülern

Datum: 25. Juni 2025 um 10:00 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Medienkritik, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich:

Eine Zumutung – das bot das „ZDF-Morgenmagazin“ in einem zehnminütigen Vor-Ort-Beitrag am Montag seinen Zuschauern. Live aus Ingolstadt sollte der Frage nachgegangen werden: „Wie kriegstüchtig ist die Bundeswehr?“ Das Ergebnis: Eine Propagandashow, befreit von kritischem Journalismus – inklusive einem vermummten Bundeswehrsoldaten, der sich vorm russischen Geheimdienst fürchtet, und zwei Blondinen in der Bildmitte. Ein Kommentar von Marcus Klöckner.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Was haben diese zehn Minuten wohl den Gebührenzahler gekostet? Man will es gar nicht wissen. Die Redaktion des „ZDF-Morgenmagazins“ reist nach Ingolstadt, um live der Frage nachzugehen: „Wie kriegstüchtig ist die Bundeswehr?“ – und der fachkundige Zuschauer erahnt, dass es nun düster wird. Seit Langem ist kritischen Mediennutzern bekannt: Viele der Fragen, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu brisanten politischen Themen stellt, dienen nicht dem Erkenntnisgewinn. Die Fragen sind verkommen zu einem Steigbügel für die Politik. Und in diesem Geiste serviert der milliardenschwere Rundfunk dem Zuschauer eine Liveshow, die es in sich hat. Auf die Propaganda in der Anmoderation folgt Propaganda in den Gesprächen. Das gesamte Setting: eine einzige Zumutung. Unter dem Wellblechdach der Pionierschule sitzt der Moderator, umgeben von jungen Bundeswehrsoldaten und – nun festhalten – Schülern aus Ingolstadt (schämen sich die Schulen und Lehrer eigentlich nicht?).

Als Gesprächspartner dienen der Oberbürgermeister von Ingolstadt, ein vermummter Bundeswehrangehöriger und ein lokaler Unternehmer. Überraschung: Alle sind beim Thema Kriegstüchtigkeit ganz auf Linie. Kritische Stimmen? Sie kommen in der Filterblase des „Morgenmagazin“-Beitrags nicht vor. Der Redaktion darf gratuliert werden: Gute Arbeit! Im besten Sinne der Politik! Schon die Anmoderation aus dem Fernsehstudio zeigt: Die gewünschte politische Ideologie wurde artig geschluckt. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine habe sich „die Bedrohungslage massiv verändert“, sagt der Moderator. Die entsprechend bedeutungsschwangere Mimik vermittelt dem Zuschauer den Eindruck: So ist die Realität! Dass es keine „veränderte Bedrohungslage“ gibt, scheint für den Moderator undenkbar. Die propagandistischen Lügen von einem Russland, das drohe, die NATO und ganz Europa anzugreifen, werden nicht erkannt.

Und so geht es weiter. Der Moderator vor Ort unterstreicht gleich zu Beginn noch einmal, was sein Kollege im ZDF-Studio schon sagte. Er spricht von einem „Trainieren für den Ernstfall“ und davon, dass dieses Training der Bundeswehr mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine nun „eine neue Qualität“ bekommen habe. Der Ingolstädter Oberbürgermeister darf dank einer entsprechenden Frage gleich in die Vollen gehen und sagt, dass es „in Zeiten wie diesen“ naheliege, „an das Thema Rüstungswirtschaft intensiver zu denken“. Für Ingolstadt sieht der Politiker in Bezug auf die Rüstungsindustrie Chancen für die Zukunft und, gewiss, man sei in Ingolstadt „sehr verbunden mit der Bundeswehr“, denn die Bürger wüssten: „Die Bundeswehr ist da für unsere Sicherheit“. Ob das alle Ingolstädter so sehen, sei dahingestellt – Differenzierung wäre ohnehin politischer Propaganda abträglich.

Dann, Auftritt „Oberstleutnant Max“. Mit Sonnenbrille und vermummten Gesicht sitzt der Offizier im Tarnfleck neben dem Moderator. Wir erfahren: Der kampferprobte Afghanistan-Veteran hat Angst, seine Identität zu erkennen zu geben. Schließlich: Der russische Geheimdienst könnte irgendwo auf der Lauer liegen. Die Zuschauer hören, dass der Krieg nun „Tagesgeschäft“ sei und er aber, wie alle anderen Soldaten natürlich auch, Frieden wolle. Erkenntnisgewinn? Null.

Schließlich kommt ein Unternehmer vor Ort zu Wort, der früher Autoteile als Zulieferer produziert hat und nun militärische Produkte herstellt. Die Zuschauer hören, dass der Geschäftsmann sich darüber freut, für die Bundeswehr die Technologien für morgen und übermorgen zu entwickeln. Und: Sein Unternehmen betrachte es „als sehr großes Privileg, für diese Branche arbeiten zu dürfen“.

Bemerkenswert: Ziemlich genau in der Bildmitte sitzen zwei junge Frauen mit blonden Haaren. Gewiss, gewiss: Das ist reiner Zufall! Dass gerade auch von einer Wehrpflicht für Frauen die Rede ist und zwei Blondinen junge weibliche Zuschauer auf die Idee bringen könnten, dass doch die Bundeswehr auch für sie eine nette Berufsmöglichkeit sein könnte, ist mit Sicherheit von niemandem beabsichtigt oder gewollt.

Lassen wir das. Manipulationen bei der Zuschauerauswahl und Platzierung sind dem ZDF ohnehin fremd.

Was das „Morgenmagazin“ hier seinen Zuschauern präsentiert hat, ist eine durchgehende Zumutung – insbesondere, wenn man daran denkt, dass Ingolstädter Schüler zu Besuch waren. Wer war für diesen Schulausflug verantwortlich? Welche Direktoren, Lehrer usw. haben diesen Besuch unterstützt? Hier wäre, insbesondere in Anbetracht der Anwesenheit von Schutzbefohlenen, zwingend eine kritische journalistische und politische Einordnung nötig gewesen. Stattdessen werden Schüler Propaganda ausgesetzt.

Titelbild: Screenshot/Morgenmagazin


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=135004