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Titel: Leserbriefe zu „Russenpeitsche“ – Auch so funktioniert Feindbild-Aufbau

Datum: 4. März 2018 um 11:30 Uhr
Rubrik: Leserbriefe, Medienkritik, Strategien der Meinungsmache
Verantwortlich:

Zu diesem Artikel erreichte uns eine große Anzahl von Leserbriefen. Insgesamt ist es eine bunte Mischung aus allgemeinen Betrachtungen über das Wetter, über die Verwendung von Begriffen zur Meinungsmache bis zur Darstellung von Russland in vielen Medien. Wir danken allen Lesern, auch denen, deren Emails wir hier nicht veröffentlichen, für Ihr Interesse, die große Resonanz und die vielen erhellenden Links. Zum Beispiel hier.
Zusammengestellt von Moritz Müller.


Moin moin,

Der Begriff Russenpeitsche wird im Wetterumfeld schon länger(mindestens seit 2004), meist ironischerweise oder sarkastisch, für einen “arctic outbreak“ aus Nordost benutzt. Ein politisches Statement war es da nie! Das ist jetzt aber anders.

Bei google suchen: “russenpeitsche site:old.wetterzentrale.de

Der heutige Journalismus ist strunzdumm und gekauft.

Grüße aus der Wolfskälte,
Wolfgang


Sehr verehrter Herr Müller !

Vielen Dank für ihren Beitrag über den mißbräuchlichen Sprachgebrauch (Russenpeitsche) in vielen Medien.

Seit ich die Tagebücher von V. Klemperer, und speziell sein LTI gelesen habe, stoße ich immer wieder auf solchen Sprachmissbrauch. Es ist zum heulen.

An dieser Stelle möchte ich sie noch auf den Artikel “Griechische Geldhäuser im Stresstest“ in der heutigen Rheinpfalz aufmerksam machen.

Nach einer kurzen Einführung beginnt der Artikel mit dem Satz:

Den Wahlsieg des Linkspopulisten Alexis Tsipras hätten die griechischen Banken fast nicht überlebt. 

Wieder einmal wird der Beginn einer Krise (die Ukraine Berichterstattung beginnt neuerdings erst mit der Abspaltung der Krim) auf einen Zeitpunkt festgelegt,  zu dem man die missliebigen Akteure (Tsipras Regierung) in ein extrem schlechtes Licht rücken kann. 

Die Tsipras Regierung wurde ja nur deshalb gewählt, weil Griechenland finanztechnisch schon total am Boden lag. Damit hatte aber weder 

Tsipras noch Varoufakis etwas zu tun.

Herzliche Grüße
L. Mager


Liebe Nachdenkseiten Redaktion,
 
den Begriff Russenpeitsche kenne ich nicht und er war ganz sicher bis vor kurzem auch in keinem bundesweiten Medium im Winter präsent. Auch ist er definitiv eher im Aggressiven zu verorten, aber ich denke er kommt nicht so ganz aus dem Blauen heraus. Als ich (aus Hamburg stammend) meinen ersten Winter 2012/13 in Mecklenburg-Vorpommern erlebte, hatten wir eine ähnliche metereologische Situation; erst fast frühlingshafte Temperaturen und dann im Februar/März doch einen heftigen Kälteeinbruch. Damals hörte ich das erste Mal den Begriff “sibirische Peitsche” und er schien hier weit gebräuchlich zu sein. Damit soll wohl beschrieben werden, dass der Winter schon fast weg war und dann urplötzlich zurück geschnellt kommt ähnlich wie die gemächliche Ausholbewegung mit der Peitsche und das dann folgende schnelle Zuschlagen. Und die Assoziation mit Sibirien geht meinem Empfinden nach durchaus in Ordnung, weil mit Sibirien ja nun wirklich bittere Kälte fest assoziiert ist, die mit Russland ergibt aber keinen rechten Sinn, wenn man’s genau nimmt. Ich schätze, dass der Begriff der Peitsche in Ostdeutschland durchaus gebräuchlich war und nun den Weg ins allgemein Gebräuchliche gefunden hat, aber dann sollte man doch besser auf Sibirien abstellen und nicht auf Russland.

Ich möchte die Begrifflichkeit ganz sicher nicht verteidigen sondern einfach nur zum Verständnis beitragen, weswegen ich mich entschlossen habe, Ihnen zu schreiben.
 
Mit freundlichen Grüßen,
Carola Schulzke


Sehr geehrte Nachdenkseiten.
 
Zu Russenpeitsche.
 
Laut Googles statistischer Buchsuche gab es weder den Begriff Russenpeitsche noch Russen-Peitsche noch russische Kältepeitsche noch Kältepeitsche in einem der von Google Books gescannten Bücher aus den Jahren 1900 bis 2008.

 
Ein weiterer medialer Tiefpunkt.
 
