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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 16. Dezember 2014 um 9:09 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Ukraine/Russland
  2. Hypo Real Estate – Steuerzahlern drohen hohe Kosten
  3. Generalstreik in Belgien
  4. Griechen laufen Sturm gegen Sparkurs
  5. Thomas Piketty und die wachsende Ungleichheit im Kapitalismus
  6. Erbschaftsteuer hat Luft nach oben
  7. Finanztransaktionssteuer: Taten statt markiger Sprüche
  8. Armut in Großbritannien Hunger in der Schokoladenkiste
  9. Mindestlohn
  10. Hartz IV – Wir tun, was wir können
  11. Streik bei Amazon ausgeweitet
  12. Palmöl als Waldvernichter Nummer eins
  13. Deutschland fördert Klimakiller mit 52 Milliarden Euro
  14. Mehdorn und der Hauptstadtflughafen – Lieber Rücktritt als Rausschmiss
  15. Niemand hat der CIA mehr geschadet als Dick Cheney
  16. Wie aus dem Nichts
  17. Kraft kann sich Rot-Rot-Grün im Bund nicht vorstellen – zurzeit
  18. Herausgebers Jürgen Kaube: “Pessimismus ist Zeitverschwendung”

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Ukraine/Russland
    1. Matthias Platzeck – Der Putin-Versteher
      Matthias Platzeck versucht als Chef des Deutsch-Russischen Forums die angeschlagenen Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu kitten.
      Beginnen wir mit der Frage, die am Ende dieses langen Gesprächs naheliegt: Sind Sie eigentlich stur, Herr Platzeck? Matthias Platzeck lehnt sich ein wenig zurück in seinem Stuhl an dem kleinen Besprechungstisch und sagt erst einmal: „Nö.“ Ein kleines kokettes Lächeln spielt um seinen Mund. Dann erzählt er eine Geschichte über seine Großväter. Der eine war Pfarrer in der DDR, der andere bekennender Sozialdemokrat. Im Jahr 1970 wurde er 75 und war immer noch als alter SPD-Mann in Thüringen bekannt. „Während wir an seinem Geburtstag zusammensaßen, klingelte es“, erzählt Platzeck. „Die SED-Kreisleitung stand vor der Tür mit einem großen Präsentkorb und warmen Worten über den verdienten Arbeiterfunktionär. Er hat sie fortgeschickt mit den Worten: Ulbrichts Leute kommen mir nicht über die Schwelle. Das fanden wir jungen Leute so etwas von beeindruckend!“ Seine Mutter habe dann Angst gehabt, dass daraus sonst was werden könnte. „Aber wir waren auf unseren Großvater einfach stolz. Der war stur. So etwas prägt. Und als Pfarrer in der DDR musste mein anderer Großvater auch ein bisschen stur sein.“
      Quelle: Frankfurter Rundschau
    2. Die Irrationalität in der Ukraine-Krise gefährdet unsere Demokratie
      Laut Julian Nida-Rümelin lebt die Demokratie von der Vision, dass sich die Öffentlichkeit ein verlässliches politisches Urteil bilden kann. Wenn dies zutrifft, muss man sich Sorgen machen.
      Denn die Meinungsbildung der Öffentlichkeit scheint nach ähnlichen Mustern wie beim Fernsehen zu verlaufen: ein spannender Plot und gute Schauspieler befördern Emotionen und Überzeugungen, Auslassungen oder logische Brüche im Drehbuch spielen dagegen eine untergeordnete Rolle. Nur: die Nachrichten sind auch zu so einer Art von Fernsehen geworden. Die Rede ist von der Ukraine. Es ist nicht eine Krise wie viele andere, ihr Kennzeichen ist eine beunruhigende Irrationalität der Akteure. Wo Verstand und Logik ausgeschaltet ist, ist unsere Demokratie in Gefahr.
      Wie sich aus Informationen Überzeugungen über die Realität formen, ist ein komplexer, fast naturwissenschaftlicher Prozess. Wie bilden sich Meinungen aus? Offenbar sind die zur Verfügung stehenden Quellen nicht perfekt. Russia Today und der Spiegel scheinen unterschiedliche Realitäten zu beschreiben – allerdings gab es das früher auch schon.
      Ich verfolge seit den 1980er Jahren politische Nachrichten. Auch damals war es möglich, einer einseitigen Berichterstattung Informationen abzugewinnen. Wenn man die Nachricht vom Kommentar mental zu trennen verstand, beobachtete, was in einem Medium gesagt wurde und im anderen verschwiegen, erhielt man ein halbwegs zutreffendes Bild. Und zu dieser Zeit konnte man gut zwischen einer gelenkten und zensierten Presse im Ostblock und der vielstimmigen, freien westlichen Medienlandschaft unterscheiden.
      Quelle: heise online
    3. Oligarchie und Staatszerfall
      Winter is coming – und in der Ukraine wird er ungeachtet aller konkreten Witterungsbedingungen sehr hart ausfallen. Zwar ließ der scheidende EU-Kommissionspräsident Barrosso Ende Oktober anlässlich der vorläufigen Einigung zwischen der Ukraine und Russland über künftige Gaslieferungen verlauten, dass nun „niemand in Europa mehr frieren“ müsse, doch die Realität zwischen Lviv und Lugansk wird sich kaum dieser Beschwörungsformel fügen.
      Dieser Winter dürfte somit der ohnehin im freien Fall befindlichen ukrainischen Volkswirtschaft den Todesstoß versetzen sowie den bereits eingeleiteten Desintegrationsprozess des ukrainischen Staates weiter befördern. Der Anschein einer Stabilisierung des politischen Systems, der im Gefolge der Parlamentswahlen aufkam, dürfte im Verlauf der kommenden Monate einer erneuten inneren wie äußeren Eskalation weichen. Die Oligarchen des Landes haben es noch einmal vermocht, mit Unterstützung des Westens ihre Parteien und Seilschaften in das ukrainische Parlament, die Werchowna Rada, zu hieven. Die in der Bevölkerung weit verbreitete Hoffnung auf eine Besserung der verzweifelten sozioökonomischen Lage der Ukraine, die sich durch die Westintegration des osteuropäischen Landes einstellen soll, ermöglichte erst den Durchmarsch der prowestlichen oligarchischen Kräfte, wie des Blocks Petro Poroschenko und der Volksfront Arseni Jazenjuks, in der viele aus der Timoschenko-Partei Vaterland übergelaufene Politunternehmer nun ein neues Betätigungsfeld fanden. Sobald die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Stabilisierung der Ukraine enttäuscht werden wird, dürften die rechtsextremen Parteien und Gruppierungen, die bereits das politische Klima des Landes vergiftet haben, ihre Chance bekommen und zu ergreifen trachten.
      Quelle: le Bohémien
  2. Hypo Real Estate – Steuerzahlern drohen hohe Kosten
    Das Oberlandesgericht München wirft der inzwischen verstaatlichten Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) Bilanzmanipulation und Prospektfälschung vor. Sollte das Urteil vor dem BGH Bestand haben, muss der Steuerzahler für den Schaden aufkommen. […]
    Die HRE habe zum Schaden von Anlegern während der Finanzkrise 2007 ihre Bilanz manipuliert, eine falsche Pressemitteilung und einen in wesentlichen Punkten unrichtigen Börsenprospekt veröffentlicht sowie über Monate hinweg eine warnende Ad-hoc-Mitteilung unterlassen. Das begründet eine Schadenersatzpflicht, die Tilp nach erster Einschätzung auf „deutlich über eine halbe Milliarde Euro“ beziffert. […]
    „Die Prospekthaftung ist das schärfste Schwert im Anlegerrecht“, stellte Tilp nach dem Ende des Musterprozesses klar. Die unterlegenen HRE-Anwälte waren demgegenüber wortkarger. Sie kündigten allerdings noch im Gerichtssaal den Gang vor den Bundesgerichtshof (BGH) als nächste Instanz an.
    Sollte der Urteilsspruch dort Bestand haben, muss der Steuerzahler für den Schaden aufkommen. Die HRE musste zu ihrer Rettung zwangsverstaatlicht werden, so dass nun der Bund für Regressforderungen geradestehen muss.
    „Das ist der Preis für den Rechtsstaat“, sagte Bergdolt. Auch für sie ist die Entscheidung von Richter Kotschy wegweisend und ein Fingerzeig für einen wohl im kommenden Jahr in München beginnenden Strafprozess gegen die frühere HRE-Führungsriege unter deren damaligem Chef Georg Funke.
    Quelle: Frankfurter Rundschau

