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Titel: Hinweise des Tages

Datum: 31. Oktober 2018 um 8:22 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Chancen ergreifen statt abwehren – Die Linke stärken!
  2. Sozialdemokrat*innen wollen Rücktritt der gesamten SPD-Führungsspitze und Sonderparteitag
  3. Friedrich Merz
  4. Brasilien
  5. Die Kanzlerin, die nichts wollte
  6. Humanity has wiped out 60% of animal populations since 1970, report finds
  7. Absturz statt Aufbruch
  8. Es gibt keine richtige Politik in der falschen Wirtschaftsideologie
  9. Der Immobilienmarkt ist anfällig für Geldwäsche
  10. Gute Gesundheitsversorgung statt Kostendisziplin
  11. 3 von 4 Beschäftigten können kaum von ihrer Arbeit leben
  12. Scheitert Stuttgart 21 am Brandschutz?
  13. Zwei Drittel der Männer sind übergewichtig
  14. Umdenken? Fehlanzeige
  15. Erneute Konfrontation
  16. Schwere Verwerfungen an Berliner FH „Die Hochschule wird aus politischen Gründen ruiniert“
  17. Massenwanderungen haben sowohl in den Herkunftsländern als auch den Zielländern der Migranten negative Effekte

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Chancen ergreifen statt abwehren – Die Linke stärken!
    Eine populäre linke Alternative zur herrschenden Politik ist nötiger denn je. Die neoliberale Politik treibt die Entfesselung der Märkte, Privatisierung und Umverteilung zugunsten der Reichen weiter voran. Die Demokratie wird ausgehöhlt, Konfrontation und Aufrüstung betrieben, hierzulande, in der EU und weltweit. Die nationalistische Rechte erstarkt, indem sie Ängste vor sozialem Abstieg und vor Zuwanderung anspricht und sich als Protestpartei darstellt. Dabei steht sie selbst gegen soziale Politik, treibt sie die Menschen gegeneinander und lenkt ab von wirklichen Alternativen. Die neoliberal deformierte Sozialdemokratie erlebt einen rapiden Niedergang.
    Doch es gibt auch positive Entwicklungen: Beschäftigte kämpfen mit großer Unterstützung aus der Bevölkerung für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen. Hunderttausende Menschen gehen #unteilbar gegen Rassismus und gegen Rechts auf die Straße, wehren sich gegen steigende Mieten, kämpfen gegen die drohende Klimakatastrophe, oder unterstützen die neue linke Sammlungsbewegung Aufstehen. Unsere Partei DIE LINKE ist an vielen Bewegungen aktiv beteiligt und gewinnt neue Mitglieder. Sie schafft es aber bisher nicht, die Verluste der SPD auszugleichen und das Erstarken der AfD zu verhindern. Unterschiedliche Ansichten und Einschätzungen und eine Debatte darüber sind normal in einer demokratischen Partei. Sie müssen aber sachlich und fair miteinander ausgetragen werden. Entscheidend ist, dass wir uns auf das konzentrieren, was uns verbindet. Nur so werden wir unserer erhöhten Verantwortung gerecht.
    Quelle: Starke Linke

    Kommentar unserer Leserin T.G.: Egal, wo man in der Partei DIE LINKE steht, man sollte zur Kenntnis nehmen, dass mit dem Image der Partei und dem Kurs, den Riexinger und Kipping eingeschlagen haben, es leider nicht gelingt, erheblich stärker zu werden. Und es gelingt kaum insbesondere ehemalige SPD-Wähler, Enttäuschte oder Arbeiter hinzuzugewinnen. Aufstehen könnte eine Chance sein, die Partei zu stärken und zu verbreitern. Sozusagen ein ergänzendes Angebot für all jene, die (noch) nicht in Parteien eintreten wollen. Eine sachliche Auseinandersetzung über die Chancen der Sammlungsbewegung ist angesichts der schlechten Lage für die politische Linke gewiss nicht zu viel verlangt. Es wäre wünschenswert, wenn sich diese Einsicht bei denjenigen in der Linkspartei, die Wagenknecht lieber gestern als heute absägen würden, durchsetzen würde.

  2. Sozialdemokrat*innen wollen Rücktritt der gesamten SPD-Führungsspitze und Sonderparteitag
    Jetzt oder nie. Es ist nach 12 Uhr. Die Talfahrt der SPD wird zum freien Fall. Schluss mit Beschwichtigungen, mit „Ruhe bewahren“ und dem angeblich x-ten Neustart in der Großen Koalition. Es geht längst nicht mehr um Machtoptionen und Posten, sondern ums nackte Überleben der Sozialdemokratie. Wir brauchen einen radikalen Neuanfang. […]
    Wir schlagen vor:

    • Die schnellstmögliche Einberufung eines SPD-Sonderparteitags, auf dem über das Ende der GroKo und über die Neuausrichtung – inhaltlich, personell, strukturell – debattiert wird.
    • Den Rücktritt der SPD-Führungsspitze.
    • Die Urwahl der/des SPD-Parteivorsitzenden. Die Kandidat*innen sollen zuvor eine eigene inhaltliche Programmatik und eine Vision für die Zukunft der Partei entwickeln und diese bei Veranstaltungen in allen Regionen Deutschlands vorstellen. Nach dem Vorbild von Labour UK sollten extra Mitgliedschaften eingeführt werden, welche zur Teilnahme an der Urwahl führen.
    • Danach sollte die Person mit den meisten Stimmen auf einem erneuten Parteitag als Vorsitzende*r bestätigt werden und der gesamte Vorstand neu gewählt werden.

