NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Hinweise des Tages

Datum: 15. Januar 2019 um 8:32 Uhr
Rubrik: Hinweise des Tages
Verantwortlich:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Gelbwesten
  2. Deutsche Bahn: Auf dem Abstellgleis
  3. Integrity Initative
  4. That sophisticated, specific Russian 2016 voter targeting effort doesn’t seem to exist
  5. Anarchy in the UK – Stillstand in der EU
  6. Armut wird kriminalisiert
  7. Obdachlos wegen Sanktionen
  8. Senioren können sich einen Umzug kaum leisten
  9. Grundsteuerreform muss Lasten gerecht verteilen
  10. Nestlé-Boykott: Wie sich eine kleine Gemeinde gegen den Konzern wehrt
  11. Die EU als Dystopie
  12. 40 Jahre nach dem Ende der Franco-Diktatur: “Der Tote packt den Lebenden”
  13. Die Eingeschlossenen: Besuch in einem palästinensischen Dorf
  14. Sanktionen gegen Syrien beenden
  15. Goodbye Middle East, Hello Latin America: The Coming Destruction of the Caribbean Basin
  16. BAföG-Erhöhung reicht nicht
  17. Mathias Döpfner liest seiner Branche die Leviten
  18. Goebbels wäre begeistert – Springerpresse hetzt mit Nazijargon gegen russische Medien

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Gelbwesten
    1. “Wir sind mitten in einer Revolution”
      Ingrid Levavasseur ist das Gesicht der Gelbwesten-Bewegung. Hier spricht die Krankenpflegerin über falsche Versprechen des Präsidenten und die Umsturz-Mentalität der Franzosen.
      Quelle: SPON

      dazu: Auf in den Kampf, Madame
      Die Gelbwesten in Frankreich haben Ziele und Macht – aber noch keine Führungsfigur. Ingrid Levavasseur könnte es werden: Wagt die 31-jährige Krankenpflegerin aus Rouen den Sprung an die Spitze der Bewegung?
      (…) Sie ist die vielleicht bekannteste Gelbweste Frankreichs: 31 Jahre, lange rote Haare, direkter Blick. Gestern war sie eine geschiedene Mutter zweier Kinder und Krankenpflegerin. Heute ist sie außerdem eine der wichtigsten Gegenspielerinnen ihres Präsidenten.
      Alle sind hinter ihr her: Politiker, Parteien, reiche Geldgeber, die eigenen Leute. Noch hat die Gelbwestenbewegung keine feste Struktur, der Protest folgt den Aufrufen einiger Führungspersonen im Internet. Schon nimmt er wieder zu. Landesweit 80.000 Demonstranten sind es an diesem Samstag nach Angaben des Pariser Innenministeriums, mehr als vor einer Woche. Der Bewegung kommt zugute, dass es dieses Mal keine spektakulären Gewaltszenen gibt, nur das Übliche: Wasserwerfer und Tränengas, auch in Rouen. “Gut, dass ich meine Bodyguards habe”, sagt Levavasseur über ihre Begleiter. Auf der Straße vor ihr liegen leere Tränengashülsen.
      Talkshow-Protagonisten in Grund und Boden geredet
      Levavasseur hat neben Facebook das altmodische Fernsehen bekannt gemacht. Keine Gelbweste trat dort besser auf. Sie redete die üblichen alkshow-Protagonisten in Grund und Boden. Ihr Rezept: “Ich spreche von dem, was ist.
      Quelle: SPON

    2. «Die Herrschenden haben Angst – und das ist wundervoll»
      (…) Frankreich ist im Ausnahme­zustand. Seit Wochen halten die Straßenproteste an. Wie erklären Sie sich diese gewaltsame Eruption?
      Didier Eribon: Was da in der französischen Politik aufbricht, hat sich zum Beispiel in Großbritannien mit dem Brexit schon früher manifestiert. Das Ja zum Brexit war eine Revolte gegen das Europa, das heute unter dem Diktat der neoliberalen Agenda geschaffen wird. Es war eine Form des Widerstandes gegen die soziale und wirtschaftliche Gewalt dieser Agenda. Auch der Brexit ist eine Form der Revolte von unten. Die Gelbwesten sind die französische Variante dieser Revolte, also ein Aufstand der Straße, der meistens friedlich, manchmal aber auch gewalttätig ist – wobei man sehen muss, dass die Ausschreitungen häufig durch die extreme Gewalt der Polizei­repression provoziert werden.
      Der Brexit war eine nationalistische Reaktion auf Europa, die von konservativen, teilweise reaktionären Kräften getragen wurde. Muss man die «gilets jaunes» in dieser Ecke verorten?
      Eribon: Die Menschen lehnen Europa ab, weil sie unter Europa leiden. Wenn man darauf reagiert, indem man sagt, das sei nationalistisch, gibt man keine Antwort auf die Probleme, die sich stellen. Die Frage ist, weshalb so viele Bürger das Europa ablehnen, das von unseren Regierungen durch­gesetzt wird. Es spielt letztlich keine Rolle, ob der Widerstand sich an den Urnen oder auf der Straße manifestiert. Die Frage, die alles bestimmt, ist ganz einfach: Ist es akzeptabel, dass die Europäische Union der europäischen Bevölkerung ein solches Maß an sozialer Gewalt, an Verarmung, Verunsicherung und Abbau des Sozial­staates aufzwingt?
      (…) Erst vergleichen Sie die «gilets jaunes» mit dem Brexit, dann ziehen Sie eine Parallele zu Ihren Verwandten, die angefangen haben, für den Front national, den heutigen Rassemblement national, zu stimmen. Noch einmal: Wie reaktionär ist die Bewegung?
      Eribon: Diese Revolte ist in ihrem Kern nicht reaktionär. Befragungen haben ergeben, dass eine Mehrheit der Protestierenden sich selber als eher links oder auch als links­extrem definiert, ein großer Anteil bezeichnet sich als apolitisch, ein drittes Segment ist eher rechts oder auch rechts­extrem. Da kann man schwer von einer reaktionären Revolte sprechen, nur die Medien tun dies ohne Unterlass. Wenn man mit den Leuten direkt redet, sagen sie, dass sie den politischen Parteien miss­trauen – was man ja auch verstehen kann. Es handelt sich um eine Revolte gegen das politische und ökonomische System, so wie es heute funktioniert. Die unteren Schichten wollen nicht weiter so behandelt werden.
      (…) Louis: Es geht bei der kritischen Bericht­erstattung über die gilets jaunes im Grunde nicht um Rassismus oder Homo­phobie. Das zählt letztlich gar nicht. Die Mehrheit der Stimmen, die den öffentlichen Raum beherrschen, äußert sich gar nie zu diesen Themen. Jetzt werden diese lediglich benutzt, um die Protestierenden zum Schweigen zu bringen, unmöglich zu machen, der Lächerlichkeit preiszugeben, mit letzter Konsequenz und einer extremen Verachtung. Was sich hier offenbart, ist Klassen­rassismus.
      Wie kann man denn der ideologischen Substanz der Gelbwesten gerecht werden?
      Louis: Es handelt sich grundsätzlich um eine soziale Bewegung, das heißt, sie stellt Forderungen, die gegen die ökonomische Unsicherheit und die soziale Aus­grenzung gerichtet sind…
      Quelle: Republik