    Anmerkung JB: „Der Preis für den Rechtsstaat“? Ich habe selten so einen Unsinn gelesen. Es ist und bleibt unverständlich, warum die Bundesregierung die HRE verstaatlicht hat und sich damit natürlich auch alle juristischen Forderungen ohne Not ans Bein gebunden hat. Selbst wenn die Politik – was ebenfalls zu diskutieren wäre – sich dazu verpflichtet sah, die Forderungen gegen die HRE aus dem Bankensystem abzusichern, so wäre dieses Ziel auch ohne die Übernahme der HRE und damit auch aller anderen offenen Risiken möglich gewesen. Hier geht es um Steuergelder in Höhe von einer halbe Milliarde Euro.

  3. Generalstreik in Belgien
    Ein Generalstreik neun Tage vor Weihnachten bringt den Zug- und Luftverkehr in Belgien zum Erliegen. Rund 600 Flüge wurden gestrichen, etwa 50.000 Reisende seien direkt betroffen, teilte eine Sprecherin des Internationalen Brüsseler Flughafens mit.
    Doch auch wer versucht, auf die Bahn umzusteigen, kommt heute in Belgien nicht voran: Nicht nur inländische Verbindungen, auch internationale Fernzüge wie ICE, Thalys, Eurostar und TGV verkehren nicht oder fahren nicht bis nach Belgien. Auch Schulen, Krankenhäuser und Behörden sind betroffen. Nach Angaben der Agentur Belga behindern einige Demonstranten auch den Autoverkehr. Erwartet wurde, dass deswegen auch die Geschäfte in Brüssel und anderen Städten unter Umsatzeinbußen leiden werden.
    Gewerkschaften riefen ihre Mitglieder in allen Wirtschaftssektoren zu dem 24-stündigen Ausstand auf. Sie protestieren bereits seit einem Monat immer montags gegen die Sparpolitik der Mitte-Rechts-Regierung unter Ministerpräsident Charles Michel. Die Reformen träfen vor allem Arbeitnehmer und Sozialsysteme, ist ihre Kritik. Unter anderem ist geplant, das Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre anzuheben.
    Quelle: Tagsesschau
  4. Griechen laufen Sturm gegen Sparkurs
    Die Sparpolitik der Athener Regierung macht die wirtschaftliche und soziale Not vieler Griechen immer drückender. Die Gewerkschaften haben noch einmal zu einem großen Streik aufgerufen, der das Land lahmlegt.
    “Wir leisten Widerstand gegen den dogmatischen Sparkurs der Samaras-Regierung und das Diktat der internationalen Geldgeber”, begründete die Führung der Gewerkschaft GSEE ihren Aufruf zum “Generalstreik”. Gemeinsam mit der anderen großen Gewerkschaft ADEDY soll an diesem Donnerstag noch einmal ein Zeichen gesetzt werden gegen die Massenarbeitslosigkeit, den Zerfall des Sozialsystems und gegen die Rentenreform in Griechenland.
    Quelle: Deutsche Welle
  5. Thomas Piketty und die wachsende Ungleichheit im Kapitalismus
    Der französische Ökonom Thomas Piketty hat ein viel beachtetes Buch mit dem Titel „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ vorgelegt. Er präsentiert darin die Ergebnisse seiner jahrelangen Forschung zur langfristigen empirischen Entwicklung der Einkommens- und Vermögensverteilung. Besondere Aufmerksamkeit erregte jedoch seine Aussage, dass ein unregulierter Kapitalismus quasi automatisch zu einer sich immer weiter öffnenden Schere bei Einkommen und Vermögen führen würde. Piketty leitet daraus die Notwendigkeit ab, den Folgen dieser Entwicklungstendenzen mit verstärkten
    Umverteilungsmaßnahmen zu begegnen.
    Quelle: Friedrich Ebert Stiftung [PDF – 184 KB]
  6. Erbschaftsteuer hat Luft nach oben
    Die Spannung im politischen Berlin der letzten Wochen war geradezu greifbar. Politiker und Beobachter erwarten das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaft- und Schenkungsteuer. Bereits im Juli dieses Jahres haben sich die Richter in der mündlichen Verhandlung viel Zeit genommen, um verschiedene Sichtweisen anzuhören. Konkret geht es im Verfahren um die Frage, inwiefern Betriebsvermögen privilegiert gegenüber anderen Vermögenswerten vererbt bzw. verschenkt werden darf.