    Quelle: Marco Bülow, MdB (SPD)

    dazu: „Es geht ums nackte Überleben der SPD“
    Die SPD-Basis kritisiert ihre Spitze. Personelle Konsequenzen sind nach dem schlechten Abschneiden bei den Wahlen in Bayern und Hessen ein Thema. Besonders Andrea Nahles steht hier unter Druck.
    Zehn Sozialdemokraten wollen einen radikalen Neuanfang und fordern in einem Aufruf den Rücktritt der gesamten SPD-Parteiführung; sieben von ihnen gehören zur linken „Aufstehen“-Bewegung. Das ist kein Zufall.
    Auch in der SPD gärt angesichts der enormen Stimmverluste bei den vergangenen Wahlen der Wunsch nach einem Umbau der Parteiführung. Am Montag forderten zehn Sozialdemokraten den Rücktritt der gesamten Führungsspitze. Nicht nur das Ausmaß der Rücktrittsforderung ist beachtlich.
    Der Aufruf hat eine weitere Auffälligkeit: Mindestens sieben der zehn Unterzeichner sind Mitglieder oder Anhänger von Sahra Wagenknechts Sammlungsbewegung „Aufstehen“, der Kritiker vorwerfen, den linken Parteien eher zu schaden, als zu nutzen. Ein Detail, das in dem Aufruf nicht deutlich wird.
    Veröffentlicht wurde dieser auf der Website des Bundestagsabgeordneten Marco Bülow, einem der sendungsbewusstesten „Aufstehen“-Mitglieder. In dem Text heißt es in dramatischem Ton: „Es geht längst nicht mehr um Machtoptionen und Posten, sondern ums nackte Überleben der Sozialdemokratie. Wir brauchen einen radikalen Neuanfang.“
    Deshalb müsse die SPD-Führungsspitze zurücktreten. Dann hätten die Sozialdemokraten immer noch die Chance, die Menschen zu überzeugen und Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.
    Unterzeichnet hat den Text neben Bülow auch der ehemalige Bundestagsabgeordnete und Botschafter Rudolf Dreßler. Auch er ist Mitglied der Sammlungsbewegung und sieht darin die einzige Chance der SPD auf eine Machtperspektive.
    Auch Simone Lange, Oberbürgermeisterin von Flensburg, hat die Rücktrittsforderung unterzeichnet. Sie war bei der Vorstellung der Sammlungsbewegung in der Bundespressekonferenz dabei und gilt als eines der prominenteren Mitglieder. Im April trat sie bei der Wahl zur Bundesvorsitzenden der SPD an – gegen Andrea Nahles, die am Ende gewann.
    Quelle: WELT

  3. Friedrich Merz
    1. “Habe nicht die Absicht, in die Politik zurückzukehren”
      Der frühere Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion will jetzt Vorsitzender der CDU werden. Drängt jetzt BlackRock in die Schaltstellen der Politik?
      Also, das haben wir ja noch nie erlebt. Da sagt ein ehemaliger Politiker, dass er der Politik ein für alle Adé sagt. Um dann mit Volldampf ins Zentrum politischer Macht vorzustoßen. Noch-Kanzlerin Angela Merkel hatte im Jahre 2009 dem damaligen Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz klar gemacht, dass für sie beide im politischen Raumschiff Berlin kein Platz sei. “Angie” sorgte dafür, dass der Zweimetermann Merz in die politische Versenkung verklappt wurde.
      Und nun ist der Jurist aus Brilon wieder da. Hat sich selber als Kandidaten für den CDU-Vorsitz ins Gespräch gebracht. Die Politik-Abstinenz hat ihm gut getan. Ein sichtlich erholter Merz präsentiert sich den Fotoblitzen der Presse. In den letzten neun Jahren ist er nur stärker geworden; gesundheitlich, vernetzungstechnisch und, nicht zu vergessen: finanziell.
      Wie schafft man das? Zunächst einmal: Merz ist nicht aus der Politik ausgestiegen. Er ist lediglich von der einen Politik-Ebene in die andere gewechselt. Umgestiegen aus der Ebene der öffentlich einsehbaren parlamentarischen Demokratie in die nicht-öffentliche Parallelstruktur der diskreten Pressure Groups und Stiftungen, die in der Postdemokratie (ein Begriff des englischen Soziologen Colin Crouch) die politischen Paradigmen bestimmen. Die als Lobbyorganisationen dafür sorgen, dass nicht nur politische Detailfragen in ihrem Sinne bestimmt werden, sondern auch die langfristige Perspektive stimmt.
      Die ehrenwerte Atlantikbrücke mit ihren 500 Führungskräften aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Medien sorgt in diesem Sinne seit den 1950er Jahren dafür, dass die Bundesrepublik Deutschland stets eine Politik macht, die in enger Synchronisation mit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika vollzogen wird.
      (…) Wie sieht also, abschließend gefragt, sein Standing verglichen mit Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn aus? Ob Merz sich dazu eignet, der CDU/CSU die Wähler zurückzuholen, die zur AfD abgewandert sind, ist fraglich. 2009 galt er als Rechtsaußen in der deutschen Politik-Landschaft. Mit seiner Forderung nach Durchsetzung der deutschen Leitkultur innerhalb einer Multikulti-Gesellschaft wirkt er heute im allgemeinen Rechtsruck geradezu gemäßigt konservativ. Als USA-Vorbeter und als geradezu idealtypischer Vertreter des “raffenden Standes” dürfte Merz bei AfD-Leuten nicht gut ankommen. Da müsste er mindestens so viel Kreide fressen wie Alice Weidel.
      Nichtsdestoweniger hat die Christenunion nicht viele derart eloquente und bisweilen auch charmante Politiker aufzuweisen wie Friedrich Merz. Vielleicht will er ja auch nur CDU-Vorsitzender werden, und nicht auch noch Kanzler. Vielleicht will er ja mit seiner Erfahrung im politischen Business nur die hölzerne Kanzlerschaft seines Atlantik-Brücken-Freundes Jens Spahn tatkräftig begleiten und unterstützen. Das wäre das ideale transatlantische und marktradikale Gespann. “Schau’n wir mal!”
      Quelle: Telepolis

      Anmerkung WM: Zur Person Friedrich Merz siehe auch den Kommentar von Jens Berger vom 29. Oktober auf den Nachdenkseiten.