      Anmerkung Marco Wenzel: Lesenswert

  2. Deutsche Bahn: Auf dem Abstellgleis
    Verkehrsminister Andreas Scheuer fordert vom Bahnchef eine rasche Lösung der Krise. Das ist unrealistisch: Denn dazu hat auch der Bund jahrelang zu viele Fehler gemacht
    (…) Zum Jahresbeginn 1994 wurde aus der alten Bundesbahn – damals frisch verbunden mit der Reichsbahn der ehemaligen DDR – die Deutsche Bahn AG. Die große Bahnreform stellte den Staatsbetrieb auf neue Füße…
    Doch heute, 25 Jahre später, ist bei der Bahn niemandem zu Feiern zumute. Im Gegenteil. Am morgigen Dienstag erwartet Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) den Vorstandschef, Richard Lutz, zum Krisengespräch im Ministerium. Denn die schuldenfrei gestartete AG hat längst wieder einen Schuldenberg von rund 20 Milliarden Euro aufgetürmt, der inzwischen an die vom Bundestag gesetzte Grenze stößt….
    Die Bahn braucht dringend mehr Geld. Das Problem der veralteten Flotte etwa löst sich bald: Die Bahn hat neue Züge bestellt, Doppelstock-ICs und neue ICE 4. Doch die müssen bezahlt werden, und die laufenden Einnahmen reichen dafür nicht. Vom Kunden kann das nötige Kapital kaum kommen – noch teurer dürfen Fahrscheine nicht werden. Eine weitere Verschuldung am Markt ist auch keine dauerhaft gute Lösung, da mit den wachsenden Schulden die Summe steigt, die die Bahn für die Zinsen zahlen muss. Schon heute muss der Konzern einen gewaltigen Teil seines Gewinns für die Zinszahlung aufwenden.
    Die Politik hat den Schienenverkehr vernachlässigt
    Quelle: Zeit

    Anmerkung Albrecht Müller: Das ist insgesamt ein lesenswerter Beitrag. Aber es ist zum einen anzumerken, dass den Journalisten offensichtlich sehr spät einfällt, dass die gesamte Bahn Politik schon seit den neunziger Jahren schief läuft. Und insbesondere ist die in dem Artikel geäußerte Vorstellung, die Absicht des ehemaligen Bahnchef Mehdorn, den Nachteil der Öffnung des Schienennetzes für private Anbieter dadurch ausgleichen zu können, dass er die Bahn zum weltweit tätigen Unternehmen machte, schlicht abstrus. Da müsste ein aufgeklärter Journalist schreiben, dass die Trennung von Netz und Betrieb von Beginn an falsch war und das der Bundesverkehrsminister alles daran setzen muss, die Ausweitung des Betriebs privater Verkehrsunternehmen auf dem Netz der Bahn einzuschränken statt zu fördern.

    Siehe dazu auch zwei Beiträge auf den NachDenkSeiten …

    Dazu auch: Ronald Pofalla soll Krisenmanagement bei der Bahn übernehmen
    Kaputte oder verspätete Züge: Infrastruktur-Vorstand Ronald Pofalla soll laut einem Medienbericht die Probleme der Deutschen Bahn bis Sommer in den Griff kriegen – als konzernübergreifender Krisenmanager.
    Jeder vierte Fernzug hat Verspätung, oft gibt es technische Mängel, es fehlen Mitarbeiter – und Geld: Die vielen Probleme bei der Deutschen Bahn soll jetzt Infrastruktur-Vorstand Ronald Pofalla als konzernübergreifender Krisenmanager bis zum Sommer bewältigen….
    Quelle: SPON

    Anmerkung Jens Berger: Pofallas größte Idee in Sachen Pünktlichkeit war übrigens die „Pofalla-Wende“ – ein verspäteter ICE soll demnach einfach umdrehen, um wenigstens auf der Rückfahrt pünktlich zu sein.

