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Titel: NDS-Serie zur Bundestagswahl: SPD

Datum: 25. August 2021 um 11:05 Uhr
Rubrik: SPD, Wahlen
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Nach Erscheinen der Beiträge zur Linkspartei und zur FDP folgt heute nun ein Beitrag zur SPD – zu ihrem „Zukunftsprogramm“, zur erkennbaren Wahlstrategie und den Wahlchancen. In dieser Einleitung will ich den Versuch machen, meinen Eindruck zusammenzufassen: Die Kapitel zur Gesellschafts-, Wirtschafts- und Finanzpolitik enthalten Aussagen und Programmpunkte, die man als fortschrittlich und teilweise interessant bezeichnen könnte. Mit dem dann von Seite 54 bis 64 folgenden Teil über „Europa in der Welt“ einschließlich eines winzig kleinen Kapitels über die friedenspolitischen Vorstellungen wird eingerissen, was zuvor an Interesse und Zustimmung aufgebaut worden war. Ghostwriter dieses Teils scheint die Rüstungslobby gewesen zu sein. Albrecht Müller.

Der folgende Text zur Vorstellung des SPD-Programms und Wahlkampfs gliedert sich in folgende Teile:

  1. Das Programm der SPD für die Bundestagswahl 2021
  2. Die Hauptparolen und Elemente der erkennbaren Strategie für den Wahlkampf
  3. Starke Personalisierung
  4. Die Schwerpunkte des Programms und einzelne interessante Vorschläge
  5. Gesamtbewertung
  6. Die SPD im aktuellen Meinungsbild einschließlich Rückblick auf bisherige Wahlergebnisse
  7. Absehbare Risiken im Wahlkampf

1. Das „Zukunftsprogramm“ der SPD

Die SPD bietet das Programm für die nächste Legislaturperiode in drei verschiedenen Fassungen an – als Langfassung, als Kurzfassung und in Leichter Sprache:

  1. Als Langfassung

    Diese Langfassung umfasst 66 relativ eng beschriebene Seiten. Auf Seite 2 gibt es eine Inhaltsübersicht.

  2. Kurzfassung

    Diese Fassung umfasst 16 Seiten.

  3. Das Wahlprogramm in Leichter Sprache

    Diese Aufteilung in drei verschiedene Versionen des Wahlprogramms/Zukunftsprogramms der SPD mag ja ganz nett gedacht sein. Die Aufteilung erschwert jedoch die Debatte darüber. Man weiß ja nie, welche Version der Diskussionspartner oder die Diskussionspartnerin gerade benutzt hat und zitiert.

    Die Anmerkungen und Bewertungen im folgenden Text beziehen sich in der Regel auf die Langfassung.

2. Die Hauptparolen und Elemente der erkennbaren Strategie für den Wahlkampf

Auf dem Titelblatt der Langfassung des Programms steht in großen Buchstaben:

AUS RESPEKT VOR DEINER ZUKUNFT
DAS ZUKUNFTSPROGRAMM DER SPD

und als Unterzeile:

Wofür wir stehen. Was uns antreibt. Wonach wir streben.

Hier der Hauptslogan als Plakat:

Auch auf anderen Werbemitteln des Wahlkampfes taucht der wohl wichtigste Begriff „Respekt“ immer wieder auf. Zusätzlich dann auch noch „Zukunft“ und gelegentlich „Kompetenz“:

Außerdem fällt auf, dass wir von der SPD geduzt werden.
Deutlich erkennbar im Hauptslogan und auf diesem Plakat:

Und hier als Video, gleich mit vielen Inhalten verbunden.

Die wichtigsten Worte sind also: Respekt, Zukunft, Kompetenz, und – nicht zu vergessen – rechts unten mit dem Logo der SPD verbunden: „Soziale Politik für Dich“ – also das Wort „sozial“. Immerhin.

