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Titel: Und wieder endet eine Woche mit erstaunlichen Vorgängen

Datum: 16. Oktober 2006 um 9:51 Uhr
Rubrik: Hochschulen und Wissenschaft, SPD, Wirtschaftspolitik und Konjunktur
Verantwortlich:

  1. Edmund Stoiber (CSU) beklagt die Reformblockade durch die SPD.
  2. Die Bundesregierung und einige Landesregierungen fordern den Einstieg des Bundes bei der Airbus-Mutter EADS.
  3. Über 100 Millionen für Spitzenuniversitäten aus der so genannten Exzellenzinitiative sollen in den Süden fließen, nach München und nach Karlsruhe.


Zu 1.: Ich habe gerade für eine Rede zum internationalen Kongress von IPPNW durchgeprüft, was in den letzten Jahren, vor allem in der Kanzlerschaft Gerhard Schröders, so alles reformiert worden ist. Man kann der SPD viel vorwerfen, aber nicht, der sie blockiert habe. Sie hat den Wahnsinn der so genannten Reformen von der Riester-Rente über die Steuerbefreiung der so genannten Heuschrecken bis Hartz I bis IV alles mitgemacht, wenn nicht betrieben.

Zu 2.: Um den „deutschen Einfluss“ bei EADS zu erhalten, soll die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) nach Meldungen von SpiegelOnline 7,5% der Aktien von EADS erwerben, die DaimlerChrysler abgeben will. Den Arbeitnehmern bei Airbus wünsche ich, dass dies hilft. Aber dieser Einstieg des Staates widerspricht allen sonstigen Privatisierungsbekenntnissen. Die Bundesregierung will das für die Verkehrspolitik und die Daseinsvorsorge wichtige Unternehmen Deutsche Bahn an die Börse bringen und verscherbeln. Und gleichzeitig steigt sie bei einem Flugzeugunternehmen ein. Wenn schon dies für richtig gehalten wird, dann kann die Bahn auf keinen Fall privatisiert werden.

Zu 3.: Der Beschluss des so genannten Bewilligungsausschusses für die Mittel der Exzellenzinitiative, die über 100 Millionen € an die Ludwig-Maximilian-Universität und die Technische Universität in München sowie an die Technische Hochschule in Karlsruhe zu vergeben, also in den relativ wohlhabenden Süden fließen zu lassen, ist in vieler Hinsicht grotesk. Darauf wird Wolfgang Lieb in den nächsten Tagen im einzelnen eingehen. Nur soviel sei vorerst angemerkt:

Im Bewilligungsausschuss sitzen Personen aus Wirtschaft und Wissenschaft, die keinerlei politische Verantwortung tragen. Dass sie über Millionen Euro verfügen, die der Steuerzahler aufzubringen hat, gehört zu der gängigen Groteske. Inzwischen beschließen Kommissionen und einzelne Wissenschaftler über unsere Zukunft. Meist noch fehlerhaft und ohne dafür gerade stehen zu müssen.

Im konkreten Fall ist die Entscheidung offenbar auch stark daran orientiert worden, was die konkurrierenden Hochschulen bisher vorzuweisen haben und was sie an so genannten Drittmitteln bisher eingeworben haben. Dass dabei eine Universität in München besonders gut abschließt, ist nicht verwunderlich. Dort sitzen eine Reihe von Unternehmen, die forschungsintensiv sind und deshalb Drittmittel vergeben. Wenn man dann noch fragt, warum dort so viele dieser Unternehmen sitzen, dann kommt man sehr schnell zu der Feststellung, dass viele dieser Unternehmen dort mit hoher staatlicher Unterstützung über Forschungsmittel und militärische Ausgaben aufgebaut wurden und florieren. Wem gegeben worden ist, dem wird nochmal gegeben. Mit rationaler Politik hat dies nichts zu tun. Übrigens auch nicht mit unserem Grundgesetz, das die Politik immer noch dazu verpflichtet, für eine Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland zu sorgen. Dass dieser Verfassungsgrundsatz bisher schon grob missachtet wird, ist kein Grund dafür, noch einen drauf zu setzen.


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