  3. Integrity Initative
    1. Politologe zu „Integrity Initiative“: „Skandal mit politischer Dimension“
      Noch immer berichten deutsche Medien nicht über die antirussische Geheimkampagne “Integrity Initiative“. Der Politologe Peter W. Schulze von der Universität Göttingen bezeichnet das im Sputnik-Interview als einen Skandal mit politischer Dimension. Gerade die Verbindung zum britischen Geheimdienst sei brisant.
      Quelle: Sputnik
    2. The Twitter Smearing of Corbyn and Assange
      The U.K.-financed Integrity Initiative, managed by the Institute for Statecraft, is ostensibly a “counter disinformation” program to challenge Russian information operations. However, it has been revealed that the Integrity Initiative Twitter handle and some individuals associated with this program have also been tweeting messages attacking Labour leader Jeremy Corbyn. This takes on special meaning in light of the numerous U.K. military and intelligence personnel associated with the program, documented in an important briefing by academics in the Working Group on Syria Propaganda and Media.
      Quelle: Consortium News
  4. That sophisticated, specific Russian 2016 voter targeting effort doesn’t seem to exist
    The revelation on Tuesday that Donald Trump’s 2016 campaign chairman, Paul Manafort, had shared polling data with a colleague in Ukraine who had ties to Russian intelligence predictably kicked up a furor of speculation about the significance of the move. This is what one of the Russia-Trump collusion scenarios looks like: someone from Team Trump passing data to the Russians that the latter group could use to target voters and influence the election. After all, the common understanding is that Russia’s interference efforts included sophisticated targeting of specific voting groups on Facebook, which could have made the difference in states that Trump narrowly won on his way to an electoral-vote victory.
    That understanding about Russia’s sophisticated targeting, though, is not supported by the evidence — if it’s not flat-out wrong. […]
    Most of the ads purchased by the Russians didn’t specify a geographic target smaller than the United States on the whole, according to a Post review of the ads released by the House Intelligence Committee. Those that did target specific states heavily targeted those that weren’t really considered targets of the 2016 election, such as Missouri and Maryland. And of those ads that did target specific states, most happened well before or well after the final weeks of the campaign.
    Quelle: Washington Post

    Anmerkung Jens Berger: Eine interessante Analyse.

  5. Anarchy in the UK – Stillstand in der EU
    Es ist ein Crash mit Ansage: Am Dienstag soll das von der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen im britischen Unterhaus ratifiziert werden. Doch die Abgeordneten sträuben sich, die Lage droht Premierministerin May zu entgleiten.
    May ist jedoch die einzige Ansprechpartnerin der EU. Deshalb versuchten die EU-Chefs am Montag, der konservativen Politikerin ein wenig unter die Arme zu greifen – mit einer schriftlichen “Klarstellung”.
    Man werde alles dafür tun, um den umstrittenen „Backstop“ – der ganz Großbritannien dauerhaft an die EU binden könnte – nicht einzusetzen, betonten die Präsidenten Juncker und Tusk in dem fünfseitigen Brief.
    Sollte der Austrittsvertrag von London wie geplant ratifiziert werden, so werde die EU sofort die noch ausstehenden Verhandlungen zu einem Partnerschaftsvertrag mit Großbritannien einleiten.
    Allerdings rückt die EU keinen Millimeter von dem – weitgehend von Brüssel diktierten – Vertragstext ab, der im November verabschiedet worden war und seitdem für Anarchie in UK sorgt. Sie lässt auch keinerlei Bereitschaft für einen „Plan B“ erkennen, der May doch noch eine Mehrheit sichern könnte. Die viel gerühmte „Kultur des Kompromisses“ kommt beim Brexit nicht zum Zuge.
    Quelle: Lost in EUrope
  6. Armut wird kriminalisiert
    Neoliberalismus: Olaf Scholz’ Gesetz zum Verbot von Tagelöhnern bekämpft einmal mehr die Mittellosen selbst statt die Ursachen für deren Lage.
    Geht es um den Neoliberalismus im Alltag, drehen sich die Themen häufig um Burn-out-Ängste junger Kreativer oder um Selfcare-Methoden der Personal Coaches. Die andere Seite der Medaille ist das Leben derer ganz unten. Für eine wachsende Zahl an Menschen gibt es selbst in den reichen Staaten auf dem regulären Arbeitsmarkt keinen Platz mehr. Sie hangeln sich von Kleinst- zu Kleinstjob, teilen sich mit mehreren ein Zimmer oder müssen auf der Straße schlafen. Der Staat macht ihnen das Leben schwer, indem er ihre Armut kriminalisiert.
    Genau darauf läuft jetzt der Entwurf des Bundesfinanzministeriums für ein „Gesetz zur Bekämpfung von Missständen am Arbeitsmarkt, illegaler Beschäftigung sowie von Kindergeld- und Sozialleistungsmissbrauch“ hinaus. Er sieht etwa vor, den Tagelöhner-Markt zu verbieten. Menschen dürften dann nicht mehr mit anderen an einem bestimmten Ort ihre Arbeitskraft als Tagelöhner anbieten. Ihnen drohen Platzverweise und Bußgelder von bis zu 5.000 Euro.
    Die Straßenecke ist für Tagelöhner oft die letzte Chance. Viele von ihnen sind von Leistungen wie Hartz IV ausgeschlossen. Die meisten sind zwar EU-Bürger, haben aber trotzdem keinen Anspruch, etwa weil sie keinen formellen Arbeitnehmerstatus haben oder ihnen die nötigen Nachweise fehlen.
    Offiziell möchte das Finanzministerium mit dem Gesetz die Organisierte Kriminalität bekämpfen. Ein Irrglaube, wie ein Blick in die Studie Arbeit! Wohnen! Urbane Auseinandersetzungen um EU-Migration zeigt, die gerade bei Edition Assemblage erschienen ist. Die Anthropologin Lisa Riedner hat jahrelang Tagelöhner in München begleitet. Ihr Ergebnis: Sie organisieren sich an den bekannten Straßenecken selbst, um Infos auszutauschen, informelle Mindestlöhne zu besprechen oder schlicht, um sich vom langen Warten abzulenken. Selbst ein leitender Beamter der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, den Riedner zitiert, interessiert sich nicht für die Tagelöhner.
    Quelle: der Freitag
  7. Obdachlos wegen Sanktionen
    Vor der Verhandlung des Verfassungsgerichts zu Hartz-IV hat eine Initiative tausende Menschen befragt. Die Ergebnisse stützen die Kritiker.
    (…) Wer als Hartz-IV-Empfänger Meldepflichten verpasst, muss mit einer zehnprozentigen Kürzung der Leistung von derzeit 424 Euro für einen Alleinstehenden rechnen. Wer sich weigert, eine „zumutbare“ Arbeit aufzunehmen, erhält 30 Prozent weniger. Im Wiederholungsfall werden 60 Prozent abgezogen, bei weiteren Wiederholungen binnen einem Jahr gibt es gar nichts mehr. Bei jungen Menschen unter 25 Jahren sind die Sanktionen noch schärfer.
    Das Sozialgericht im thüringischen Gotha hält die Sanktionsregelungen für verfassungswidrig und hat einen entsprechenden Fall dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das menschenwürdige Existenzminimum müsse vom Staat gedeckt werden, deshalb sei eine Kürzung dieser Leistungen nicht möglich, argumentiert das Sozialgericht.
    Als sachverständige Organisation hat das Verfassungsgericht zur Verhandlung am Dienstag auch die Wuppertaler Sozial­initiative Tacheles eingeladen. Der Verein, der seit 1994 existiert, versteht sich als Stimme der Betroffenen.
    (…) Willkürliches Handeln der Jobcenter?
    Ein besonders erschreckendes Ergebnis für Thomé: „58 Prozent der Betroffenen und 52 Prozent der Beratungsstellen kennen Fälle, bei denen Hartz-IV-Bezieher wegen Kürzungen ihre Wohnung verloren.“
    (…) Am Dienstag wird Thomé in Karlsruhe auch das Einleitungsstatement für die Verbände der Sanktionsgegner halten, zu denen er den Sozialgerichtstag, den DGB und die meisten Wohlfahrtsverbände zählt. Sein Konterpart wird Sozialminister Hubertus Heil (SPD) sein.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wahrscheinlich sollte man nicht zu viel vom BVerfG erwarten, aber trotzdem ist doch die höchstrichterliche Entscheidung wichtig. Man fragt sich nur, warum erst jetzt; warum so ein asoziales Verarmungsprogramm wie Hartz IV satte 14 Jahre ohne Einspruch durchgezogen werden konnte.