    Die Erbschaftsteuer trug im Jahr 2013 mit einem Volumen von 4,7 Mrd. Euro zur Finanzierung des Gemeinwesens bei. Das sind zwar ca. 0,75% des Steueraufkommens, entspricht aber mit 0,05% einem geradezu lächerlich geringen Anteil des privaten Nettovermögens. Das Aufkommen fließt direkt in die Länderhaushalte und hat dort als eine der wenigen Steuern, die den Bundesländern komplett zustehen, eine große Bedeutung.
    Quelle: Cansel Kiziltepe, MdB und Ralf Stegner, Stv. SPD-Vorsitzender
  7. Finanztransaktionssteuer: Taten statt markiger Sprüche
    Bis Ende 2014 wollte die Bundesregierung sich mit zehn weiteren europäischen Staaten auf die Einführung einer Finanztransaktionssteuer einigen. Doch die Verhandlungen stecken fest. Wenn das Spardiktat in den EU-Krisenländer gelockert würde, wären Frankreich und Italien eher bereit, der Transaktionssteuer zuzustimmen, meint der DGB-klartext.
    „Eine Politik, die den Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns stellt, setzt deshalb alles daran, dass alle, dass die ganze Welt die Lektionen aus dieser damaligen Krise lernt. Eine davon ist und bleibt: Kein Finanzmarktakteur, kein Finanzprodukt und kein Finanzplatz darf ohne angemessene Regulierung bleiben; Finanzakteure müssen durch die Finanztransaktionsteuer (FTT) zur Verantwortung gezogen werden.“ Mit diesen deutlichen Worten hat sich Kanzlerin Merkel im Januar in ihrer Regierungserklärung erneut zur Einführung der FTT bekannt. Sodann wollte die Bundesregierung bis zum Ende des Jahres mit zehn weiteren EU-Mitgliedstaaten Einigkeit über die Einführung der Anti-Spekulationssteuer erzielen. Nach einem Jahr mit einer Vielzahl von Verhandlungsrunden und Dienstreisen nach Brüssel fand nun das letzte Treffen der europäischen Finanzminister für dieses Jahr statt. Das verkündete Ergebnis ihrer „verstärkten Zusammenarbeit“ lautete aber im Wesentlichen nur: Außer Spesen nichts gewesen.
    Quelle: DGB Klartext
  8. Armut in Großbritannien Hunger in der Schokoladenkiste
    Fast wie bei Charles Dickens: Die Einkünfte mancher Familien in Großbritannien reichen nicht einmal mehr für das Essen. Sie stehen Schlange vor den „Food Banks“ – sogar mitten in Oxford.
    „Erschüttert“ äußerte sich der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, am Wochenende. Er war gerade von einer Reise nach Kongo zurückgekehrt und hatte danach eine britische Familie beobachtet, die auf ein kostenloses Essen wartete. In Afrika habe er „weitaus Schlimmeres“ gesehen, schrieb er in der „Mail on Sunday“, aber eine solche Szene in Großbritannien habe ihn mehr verstört. Einerseits würden im Königreich Nahrungsmittel im großen Stil verschwendet, andererseits seien „weite Teile des Landes von Hunger geplagt“, schimpfte er. „Wir machen das nicht in diesen Land, und das muss aufhören!“
    Es war die Fanfare für einen Bericht, der Anfang der Woche von einer Gruppe von Parlamentariern aller Parteien (unter Mitarbeit der anglikanischen Kirche) vorgestellt wurde. „Feeding Britain“ ist er überschrieben – Großbritannien ernähren. Darin zählen die Autoren auf, dass seit 2004 mindestens 1500 Orte entstanden sind, an denen kostenfreies Essen ausgegeben wird – die meisten von ihnen in den vergangenen sechs Jahren. Mehr als 900000 Menschen lassen sich jährlich alleine von der Wohltätigkeitsvereinigung „Trussel Trust“ versorgen, die die Hälfte aller „Food Banks“ unterhält. Für die Autoren des Berichts ist „klar, dass die Nachfrage nach Notfall-Nahrungshilfe steigt – und manchmal dramatisch steigt“.
    Nach der Definition des Trussel Trusts leben im Vereinigten Königreich dreizehn Millionen Menschen „unterhalb der Armutsschwelle“. Das wäre fast jeder fünfte. Bis Ende kommenden Jahres will die Organisation Kapazitäten für fünf Millionen bereitstellen. Die Welle der Hilfsbereitschaft, von den Inhabern der Lebensmittelgeschäfte bis zu den freiwilligen Helfern, weckt bei den Autoren Assoziationen historischen Ausmaßes. Man erlebe derzeit ein „soziales Dünkirchen“, heißt es in Anspielung auf die Schlacht im Zweiten Weltkrieg, in der die Alliierten die anfangs übermächtige Wehrmacht so lange aufhielten, bis mehr als 300.000 britische Soldaten evakuiert werden konnten.
    Quelle: FAZ

