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Titel: Zukunft von PCK Schwedt: „BPK keine Veranstaltung, um irgendwelche Fragen von Bürgern weiterzuleiten“
Datum: 30. Oktober 2025 um 12:00 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Wirtschaftspolitik und Konjunktur
Verantwortlich: Florian Warweg
Die Bundesregierung hat von der US-Regierung ein Zeitfenster von sechs Monaten zugestanden bekommen, um die Eigentumsverhältnisse von Rosneft Deutschland zu regeln, um eine zukünftige Sanktionierung insbesondere der derzeit unter Treuhandschaft stehenden PCK-Raffinerie in Schwedt zu vermeiden. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund und mit Verweis auf Zuschriften von besorgten PCK-Mitarbeitern vom zuständigen Bundeswirtschaftsministerium wissen, wie dieses langfristig die strategisch wichtige Raffinerie in Schwedt und die daran hängenden Arbeitsplätze erhalten will. Bevor das Ministerium antworten konnte, sah sich die Moderatorin der BPK zu einer aufschlussreichen Intervention genötigt. Von Florian Warweg.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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Hintergrund
Die USA haben in der vergangenen Woche umfassende neue Sanktionen gegen die russischen Ölkonzerne Rosneft und Lukoil verhängt. Davon betroffen war auch Rosneft Deutschland, welches seit September 2022 unter der Treuhandschaft des Bundeswirtschaftsministeriums steht.
Der Konzern hält 54 Prozent der Anteile an der PCK-Raffinerie in Schwedt sowie Beteiligungen an zwei weiteren Raffinerien in Baden-Württemberg und Bayern. Rosneft Deutschland steht laut Darstellung der Bundesregierung für 13 Prozent der deutschen Raffiniererzeugung. Von besonderer strategischer und wirtschaftlicher Bedeutung ist dabei die Raffinerie PCK im brandenburgischen Schwedt.
Denn die Großraffinerie PCK Schwedt spielt eine entscheidende Rolle bei der Versorgung des gesamten Nordostens Deutschlands, inklusive der Hauptstadtregion Berlin. In Schwedt werden Benzin, Kerosin, Diesel und andere Produkte hergestellt – 95 Prozent des in Ostdeutschland und Berlin verbrauchten Kraftstoffs wird hier produziert. Ohne Schwedt gäbe es an den ostdeutschen Tankstellen keinen Sprit und nicht nur die 2.000 Mitarbeiter des PCK, sondern auch abertausende Arbeitsstellen in der petrochemischen und chemischen Industrie im mitteldeutschen Chemiedreieck Halle-Merseburg-Bitterfeld hängen an der Raffinerie. Ohne Schwedt stünde auch der Hauptstadtflughafen BER still, da er sein Kerosin ebenfalls von dort bezieht.
Nach Verkündung der neuen US-Sanktionen letzte Woche haben die Banken, die bislang die Finanzgeschäfte für die PCK abwickelten, umgehend ihre Tätigkeit eingestellt. Die Raffinerie in Schwedt hätte in Folge innerhalb weniger Wochen den Betrieb einstellen und Insolvenz anmelden müssen, wie etwa DER SPIEGEL berichtet.
USA gewähren sechsmonatige Gnadenfrist … und die ignorierten Sorgen der PCK-Mitarbeiter
Vor diesem Hintergrund bat die Bundesregierung Washington um eine Ausnahmeregelung. Diese wurde am 28. Oktober laut der US-Finanznachrichtenagentur Bloomberg gewährt, allerdings beschränkt auf sechs Monate.
Vor diesem Hintergrund erhielten die NachDenkSeiten mehrere Mails von besorgten PCK-Mitarbeitern. Beispielhaft sei auf diese Mail verwiesen:
Die Erwähnung des Erhalts dieser Mails in der Frage der NachDenkSeiten an die Bundesregierung führte zu einer aufschlussreichen Intervention der BPK-Moderatorin Angela Wefers von der Börsen Zeitung:
„Bevor Sie jetzt antworten, möchte ich von dieser Stelle aus nur sagen, dass dies keine Veranstaltung ist, auf der Sie irgendwelche Fragen von Bürgern weiterleiten, sondern dies ist eine Veranstaltung für Mitglieder, die aus ihrer beruflichen Konstellation heraus Fragen stellen. Sie sind hier Gast. Sie sind nicht Mitglied. Sie sind hier präsent. Ich würde Sie doch sehr bitten, dass Sie das nicht missbrauchen.“
Die Darstellung von Wefers im Namen des BPK-Vorstands, dass man in der BPK keine Bürgerfragen weiterleiten könne, hat allerdings keinerlei rechtliche Grundlage. In der Satzung des Vereins BPK e.V. widmet sich ausschließlich Paragraf 3 der inhaltlichen Ausrichtung der BPK. Und dort heißt es lediglich:
„Die Pressekonferenzen der Bundespressekonferenz dienen einer sachlichen, an Tatsachen orientierten und fairen Vermittlung von politischen Informationen, Aussagen und Positionen. Die Bundespressekonferenz trägt damit zu einem freiheitlichen, kritischen und unabhängigen Diskurs in der demokratischen Öffentlichkeit bei.“
Genau diesen Anspruch „einer sachlichen, an Tatsachen orientierten und fairen Vermittlung von politischen Informationen, Aussagen und Positionen“ haben die NachDenkSeiten mit dem transparenten Verweis auf die ihnen zugegangene Fragestellung der PCK-Mitarbeiter erfüllt.
Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 29. Oktober 2025
Frage (unbekannte Journalistin)
Ich habe eine Frage an das BMWE. Ich würde gerne wissen, ob es bei der Reise von Frau Reiche auch zu einem Treffen mit ihrem US-Counterpart kommen wird; denn da gibt es ja gerade viel bezüglich Rosneft Deutschland zu besprechen. Ich glaube, heute soll die US-Behörde OFAC mitteilen, ob Rosneft Deutschland von den Sanktionen ausgenommen ist. Erwarten Sie das heute? Was genau wird Inhalt der Gespräche sein? Vor allem auch die Frage: Wenn die Ausnahme von Sanktionen auf nur sechs Monate befristet ist, wie soll die Lösung danach aussehen? Wird es zu einer Verstaatlichung kommen? Welche Pläne haben Sie, um dieses Problem zu umgehen?
Spoo (BMWE)
Den Gesprächen im Rahmen des G7-Treffens kann ich, wie üblich, nicht vorgreifen. Sicherlich wird es auch dazu einen Austausch geben.
Grundsätzlich gerne noch etwas zu Rosneft. Wir haben von den zuständigen US-Behörden die Zusicherung erhalten, dass sich die Sanktionen nicht gegen die deutschen Tochtergesellschaften von Rosneft richten sollen. Das bedeutet, es können über den Zeitpunkt der Listung hinaus Geschäfte mit Tochtergesellschaften getätigt werden. Wir haben dazu einen diesbezüglichen Comfort Letter als Übergangslösung erhalten. Der liegt uns vor. Wir stehen mit den US-Behörden in einem engen und konstruktiven Austausch, arbeiten darüber hinausgehend an einer rechtssicheren Klarstellung und erwarten diese auch zeitnah.
Frage Warweg
Auch noch zum Thema Rosneft. Sie haben ja schon einmal betont, dass das nur eine Übergangslösung ist. Vor dem Hintergrund der drohenden Sanktionierungen hatte ich mehrere Mails von besorgten PCK-Mitarbeitern bekommen, die wissen wollten, ob ich bei der BPK nicht mal die Frage stellen könnte, ob es für die langfristige Zukunftssicherung der PCK Schwedt nicht am besten wäre, wenn die Bundesregierung direkt die Anteile kaufen könnte. In dem Sinne würde ich die Frage der besorgten PCK-Mitarbeiter direkt weiterleiten. Wie steht denn die Bundesregierung zu dem Vorschlag, die Anteile offiziell zu kaufen und dies dann direkt in deutschen Besitz zu bringen?
BPK-Vorsitzende Wefers
Bevor Sie jetzt antworten, möchte ich von dieser Stelle aus nur sagen, dass dies keine Veranstaltung ist, auf der Sie irgendwelche Fragen von Bürgern weiterleiten, sondern dies ist eine Veranstaltung für Mitglieder, die aus ihrer beruflichen Konstellation heraus Fragen stellen. Sie sind hier Gast. Sie sind nicht Mitglied. Sie sind hier präsent. Ich würde Sie doch sehr bitten, dass Sie das nicht missbrauchen.
Zusatz Warweg
„Missbrauchen“ ist ein großes Wort.
Vorsitzende Wefers
Das mag ja sein.
Zusatz Warweg
Ich hätte dieselbe Frage auch ohne Verweis auf die zwei Mails stellen können.
Vorsitzende Wefers
Sie hätten das nicht offenlegen müssen. Aber Sie legen jetzt etwas offen, was sowieso schon sehr naheliegt. – Bitte schön, Sie haben das Antwortrecht.
Spoo (BMWE)
Das ist eine sehr hypothetische Frage, zu der ich keine Details beantworten kann oder möchte. Rosneft Deutschland steht mit seinem Anteil an den drei Raffinerien PCK, MiRO in Karlsruhe und Bayernoil für etwa 13 Prozent der deutschen Raffiniererzeugung; das ist ja auch bekannt. Uns ist wichtig, dass es einen reibungslosen Betrieb von Rosneft Deutschland gibt, insbesondere auch was die verlässliche Ölversorgung und den Betrieb unter anderem der PCK angeht.
Zusatzfrage Warweg
Das war aber nur bedingt eine Antwort auf meine Frage. Sie haben ja selbst betont: 13 Prozent der gesamten Erdölaufbereitung in Deutschland, das Ganze zudem in einem extrem strukturschwachen Raum, wo es sonst kaum industrielle Arbeitsplätze gibt. Das heißt, allein schon PCK Schwedt hat einen sehr strategischen Charakter. Da würde ich davon ausgehen, dass die Bundesregierung schon irgendeinen langfristigen Plan hat, wie sie das erhalten kann. Das wäre dann entweder Aufkauf oder Enteignung. Oder sieht die Bundesregierung da noch eine dritte Option?
Spoo (BMWE)
Ich habe betont, dass uns da ein reibungsloser Betrieb wichtig ist. Darüber hinaus würde ich jetzt an der Stelle nicht spekulieren.
Frage Jung
Ich habe leider keine Frage eines besorgten Bürgers, aber eine Verständnisfrage, Frau Spoo. Kanada und die USA sind ja massiv in Schiefergas investiert und produzieren dort. Auch die Beraterin der Ministerin hat für Schiefergasförderung in Deutschland plädiert. Wie ist eigentlich die Haltung der Ministerin zu Schiefergas und Fracking in Deutschland?
Spoo (BMWE)
Es gibt ja eine allgemeine Gesetzeslage zu Fracking in Deutschland. Daran hat sich meines Wissens bisher auch nichts geändert.
Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 29.10.2025
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