  8. Senioren können sich einen Umzug kaum leisten
    Die Wohnungsnot wird sich verschärfen, wenn die geburtenstarken Jahrgänge ab 2025 in Rente gehen, so eine Studie des Pestel-Instituts. Das liege daran, dass stark steigende Wohnkosten auf letztlich sinkende Renten stoßen, sagte Matthias Günther, Mitautor der Studie, im Dlf.
    Britta Fecke: Die Miet- und Immobilienpreise steigen in deutschen Großstädten stetig und ein Ende dieser Tendenz ist nicht abzusehen. Das hat zur Folge, dass einkommensschwächere Personen oder Familien aus den Innenstädten verdrängt werden. Das bedeutet auch, dass ein Umzug so gut es eben geht vermieden wird, weil die neue Bleibe in der Regel viel teurer wird, so dass viele in der alten, vielleicht auch zu großen Wohnung günstiger leben als in einer neu gemieteten kleineren Immobilie. Doch mit dem Alter sind viele Menschen gezwungen, ihre Wohnung im vierten Stock oder das Haus mit den vielen Treppen zu verlassen….
    Matthias Günther: Das Problem ist, dass heute stark steigende Wohnkosten auf letztlich sinkende Renten stoßen, weil immer mehr Menschen in den Ruhestand gehen, die im Niedriglohnsektor gearbeitet haben, die lange Arbeitslosenzeiten zu verbuchen haben in ihrem Erwerbsleben, die 45 Jahre gar nicht mehr vollkriegen. Das ist ein Thema, was heute schon akut ist, sich aber noch deutlich verschärfen wird, wenn die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er-Jahre ab 2025 dann in den Ruhestand gehen.
    Quelle: Deutschlandfunk
  9. Grundsteuerreform muss Lasten gerecht verteilen
    „Eine gerechtere Verteilung der Steuerlast muss das zentrale Ziel bei der Reform der Grundsteuer sein. Um gerecht nach Leistungsfähigkeit zu besteuern, sollte der Verkehrswert der Immobilien als Bemessungsgrundlage herangezogen werden. Ein reines Flächenmodell nach dem Vorschlag Bayerns subventioniert die Reichen, weil für die Luxusvilla und die Sozialwohnung pro Quadratmeter dann dieselbe Grundsteuer fällig wird“, erklärt Jörg Cezanne, Mitglied des Finanzausschusses für die Fraktion DIE LINKE, anlässlich der Beratungen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz mit seinen Länderkollegen zur Grundsteuer am heutigen Nachmittag. Cezanne weiter:
    „Die Grundsteuer muss von den Immobilieneignern und nicht von den Mietern getragen werden, daher muss die Umlagefähigkeit auf die Mieter über die Betriebskosten beendet werden. Wo die Vermieter schon heute das gesetzlich maximal Zulässige an Mieterhöhungen ausschöpfen, würde der Wegfall der Umlagefähigkeit die Mieter direkt entlasten, denn zusätzliche Erhöhungen der Kaltmieten zum Durchreichen der Grundsteuer wären dann nicht möglich. Dadurch würden gerade Mieter in Ballungsräumen entlastet, wo die Mieten derzeit maximal zulässig angehoben werden.
    Bei allem Streit über Reformdetails darf aber nicht vergessen werden, dass es 2019 rechtzeitig zu einer Reform kommt, denn ohne die Einnahmen aus der Grundsteuer werden viele Kommunen 2020 finanziell zusammenbrechen.“
    Quelle: DIE LINKE