    2. Im Auftrag des Geldes
      Friedrich Merz will CDU-Parteichef werden, nachdem er jahrelang Cheflobbyist von Blackrock war. Experten werfen der weltgrößten Fondsgesellschaft zu großen Einfluss vor.
      (…) Merz kandiert im Dezember für den Parteivorsitz der CDU, das hat er am Dienstag offiziell bestätigt…Seit Anfang 2016 ist Merz auch Aufsichtsratsvorsitzender der deutschen Tochtergesellschaft von Blackrock, dem größten Vermögensverwalter der Welt.
      Blackrock ist ein Unternehmen, das das Geld seiner Kundinnen und Kunden weltweit in Fonds sammelt und vor allem in Aktien investiert – mit dem Ziel, es möglichst zu vermehren. Jüngsten Angaben zufolge verfügt das Unternehmen derzeit über ein Anlagevolumen von 6,3 Billionen Dollar. Eine schier unfassbare Summe, fast doppelt so hoch wie die deutsche Wirtschaftsleistung in einem Jahr (3,7 Billionen Dollar).
      (…) Kritik von Wettbewerbshütern
      Bei Merz aber könnten andere Umstände seine Aussichten auf den CDU-Vorsitz belasten. Wirtschaftsexperten werfen dem US-Unternehmen Blackrock vor, einen zu großen Einfluss auf die deutsche Wirtschaft auszuüben. Die Fondsgesellschaft hält schon länger beträchtliche Aktienpakte aller 30 deutschen Unternehmen, die im Dax repräsentiert sind. Bei Post, Allianz und Bayer beispielsweise war Blackrock zuletzt mit mehr als sieben Prozent beteiligt, am Dax insgesamt mit 4,5 Prozent. Immer wieder wird berichtet, dass sich die Konzernführung aus New York auch aktiv in die Entscheidungen der deutschen Manager und Managerinnen einmische.
      Ein umstrittenes Unternehmen also. Und in diesem spielte Merz eine wichtige Rolle. Als er vor rund drei Jahren den Posten antrat, teilte das Unternehmen mit, dass seine Aufgabe über die reine Aufsichtsfunktion hinausginge. Er solle eine “weiter gefasste Beraterrolle einnehmen, in der er die Beziehungen mit wesentlichen Kunden, Regulierern und Regulierungsbehörden in Deutschland für Blackrock fördern wird”, schrieb sein Arbeitgeber damals. Merz war also der zentrale Lobbyist für Blackrock in Deutschland und hat – wenn er seinen Job gut gemacht hat – darauf hingewirkt, dass der Staat dem Unternehmen möglichst wenige Hindernisse in den Weg legt.
      Zu weiterem Erklärungsbedarf könnte auch ein Posten in einem anderen Finanzunternehmen führen, für das Merz seit Anfang 2010 als Mitglied im Aufsichtsrat sitzt. Die Düsseldorfer Privatbank HSBC Trinkaus ist laut dem Abschlussbericht des Bundestagsuntersuchungsausschusses in Steuergeschäfte verwickelt gewesen, die der Öffentlichkeit erst seit einiger Zeit unter dem Namen Cum-Ex bekannt sind. Dabei geht es um Steuerrückerstattungen aus Aktiengeschäften, die Investoren nicht zustehen….
      Auch die Anwaltskanzlei Mayer Brown, für die Merz weiterhin tätig ist, verdient auf ihre Art mit Cum-Ex Geld. Auf ihrer Website wirbt die Sozietät: “Markteilnehmer könnten als Resultat aus Cum-Ex-Geschäften wachsenden Rechtsrisiken gegenüberstehen.” Die deutschen Steuerbehörden hätten ihre Ermittlungen intensiviert, um mögliche Steuerdelikte aufzuklären. Die Kanzlei wolle ihren Kunden dabei behilflich sein, diesem “Risiko entgegenzuwirken”.
      Quelle: Zeit online
    3. Steuererklärungen, die auf keinen Bierdeckel passen
      Merz’ “brillante” Vereinfachung, wie es in gegenwärtigen deutschen Leitmedien bewundernd heißt, der Bierdeckel, auf den eine ganze Steuererklärung passen müsse, ist gewiss eine demagogische Höchstleistung:
      denn Merz’ arbeitet als Anwalt und Berater für Konzerne, nicht zuletzt für den größten Aktieneigentümer der gegenwärtigen Welt, BlackRock, deren Steuererklärungen mehrere tausend Seiten lang sind, und in denen möglicherweise zudem das wichtigste fehlt: Beispiel: allein der 5,02 Prozent BlackRock-Aktien Anteil am Braunkohle-Verbrenner RWE AG sind auf 154 Briefkastenfirmen verteilt, die auf den Namen BlackRock lauten, und domiziliert sind in einem knappen Dutzend Finanzoasen zwischen Delaware, Luxemburg, den Niederlanden und den Cayman Islands.
      Quelle: Werner Rügemer

      Anmerkung Jens Berger: Zur Erinnerung für alle Vergesslichen hier noch einmal ein Artikel aus dem Jahre 2008 …

      Friedrich Merz hält 132 Euro Hartz IV für genug
      Erst wollte er die Steuererklärung auf einem Bierdeckel einführen, jetzt verteidigt CDU-Politiker Friedrich Merz die umstrittene Hartz-IV-Studie, die einen Regelsatz von 132 Euro für ausreichend hält. Auf der Klausurtagung der FDP rief Merz zu einer Offensive für die Marktwirtschaft auf. Dabei sollten Sozialleistungen weiter beschränkt werden. […]
      Schon heute reiche das Wachstum der Volkswirtschaft nicht mehr aus, um alle Versprechen zu erfüllen. Gerade in der Arbeitnehmerschaft könne man durchaus Zustimmung erwarten, wenn man sage, dass nicht nur eine Ausweitung, sondern auch Begrenzung des Sozialstaates sinnvoll sei.
      Quelle: WELT