    Dazu passt: Hungernde Briten
    13 Mio. Menschen, das sind etwa 20% der Bevölkerung, leben in Großbritannien unter der Armutsgrenze, das heißt sie haben weniger als 60% des durchschnittlichen mittleren Einkommens für die Bestreitung ihres Lebensunterhaltes zur Verfügung. Der Trussel Trust, eine Wohltätigkeitsorganisation, die 420 Food Banks (Tafeln) im Vereinigten Königreich betreibt, hat 2012/2013 insgesamt 350.000 Lebensmittel-Pakete für einen Drei-Tages-Bedarf an Bedürftige ausgegeben, im Jahr 2013/2014 waren es 913.000 Pakete.
    Diese Zahlen verdeutlichen, dass in den letzten Jahren immer mehr Menschen auf die Food Banks als letzte Lösung zurückgreifen müssen, obwohl sich die wirtschaftliche Entwicklung nach der Rezession verbessert hat und die britische Ökonomie um 3% gewachsen ist.
    Für diese Entwicklung sind mehrere Faktoren verantwortlich. Zum einen sind die Lebenshaltungskosten in Großbritannien sehr viel stärker gestiegen als zum Beispiel in Deutschland. Die Preise für Lebensmittel stiegen in den letzten zehn Jahren um 47%, die für Wohnungen um 30% und die Kraftstoffpreise um 154%.
    Die Einkommen aus den weit verbreiteten Niedrig-Lohn-Jobs, Teilzeitbeschäftigungen, Zeitarbeit und so genannten Null-Stunden-Verträgen können diese Preissteigerungen nicht auffangen und verwandeln Arbeitende in Bedürftige. Verschärfend wirken weiterhin die seit 2010 gekürzten staatlichen Sozialleistungen, so z.B. das Wohngeld, die getreu der konservativ-liberalen Vorstellungen Menschen dazu bringen soll, jede angebotene Arbeit anzunehmen. In diesen Jobs wird jedoch wesentlich weniger verdient, als zum Leben notwendig wäre.
    Quelle: Sozialismus

  9. Mindestlohn
    1. Firmen tricksen beim Mindestlohn
      Unternehmen versuchen auf unterschiedliche Weise, die gesetzliche Regelung zur Lohnuntergrenze zu umgehen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund spricht von einer „Sauerei“, bei Arbeitsministerin Andrea Nahles ist man längst hellhörig.
      Der Deutsche Gewerkschaftsbund kennt die Strategien gegen die neue Lohnuntergrenze. „Es scheint Arbeitgeber in Deutschland zu geben, die sich mehr Gedanken über eine Umgehung statt um die Umsetzung des Mindestlohns machen“, sagt Stefan Körzell, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). „Wir wissen von Anwaltskanzleien, die Arbeitgebern dabei helfen.“
      3,7 Millionen Menschen sollen ab Neujahr vom Mindestlohn profitieren. Wird er durchlöchert? Es gibt Berichte über Vertriebsunternehmen, die erwachsene Zusteller durch Minderjährige ersetzen wollen. Denn für sie wird kein Mindestlohn fällig. Beim DGB suchten etwa Austräger Rat. Sie seien vom Arbeitgeber gefragt worden, ob Minderjährige in der Familie seien, so Körzell. „Auf diese sollte dann der Auftrag umgeschrieben werden, so dass der Mindestlohn entfällt – auch wenn weiter die Erwachsenen die Zustellung machen würden. Diesen Umgehungstatbestand halte ich für eine Sauerei“, wettert Körzell.
      Quelle: FR
    2. Wenn Pflege zuhause teuer wird – Folgen des Mindestlohns
      Mehr als 150 000 Pflegekräfte aus Osteuropa versorgen in Deutschland legal oder illegal alte Menschen, die nicht ins Heim wollen. Auch für sie gilt von 2015 an der Mindestlohn – das wird für viele Familien zum Problem.
      Quelle: SZ

      Anmerkung JK: Perfidere Hetze gegen den Mindestlohn geht nicht.