    Dazu: Immobilienbranche zur Reform der Grundsteuer
    „Dann wird natürlich der Neubau eingeschränkt werden“
    Der Präsident des Lobbyverbands Zentraler Immobilien Ausschuss, Andreas Mattner, hat die geplante Reform der Grundsteuer kritisiert. Der zu erwartende Bürokratieaufwand sei extrem hoch, sagte Mattner im Dlf. Außerdem bestehe die Gefahr, dass der Wohnungsneubau unattraktiv werden könnte.
    (…) Heckmann: Welche Folgen hätte es denn aus Ihrer Sicht, wenn Scholz sich durchsetzen würde?
    Mattner: Na ja. Wir haben seit einigen Tagen eine verfassungsrechtliche Stellungnahme von Professor Kirchhof, einem ganz anerkannten Steuerrechtler aus Deutschland. Der sagt klipp und klar, das Wertmodell von Olaf Scholz verstößt gegen mehrere Mechanismen im Grundgesetz. Er hält es klar für verfassungswidrig. Und nicht nur das: Er sagt auch, dass die dazugekommene Diskussion, die etwa unsere Bundesjustizministerin angestoßen hat, dass die Umlegung einer solchen Steuer nicht mehr zulässig sein soll, ebenfalls solchen verfassungsrechtlichen Bedenken entgegensteht, und dann haben wir ein Riesenproblem.
    Das Bundesverfassungsgericht hat klipp und klar gesagt, der Staat darf nicht schon wieder ein verfassungswidriges Modell vorlegen. Wenn er das tut, sind alle Steuern – Sie haben vorhin erwähnt, 14 Milliarden Euro – auf einmal weg. Die Sorge muss jetzt groß sein, wenn ein solches verfassungswidriges Wertmodell vorgelegt wird, dass diese Steuer verfassungswidrig ist und die Einnahmen alle wegbrechen.
    Heckmann: Das würde sich dann noch zeigen, ob es wirklich verfassungswidrig ist, denn das ist erst mal nur ein Gutachten und Gutachten gibt es sicherlich immer in alle Richtungen. Wie ist denn die Folge eines solchen Modells, wenn Scholz sich durchsetzen würde? Würde denn auch aus Ihrer Sicht weniger gebaut in den Ballungszentren?
    Mattner: Na ja. Überall dort, wo mehr Steuern anfallen, dann wird weniger gebaut, und das dann im doppelten Sinne. Wenn die Bemessung höher sein wird, und damit ist zu rechnen, dann wird natürlich der Neubau eingeschränkt werden. Und wenn man dann zudem noch auf die Idee käme, es nicht mehr umlegen zu lassen, was bei einer solchen Grundsteuer eigentlich immer immanent ist, dann wird man noch weniger auf die Idee kommen, den Neubau damit anzukurbeln.
    Wir brauchen im Gegenteil eigentlich eine Entlastung für all diejenigen, die neu bauen, um Wohnungen zur Verfügung zu stellen für die Menschen, denn nur wenn wir viel bauen, werden wir niedrige Mieten haben.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung Marco Wenzel: Der Lobbyist der Immobilienbesitzer droht mit einer Verfassungsklage, wenn sich eine Grundsteuer durchsetzen sollte, die die Profite der Immobilien Spekulanten und Miethaie mindern täte. „14 Milliarden Euro-auf einmal weg“. Will wohl heißen: lasst besser die Finger davon, wir haben gute Anwälte. Und zusätzlich droht er dann noch damit, dass seine Leute dann eben keine neuen Wohnungen mehr bauen werden. So was nennt man gemeinhin Erpressung. Es gibt aber eine einfache Lösung: Der Staat baut selber Wohnungen.