  4. Brasilien
    1. Erschießen und wegsperren
      Brasiliens künftiger Staatschef sieht das Land im Krieg und setzt auf Gewalt
      Nach dem Wahlsieg des Faschisten Jair Bolsonaro am vergangenen Sonntag steht Brasilien ein reaktionärer Umbau des Staates bevor. In seinem ersten Fernsehinterview nach der Wahl bekräftigte der künftige Staatschef dem Sender Record TV gegenüber seine harte Linie. So werde man alle Aktionen der Bewegung der Landlosen (MST) und der Obdachlosen (MTST) künftig als »Terrorismus« verfolgen, kündigte der Exmilitär an. »Soll das Gefängnis die Alternative dazu sein, auf der Straße oder am Rande der Verkehrswege zu leben?« fragte deshalb am Dienstag Nacho Lemus vom lateinamerikanischen Fernsehsender Telesur. In Brasilien fehlen sechs Millionen Wohnungen, ein Prozent der Landbesitzer verfügt über 45 Prozent des gesamten Grund und Bodens.
      Am Montag (Ortszeit) besetzten rund 100 Indígenas in Curitiba den Sitz der Gesundheitsbehörde Funasa, um gegen die Drohungen der künftigen Machthaber und Angriffe der Großgrundbesitzer zu protestieren. In zahlreichen Städten waren zudem am Dienstag (Ortszeit) Kundgebungen und Demonstrationen zur Verteidigung der Verfassung und gegen den reaktionären Umbau angekündigt.
      Bolsonaro sieht Brasilien als »im Krieg« befindlich an, wie er ­Record TVsagte. Der designierte Staatschef will deshalb den Erwerb von Feuerwaffen erleichtern und forderte die Polizei auf, öfter zu schießen. Je mehr Tote es durch den Einsatz der Beamten gebe, desto mehr werde die Gewalt zurückgehen, behauptete er. Auch ein Lastwagenfahrer, der einen Dieb erschieße, der ihm den Ersatzreifen stehlen wolle, habe in »rechtmäßiger Notwehr« gehandelt.
      Bolsonaros wichtigste Unterstützer melden derweil bereits ihre Ansprüche an. So verlangte der mächtige Zusammenschluss evangelikaler Parlamentsabgeordneter eine »Modernisierung des Staates«. Darunter verstehen die Religiösen einem Bericht der Zeitschrift Fórum zufolge unter anderem die Abschaffung des Kultur-, des Wissenschafts- und des Umweltministeriums.
      Quelle: junge Welt
    2. Bolsonaro holt Star-Richter ins Kabinett
      (…) Der neu gewählte brasilianische Präsident Jair Bolsonaro will den prominentesten Korruptionsermittler des Landes zu seinem Justizminister machen. Er werde Richter Sergio Moro den Posten in seinem Kabinett anbieten, sagte der Rechtextremist im ersten Fernsehinterview seit seinem Wahlsieg.
      Moro hat als Untersuchungsrichter die Ermittlungen zu “Lava Jato” (Autowäscherei) – dem größten Korruptionsskandal Lateinamerikas – maßgeblich vorangetrieben. Im vergangenen Jahr verurteilte er Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva in erster Instanz wegen Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe.
      Quelle: Tageschau

      Anmerkung WM: Die Nachdenkseiten haben bereits mehrmals über die zwielichtige Rolle der Justiz in Brasilien sowie auch über den korrupten Richter Moro berichtet. Siehe hierzu insbesondere den Beitrag von Frederico Füllgraf.

      Anmerkung Jens Berger: Moro kritiklos als „Star-Richter“ zu präsentieren wirft die Frage auf, ob die zuständigen Redakteure bei SPIEGEL Online schlicht uninformiert oder bösartige Sympathisanten der Rechten sind. Hoffen wir mal, das Ersteres der Fall ist. Moro ist der Geburtshelfer Bolsonaros und die zentrale Figur der brasilianischen Rechtsextremen, wie Frederico Füllgraf gleich mehrfach bei uns klarstellte (u.a. hier)

