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NachDenkSeiten – Die kritische Website
Titel: Wer die Methoden der Manipulation kennt, kann sich besser vor Fremdbestimmung schützen
Datum: 9. September 2009 um 17:17 Uhr
Rubrik: Militäreinsätze/Kriege, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich: Albrecht Müller
Wir sind täglich neuen Versuchen der Manipulation ausgesetzt – sehr wirksamen, wie man am Beispiel des Afghanistan-Einsatzes und der ausbleibenden Sanktionen gegenüber unseren Führungspersonen studieren kann. Zwar lesen wir immer wieder, es gebe eine Mehrheit in Deutschland gegen den militärischen Einsatz in Afghanistan. Aber diese Mehrheit schlägt sich nicht wirklich in Ablehnung gegenüber den Hauptverantwortlichen nieder. – Die Reaktion der Bundeskanzlerin und der anderen Verantwortlichen auf das Bombardement der Tanklastzüge zeigt, wie die Meinung in den Medien und unter uns gemacht werden muss, um Sanktionen zu minimieren. Albrecht Müller
Die Methoden der Manipulation sind bei uns kein öffentliches Thema. Die Mehrheit kennt sie nicht und durchschaut sie nicht, obwohl es sich dabei um ziemlich einfach zu erkennende Tricks handelt, die wir teilweise sogar aus unserem Alltagsleben kennen. Aus diesem Grund ist in „Meinungsmache. Wie Wirtschaft, Politik und Medien uns das Denken abgewöhnen wollen“ diesen Methoden ein eigenes Kapitel gewidmet (Kapitel 10) und wird dann bei der Beschreibung der Möglichkeiten zum Aufbau einer Gegenöffentlichkeit darauf Bezug genommen. Hierzu der Auszug aus „Meinungsmache“, Seite 426 bis 428:
Die Methoden der Manipulation kennen und durchschauen
Auch unter Gleichgesinnten ist es nicht leicht, skeptisch zu sein.
Der Kopf rät zum Misstrauen, und das Gefühl verlangt nach Vertrauen.
Zum Zweifeln muss man sich entschließen und es gemeinsam mit anderen systematisch betreiben. Dabei hilft die Kenntnis der Methoden der Manipulation, die oben ausführlich beschrieben sind:
- Wiederholung. Zum Beispiel: »Demographischer Wandel und Globalisierung sind die beiden großen Herausforderungen« oder: »Die Finanzkrise kam aus Amerika«.
- Eine Botschaft wird von verschiedenen, sich unterscheidenden Absendern ausgesendet. Dann wird sie glaubwürdiger.
- Nutzung des guten Klangs eines Wortes für einen anderen Zweck. Bestes Beispiel: »Reform«.
- Gruppenspezifischer Jargon. »Freiheit«, »Leistung muss sich wieder lohnen« – solche Floskeln haben zwar kaum einen Bezug zur Realität, aber um bei der Mehrheit der üblichen Talkshowgäste oder beim Auditorium von Guido Westerwelle zu bestehen, reichen die Signale.
- Affirmativ auftreten. Das können Angela Merkel und Peer Steinbrück wie auch schon Gerhard Schröder herausragend gut. Sie können belanglose Sachen als höchst bedeutsam verkaufen und Falsches als völlig richtig erscheinen lassen.
- Die selbstverständliche Gültigkeit in der Sprache anklingen lassen. »Wie wir alle wissen«, »wie schon bekannt ist«, …
- Auf Experten berufen. Die gängige Methode bei Börsensendungen, Wirtschaftsnachrichten und vielen anderen Foren.
- »Tina«: There is no alternative. »Es gibt keine Alternative.«
- Pars pro toto. Was für einen Teil gilt, wird auf die Gesamtheit als gültig übertragen.
- Übertreibung. »Wortbruch«, »Freiheit statt Sozialismus«, »Gnadefür die 68er« – Motto: Irgendwas bleibt immer hängen.
- Mit der Botschaft B wird die Botschaft A transportiert. Bewusst und unterbewusst und erst recht geplant wird diese Methode häufig eingesetzt.
- Der (strategisch geplante) Konflikt zwischen zwei Personen als Transportband für eine zu vermittelnde Meinung.
- Verschweigen, weglassen, ausblenden. Das gilt unter anderemfür die gesamten Fehler der Regierung Kohl und ihrer Berater bei der Gestaltung der deutschen Vereinigung, insbesondere der wirtschaftspolitischen Entscheidungen.
- Umfragen nutzen, um Meinung zu machen. Dieses Instrument wird ständig gebraucht. Achten Sie einmal darauf, was »Stern« und »Spiegel Online« mit Hilfe von Forsa-Umfragen anstellen. Geradezu »mustergültig«.
Wer diese Tipps kennt und beachtet, wird Meinungsbildungsvorgänge leichter durchschauen. Das ist eine wichtige Basis für den Aufbau einer Gegenöffentlichkeit.
In der jüngsten Debatte um den Afghanistan Einsatz und speziell um das Bombardement können Sie gleich eine Reihe der skizzierten Methoden wieder entdecken:
Wenn Sie die auch bei diesem Thema angewandten Methoden der Meinungsmache durchschauen, dann gelingt ihnen auch die Befreiung von der betriebenen Manipulation. Unsere Anregung: mit anderen über die angewandten Methoden sprechen, die Debatte mithilfe dieses Suchrasters weiterverfolgen.
Das ist gerade bei diesem Thema wichtig, weil wir genauso kopflos wie bei der Entscheidung für den Afghanistan-Einsatz in noch viel gefährlichere Einsätze getrieben werden könnten, so z.B. im Fall Iran oder Pakistan.
Übrigens: Der Rückzug ist nicht einfach. Aber wenn man wie die etablierten Parteien das konstruktive Nachdenken darüber ächtet, wird man auch keine konstruktiven Lösungen finden. Und diese vielleicht auch gar nicht finden wollen. Von Steinmeier gab es in der Debatte einen Schlüsselsatz: Dass viele nun raus wollten aus Afghanistan könne er nachvollziehen. Aber dies sei unpolitisch und unhistorisch und deshalb nicht zu verantworten. Man dürfe nicht vergessen, berichtet die TAZ über Steinmeiers Rede am 9. September, dass „das Nein zu Irak und das Ja zu Afghanistan zusammengehören.“ Wir sind also nicht um unserer Sicherheit und der Menschen in Afghanistan willen dort militärisch engagiert, sondern den USA, Großbritannien und vermutlich der gesamten NATO zuliebe – und als Wiedergutmachung, weil wir Nein zum Irakkrieg gesagt hatten.
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