Mit freundlichen Grüßen
Thilo Brai
 


Liebe Macher der Nachdenkseiten,

zu erst einmal herzlichen Dank für die unermüdliche Aufklärungsarbeit. Ich habe, nach dem ich den Begriff “Russenpeitsche” zum ersten Mal gelesen habe, auch ein wenig im Netz gesucht und bin dabei auf den Blog eines Wetterfroschs gestoßen, der sich dazu auch seine Gedanken gemacht hat:

Es ist wirklich erschreckend, was mit den Medien in diesem Lande möglich ist.

Viele Grüe aus dem kalten Kiel

Peter Wehrhahn


Es ist nicht nur Kriegspropaganda rassistischer Natur, wie es die AFD nicht besser könnte, es ist auch Blödsinn. Ja, die letzten paar Winter waren ziemlich lau, aber davor hatten wir mehrere ziemlich frostige, teils  mit Schnee sogar noch an Ostern, nur das  Etikett “Russenpeitsche” bekamen sie noch nicht. Davor wiederum hätte es laue Winter gegeben – und so wechselt das halt gelegentlich. Insgesamt betrachtet sind die Winter wärmer als in meiner Kindheit, als man noch jedes Jahr selbst im Rheinland mal schlittenfahren konnte, aber es wird immer wieder kalte darunter geben. Und das ganz ohne Putins Verschulden. Womöglich unterstellt man ihm demnächst militärische Wettermanipulation, wenn die Wahlmanipulation sich nicht beweisen lässt.

Es geht ja aus einigen Dokumenten hervor, dass daran geforscht wird, zumindest in den USA …

mfG H. Schier, Köln


Liebe Redaktion der Nachdenkseiten,

Der Begriff “Russenpeitsche” ist meinen Recherchen zufolge weder neu noch unter seriösen Meteorologen gebräuchlich. Ich beziehe mich dabei auf folgende Links aus dem Blog des “Medien-Meteorologen” Frank Abel:

Demnach tauchte die “Russenpeitsche” bereits seit spätestens 2004 in diversen Meteorolgie-Foren auf, wo sie wohl eher in ironischer Art und Weise verwendet wurde. Ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt wurde der Begriff erst, als er 2012 in einer Schlagzeile der Bildzeitung erschien:

Hintergrund ist der, dass die Bildzeitung in Sachen Wetter oft und gerne mit dem Online-Portal wetter.net zusammenarbeitet, dessen Redaktionsleiter ein gewisser Dominik Jung ist. letzterer ist ebenfalls Meteorologe, allerdings innerhalb der Gemeinde der Meteorologen nicht ganz unumstritten, vor allem aufgrund seiner als unseriös angesehenen Langfrist-Wetterprognosen (siehe hier).

Dominik Jung war es, der nach eigenen Aussagen sowohl den Begriff “Russenpeitsche” erfand (was aber wohl nicht stimmt, s.o.) als auch der Bildzeitung 2012 den Begriff in den Mund gelegt hat. Ich denke, hier haben sich zwei gesucht und gefunden. Jedenfalls scheint die “Russenpeitsche” damals bei weitem nicht das mediale Echo gehabt zu haben wie dieser Tage, als sie anlässlich der derzeitigen Wetterlage mal wieder aus der Mottenkiste hervorgeholt wurde. Das zeigen die vielen Ergebnisse neueren Datums aus den verschiedensten Medien, die man bekommt, wenn man den Begriff “Russenpeitsche” in die Suchmaschine eingibt. Der Umstand, dass dieser hirnrissige Begriff heute so häufig ungeprüft und bereitwillig übernommen wird, sagt viel über die Entwicklung unserer Medien in den letzten Jahren aus.

Liebe Grüße und weiter so,

Thomas Bittern


Die „Russenpeitsche“  als verbale Einpeitschung dessen, was uns  allen noch bevorstehen kann.

Zunächst ist anzumerken, dass dieses arktische Wetter  tatsächlich nicht  normal ist.

Es hat  damit zu tun, dass aufgrund des Klimawandels  die Temperaturunterschiede zwischen arktischer Luft  und atlantischen Luftmassen inzwischen weniger ausgeprägt sind, so dass  die arktischen Wirbel  diese polaren Luftmassen nicht mehr in Zaum  halten können. (Vgl. dazu: „Polarluft  bringt eisige Kälte nach Berlin,” tsp, 21. 02. 18)

Was jedoch vor allem nicht normal ist, ist die Instrumentalisierung  von extrem kalt  als negativ  in Verbindung mit  Assoziationen über  die russische Geschichte.

Gerade deswegen, weil dieser ganze Propagandadreck eine fürchterliche Wirkung  in der deutschen Geschichte ja schon einmal entfaltet hat ( Weimarer Republik, NS, Überfall Deutschlands auf Russland, Zweiter Weltkrieg), sollten wir Deutsche  aufgrund dieser Erfahrung  mit solchen Metaphern sehr vorsichtig umgehen.