  5. Die Kanzlerin, die nichts wollte
    Merkel lässt ein erodierendes Europa und ein sozial gespaltenes Deutschland zurück. Jetzt müssen die vernachlässigten Konflikte auf den Tisch.
    Man kann Angela Merkels Kanzlerschaft nicht als gescheitert betrachten. Denn zum Scheitern gehören Ziele. Und die hatte Angela Merkel eigentlich nie. Stets ging es nur darum, den Laden irgendwie am Laufen zu halten. Nicht einmal im Moment ihres Rücktritts ließ die CDU-Politikerin so etwas wie Ansporn erkennen, als ein Journalist sie fragte, was sie denn noch bis zum Ende ihrer Kanzlerschaft erreichen wolle. Mehr als ein gelangweiltes Lippenbekenntnis zum ohnehin ambitionslosen Koalitionsvertrag gab Merkel nicht. Damit ist klar, dass auch in der Endphase ihrer Regierungszeit nichts Revolutionäres mehr zu erwarten ist.
    Das ist typisch für Angela Merkel. Stets fuhr die angezählte Bundeskanzlerin auf Sicht. Und die klaren Entscheidungen, die sie traf, waren häufig falsch. Beispiel Eurokrise: Während Merkel nach Ausbruch der Finanzkrise ab 2008 die deutschen Autobauer mit der Abwrackprämie über Wasser hielt, zwang sie dem Rest Europas während der nachfolgenden Eurokrise einen Sparkurs auf. Vor allem Griechenland wurde in den Ruin getrieben, das Land ist wegen der von Berlin vorangetriebenen Austeritätspolitik auf Generatio­nen zurückgeworfen. Merkel interessierte das nicht. Einen Schuldenschnitt lehnte sie stets ab und ließ den EU-Partner mit Verweis auf die gemeinsamen „Regeln“ in die Rezession abgleiten.
    (…) Die Realität sieht anders aus. Merkel lässt ein erodierendes Europa und ein sozial gespaltenes Deutschland zurück. Eigentlich muss man für ihren Rücktritt dankbar sein. Mit dem Abgang der Konsenskanzlerin könnten nun endlich all die gesellschaftlichen Konflikte diskutiert werden, die unter der Großen Gesellschaftlichen Koalition unter den Tisch gekehrt wurden.
    Man könnte darüber reden, wie eine Eurozone so gestaltet werden kann, dass nicht hauptsächlich Deutschland von ihr profitiert. Wie wir einen Sozialstaat wiederherstellen können, der diesen Namen verdient. Und wie man Reiche in Deutschland und Unternehmen in Europa dazu zwingen kann, sich angemessen an der Finanzierung des Gemeinwohls zu beteiligen. Die Zeit des faulen Konsenses ist vorbei.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Jedes Wort ein Treffer. Endlich mal eine wahrhaftige und realistische Betrachtung des Desasters, das Merkel angerichtet hat und zurücklässt, zwischen all den unerträglichen Elogen (leider “natürlich” auch in der taz) auf die große Klimakanzlerin/die Retterin Europas/die humane Flüchtlingskanzlerin. Dummerweise wird Merkel gleich im taz-Artikel nebenan wieder mehrfach gewürdigt, sie hätte die CDU “sozialdemokratisiert” – sicher: mit Lohnsenkungen und Sozialabbau, mit Unternehmensteuersenkungen und Milliardensubventionen für Dieselbetrüger, mit Austeritätsterror in der EU und maximaler Flüchtlingsabwehr. Warum wollen so wenige Leute die Realität sehen?

  6. Humanity has wiped out 60% of animal populations since 1970, report finds
    The huge loss is a tragedy in itself but also threatens the survival of civilisation, say the world’s leading scientists
    Humanity has wiped out 60% of mammals, birds, fish and reptiles since 1970, leading the world’s foremost experts to warn that the annihilation of wildlife is now an emergency that threatens civilisation.
    The new estimate of the massacre of wildlife is made in a major report produced by WWF and involving 59 scientists from across the globe. It finds that the vast and growing consumption of food and resources by the global population is destroying the web of life, billions of years in the making, upon which human society ultimately depends for clean air, water and everything else.
    “We are sleepwalking towards the edge of a cliff” said Mike Barrett, executive director of science and conservation at WWF. “If there was a 60% decline in the human population, that would be equivalent to emptying North America, South America, Africa, Europe, China and Oceania. That is the scale of what we have done.”
    Quelle: The Guardian

    Anmerkung WM: Dies ist keine Folge einer Naturkatastrophe, sondern das Resultat des entfesselten Kapitalismus. Ein weiterer Beleg dafür, dass es so nicht weitergehen kann.