  10. Nestlé-Boykott: Wie sich eine kleine Gemeinde gegen den Konzern wehrt
    Die Gemeinde Hofstetten in Baden-Württemberg will Nestlé nicht länger unterstützten – und kündigt deswegen ihren Vertrag mit einer Nestlé-Tochterfirma. Nun hat die Gemeinde einen neuen Eislieferanten gefunden, der vieles besser macht.
    Mövenpick, Bumbum, Caretta oder Kaktuseis – von diesen Marken wird es künftig kein Eis mehr im Schwimmbad von Hofstetten geben. Der Grund: Die Anbieter gehören zur Firma Schöller, die wiederum ein Tochterunternehmen von Nestlé ist. Schon im Oktober fasste der Gemeinderat von Hofstetten den Beschluss, den Eisauslieferungsvertrag mit Schöller zu kündigen.
    Die große Frage war jedoch, welches Unternehmen das Schöller-Eis ersetzen soll. Zunächst kam als neuer Anbieter Langnese in Frage. Langnese gehört allerdings zu Unilever – ein weiterer Großkonzern, den die Gemeinde Hofstetten nicht unbedingt unterstützen wollte. Vergangene Woche entschied sich der Gemeinderat für eine regionale Alternative: die Eismarke „Hofeis“ aus Freiburg.
    Der neue Eislieferant produziert seine Produkte mit regionaler Weidemilch aus dem Schwarzwald. „Somit wird sichergestellt, dass die Milchbauern der Schwarzwälder Höfe garantiert den besten Milchpreis ausbezahlt bekommen“, heißt es auf der Webseite des Unternehmens. Die Marke Hofeis verfolgt damit eine Philosophie, die sich stark mit dem decke, was die Gemeinde Hofstetten mit dem Nestlé-Boykott erreichen wollte, sagte Bürgermeister Martin Aßmuth.
    Schöller hatte das Hofstetter Schwimmbad acht Jahre lang beliefert. Allein vergangenes Jahr hat die Gemeinde Eis im Wert von rund 10.500 Euro bezogen. Da man sich in Hofstetten jedoch seiner Verantwortung für Mensch und Umwelt bewusst sei, sollte damit nun Schluss sein.
    Quelle: utopia
  11. Die EU als Dystopie
    (…) Auch die EU-Oberen pflegen eine pathogene Kommunikation mit den Menschen. Während Polit-Funktionäre nicht müde werden, Vorzüge und Verdienste der Europäischen Union wie Wohlstand, Menschenrechte und Frieden anzupreisen, begegnen ihnen große Teile der Bevölkerung mit Misstrauen – als würden die Leute im Chor die Liedzeile von Cole Porter rufen: »Your story´s so touching, but it sounds like a lie!« Die EU-BürgerInnen entziehen ihren Angestellten (die Politiker ja sind) zunehmend das Vertrauen. Die dunklen Wolken – »Rechtspopulisten«, Brexit, Aufstände in Frankreich und Ungarn, aber auch massiver Streit zwischen den Regierungen – ballen sich zusammen, und eine Aufhellung ist nicht in Sicht. Es herrscht eine desolate bis bedrohliche Stimmung vor.
    (…) Schon zu Anfang des Jahrtausends äußerten in Deutschland repräsentativ Befragte ein alarmierendes Misstrauen gegenüber Politikern und Demokratie: 82 Prozent stimmten der Aussage zu, dass letztendlich die Wirtschaft das Sagen hat, und sogar 90 Prozent vertraten die Meinung, dass Politiker Gesetze umgehen, wenn es ihnen Vorteile bringt.
    Sollen EU-BürgerInnen den »touching stories« der Juncker, Tusk, Weber, Oettinger und Mogherini glauben – oder aber ihren persönlichen Erfahrungen? Der pessimistischen Stimmung mag in vielen Fällen keine genaue Analyse von Wirtschaftspolitik und Herrschaftsstrukturen zugrunde liegen; der Alltag und die Lebenswirklichkeit sind Grund genug für Skepsis – natürlich je nach sozialer Lage.
    Die EU hat nicht vermocht, eine gerechte Verteilung des Wohlstandes zu sichern – ganz im Gegenteil. Der Grund dafür liegt darin, dass Gerechtigkeit gar nicht Absicht der neoliberalen Politik ist. Sie »versagt« also nicht, wie Kritiker oft meinen, sondern strebt diese Verhältnisse systematisch an. Löhne, Renten, Mieten, Arbeitsbedingungen – die soziale Sicherung insgesamt hat sich für viele bedrohlich entwickelt; in Teilen der Bevölkerung löst das existenzielle Unsicherheit und Angst aus. Während manche Schule nicht heizen kann und öffentliche Bäder geschlossen werden müssen, zahlen global agierende Konzerne kaum Steuern – ohne dass sie von der Politik behelligt würden.
    Es ist müßig, all die Skandale aufzuzählen, die wir fast täglich verfolgen können (wenn wir die »richtigen« Zeitungen lesen): LuxLeaks, Cum-Ex, Cum-Cum und Cum-Fake, Paradise Papers, Diesel, Glyphosat, Waffen für Massaker … Die Reichen und Mächtigen entwickeln eine Menge krimineller Energie und streben nach totaler Macht
    (…) Die schlechte Stimmung in der EU kommt nicht aus heiterem Himmel. Das neoliberal-kapitalistische Grundprinzip der EU nimmt auf menschliche Bedürfnisse keinerlei Rücksicht….
    Quelle: Ossietzky
  12. 40 Jahre nach dem Ende der Franco-Diktatur: “Der Tote packt den Lebenden”
    Im vergangenen Dezember jährte sich zum vierzigsten Mal die Annahme per Volksabstimmung der demokratischen Verfassung Spaniens von 1978 und ihr Inkrafttreten kurze Zeit später. Nach dem Tod des Diktators Franco im Herbst 1975 endete damit nach fast vier Jahrzehnten auch offiziell das diktatorische Regime der Franco-Zeit (1939-1978), an dessen Anfang 1936 der Militärputsch Francos gegen die legitime demokratische Regierung der Zweiten Spanischen Republik und ein äußerst blutiger und brutaler dreijähriger Bürgerkrieg (1936-1939) mit dem Sieg der Putschisten und der Errichtung einer faschistischen Diktatur in Spanien standen. So feiert das demokratische Spanien dieser Tage seinen 40-jährigen Geburtstag – und macht sich dabei selbst ein unbequemes Geburtstagsgeschenk. Denn ebenfalls im Dezember konnte die ultrarechte Partei Vox bei den Regionalwahlen in Andalusien, der bevölkerungsreichsten und zweitgrößten Region Spaniens, einen unerwarteten und unerwartet deutlichen Wahlerfolg feiern. Pünktlich zum vierzigsten Jubiläum der offiziellen Beerdigung des Geistes der Vergangenheit tritt genau dieser Geist so offensichtlich und öffentlich lebendig wie nie zuvor im Spanien der Nach-Franco-Zeit auf – und er schickt sich an, dauerhaft seinen Platz in der parteipolitischen Landschaft und den staatlichen Institutionen des Landes einzunehmen….
    (…) Der spanische (andalusische) Professor und Publizist für politische Ökonomie, Juan Torres López:
    (…) „Es bleibt jetzt noch zu sehen, welche Entwicklungsrichtung sich aus dieser Krise des Regimes ergibt. Diese Art der Politik, wie sie sich entwickelt hat, kann Spanien nicht mehr lange aushalten: die ständige und unfaire Konfrontation, verbale und symbolische Gewalt, Misstrauen, Korruption, der Niedergang der Industrie und der Produktionstätigkeit, die Kontrolle unserer Wirtschaft durch ausländische Interessen und die Unmöglichkeit zu entscheiden, was uns gehört, die Ungleichheit, die mehr als irgendwo sonst in Europa wächst, der Verlust einer Generation junger Menschen… Die Trumpsche Versuchung steht vor der Tür. Und in einer Gesellschaft, in der es ein solches Ausmaß gefälliger Erinnerung an eine Diktatur gibt, kann jederzeit das Schlimmste passieren.
    Spanien ist dem Wandel verpflichtet. Und in Andalusien geht es darum, ob der erste Schritt in die eine oder andere Richtung getan wird. Was auch immer die Ergebnisse (…) sein mögen, sie öffnen die Tür zu einer neuen historischen Etappe, zumindest in Andalusien und sicherlich in ganz Spanien.“
    Quelle: RT Deutsch
  13. Die Eingeschlossenen: Besuch in einem palästinensischen Dorf
    Zu Fuß durch Olivenhaine und Stacheldraht
    Es gibt keine direkte Verbindung nach Beit Iksa. Das Dorf ist von drei Seiten von jüdischen Siedlungen eingeschlossen. Zunächst nehme ich den Bus Nummer 32 bis zur ersten Siedlung hinter der israelischen Grenze.
    Von hier aus laufe ich zu Fuß durch Olivenhaine und Stacheldraht. Neben mir erhebt sich die neue Eisenbahnbrücke. Es ist erstaunlich anstrengend, an einen Ort zu gelangen, der eigentlich auf meinem Weg lag…
    „Ich fühle mich nicht frei hier“
    „Das sind lauter getrennte Gebiete, richtig getrennte Gebiete, und wenn man auf die Landkarte richtig guckt und sieht, das wird niemals einheitlich, solange wie die Siedlungen existieren. Also, ich fühle mich nicht frei hier. Weil, wenn ich jetzt runterfahre oder da, wo Du gekommen bist, da bin ich bedroht, dass jemand auf mich schießt.“
