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Titel: Kurze Recherche zu Sabine Christiansen Thema: “Haben Erben das verdient?”

Datum: 12. Februar 2007 um 10:47 Uhr
Rubrik: Aufbau Gegenöffentlichkeit, Medien und Medienanalyse, Steuern und Abgaben
Verantwortlich:

Dank unserer wachen Nutzer ein erstes Rechercheergebnis. Geben Sie bitte die Beobachtungen weiter. Es ist wichtig für den Aufbau einer Gegenöffentlichkeit, die Glaubwürdigkeit einer Sendung, die über Interessenverflechtungen der eingeladenen Gesprächspartner nicht ausreichend informiert, immer wieder in Zweifel zu ziehen.
In der Sendung wurde gefragt: Sollten Erben noch kräftiger zahlen? Oder sind solche Forderungen Teil einer “Neiddebatte”?

Hier die Mail unseres Beobachters:

Unter den Diskutanten u.a. ein Prof. Dr. Wolf Schäfer, Volkswirtschaftler an der Universität der Bundeswehr in Hamburg. Hauptforderung dieses Herren: die Erbschaftsteuer muss abgeschafft werden, da damit bereits versteuertes Einkommen noch einmal versteuert werde; der Staat, ist der Moloch, der den Bürger ausplündert, wir stehen in einem Steuerwettbewerb mit anderen Ländern etc., etc. Sekundiert aus dem Publikum wurde Herrn Wolf von einem gewissen Markus Roscher, vorgestellt als Rechtsanwalt, mit dem Argument einem Staat, der derartig verschuldet sei wie der deutsche, solle man überhaupt kein Geld anvertrauen, sowie einem Herren Axel Nitschke, der behauptete, die Erbschaftsteuer gefährde Arbeitsplätze, da betroffene kleinere und familiengeführte Betriebe die Erbschaftssteuer nicht aufbringen könnten.

Ich habe mir daraufhin den Spaß erlaubt und im Internet recherchiert. Und siehe da, schon kommt Interessantes ans Tageslicht. Zu Herrn Prof. Dr. Wolf Schäfer fanden sich – welche Überraschung – Treffer auf der Seite der INSM, die ihn als ein Unterzeichner des sogenannten INSM-Wachstumsmanifest ausweisen. Zu Herrn Roscher ausführlich siehe unten P.S.. Herr Nitschke fungiert u.a. als DIHK-Chefvolkswirt. Natürlich wurde in den entsprechenden Untertiteln nichts dergleichen erwähnt.

Allerdings muss man der Ehrlichkeit halber eingestehen, dass Herr Wolf mit seiner Weg-mit-dem-Staat Argumentation gegen Oskar Lafontaine, Ralf Stegner vormals Innenminister Schleswig-Holstein (SPD) und Michael Hartmann, Elitenforscher, relativ blass aussah. Ich vermute aber, dass das so nicht unbedingt beabsichtigt war.

P:S.: Der Herr Rechtsanwalt Markus Roscher, FDP-Mitglied, Ex-FDP-Mitglied, CDU-Mitglied, Ex-CDU-Mitglied, FDP-Mitglied, “Junge Freiheit”-Autor beklagte sich darüber, dass unsere bisherige Information auf der Quelle indymedia basierte.

Wir ziehen gerne auch noch andere Quellen heran. Sie alle zeigen, dass die Redaktion von Sabine Christiansen im Blick auf den in der Ferne nahenden Ausstieg der Moderatorin die Arbeit wohl schon aufgegeben hat: Sonst hätten sie folgendes über Herrn Rechtsanwalt Markus Roscher finden können und die Zuschauer mit etwas mehr biographischen Angaben erheitern können. In der Karnevalszeit hätte das gepasst. Schade. So müssen wir das nachholen:

  1. Roscher als FDP Mitglied (1997)

    Textarchiv
    Quelle: Berliner Zeitung
    24.03.1997

    „Aufruf zur “nationalen Bewegung” vor FDP-Rechten

    Mechtersheimer wirbt für “ethnische Homogenität”

    Auszüge:

    “Bedarf es einer nationalen Partei in Deutschland?” – dieser Frage widmete sich der ins rechte politische Spektrum abgewanderte Friedensforscher Alfred Mechtersheimer am Freitag auf Einladung der “Kritischen Liberalen”.