  7. Absturz statt Aufbruch
    Frankreich und Polen haben die Entscheidung von Kanzlerin Merkel zum schrittweisen Rückzug aus der Politik gewürdigt. “Sie hat niemals vergessen, was Europas Werte sind”, sagte Präsident Macron. Meint er das ernst?
    Wer die Kanzlerin von Anfang an beobachtet hat – und nicht erst seit ein paar Jahren, wie der Newcomer Macron – muss zu einem anderen Urteil kommen. Die meiste Zeit waren Merkel “Europas Werte” ziemlich egal.
    Erst ließ sie Griechenland hängen, als das Land in Schieflage geriet. Dann zwang sie Spanien unter den Euro-Rettungsschirm – und setzte unnötig harte Austeritätsprogramme durch, die großes Leid angerichtet haben.
    Gleichzeitig schaute Merkel beharrlich weg, als immer mehr Flüchtlinge übers Mittelmeer nach Spanien, Italien und Griechenland kamen. Ex-Kommissionschef Barroso weinte, Merkel lächelte kühl.
    Erst als die Krise 2015 nach Deutschland herüber schwappte, beschwor die Kanzlerin plötzlich eine “europäische Lösung” – die sie in ihrem schmutzigen Deal mit Sultan Erdogan dann gleich wieder verriet.
    Auch der “Aufbruch für Europa”, den die scheidende CDU-Chefin erst Macron, dann Ex-SPD-Chef Schulz und später (per Koalitionsvertrag) ganz Deutschland versprochen hat, war Merkel kein Herzensanliegen.
    Im Zentrum standen deutsche Wirtschaftsinteressen
    Sie ließ sich weder von Werten noch von Wahlversprechen leiten, sondern von deutschen Wirtschaftsinteressen – allen voran jenen der Autoindustrie, wie sich im Dieselgate zeigte und immer noch zeigt…
    Quelle: Lost in Europe
  8. Es gibt keine richtige Politik in der falschen Wirtschaftsideologie
    Schon wieder stürzen die Altparteien ab, aber kein Politiker stürzt mit. Die grüne Scheinblüte zeigt, dass die wirtschaftliche Scheinblüte Deutschlands entlarvt werden muss, um wirklich etwas zu ändern.
    (…) Weiter geht es auch mit immer dem gleichen „Spitzenpersonal“. Zwei Mal hintereinander bei Landtagswahlen mehr als zehn Prozent zu verlieren, ist in der modernen Demokratie, wo die Politiker nichts anderes gelernt haben als Politik, für niemanden ein Grund, politische Verantwortung zu übernehmen und unmittelbar zurückzutreten. Angela Merkel will wenigstens einen weniger wichtigen Posten abgeben, aber die SPD wird wahrscheinlich noch unter die 5-Prozenthürde fallen, ohne dass sich irgendjemand dafür verantwortlich fühlt….
    Sozialdemokratie und Christdemokratie am Ende
    Wer gestern Abend das Statement von Andrea Nahles zur Hessenwahl gehört und gesehen hat, weiß, dass die Partei erledigt ist. Die Parteivorsitzende tritt nach zwei solch gravierenden Schlappen wie der Bayern- und der Hessenwahl mit leeren Floskeln und prozeduralen Ankündigungen vor das Volk. Sie kann offensichtlich keinen inhaltlichen Satz sagen, weil sie genau weiß, dass der die Sache nur verschlimmert. Die Sozialdemokratie hat sich selbst jeden relevanten Inhaltes beraubt und wird untergehen, weil sie nicht einmal mehr als Mehrheitsbeschaffer für die Konservativen gebraucht wird. Diese Rolle haben die Grünen fast geräuschlos übernommen.
    Doch auch die Christdemokraten verlieren massiv, weil sie ihre einzige Legitimation gegenüber der Masse der Bevölkerung, nämlich für allgemeinen Wohlstand zu sorgen, mehr und mehr einbüßen. Deutschland geht es ja scheinbar gut, aber viele merken, dass es ihnen kaum hilft, wenn es Deutschland gut geht. In den modernen Zeiten des Neoliberalismus gilt nämlich bei konservativer Herrschaft nicht mehr, was zu den Zeiten eines Ludwig Erhard noch gegolten hat: Wenn es den Reichen gut geht, geht es den anderen zumindest so gut, dass sie zufrieden sind und die Klappe halten. Jetzt geht es den Reichen sogar supergut, aber viele der anderen müssen sich durchschlagen und bemerken, wie unglaublich ungerecht diese Gesellschaft geworden ist.
    Wirtschaftsblinde politische Elite
    (…) Wo es scheinbar keine Alternative gibt, wählen die Bürger plötzlich Alternativen – selbst wenn sie sich nur so nennen wie die Grünen oder die AfD. So ist Trump an die Macht gekommen und so wurde gestern in Brasilien eine Karikatur von einem Politiker zum Präsidenten gewählt, nur weil er verspricht, alles anders zu machen.
    Eine politische Elite, die auf beiden Augen wirtschaftsblind durch die Gegend taumelt, ist weder in Hessen noch in Brasilien mit einer stabilen Demokratie vereinbar….
    Quelle: Heiner Flassbeck auf Makroskop
  9. Der Immobilienmarkt ist anfällig für Geldwäsche
    Der deutsche Immobilienmarkt ist lukrativ – auch für Kriminelle. Der Bundesregierung zufolge kennzeichnet die Branche ein „herausgehobenes Risiko“ für Geldwäsche. Hohe Wertstabilität plus schwache staatliche Kontrolle plus hohe Intransparenz machen den Markt attraktiv. Es fehlt ein zentrales Immobilienregister, in dem die tatsächlichen Eigentümer aufgeführt sind. In die lokalen Grundbücher, die zwar digitalisiert, aber nicht miteinander verknüpft sind, kann jede x-beliebige Briefkastenfirma eingetragen werden. Finanzexperten und das Bundeskriminalamt schätzen, dass rund zehn Prozent der jährlich auf dem deutschen Immobilienmarkt umgesetzten 250 Milliarden Euro zu Geldwäschezwecken eingesetzt werden. Das sind 25 Milliarden Euro aus Drogen-, Waffen- oder Menschenhandel, die zur Preisspirale nach oben beitragen. Geldwäscher nehmen Verluste von bis zu 60 Prozent in Kauf – neben schlechten Bankkonditionen auch überhöhte Preise für Immobilien.
    Die wenigsten Makler melden Verdachtsfälle
    Zwar sind nach dem deutschen Geldwäschegesetz neben Banken, Steuerberatern, Rechtsanwälten und Notaren auch Immobilienmakler dazu verpflichtet, Verdachtsfälle zu melden. Doch die wenigsten tun das. Nur drei Prozent aller angezeigten Verdachtsfälle stammen von ihnen…
    Quelle: Tagespiegel
  10. Gute Gesundheitsversorgung statt Kostendisziplin
    EU-Kommissar Andriukaitis kritisiert heute die Überversorgung in deutschen Krankenhäusern. Seine Mahnung zu mehr Kostendisziplin im Gesundheitswesen geht allerdings am Kern des Problems vorbei, denn das Fallpauschalensystem setzt falsche Anreize. Leistungsausweitungen führen zu höheren Gewinnen. Einsparungen im Gesundheitswesen, wie sie der EU-Kommission vorschweben, treffen gerade Geringverdiener in Form von Leistungskürzungen und höheren Eigenbeteiligungen. Wir brauchen keine neoliberale Spardoktrin, sondern eine Gesundheitsversorgung, die sich am tatsächlichen Bedarf der Menschen orientiert“, erklärt Achim Kessler, Sprecher für Gesundheitsökonomie und Obmann im Ausschuss für Gesundheit der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag anlässlich der aktuellen Forderung nach mehr Kostendisziplin der EU-Kommission. Kessler weiter:
    „Eine hohe Lebenserwartung ist nicht nur Ergebnis einer effizienten Gesundheitsversorgung, sondern hängt auch von der gerechten Verteilung der Güter und Lebenschancen sowie sozialer Teilhabe innerhalb einer Gesellschaft ab. Hier ist die Bundesregierung in der Pflicht, Lebensverhältnisse zu schaffen, die allen Menschen in Deutschland ein möglichst sorgenfreies- und planbares Leben ermöglichen: Faire Arbeitsbedingungen und Löhne, bezahlbarer Wohnraum, sichere Renten.
    Eine sozial gerechte und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung wird es nur mit der Abschaffung des Fallpauschalensystems und mit Einführung einer Solidarischen Gesundheits- und Pflegeversicherung geben, in die alle Menschen in Deutschland nach ihren Möglichkeiten einzahlen und bestmögliche Versorgung erhalten.“
    Quelle: Die Linke
  11. 3 von 4 Beschäftigten können kaum von ihrer Arbeit leben
    Fast jeder zweite Beschäftigte in Österreich kommt mit dem Einkommen nur schwer über die Runden – bei 220.000 reicht das Geld gar nicht zum Leben. Schlecht bezahlte Jobs gibt es vor allem in der Reinigungsbranche, der Gastronomie und im Verkauf. Es sind vor allem Frauen und Migranten, die unterbezahlt sind.Der Österreichische Arbeitsklima-Index untersucht die Arbeitsbedingungen von Beschäftigten in Österreich. Dabei geht es auch darum, nach Lohnhöhen, Arbeitsbelastung und Zufriedenheit mit dem Job zu fragen. Laut Arbeitsklima-Index 2018 reicht bei 46 Prozent der Beschäftigten in Österreich das Einkommen kaum zum Leben. Bei 6 Prozent reicht es gar nicht aus – das sind 220.000 Menschen. Die Arbeiterkammer fordert deshalb höhere Mindestlöhne.
    Schlechte Bezahlung in Branchen mit vielen Frauen
    Betroffen sind vor allem Frauen. Die Branchen, in denen sie arbeiten, sind besonders schlecht entlohnt. 16 Prozent der Reinigungskräfte sagen, dass ihr Einkommen nicht zum Leben reicht. Bei fast 60 Prozent reicht es nur schwer. Das bedeutet, dass 3 von 4 Reinigungskräften nicht oder fast nicht von ihrem Lohn leben können.
    Ähnlich ist es im Gastgewerbe und ihm Verkauf: Bei den Kellnerinnen und Kellnern und bei Kassierern und Kassiererinnen kommen 3 von 4 Beschäftigten schlecht oder gar nicht mit ihrem Gehalt aus.
    Quelle: kontrast at
  12. Scheitert Stuttgart 21 am Brandschutz?
    Zu enge Fluchtwege, schlechter Rauchabzug: Ein von den Stuttgart-21-GegnerInnen vorgelegtes Gutachten zeigt grobe Mängel beim Bahnprojekt.
    Ein Brand im Tunnel zum geplanten Tiefbahnhof Stuttgart 21 oder in der Station selbst könnte verheerende Folgen haben. Die Fluchtkorridore sind zu eng, der Rauchabzug greift zu langsam, und es könnten mehr Passagiere auf den Bahnsteigen sein als für die Genehmigung der Anlagen angegeben.
    Das stellen zumindest die beiden Brandschutzexperten Hans Heydemann und Christoph Engelhard in einem Gutachten für das Aktionsbündnis Stuttgart 21 fest. „Es liegen so viele Verstöße gegen die Vorschriften des Eisenbahnbundesamts (EBA) vor, dass der Brandschutz nicht genehmigungsfähig ist“, sagt Heydemann und fordert von der Behörde, erteilte Genehmigungen zurückzunehmen…
    Quelle: taz
  13. Zwei Drittel der Männer sind übergewichtig
    Zu wenig Bewegung, zu viele Kalorien: In Deutschland sind zwei von drei Männern übergewichtig. Je älter sie werden, umso mehr nehmen sie zu. […]
    Die Angaben basieren auf dem sogenannten Body-Mass-Index (BMI), der das Körpergewicht ins Verhältnis zur Körpergröße setzt. Die Weltgesundheitsorganisation(WHO) stuft Erwachsene mit einem BMI über 25 als übergewichtig ein.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: Würde man die BMI-Grenze auf 20 herabsetzen, wären sogar fast alle Männer „übergewichtig“. Diese willkürlichen Grenzwerte sind einfach nicht geeignet für die Aussagen, für die sei herangezogen werden. Wenn man nur nach dem BMI geht, wäre wohl jeder Kraftsportler deutlich „übergewichtig“. Es ist auch vollkommen normal, dass ein gesetzterer Herr andere Körperformen hat als ein androgyner Jüngling. Die Natur denkt sich dabei schon was. Aber warum gilt Letzterer offenbar als Maßstab für die Frage der Übergewichtigkeit?