Und last but no least, wir wäre  es, wenn die Mainstream Medien, eine Selbstverpflichtung eingehen würden, hetzerische, rassistische  und faschistoide  Metaphern  nicht mehr im Wetterbericht zu  verwenden.  Das  wäre doch endlich ein Auszeichnung für die „ westliche Wertegemeinschaft.“

Mit freundlichen Grüßen
Harald  Merkle


Hallo liebe NDS-Redaktion,

Es gibt hier zwei Möglichkeiten: “Russenpeitsche” als etablierter Fachbegriff der Meteorologie oder neu erzeugtes Propagandakampfwort.

Die “Welt” bringt online heute ein Interview mit einem jungen Meteorologen, Herrn Übel, vom DWD. Der erzählt freimütig, wie er unbedarft den Begriff “Russenpeitsche” aus auf der Webseite des DWD verwendet hat. Der wäre halt in den Medien “sehr beliebt” gewesen und man könne ihn jetzt eh nicht mehr loswerden, so argumentiert er. Damit wird im Grunde schon angedeutet, dass das Wort propagandistischen Ursprungs sein muss.

Wie der Begriff “Russenpeitsche” entstanden ist, wäre nämlich die Kernfrage, die ich gerne an meteorologisches Fachpersonal gestellt hätte. Man kennt manch scherzig anmutenden Fachbegriff ja zuhauf aus seinem eigenen Beruf. “Bleilaus”, “Zwiebelfisch” oder “Schusterjunge” z. B., das sind Begriffe aus dem Buchdruck. Die “Russenpeitsche” dürfte hingegen kaum ein Wort sein, den man als Meteorologe in der Berufsausbildung lernt. Herr Übel als Fachmann jedenfalls nennt im Interview als Quelle die Medien.

Wie alt ist der Begriff, wann ist er entstanden? Die Bleilaus steht in der Wikipedia, die Russenpeitsche (noch) nicht. Der negativ assoziierende Begriff muss also frisch erfunden worden sein. Von wem? Im Interview wird auf Internetforen aus etwa dem Jahre 2004 verwiesen. Kann das sein? Ich habe dieses Wort zum ersten Mal vor einer Woche gehört. Ich kannte das vorher nicht, obwohl ich mich immer intensiv für die Wetterküche interessiert habe.

Unfassbar auch, wie schnell die “Russenpeitsche” sich verbreitet hat. In welchen Kanal muss man so einen Begriff initial einkippen, um so eine effektive Streuung sicherzustellen? Wo befindet sich die Einstichstelle der Kanüle? Liegt das an der Medienkonzentration? Erschreckend. Und warum und wie werden Meteorologen offensichtlich so einfach zu unfreiwilligen Botschaftern eines negativen Russlandbildes?

Schlussfolgerung: Wenn die Meteorologie diesen Begriff nicht erfunden hat, dann wurde er von Propagandisten erfunden.

Zum Wochenende nahen übrigens jetzt die atlantischen NATO-Tiefdruckgebiete, die tapfer gegen die Russenpeitsche “ankämpfen” und uns endlich von der Kälte erlösen sollen. Schade, mit den Westwinden hätten wir ja dann auch wieder potenziell Tihange und Doel im Lande.

Viele Grüße und weiterhin viel Kraft für Ihre unermüdliche, wertvolle Arbeit.
Matthias Heinz


Hallo Nachdenkseiten – Team,

meine Meinung zum Thema “Russenpeitsche”:

Ich habe lieber 10 Grad minus und Sonnenschein als 10 Grad plus und Regen.

Was für die Flora und Fauna wichtiger oder sinnvoller ist, können andere beurteilen.

Auch ist der Kommentar aus den Hinweisen des Tages vom 28.02.18 aus meiner Sicht gelungen.

Denn, wenn Kälte aus Russland schon “Peitsche” bedeuten, was ist für die Wetterfrösche dann Sturm oder Orkan aus dem Westen?

Ich auf jeden Fall fühle mich wohler, wenn die Sonne scheint in der grauen Jahreszeit, zumal dadurch wenigstens etwas Vitamin D produziert werden kann im Körper.

Lediglich der Wind macht es ein wenig schwerer, die Sonne zu genießen, aber auch das kann man den”Russen” vielleicht noch austreiben. Geeignete Journalisten und Wetterfrösche werden sicherlich schnellgefunden.

Insgesamt denke ich zum Thema Russland, dass die Menschheit froh sein kann, dass mit Herrn Putinein Mensch in Russland regiert, der, aus meiner Sicht, sehr besonnen auf alle Provokationen aus dem”guten” Westen reagiert. Ich denke ein anderer an seiner Stelle hätte schon längst agiert und dadurchggf. das Ende der Menschheit eingeläutet.

Auch hier kann man wieder darüber nachdenken, was für die Erde besser wäre.

Ich wünsch Euch für Euer Schaffen weiter viel Kraft und Mut, bleibt gesund und LG
Jürgen Möller
(falconheart)


Liebes NDS-Team,

zum Thema “Russenpeitsche” (warum nicht gleich “Putinfolter”?) fand ich das hier gestern (28.2.18).

Herzliche Grüße
Michael C. Doll


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