    Diesmal waren die Veranstalter auf Nummer Sicher gegangen: Der Vortrag Mechtersheimers, für den das Bezirksamt Charlottenburg vor sechs Wochen einen Raum im Rathaus verweigert hatte, fand im Haus der Burschenschaft Gothia in Zehlendorf statt. Etwa 100 Anhänger – vornehmlich FDP-Mitglieder aus den rechts dominierten Ortsverbänden Tempelhof und Neukölln sowie Burschenschaftler – hatten die “Kritischen Liberalen” um den rechten FDP-Flügelmann und Anwalt Markus Roscher mobilisiert, die Mechtersheimer eifrig Beifall spendeten. (…)

    Die nationale Bewegung solle für jene Deutschen kämpfen, die derzeit “durch die Zuwanderungen aus dem Ausland die Vertreibung aus ihren Stadtvierteln erleben”, so Mechtersheimer: “Relative ethnische Homogenität ist die Voraussetzung für Demokratie.” Der FDP-Rechte Markus Roscher kündigte an, diese Ziele stärker in die Berliner FDP zu tragen: “Schon jetzt stellen wir 40 Prozent der Parteitagsdelegierten.”

  2. Jetzt in neuer Formation: 2002 Roscher als CDU-Mitglied:

    Quelle: Der Tagesspiegel
    14.1.2002:

    „CDU Mitte soll heute Diepgen nominieren

    (…) Nooke, der stellvertretender Fraktionschef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist, musste nach Pankow ausweichen. Dort wird am 24. Januar nominiert. Es wird zu einer Kampfkandidatur kommen, weil sich der rechtskonservative Rechtsanwalt Markus Roscher ebenfalls um den Wahlkreis bewirbt. (…)

    Er verspüre einen großen Rückhalt in weiten Teilen des Kreisverbandes, sagte Roscher gestern. Nooke ist trotzdem zuversichtlich, dass er in Pankow nominiert wird. “Ich habe einen völlig anderen Politikansatz”, so Roscher. “Ich will mit einer restriktiven Haltung zur inneren Sicherheit das konservative Feld in der Union bestellen”. Er verließ 1998 die FDP und wechselte mit anderen “Nationalliberalen” zum Bund Freier Bürger. Einer Vereinigung, die mit der Freiheitlichen Partei Österreichs, dessen Chef Jörg Haider ist, sympathisiert. Von dort stieß Roscher zur Berliner CDU.“

  3. Jetzt ist Roscher lt. eigener Website wieder bei der FDP und beruft sich sogar auf die Mitarbeit mit Gerhard Baum:

    Quelle: www.markus-roscher.de

    Wörtlich Roscher:

    „Politisches Engagement

    1983 trat ich der FDP bei, für die ich in zahlreichen Ämtern politisch tätig war (u.a. Deutschlandpolitischer Sprecher der Julis; Mitarbeiter des MdB Baum, stv. Bezirksvorsitzender der FDP-Tempelhof, Abgeordnetenhauskandidat etc.). Seit Oktober 2006 engagiere ich mich dort wieder aktiv im Landesverband Berlin und hoffe, mein Fachwissen sinnbringend einsetzen zu können, u.a. in den Landesfachausschüssen Recht und Medien.“

    Armer Baum!

  4. Berliner Kurier: „Anwalt Markus Roscher (41) hat auch für den Papst ein Lied geschrieben. Dafür wurde er von Benedikt XIV. gesegnet.“

    Quelle: Berliner Kurier

    Das freut uns aber für den Herrn Anwalt Roscher. Es passt auch ganz gut.


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