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Titel: SZ lässt sich ein Fest in Berlin sponsern. Ein seltsamer, aber nicht seltener Niedergang.

Datum: 22. Januar 2007 um 11:28 Uhr
Rubrik: Lobbyismus und politische Korruption, Medienkonzentration, Vermachtung der Medien
Verantwortlich:

Autor Gunter Haug macht sich Sorgen um die Süddeutsche Zeitung. Hier seine Mail über einen Vorgang, der mir leider entgangen ist: eine Anzeige der SZ zum Dank an Sponsoren eines Festes der SZ in Berlin. Albrecht Müller.

G. Haug am 19.1.:

Heute hat es mir beinahe den Atem verschlagen!

Die “Süddeutsche Zeitung”, die ich für die einzige wirklich erträgliche überregionale Tageszeitung in Deutschland ansehe (Na ja, zumindest die FR gehört auch noch(!) dazu, AM), hat bei sich selbst eine große Dankesanzeige geschaltet. Dies für die zahlreichen Sponsoren (Von Hotels über Autofirmen, Caterern bis hin zu Fluglinien), die das kürzlich in Berlin veranstaltete Glamour-Fest der “Süddeutschen Zeitung”, über das dann auch stolz und ausführlichst in jener Zeitung berichtet wurde, unterstützt (das heißt direkt und indirekt bezahlt) haben.

Ich halte das für einen ausgewachsenen Skandal.

Ausgerechnet die “Süddeutsche”! Deren Tugendwächter doch ansonsten jeden Bestechungsvorwurf in der großen Politik genauso akribisch wie empört (zurecht) dokumentieren.
Und dann so etwas! Die “Süddeutsche” lässt sich also kaufen und brüstet sich anschließend danach auch noch in aller schamlosen Offenheit damit.
Du meine Güte! Wohin ist der einstmals unabhängige Journalismus nur geraten? In wessen Fänge hat er sich anscheinend längst und dazuhin ohne jegliches Unrechtsbewusstsein begeben. Nun also auch die “Süddeutsche”!
Übrigens empört sich die Redaktion in genau derselben Ausgabe recht deutlich und wiederum zurecht über Peter Hartz und den von ihm geschmierten VW Betriebsrat Volkert.
Wo sind da eigentlich noch die Unterschiede?
Ich habe unabhängigen Journalismus einmal ganz anders gelernt.
Muss wohl in grauer Vorzeit gewesen sein.

Gunter Haug
Autor (ehemaliger Fernseh-Nachrichtenchef von SDR und SWF)

Anmerkung AM: Fairerweise sollte ich vielleicht hinzufügen, dass diese Art von Sponsoring inzwischen üblich zu werden scheint. Schulen lassen sich die Ausstattung mit Computern von Firmen der Region sponsern, Vereine ihre Feste und die Parteitage von Parteien, die sich für unbestechlich halten, werden regelmäßig und seit Jahren schon von Firmen gesponsert.
Dieser Hinweis soll nicht beschönigen, aber den Eindruck korrigieren, so etwas wäre auf die Süddeutsche Zeitung beschränkt. Die Entwicklung und die Tatsache, dass die Öffentlichkeit dies ohne Murren akzeptiert, belegt allerdings den Niedergang des Sinns für wichtige Regeln der Demokratie.
So habe ich in Gesprächen mit etwas jüngeren Journalist/innen erstaunt zur Kenntnis nehmen müssen, dass diese an einem Vorgang wie dem gesponserten Fest der SZ oder an gesponserten Schulen anders als der etwas ältere Haug keinen Anstoß mehr nehmen.


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