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Titel: Eine Stimme aus dem anderen Deutschland

Datum: 9. Dezember 2015 um 9:04 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Aufbau Gegenöffentlichkeit, Kultur und Kulturpolitik
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Konstantin Wecker: Poet, Sänger, Friedensaktivist

(Foto: Ufuk Arslan)

Von Wolfgang Bittner.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Immer wieder ist zu hören, Poesie habe nichts mit Politik zu tun. Konstantin Wecker beweist in seinen Konzerten das Gegenteil, und zwar mit großem Erfolg beim Publikum. Es ist schon ein Erlebnis, ihm einen Abend lang zuzuhören. Seine tiefsinnigen Texte sind poetisch-spirituell und politisch zugleich. Er ruft auf zu einer „gewaltfreien Revolution des Bewusstseins“, aber auch zu einer Poetisierung der Welt und zu mehr Zärtlichkeit im Umgang miteinander.

Eines seiner neuen Lieder beginnt mit einem Gedicht des Romantikers Novalis: „Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren/ Sind Schlüssel aller Kreaturen/ Wenn die, so singen oder küssen,/ Mehr als die Tiefgelehrten wissen …“ Der Sänger hat eine Strophe hinzugedichtet: „Erst wenn gleich warmen Sommerwinden/ die Menschen sich zusammenfinden/ um dem fatalen Weltgeschehen/ endlich vereint zu widerstehen …/ dann fliegt vor einem geheimen Wort/ das ganze verkehrte Wesen fort.“

Konstantin Wecker ist einer der wenigen echten Künstler unserer Zeit mit politischem Durchblick. (Siehe auch: „Sehnsucht nach einer friedlicheren Welt – Konstantin Wecker über sein Leben“) Wenn er zum Widerstand gegen eine inhumane Politik aufruft und singt: „Empört euch, beschwert euch, und wehrt euch und widersteht!“, dann geht das Publikum mit; es singt auch „Die Gedanken sind frei“ mit, worauf das Solo folgt: „Und dann kommt die Gedankenpolizei.“ Für Wecker ist es nie zu spät, auch wenn er von einem Volk in „Duldungsstarre“ spricht, von überfüllten Wärmehallen und von der Gier nach Geld und Macht, die unmenschlich werden lässt. In Wirklichkeit gebe es keine Materie, sagt er in Erinnerung an den 2014 verstorbenen Physiker Hans-Petr Dürr, mit dem er befreundet war, was wir auch sehen, sei nichts als „gefrorenes Licht“.

Einer Ode, die der Expressionist Georg Heym 1911 hellsichtig gegen den herannahenden ersten großen Krieg geschrieben hat, fügt der Sänger hinzu: „Und schon wieder hört man herrisch Krieger schrei‘n …/ Wieder wälzt sich die Vernunft dumpf in Gewalt./ Abgestorben ist das Hirn. Das Herz ist kalt …/ Wir müssen seh‘n, wie wir den Gewalten widersteh’n./ Denn sonst heißt es wieder eines Tages dann:/ Seht euch diese dumpfen Bürger an./ Zweimal kam der Krieg mit aller Macht./ Und sie sind zum dritten Mal nicht aufgewacht.“

Dann wieder zitiert er Mikis Theodorakis und singt zu Herzen gehend: „Die ich liebe ist schön, unsagbar schön … Man hat sie fortgebracht, und keiner weiß wohin.“ Er wendet sich gegen das „ökonomistische Zweckdenken“, das Lebewesen zur Ware macht, die sich Marktgesetzen anzupassen hat, er plädiert für eine alles umspannende Menschlichkeit. „Mit dem Herzen denken!“, sagt er und singt die Verse von Angelus Silesius aus dem 17. Jahrhundert: „Die Ros‘ ist ohn‘ Warum; sie blühet, weil sie blühet,/ sie acht‘t nicht ihrer selbst, fragt nicht, ob man sie siehet.“

Konstantin Wecker hat die schweren Jahre seines Lebens, als er Drogen nahm und ins Gefängnis kam, lange hinter sich gelassen. Er wirkt locker und abgeklärt auf seiner Tournee, die er „Ohne Warum“ genannt hat, und er beherrscht – einfühlsam begleitet von seiner Band und der jungen Sängerin und Gitarristin Cynthia Nickschas – die lauten, kräftigen Töne ebenso wie die zarten. Das Publikum dankt es ihm begeistert.

Die aktuelle CD „Ohne Warum“ ist im Handel erhältlich.
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