  10. Hartz IV – Wir tun, was wir können
    Uns Arbeitsvermittlern wird vorgeworfen, wir würden Hartz-IV-Empfänger stigmatisieren, statt ihnen zu helfen. Das stimmt aber nicht. Eine Entgegnung auf Lars Naundorf
    Ein Leserartikel von Kathrin Paul
    Ich arbeite als Arbeitsvermittlerin in einem Berliner Jobcenter. In dem kürzlich erschienenen Leserartikel von Lars Naundorf wird unsere Aufgabe so dargestellt, als würden wir Arbeitslosen einfach so Hemmnisse bei der Suche nach einem Job unterstellen und sie dadurch stigmatisieren. Das ist aber gar nicht so. (…)
    Der Großteil der Hartz-IV-Empfänger hat nun einmal Vermittlungshemmnisse. Diese sind zum Teil durch die Langzeitarbeitslosigkeit bedingt. Wer immer nur Absagen erhält, ist frustriert und bewirbt sich nicht mehr. Nach und nach gehen die sozialen Kontakte und Strukturen verloren, manche werden depressiv. Mit Leidensgenossen redet man nur noch über das Negative, das die Jobcenter produzieren: Maßnahmen, Weiterbildung, Arbeitsgelegenheiten. Wenn es keine Hemmnisse gäbe, dann wären die Menschen nicht im Jobcenter. Sicher gibt es Ausnahmen, aber das sind eben nur Ausnahmen, zumindest in Berlin.
    Die Aufgabe der Jobcenter ist es, diese Menschen aus ihrem Loch herauszuholen und an den Arbeitsmarkt heranzuführen. Dafür sind Maßnahmen wichtig. Entweder sollen sie aktivieren und bei den Bewerbungen unterstützen (mittlerweile zu einem Großteil im Einzelcoaching, wo sich keiner in einer Gruppe verstecken kann) oder sie sollen dazu dienen, eine Tagesstruktur herzustellen und das Arbeits- und Sozialverhalten zu trainieren. Es ist traurig und für viele nur schwer vorstellbar, aber leider müssen viele Menschen erst einmal lernen, pünktlich zu Terminen zu kommen oder jeden Tag um acht Uhr bei einer Arbeitsstelle zu sein. Und so mancher ist in einer geförderten Maßnahme auf dem zweiten Arbeitsmarkt besser aufgehoben als bei einem Arbeitgeber auf dem ersten Arbeitsmarkt, der schnell wieder kündigt und somit die Frustration hochtreibt. (…)
    Ich erlebe jeden Tag viele schwere Schicksale, aber auch viele Erfolge. Ich werde beleidigt und beschimpft, nur weil ich es wage, jemanden zum Termin einzuladen oder einen Vermittlungsvorschlag zu verschicken. Trotzdem mache ich die Arbeit gern. Jedem, der vorschnell über unsere Arbeit urteilt, kann ich nur vorschlagen, mal in einem Jobcenter zu hospitieren. Aber bitte nicht in beschaulichen Bundesländern wie Bayern oder Baden-Württemberg.
    Die Autorin schreibt unter Pseudonym. Ihr richtiger Name ist der Redaktion bekannt.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung CR: Wohlgemerkt: Es handelt sich um eine Antwort auf einen Leserbrief, der ebenfalls von einem (namentlich genannten) Arbeitsvermittler eines Jobcenters verfasst worden ist.
    Der Beruf eines Arbeitsvermittlers ist sicherlich nicht gerade einfach: Der gesetzliche Rahmen muss eingehalten und Vorgaben von oben sollen umgesetzt werden.
    Übrigens: Den Vorschlag, “mal in einem Jobcenter zu hospitieren” würde ich sehr gerne aufgreifen. Ist das denn wirklich so einfach möglich?

    Anmerkung JK: Niemand wird der Mitarbeiterin eines Jobcenters, die diesen Leserbrief verfasst hat absprechen wollen, dass sie die Lage subjektiv so wahrnimmt wie geschildert. Nichtsdestotrotz ist und bleibt das Hartz IV System, so wie es geplant wurde und gestaltet ist, ein repressives System, dass die Menschen erniedrigt und demütigt. Bestes Beispiel sind die Sanktionsregelungen, die auch einen völligen Leistungsentzug vorsehen und so intendieren, dass der Arbeitslose eben nur Druck braucht, wenn es sein muss auch nackte Existenzangst, um einen Job zu finden. Auf den NachDenkSeiten findet sich einen große Zahl an Hinweisen, die darstellen was das Hartz IV System mit den betroffenen Menschen anstellt und welche fundamentalen gesellschaftlichen Veränderungen es bewirkt hat.

    Dazu: Eine andere Republik – Hartz IV und die Folgen

    und: Alleinerziehende und Hartz IV – Alltagskampf bis zur Erschöpfung
    90 Prozent aller Alleinerziehenden sind weiblich, viele von ihnen auf Hartz IV angewiesen. Im Zuge der Agenda 2010 hat sich für viele von ihnen die Situation verschärft – gefordert wird viel, vom Fördern ist nicht viel übrig geblieben. Doch das Jobcenter ist nicht das einzige, gegen das sie Tag für Tag ankämpfen müssen.
    Vor fast zehn Jahren, im Januar 2005, traten die Hartz IV-Reformen in Kraft. Der Sozialstaat sollte von nun an fördern und fordern. Davon betroffen waren wie keine andere gesellschaftliche Gruppe die Alleinerziehenden: 39 Prozent der Erwachsenen, die alleine ihre Kinder großziehen, sind auf Hartz IV angewiesen. Gefordert wird viel von Ihnen. Was ist aber aus der Förderung geworden?
    Denn immerhin 70 Prozent der Alleinerziehenden sind berufstätig. Die Bedingungen, neben der Kindererziehung ausreichend Geld zu verdienen, haben sich mit Hartz IV für viele weiter verschlechtert. Wer den Alltag von Alleinerziehenden begleitet, merkt schnell: Um diesen Eltern eine Chance zu geben, finanziell unabhängig zu werden, sind andere Reformen nötig.
    Quelle: Deutschlandradio Kultur

    Anmerkung JK: Was es hier noch zu bedenken gilt, einerseits wird sich landauf und landab darüber beschwert, dass es zu wenig Kinder in Deutschland gibt, für die Alleinerziehenden wird, wie die Reportage anschaulich darlegt, aber kein Finger gerührt, sondern diese werden auch noch in den Jobcentern ohne Unterschied dem vollen Repressionsprogramm des Hartz IV Systems unterworfen. Stattdessen beweihräuchert sich die Politelite lieber gegenseitig für die Einführung der Frauenquote in den Aufsichtsräten von Aktiengesellschaften. Hauptsache der Schampus schmeckt.