  14. Umdenken? Fehlanzeige
    Verantwortungsloses Geplänkel: Nach desaströsen Wahlergebnissen setzen frühere »Volksparteien« faktisch auf ein Weiter so
    Die Serie von Wahlschlappen der früheren »Volksparteien« hat sich am Sonntag fortgesetzt. Insgesamt 22,3 Prozentpunkte – und damit jeweils mehr als zehn Punkte – der hessischen Wählerstimmen verloren CDU und SPD, die im Bund die Regierung stellen, bei der hessischen Landtagswahl am vergangenen Sonntag. Trotz dieses desaströsen Ergebnisses setzten die Spitzen von CDU und SPD im Nachgang zu diesem neuerlichen Vertrauensverlust auf die üblichen Rituale, deren die Wählerinnen und Wähler zunehmend überdrüssig sind. So ließ sich der noch amtierende hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) am Sonntag dazu hinreißen, trotz der herben Schlappe seiner Partei zu betonen, dass die Christdemokraten vom Wähler einen Regierungsauftrag erhalten hätten. Die Bundesvorsitzende der SPD, Andrea Nahles, kündigte als vermeintliche Konsequenz aus dem historisch schlechten Abschneiden ihrer Partei an, gemeinsam mit ihrem Generalsekretär Lars Klingbeil einen »verbindlichen Fahrplan« für die Regierungskoalition in Berlin vorzulegen. Dies obwohl sämtliche politischen Vorhaben der Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD bereits detailliert im Koalitionsvertrag festgeschrieben sind, Nahles’ Ansage somit bestenfalls als neuerliche Wählertäuschung zu werten sein dürfte.
    Quelle: junge Welt
  15. Erneute Konfrontation
    UN-Vollversammlung stimmt über Aufhebung der Blockade Kubas ab. USA wollen Havanna weiter isolieren
    Die Vollversammlung der Vereinten Nationen stimmt am heutigen Mittwoch zum 27. Mal über eine Resolution ab, in der die Beendigung der US-Blockade gegen Kuba gefordert wird. Nach der von den damaligen Präsidenten Raúl Castro und Barack Obama eingeleiteten kurzen Tauwetterperiode war die von Kuba jährlich eingebrachte Resolution im Oktober 2016 zum ersten Mal ohne Gegenstimme angenommen worden, da sich die USA und Israel enthalten hatten. Im vergangenen Jahr votierten die beiden Länder wieder dagegen.
    Es gilt als sicher, dass auch jetzt fast alle der 193 Mitgliedsländer der Weltorganisation wie in den Vorjahren für die Resolution stimmen werden…
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung WM: jedes Jahr das gleiche Ritual: 191 Länder von 193 stimmen für die Aufhebung der Blockade Kubas. Die USA und Israel stimmen dagegen.

