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Titel: SPIEGEL Online macht den Lanz

Datum: 13. Februar 2014 um 14:08 Uhr
Rubrik: Aktuelles, Finanzen und Währung, Manipulation des Monats, Medienkritik
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Es ist schon bemerkenswert, wie dreist SPIEGEL Online Aussagen verbiegt, wenn es nur darum geht, der politischen Linken und allen voran Sahra Wagenknecht ans Bein zu pinkeln. Heute macht SPIEGEL Online ganz groß mit folgender Meldung auf:

Es wäre in der Tat eine Meldung wert, wenn Wagenknecht eine Abschaffung des Euro fordern würde. Nur dass sich diese Aussage noch nicht einmal mit sehr viel Phantasie aus dem ZEIT-Interview herleiten lässt, auf das sich SPIEGEL Online beruft. Von Jens Berger.

Im Interview mit der ZEIT äußerst sich Wagenknecht folgendermaßen:

ZEIT ONLINE: Teilen Sie die Meinung Ihres Lebensgefährten Oskar Lafontaine, dass Deutschland aus dem Euro austreten sollte?

Wagenknecht: Er hat nicht vorgeschlagen, dass Deutschland aus dem Euro austritt, sondern dass ein neues Währungssystem mit stabilen Wechselkursen und Kapitalverkehrskontrollen an die Stelle des Euro tritt. Tatsächlich muss man darüber nachdenken, unter welchen Bedingungen eine gemeinsame Währung funktioniert. So wie der Euro eingeführt wurde, funktioniert er nicht, sondern spaltet Europa.

ZEIT ONLINE: Was ist die Alternative? Zurück zur D-Mark? Davor warnen Ökonomen.

Wagenknecht: Es gibt auch zahlreiche linke Wissenschaftler, die das anders sehen. Klar ist: Eine Auflösung der Gemeinschaftswährung darf nicht so laufen, dass die Wechselkurse der Spekulation überlassen werden. Es muss Institutionen geben, die die Wechselkurse auf dem Währungsmarkt stabil halten. Und es braucht Kapitalverkehrskontrollen.

Was sagt Wagenknecht hier? Zunächst einmal sagt sie, dass „man darüber nachdenken […] muss, unter welchen Bedingungen eine gemeinsame Währung funktioniert“. Dieser Aussage würde wohl noch nicht einmal Angela Merkel widersprechen. Weiterhin sagt Wagenknecht, dass der Euro, „so wie [er] eingeführt wurde, nicht funktioniert, sondern Europa spaltet“. Diese Aussage würde Angela Merkel sicher so nicht unterschreiben. Eine Forderung der Abschaffung des Euros ist dies jedoch ganz sicher nicht. Wenn ich sage, dass man darüber nachdenken muss, ob das Nahverkehrskonzept der Deutschen Bahn angesichts der zahlreichen Verspätungen und Zugausfälle funktioniert, fordere ich damit keinesfalls die Abschaffung der Eisenbahn.

In der zweiten Frage geht Wagenknecht auf die Frage ein, ob eine Rückkehr zu D-Mark eine Alternative sei. Dies verneint sie und verweist stattdessen auf ein Modell der festen Wechselkurse. Dieses Modell hatte Oskar Lafontaine bereits vor fast einem Jahr in einem Thesenpapier in den Ring geworfen. Lafontaines Thesen lassen sich durchaus kritisieren – sie eröffneten damals jedoch eine konstruktive Debatte. Gedankenspiele über ein mögliches Währungssystem nach dem Euro sind jedoch keine Forderung nach einer Abschaffung des Euro. Eine derartige Forderung stellt Sahra Wagenknecht im ZEIT-Interview an keiner Stelle auf. Das interessiert SPIEGEL Online jedoch nicht. Offenbar ist dem SPIEGEL eine knackige Überschrift wichtiger als deren Wahrheitsgehalt … vor allem dann, wenn man damit gegen die Linke mobilisieren kann. Ein klarer Fall für die Rubrik „Manipulation des Monats“.


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