  11. Streik bei Amazon ausgeweitet
    An sechs der neun Amazon-Lager in Deutschland wird gestreikt. Es ist der bislang größte Ausstand bei dem Versandriesen – und das kurz vor Weihnachten. Während Verdi von Lieferverzögerungen spricht, betont Amazon, dass die Pakete pünktlich zu den Kunden kommen.
    Die Gewerkschaft Verdi hat den Streik bei Amazon auf ein sechstes Versandlager ausgeweitet. Mitarbeiter des Logistik-Zentrums in Koblenz (Rheinland-Pfalz) legten am Dienstagmorgen mit Beginn der Frühschicht um 5.00 Uhr die Arbeit nieder. Nach Angaben von Verdi-Sprecher Jürgen Dehnert versammelten sich etwa 100 Beschäftigte vor den Werkstoren. Damit wird erstmals an sechs der neun deutschen Amazon-Standorte gleichzeitig gestreikt.
    Bereits am Montag hatten Beschäftigte in Bad Hersfeld (Hessen), Leipzig (Sachsen), Graben (Bayern), Rheinberg und Werne (beide NRW) die Arbeit niedergelegt. Der Streik soll bis Mittwoch dauern. Nach Gewerkschaftsangaben beteiligten sich am ersten Tag fast 2300 Beschäftigte, Amazon sprach von rund 2100 Streikenden. Im Weihnachtsgeschäft arbeiten bei Amazon bundesweit nach Unternehmensangaben rund 10 000 Festangestellte und 10 000 Saisonkräfte.
    Quelle: Frankfurter Rundschau
  12. Palmöl als Waldvernichter Nummer eins
    Palmöl ist mit rund 60 Millionen Tonnen pro Jahr das meistverwendete Pflanzenöl der Welt, es steckt in jedem zweiten Supermarktprodukt, in Fertiggerichten, Süßigkeiten, Margarine, Kerzen, Kosmetik, Putz- und Waschmitteln oder Biodiesel. Der Verbrauch hat sich in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt. Fast 90 Prozent stammen aus Indonesien und Malaysia, Indonesien ist der größte Palmölproduzent der Welt: auf 13,5 Millionen Hektar – einer Fläche drei Mal so groß wie die Schweiz – wachsen Ölpalmen, bis 2020 soll sich die Fläche verdoppeln. Palmölplantagen sind die am schnellsten wachsenden Monokulturen der Welt und dafür verantwortlich, das Indonesien Brasilien als Waldvernichter Nummer eins abgelöst hat. Eine nationale wie globale Katastrophe: der Raubbau heizt das Klima an, zerstört die Artenvielfalt und hat wegen Vertreibung indigener Gemeinden Tausende Landkonflikte ausgelöst.
    Seit bekannt ist, dass wegen der wachsenden Nachfrage nach dem billigen Fett in Südostasien Regenwald gerodet wird, ist es in Verruf geraten. Wer sich Sorgen macht, ob für sein Essen Regenwald gerodet wird, wird ab Samstag Klarheit haben. Dann müssen Lebensmittelhersteller auf ihren Produkten angeben, ob sie Palmöl enthalten. Nebulöse Begriffe wie „pflanzliches Öl“ sind nicht mehr zulässig, denn dahinter verbirgt sich meist Palmöl. Doch die Lebensmittelhersteller verbreiten beruhigende Botschaften. Unilever, Nestlé, Rewe & Co kündigen an, bald ausschließlich nachhaltig zertifiziertes Palmöl zu beziehen. 18 Prozent des weltweit gehandelten Palmöls ist zertifiziert.
    Quelle: FR
  13. Deutschland fördert Klimakiller mit 52 Milliarden Euro
    Während sich die Bundesregierung international für den Klimaschutz starkmacht, fördert sie national mit vielen zehn Milliarden Euro Maßnahmen, die das Klima schädigen. Die umweltschädlichen Subventionen in Deutschland beliefen sich im Jahr 2010 auf 52 Milliarden Euro. Dies geht aus einer neuen Studie des Umweltbundesamtes (UBA) hervor, die der Zeitung “Die Welt” exklusiv vorliegt.
    “Es ist keine nachhaltige Politik, wenn umweltschädliche Produktionsweisen erst mit Milliarden gefördert werden und dann weitere Milliarden bereitgestellt werden müssen, um Schaden an Umwelt und Gesundheit wieder halbwegs zu kompensieren”, sagte UBA-Chefin Maria Krautzberger. Die größte umweltschädliche Subvention ist mit 7,5 Milliarden Euro die Energiesteuervergünstigung für Diesel. Die Energiesteuerbefreiung für Kerosin kostet den Staat 6,9 Milliarden Euro, die kostenlose Zuteilung von CO2-Rechten 6,1 Milliarden Euro.
    “Unser Rat kann nur sein, umweltschädliche Subventionen systematisch abzubauen”, sagte Krautzberger. Insgesamt zeige die Subventionspolitik der vergangenen Jahre keine einheitliche Entwicklung. Während einige Subventionen abgebaut würden wie die Eigenheimzulage oder die Steinkohleförderung würden gleichzeitig neue Ausnahmen wie für Agrardiesel geschaffen. Das UBA fordert deshalb einen “Umweltcheck für Subventionen”.
    Quelle: Hamburger Abendblatt
  14. Mehdorn und der Hauptstadtflughafen – Lieber Rücktritt als Rausschmiss
    Mit seinem Rücktritt als Geschäftsführer des Berliner Hauptstadtflughafens gelang Hartmut Mehdorn ein Coup: Ein letztes Mal inszenierte er sich als Herr des Geschehens. Dabei war das Ende seiner Amtszeit längst besiegelt.
    Hartmut Mehdorn weiß, wann seine Zeit gekommen ist. Seine Lektion hat er bei der Bahn gelernt, wo er viel zu lange an seinem Posten klebte. Bei Air Berlin kündigte er im Januar 2013 seinen Rücktritt an, bevor die miserable wirtschaftliche Lage der Fluglinie bekannt wurde. Streckenstreichungen, Preiserhöhungen und der Verkauf von Tafelsilber in Form des lukrativen Vielfliegerprogramms hatten keine Trendwende herbeiführen können. Und so vollzog Mehdorn lieber einen “geordneten Führungswechsel”, wie er es ausdrückte, als einen unrühmlichen Rausschmiss zu riskieren.
    Auch diesmal schaffte es der umstrittene Manager, seinen Gegnern zuvorzukommen. Am Montag reichte er seine Kündigung als Geschäftsführer der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg ein. Er will zwar noch abwarten, bis ein Nachfolger gefunden ist, doch spätestens Ende Juni 2015 soll Schluss sein, wie die Flughafengesellschaft mitteilte. Mehdorn begründete die Entscheidung mit Spekulationen um seine Person, die das vertretbare Maß überstiegen. “Ich bedauere meinen Rücktritt persönlich sehr, da er weder meinem Pflichtbewusstsein noch meinen persönlichen Zielen entspricht.” Der Schritt sei in Abwägung der Gesamtlage notwendig geworden.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung AM: An dieser Sache und Personalie würde interessieren, was die Motive der Anstellung von Mehdorn waren und wie diese Anstellung gefördert und entschieden hat. Denn damals war schon klar, dass Mehdorn an vielen Stellen gescheitert war: so z.B. bei der Heidelberger Druck AG, bei der Deutschen Bahn AG besonders folgenschwer. Das war alles bekannt und dennoch haben die damaligen Spitzen des Aufsichtsrates für Mehdorn votiert. Warum? Welche Lobby steckte dahinter? Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, dies zu erfahren.