    Die USA machen immer was sie wollen, auch wenn der Rest der Welt dagegen ist. Sie haben einseitig das Pariser Klimaschutzabkommen gekündigt, und das Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt. Sie haben den ABM- Vertrag gekündigt und kürzlich auch den INF-Vertag, um nur einige der Alleingänge hier aufzuzählen. Es wird höchste Zeit, sich das nicht mehr bieten zu lassen.

  16. Schwere Verwerfungen an Berliner FH „Die Hochschule wird aus politischen Gründen ruiniert“
    26 Professoren werfen ihren Kollegen vor, die Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht auf konservativen und wirtschaftsliberalen Kurs bringen zu wollen.
    (…) Entwickelt sich die HWR zu einer „bloßen Management-Schule“, in der die Studierenden nur noch lernen, wie man wirtschaftliche Prozesse in Unternehmen optimiert? Die Kritiker, eine Minderheit, werfen der Mehrheit der Professoren und dem Dekanat vor, bei Berufungen und bei der Gestaltung des Curriculums „rigoros“ die eigene politische Linie durchzusetzen. Diese Linie charakterisieren sie mit Begriffen wie „rechts“, „konservativ“ und „wirtschaftsliberal“. Sei es früher gute Sitte gewesen, eine „Kompromisskultur“ zu pflegen, „akademische Argumente auszutauschen“ und auch der Minderheit die Durchsetzung von Interessen zu gewähren, regiere die Mehrheit im Fachbereichsrat seit ein paar Jahren „durch“, berichten eine Professorin und ein Professor dem Tagesspiegel. „Die Hochschule wird aus politischen Gründen ruiniert“, sagt der Professor. Beide wollen anonym bleiben. Sie fürchten nicht nur die Feindseligkeit der Kollegen, sondern auch Disziplinierungsmaßnahmen durch die Leitung. Entsprechende Drohungen gegen Einzelne habe es bereits gegeben. „Ich traue allen alles zu“, sagt die Professorin. Die Stimmung sei „furchtbar“. Allerdings weist HWR-Präsident Andreas Zaby die Aussage, Mitarbeitern seien Disziplinarmaßnahmen angedroht worden, als falsch zurück…
    Quelle: Tagesspiegel
  17. Massenwanderungen haben sowohl in den Herkunftsländern als auch den Zielländern der Migranten negative Effekte
    (…) Hannes Hofbauer: Marx und Engels hatten bezüglich der Arbeitsmigration keine konsistente, durchgehende Haltung. Klar war den beiden, dass – wie Marx schreibt – “die englische Bourgeoisie das irische Elend nicht nur ausnutzt, um durch die erzwungene Einwanderung der armen Iren die Lage der Arbeiterklasse in England zu verschlechtern, sondern sie hat überdies das Proletariat in zwei feindliche Lager gespalten.”
    Marx spricht hier sehr deutlich die Funktion der Migration als Lohndrückerei und Spaltung des Arbeitsmarktes an und untermauert diese nicht nur mit sozioökonomischen Argumenten, sondern auch mit kulturellen, wenn er schreibt: “Der gewöhnliche englische Arbeiter haßt den irischen als einen Konkurrenten, der die Löhne und den Lebensstandard herabdrückt. Er empfindet ihm gegenüber nationale und religiöse Antipathien.”
    So könnte man heute nicht mehr argumentieren, ohne des Kulturalismus verdächtigt zu werden, obwohl das Zitat recht aktuell klingt, wenn man den “irischen Konkurrenten” durch den “polnischen Konkurrenten” ersetzt. Der Ausgang des Referendums über den Brexit im Juni 2016 ist genau dieser Konkurrenzsituation am Arbeitsmarkt geschuldet.
    In meinem Buch führe ich das auf die rasche und ungeschützte Öffnung des Arbeitsmarktes in Großbritannien anlässlich der EU-Osterweiterung im Jahr 2004 zurück. Während Deutschland und Österreich den Zuzug billiger Arbeitskräfte aus Osteuropa, wo der Durchschnittslohn in Polen damals acht Mal unter dem deutschen lag, um insgesamt sieben Jahre hinausschoben, hat England seinen Arbeitsmarkt sofort geöffnet. Die britischen Arbeiter reagierten im Juni 2016 entsprechend….
    Linksradikale, in operaistischer Tradition stehende Stimmen sehen auch heute wieder im Migranten ein revolutionäres Potential und sehnen einen “Kosmopolitismus von unten” herbei. Wünschen kann man sich viel, die Wirklichkeit des Kapitalismus sieht allerdings anders aus.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung WM: Siehe dazu auch das Gespräch von Hannes Hofbauer mit Jasmin Kosubek.

    Der Link dazu auf den Nachdenkseiten.


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