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Titel: Über die sonderbare Resonanz der besonderen Spezies Sarrazin, Henkel, Metzger, Dohnanyi, Baring und Co.

Datum: 11. Juni 2010 um 17:07 Uhr
Rubrik: Anti-Islamismus, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Medien und Medienanalyse
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Sarrazin hat sich wieder einmal zu Wort gemeldet und wird bei Spiegel Online auf der Basis von dpa groß herausgestellt mit der Botschaft, Schuld an der Verdummung der Deutschen seien die Einwanderer. Siehe Anlage.
Diese neuerliche Verbreitung dieses gemeingefährlich hetzenden Bundesbankdirektors lässt mich darüber nachdenken, wie es dazu kommt, dass eine Gruppe von Personen, die im doppelten Sinne nichts zu sagen haben, in den Medien immer wieder Resonanz findet. Albrecht Müller

Die genannten Personen sind und waren permanent in Talkshows. Manchmal muss man sie wie letzthin bei Sandra Maischberger im Dreierpack ertragen – Baring, Dohnanyi und Henkel.
Ihnen gemein ist verschiedenes:

  • Sie sind offensichtlich für die Medien interessant, weil sie gerne hanebüchene Positionen vertreten. Meisterhaft jetzt wieder Sarrazin. Vom sachlichen Unsinn seiner Thesen und ihrem inhumanen Akzent abgesehen ist die Behauptung, die Zuwanderer seien schuld an der Verblödung, einfach falsch. Erstens galt zumindest für die Zuwanderung der so genannten Gastarbeiter, dass unser Land damals oft gut ausgebildete und jedenfalls intelligente Kräfte aus unseren europäischen Nachbarländern abgezogen hat – aus den Teilrepubliken des ehemaligen Jugoslawien, aus Italien, aus Spanien, aus Portugal und der Türkei. Es kamen ja nicht nur nicht ausgebildete Menschen, es kamen gut ausgebildete und hoch motivierte Menschen. Bau- und andere Unternehmer haben oft davon profitiert, solche Gastarbeiter und -Arbeiterinnen in verantwortlichen Positionen zu bringen. Sarrazin hat keine Ahnung.
    Er ist so ahnungslos, dass er nicht einmal die öffentlich diskutierte Bedeutung der Kommerzialisierung des Fernsehens für die Verblödung wahrgenommen hat. Aber vermutlich geht es ihm auch nicht um die Sache. Das verbindet alle der genannten Personen.
  • Sie tragen keine Verantwortung mehr. Auch das im doppelten Sinne. Sie gehen nicht einer verantwortlichen Tätigkeit nach und sie reden verantwortungslos daher. Was sie sagen, ist teilweise gemeingefährlich. Wenn der noch amtierenden Bundespräsident seiner Funktion gerecht geworden wäre, hätte er bei Äußerungen dieser Personen gelegentlich intervenieren müssen. Das gilt auch für die Parteien. Dass die SPD Sarrazin nicht hinausgeworfen hat und ihn in Kenntnis seiner Persönlichkeit zum Bundesbankdirektor hat werden lassen, lässt tief blicken. Vermutlich hat er einige davon im Sack.
  • Die genannten Personen verbindet auch, dass sie sich jeweils gegen alles, was auch nur ein bisschen fortschrittlich und vernünftig ist, in Position bringen lassen, und dies mit Berufung darauf geschehen kann, dass sie diesem Milieu sogar nahe standen oder nahe stehen. Dohnanyi, Metzger, Sarrazin und auch Baring sind wegen ihrer ursprünglichen Positionierung und dem entsprechenden Arbeitsfeld geeignet. Dohnanyi hatte wichtige Funktionen bei der SPD, genauso Sarrazin; Metzger war Mitglied der SPD und der Grünen, bevor er bei der CDU in Oberschwaben landete. Baring hat die Zeit von Bundeskanzler Willy Brandt und Vizekanzler Walter Scheel beschrieben. Er saß zum Schreiben eines Buches in der Dachkammer des Bundespräsidialamtes von Walter Scheel.
  • Eine fast schon aggressive Haltung gegenüber solidarischen Lösungen unseres Zusammenlebens und der Risikovorsorge ist ihnen gemein.
  • Ihr Versagen, ihre Schwächen sind offensichtlich kein Hinderungsgrund für die Einladung zu Talkshows. Henkel und Dohnanyi waren gemeinsam in Ostdeutschland bei der Abwicklung von Betrieben tätig. Kenner ihrer „Leistung“ wundern sich darüber, dass sie politisch überlebt haben. Klaus von Dohnanyi habe ich Ende der Sechzigerjahre als Staatssekretär des damaligen Bundeswirtschaftsministers Professor Karl Schiller kennen gelernt. Er war aus sachlichen Gründen isoliert. Schiller verzichtete auf die Beteiligung von Dohnanyi bei der Beratung aller wichtigen Fragen und schloss ihn auch aus davon – zum Beispiel aus den Gesprächen über die wichtige Frage, ob die D-Mark im Frühjahr 1969 aufgewertet werden soll. Sachverstand war die Stärke Dohnanyis nie, Lobbyismus schon. Damals für Projekte der bayerischen Flugzeugindustrie. – Henkel war, worauf Georg Schramm letzthin wieder einmal hinwies, Lobbyist für die Bank of America. Metzger hat bei Bertelsmann gearbeitet.

Den Redaktionen der Talkshows und der Presseagenturen wäre ans Herz zu legen, einmal kurz innezuhalten und zu überlegen, was sie dem Publikum und ihren Sendeformaten antun, wenn sie weiter auf diese Art von Personen zurückgreifen und damit wichtige Sendezeit blockieren.

Anlage
10. Juni 2010, 19:50 Uhr
Einwanderer-Schelte
Sarrazin erklärt die Verdummung der Deutschen

Nächster Aufschlag Thilo Sarrazin: “Wir werden auf natürlichem Wege durchschnittlich dümmer”, diagnostiziert der Bundesbank-Vorstand – und liefert die Begründung gleich mit. Schuld sind nach seiner Logik die Einwanderer.
Darmstadt – Thilo Sarrazin hat mal wieder zugeschlagen. Bei einer Veranstaltung der Arbeitskreise Schule-Wirtschaft der Unternehmerverbände Südhessen in Darmstadt nutzte der Bundesbank-Vorstand einen Vortrag zum Thema “Bildung, Demografie, gesellschaftliche Trends”, um den Zuhörern zu erklären, warum Deutschland in seinen Augen wegen seiner Einwanderer ins Hintertreffen zu geraten droht.
“Wir werden auf natürlichem Wege durchschnittlich dümmer”, zitiert die Nachrichtenagentur dpa Sarrazin am Donnerstag. Der 65-Jährige brachte dies dem Bericht zufolge mit Hilfe umfangreicher Zahlen in Zusammenhang mit Zuwanderern “aus der Türkei, dem Nahen und Mittleren Osten und Afrika”. Sie wiesen weniger Bildung auf als Einwanderer aus anderen Ländern.
Einwanderer bekämen zudem mehr Kinder als Deutsche, sagte Sarrazin. Es gebe “eine unterschiedliche Vermehrung von Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlicher Intelligenz”, sagte der frühere Finanzsenator Berlins. Intelligenz werde von Eltern an Kinder weitergegeben, der Erbanteil liege bei fast 80 Prozent.
Einige der Zuhörer reagierten laut dpa mit einem Schmunzeln, erkennbare Unmutsäußerungen gab es nicht.
(…)
Quelle: SPIEGEL Online


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