  15. Niemand hat der CIA mehr geschadet als Dick Cheney
    Ex-CIA-Agent Robert Baer über den Senatsbericht und den Nutzen der Folter
    Die Bücher des ehemaligen CIA-Agenten Robert Baer sorgen in den USA regelmäßig für großes Aufsehen. Baers Werke “See No Evil” und “Sleeping with the Devil” lieferten die Vorlage für den 2005 fertiggestellten Film Syriana. Die Person des Film-Charakters Bob Barnes – gespielt von George Clooney – wurde Robert Baer nachempfunden. […]
    Der ehemalige US-Vizepräsident Dick Cheney bezeichnete den Senatsbericht über die Foltermethoden der CIA als “Mist”. Was denken Sie darüber?
    Robert Baer: Zunächst einmal möchte ich entgegnen, dass niemand der CIA mehr geschadet hat als Dick Cheney während seiner Amtszeit als Vize-Präsident der USA. Nicht einmal die Presse oder das Justizministerium der USA haben einen ähnlichen Schaden anrichten können.
    Inwiefern?
    Robert Baer: Cheney bestand auf Folter, gleich ob Water Boarding oder ähnliche Maßnahmen, als Bestandteil der CIA-Aufklärung im sogenannten “War against Terror”. Er wurde dabei von ganz oben, also vom damaligen Präsidenten der USA, angetrieben. Die Bush-Administration erfand diese Methoden, ließ diese anwenden, ohne dabei irgendwelche brauchbaren Ergebnisse oder Informationen zu erlangen. In diesem Zeitraum starben etwa 100 Menschen im US-Gewahrsam, bis heute wissen wir nicht, wie sie ums Leben kamen oder wer sie umgebracht hat. Politiker wie Dick Cheney müssen dafür verantwortlich gemacht werden, in bestimmten Fällen sogar aufgrund von Kriegsverbrechen.
    Quelle: heise online
  16. Wie aus dem Nichts
    Bürgerrechtler schlagen Alarm: Mit unseren Daten verdienen Firmen viele Milliarden. Nirgends ist der Markt größer als in den USA.
    Catherine Taylor hatte keine Ahnung von den Daten, bis sie eine Absage auf ihre Bewerbung beim örtlichen Roten Kreuz erhielt. Im Anhang fand sich eine Kopie ihrer Online-Akte, samt einer angeblichen Vorstrafe wegen des versuchten Handels mit Methamphetamin. Die Information war falsch, sie galt einer Person mit identischem Namen – aber sie kursierte seit Jahren im Netz. Rund zehn weitere Firmen hatten die Daten ebenfalls gespeichert. Taylor wurde abgewiesen, wenn sie Anträge auf Kredite stellte, eine neue Spülmaschine konnte sie nur mit dem Namen ihres Mannes kaufen. Seit Jahren führt die Amerikanerin aus Arkansas Prozesse, um die Daten löschen zu lassen.
    Immer wieder wird die Geschichte von Catherine Taylor in US-Medien zitiert. Dabei gibt es unzählige Fälle wie sie. Datenbroker ziehen sich die Informationen von Millionen von Amerikanern aus einer ganzen Reihe von Quellen: Zeitschriftenabonnements, Umfragen, Kundenkarten, Seiten, die sie im Internet benutzen, Produkte, die sie auf Amazon kaufen oder beobachten, Orte, die sie mit Smartphone in der Tasche besuchen. „Die Datenbroker bringen all die Daten zusammen und ziehen daraus Schlussfolgerungen über Vorlieben, Schwächen und Ansichten“, erklärt Frank Pasquale, Professor für Recht an der University of Maryland und Autor des Buches The Black Box Society: The Secret Algorithms that Control Money and Information.
    In den vergangenen Jahren ist das Geschäft mit den Daten vor allem in den USA explodiert, denn nirgends ist der Markt unregulierter. Die Branche setzte zuletzt rund 156 Milliarden Dollar mit dem Verkauf von persönlichen Informationen um. Die Lobbygruppe World Privacy Forum, die sich für mehr Datensicherheit im Netz einsetzt, schätzt, dass es derzeit rund 4.000 Firmen gibt, die sich auf das Erstellen der Online-Profile spezialisiert haben. Darunter befinden sich Giganten wie der börsengelistete Marktführer Acxiom mit einem Umsatz von 1,1 Milliarden Dollar und Kunden wie Toyota und L‘Oréal, aber auch kleine Boutique-Firmen wie Paramount Lists mit Sitz in Pennsylvania.
    Quelle: Freitag
  17. Kraft kann sich Rot-Rot-Grün im Bund nicht vorstellen – zurzeit
    Auch nach der Wahl von Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten in Thüringen kann sich die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Hannelore Kraft ein rot-rot-grünes Bündnis auf Bundesebene nicht vorstellen. Die Linkspartei habe eine “sehr extreme Position im Bereich der Außenpolitik”. Allein daran würde es letztendlich wohl scheitern.
    Schmidt-Mattern: Ist denn dieses Regierungsmodell, was jetzt seit Freitag in Thüringen im Amt ist, ist das möglicherweise auch ein Modell für den Bund in Zukunft?
    Kraft: Das sehe ich nicht, weil die Differenzen, gerade auch im Bereich der im Bund sehr wichtigen Außenpolitik, so groß sind. Ich habe in der vergangenen Woche die Gelegenheit gehabt, einige Talkshows zu sehen, und da merkt man dann auch deutlich, welch große Differenzen da wirklich zwischen den einzelnen Parteien noch bestehen. Ich sehe das nicht.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung JK: Man kann es schon nicht mehr hören. Die ewig gleiche Leier, die angeblich extremen Positionen der Linken im Beriech Außenpolitik machen eine rot-rot-grüne Koalition im Bund nicht möglich. Leider schaffen es weder Gabriel, noch Oppermann, noch Kraft usw., exakt zu benennen wo genau die Knackpunkte liegen. Würden sie das tun, dann könnte man darüber diskutieren und einen Lösungsweg finden. Oder liegt die Problematik doch anders gelagert? Ist es vielleicht so, dass jede Partei, die in Deutschland Regierungsverantwortung übernehmen will sich definitiv zur transatlantische Bündnistreue bekennen, sprich die weltpolitische Dominanz der USA anerkennen muss. Zumindest Teile der Linken dürften damit noch ihre Probleme haben, obwohl man dort auch bereits an der NATO-Kompatibilität arbeitet in dem man etwa das Atlantik-Brücke-Mitglied Stefan Liebich zum außenpolitischen Sprecher ernannt hat. Im Klartext heißt das also, die transatlantisch orientierten Eliten dies und jenseits des Atlantiks hätten wohl ein Problem mit einer Regierungsbeteiligung der Linken. Die SPD ist da nur das Vehikel zur Übermittlung der Botschaft. Und man sollte dabei nicht vergessen, dass Deutschland eines der wichtigsten logistischen Drehscheiben und Planungszentren im geostrategischen Konzept der USA ist. Ein wichtiger Bestandteil ist z.B. der CIA-Stützpunkt auf dem Gelände des amerikanischen Generalkonsulates in Frankfurt. Von dort aus plante die CIA über Jahre die Entführung und Folter von Terrorverdächtigen.