    In einem Konflikt um Land und Raum wird Infrastruktur oft als Mittel zum Zweck eingesetzt. Wer von Beit Iksa nach Ramallah möchte, muss mehrere Checkpoints passieren. Eine Strecke von rund 18 Kilometer dauert zwei Stunden. Ein israelischer Schnellzug, den man zwar sieht, aber nicht nehmen kann, ist ein Schlag ins Gesicht für Fares.
    „Am Anfang haben wir auch Streit gemacht, gesagt, wir sind dagegen, aber was … wir als normale Personen … nein, nein, die haben weiter gebaut. Und nicht nur diese Brücke oder diese Zuglinie, nein, es gibt viele Dinge, die die bauen, und wir können nichts dagegen tun. Proteste helfen sowieso gerade bei unserer Ortschaft nicht, wir sind wie im Knast, ja, wir können nicht viel machen.“
    Quelle: Deutschlandfunk
  14. Sanktionen gegen Syrien beenden
    Die ärztliche Friedensorganisation IPPNW begrüßt die Forderungen der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen nach einer Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zu Syrien sowie einer Aufhebung der Sanktionen. Kürzlich hatte die Arabische Liga angekündigt, Syrien wieder in ihrer Organisation aufzunehmen und syrische Botschaften zu öffnen. Ein diplomatischer Austausch könnte ein Beitrag sein für mehr politische Stabilität. Nach der Ankündigung eines US-Truppenabzugs und angesichts der angekündigten türkischen Intervention im Nordosten des Landes ist die Situation in Syrien noch unübersichtlicher und gefährlicher geworden. Die syrische Bevölkerung und ihre Institutionen sollten auf allen Ebenen in die weiteren Verhandlungen und diplomatischen Aktionen einbezogen werden. Ein nachhaltiger Frieden kann nicht allein von externen Akteuren erreicht werden.
    (…) Der UN-Sicherheitsrat hat die Sanktionen gegen Syrien nie unterstützt. Die UN-Vollversammlung verurteilte die Sanktionen 2013 sogar explizit. In der Resolution A/RES/68/200 wird festgehalten, dass „einseitige wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen die Wirtschaft und die Entwicklungsanstrengungen insbesondere von Entwicklungsländern negativ beeinflussen.“ „Solche Maßnahmen“, fährt die Resolution fort, „stellen eine eklatante Verletzung der Prinzipien des Völkerrechts sowie der Grundprinzipien des multinationalen Handelssystems dar“. Auch der UN-Sonderermittler für die humanitären Folgen der Sanktionen gegen Syrien, Idriss Jazairy, kritisiert in seinem Bericht von September 2018, dass humanitäre Hilfe in Syrien aufgrund der Sanktionen erschwert werde. Das Sanktionsregime verkompliziere, verlangsame oder verhindere den Handel mit wichtigen Gütern oder den Bezug von Finanzierungen. Die Sanktionen mit ihren negativen Konsequenzen für humanitäre Hilfe müssten beendet oder zumindest neu gefasst werden.
    Quelle: ippnw
  15. Goodbye Middle East, Hello Latin America: The Coming Destruction of the Caribbean Basin
    […] Venezuelan President Hugo Chávez had developed relations with the Greater Middle East on an ideological basis. He had in particular grown closer to Iranian President Mahmoud Ahmadinejad and Syrian President Bashar al-Assad. Together, they had imagined the possibility of founding an intergovernmental organization, the “Free Allies Movement”, on the model of the “Non-Aligned Movement”, which was paralyzed by the alignment with the United States, over time, of some of its members [5].
    Although Nicolas Maduro adopted the same language as Hugo Chávez, he chose a very different foreign policy. It is true that he continued the rapprochement with Russia and, in his turn welcomed Russian bombers to Venezuela. He signed a contract to import 600,000 tonnes of wheat in order to deal with starvation in his country. Above all, he prepared to receive six billion dollars of investments, including five in the oil sector. Russian engineers took over the posts which were intended for Venezuelan workers but which they had abandoned.
    Nicolas Maduro reorganized the alliances of his country on new foundations. He wove close links with Turkey, which is a member of NATO and whose army presently occupies Northern Syria. Maduro went to Istanbul on four occasions and Erdogan went once to Caracas.
    Switzerland was an ally of Hugo Chávez, and had advised him for the composition of his Constitution. Fearing that he would be unable to refine his country’s gold in Switzerland, Nicolas Maduro looked to Turkey, which transformed the raw material into bullion. In the past, this gold had remained in Swiss banks as a guarantee for oil contracts. From now on, the liquid assets were transferred to Turkey, while the newly treated gold returned to Venezuela. This orientation may be interpreted as being no longer founded on ideology, but on interest. Everything depends on who benefits.
    Simultaneously, Venezuela became the target of a destabilization campaign which began with the guarimbas demonstrations, continued with the attempted coup d’etat on 12 February 2015 (Operation Jericho), then by a series of attacks on the national currency, and organized emigration. In this context, Turkey offered Venezuela the possibility of avoiding US sanctions. The exchanges between the two countries multiplied fifteen-fold in 2018.
    Whatever the evolution of the Venezuelan régime, nothing can justify what is being prepared against its population.
    Quelle: Mintpress
  16. BAföG-Erhöhung reicht nicht
    Lebenshaltungskosten von Studierenden steigen rasant
    Die Bundesregierung verspricht eine „Trendumkehr“ beim BAföG. Demnächst soll es mehr Geld, höhere Freibeträge und Wohnzuschüsse geben. Die Pläne greifen viel zu kurz, belegt eine Studie zur Ausgabenentwicklung zwischen 2012 und 2016. Statt 420 Euro sei ein Regelsatz von 550 Euro erforderlich. Weniger gefährde die physiologische Existenz.
    Wollte man das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) auf die Höhe der Zeit bringen. Was wäre dann ein wirklich großer Wurf? Vielleicht das, was der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kurz vor Weihnachten mit seinen „Anforderungen für ein modernes sozial gerechtes BAföG“ in die Debatte geworfen hat? Dem Gewerkschaftsdachverband schwebt nichts weniger als ein Radikalumbau der staatlichen Studienfinanzierung vor. Dazu gehören unter anderem: die regelmäßige Anpassung der Freibeträge und Bedarfssätze an die Lohn- und Preisentwicklung, die Aufhebung der Altersgrenzen, höhere Vermögensfreibeträge, regional gestaffelte Wohnkostenzuschüsse, auf individuelle Lebenslagen sowie die Art der Studiengestaltung abgestimmte Förderzeiträume und allerhand mehr.
    (…) Verglichen mit den DGB-Forderungen mutet das, was die Bundesregierung vorhat, wie Kleckerkram an. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hatte Mitte November Eckpunkte für eine BAföG-Novelle vorgelegt. Danach sollen die Regelsätze im Schnitt um sieben Prozent und die Elternfreibeträge um neun Prozent in zwei Stufen erhöht werden. Losgehen soll es im kommenden Wintersemester mit fünf bzw. sieben Prozent, ein Jahr später folgt dann ein Nachschlag von jeweils zwei Prozent. Der Höchstförderbetrag soll um 15 Prozent auf 850 Euro und die Wohnpauschale von 250 Euro auf 325 Euro zulegen. Geplant ist ferner eine Aufstockung der Vermögenfreibeträge sowie für Härtefälle ein Cut bei der Schuldentilgung nach 20 Jahren. Dafür sollen allerdings die monatlichen Rückzahlungsraten von 105 auf 130 Euro steigen…
    Quelle: Studis online
  17. Mathias Döpfner liest seiner Branche die Leviten
    Als Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger geht Springer-Chef Mathias Döpfner mit seinen Kollegen hart ins Gericht. … Nicht die Digitalisierung sei das Problem von Zeitungen und Zeitschriften, sondern eine sich seit Jahren hinziehende intellektuelle und inhaltliche Krise des Journalismus. Springer-Vorstandschef Döpfner äußerte im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (siehe unten) Zweifel am Auftritt von Journalisten auf Twitter und Facebook. Er empfehle größte Zurückhaltung, wenn nicht gar totale Enthaltsamkeit.
    Die Branche müsse mit einer “Lebenslüge” aufräumen, sagte Döpfner. “Dass die vielbeschworene Zeitungskrise durch technologischen Wandel verursacht ist. Das stimmt nicht, das ist ein Alibi.” Vielerorts habe sich Selbstzufriedenheit und Überheblichkeit breitgemacht.
    Quelle: W&V