  18. Herausgebers Jürgen Kaube: “Pessimismus ist Zeitverschwendung”
    Der neue FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube hat sein erstes Interview in neuer Position gegeben. Dem Focus sagte er, was ein gutes Feuilleton leisten muss. Kaube, so viel ist klar, will mit klugem Pragmatismus überzeugen. Sein Credo: “Pessimismus ist Zeitverschwendung”. […]
    Kaube warnte allerdings davor, Leser zu ermüden, “wenn mit hoher Intensität immer wieder das gleiche Thema verhandelt wird”. Kaube lastet der Vorbehalt an, er wolle das Feuilleton der FAZ nach dem Tod von Frank Schirrmacher weg von Debatten führen – hin zu mehr klassischen Themenfeldern des Ressorts. Darauf sagte nun Kaube sinngemäß – zu viel Debatten um der Debatten willen lieber nicht, aber dafür auch kein klassisches Feuilleton. Diese Interpretation der Besetzung des Postens würde Kaube wohl auch Unrecht tun. Der Mann ist ein scharfer, auch unkonventioneller Denker – hat aber etwas gegen allzu viel Geschwafel.
    Quelle: Meedia

    Anmerkung JB: Pragmatismus? Das bezweifele ich doch mal. Es ist schwer vorstellbar, dass unter Frank Schirrmacher solche Artikel ihren Weg ins FAZ-Feuilleton geschafft hätten. Pragmatisch ist daran jedoch nichts.


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