    Anmerkung Jens Berger: Das ist ja wirklich Realsatire. Der Chef des Springer-Verlags, also der direkte Vorgesetzte von BILD-Chef Julian Reichelt., beschwert sich über eine „intellektuelle Krise“ des Journalismus? Und die dpa, die das Interview führt, spult brav wie eine Schülerzeitung ihren Fragenkatalog ab, ohne kritisch nachzuhaken. Ja, der Journalismus steckt ganz offensichtlich in einer tiefen Krise.

  18. Goebbels wäre begeistert – Springerpresse hetzt mit Nazijargon gegen russische Medien
    (…) Für die Springer-Presse sind russische Medien wieder „Feindsender“
    Die Bild-Zeitung war am Donnerstag, dem 10. Januar 2019 offenbar wieder mal in der Stimmung für Nazi-Jargon. In einem Artikel, der sich mit den Bemühungen des russischen Fernsehkanals RT Deutsch beschäftigte, in der Bundesrepublik eine Sendelizenz zu erlangen, konnte die Kundschaft des Bezahlangebotes von Springers Revolverblatt den Satz lesen:
    „Doch der Druck wächst, den Feindsender zu sperren.“ („BILDplus“, 10.01.2019)
    „Feinsender“ ist Nazi-Sprache per excellence. Wer im Dritten Reich „Feindsender“ hörte (denn damals war das Radio noch das elektronische Medium Nummer 1) und wer dabei erwischt oder deswegen verraten wurde, dem drohte die Todesstrafe.
    (…) Wenn Springer von Werten und Moral redet…
    Die ungebrochenen Traditionslinien aggressiver und feindseliger Propaganda-Sprache, des Denkens und des Welt- und Menschenbildes, das dahintersteht, zeigen sich auch an anderer Stelle im Springer-Konzern. Denn es ist natürlich kein Zufall, dass sich die Blätter dieses Verlages über Personalien echauffieren, die sie gelinde gesagt nichts angehen, dabei aber mit moralischen Maßstäben hausieren gehen, die plötzlich nichts mehr gelten, wenn man selbst einem Zeitgenossen wie Amazon-Chef Jeff Bezos einen Preis für „visionäres Unternehmertum“ verleiht. In einem Moment, in dem dieser Mann nicht visionär, sondern ganz real seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit in einem Maße ausbeutet und drangsaliert, das selbst konservativste Politiker und Journalisten in den USA erschüttert und empört.
    Oder wenn das Haus Springer ohne mit der Wimper zu zucken einen Mann wie Alex Karp in den Aufsichtsrat beruft. Jener Unternehmer, der als Chef des Unternehmens Palantir mitverantwortlich dafür ist, dass Millionen unschuldiger Menschen auf der ganzen Welt vom USA-Geheimdienst NSA bis in die privatesten Bereiche ausspioniert und die „demokratische Pressefreiheit“ mit Füßen getreten werden, indem mit klandestinen Methoden die Deutungshoheit des Westens in Medien verteidigt werden soll.
    Quelle: Sputnik


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=48467