Auf dem Deckblatt der Kurzfassung sind noch zwei weitere Botschaften enthalten: „Alle Stimmen für die SPD“ und Informationen zur Briefwahl. Damit will man vermutlich der von manchen kleineren Parteien betriebenen Taktik zum Stimmensplitting entgegenwirken, den bisher größeren Parteien großzügig die Erststimme zu gönnen und die Zweitstimme, die entscheidende Stimme, selbst einzuheimsen.

Anmerkungen zur Nutzung des Begriffs „Respekt“ und zur Ansprache der Menschen mit Du und Dich

„Respekt“ ist in der deutschen Sprache ein nicht alltäglicher Begriff. Die meisten Menschen nutzen ihn vermutlich gar nicht oder selten. Und es ist auch ungewöhnlich, dass eine Partei von den Wählern nichts will und ihnen mit dem Hauptslogan auch nichts Programmatisches verspricht und stattdessen etwas bietet: Respekt für Dich.

Man stellt sich mit diesem Begriff und auch mit der Kombination „Respekt für Dich“ nicht selbst dar. Die SPD lobt, ja feiert die Wählerinnen und Wähler.

„Respekt“ ist ein Begriff, der eher in konservativen Kreisen genutzt wird. Die herausragende Nutzung des Begriffs in der Wahlprogrammatik und Wahlpropaganda der SPD könnte der Versuch sein, den eher konservativen Teil der Wählerinnen und Wähler zu erreichen. Das erinnert mich an einen Slogan, den die SPD 1972 genutzt hat:

Das war damals ausdrücklich erfunden worden, um eher konservative Wähler anzusprechen. Der damalige Slogan hatte eine eher heitere Entstehungsgeschichte: Die Agentur und wir Verantwortlichen in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der SPD wollten schreiben: „Deutsche. Wir können stolz sein auf Willy Brandt“. Als wir dem damaligen SPD-Vorsitzenden und Bundeskanzler diesen Slogan auf einem Plakat vorstellten, kam prompt Widerspruch und auch gleich die neue Fassung „… stolz auf unser Land“, Original nach Willy Brandt. Dies nur nebenbei.

Der Nutzung des Wortes „Respekt“ und auch das Duzen könnte auch ganz einfach einen werbe-taktischen Hintergrund haben: Die Macher der Kampagne könnten damit bewusst einen sogenannten Stolperer eingebaut haben. Wohlwissend, dass jene Partei, die es schafft, dass über ihre Wahlkampfaussagen, über ihre Werbemittel und Slogans diskutiert wird, schon halb gewonnen hat, jedenfalls dann, wenn über diese Aussagen nicht vornehmlich negativ gesprochen wird.

Ob das mit dem Stolperer funktioniert, ist fraglich, jedenfalls offen. Das Wort Respekt liegt ein bisschen zu sehr außerhalb des Sprachgebrauchs der normalen Deutschen. Das war beim Wörtchen Stolz anders. Das war kein fremdes Wort und die Leute haben sich darüber gewundert, dass gerade die SPD uns und noch dazu uns Deutsche – groß geschrieben: DEUTSCHE – auffordert oder einlädt, stolz auf unser Land zu sein.

Also, ob das mit dem Respekt und dem Stolperer und der Ansprache konservativer Kreise funktioniert, ist offen. Mein vorläufiges Fazit: Die Nutzung des Begriffs „Respekt“ im Kontext mit der direkten Ansprache über das Du und Dich ist riskant, aber wahrscheinlich erfolgreich.

3. Starke Personalisierung

Die bisher bekannte SPD-Wahlwerbung lässt darauf schließen, dass die Wahlkampagne weitgehend auf die Person des Kanzlerkandidaten Olaf Scholz abgestellt wird. Das ist ausgesprochen erstaunlich:

  • Es setzt voraus, dass es gelingt, die Brücke vom Kandidaten zum Kreuz bei der SPD-Zweitstimme zu schlagen. Das wird eines der Hauptprobleme der SPD in diesem Wahlkampf werden. Olaf Scholz steht ja nicht auf den Stimmzetteln, die die Wählerinnen und Wähler in ihren Wahlunterlagen vorfinden. Nur in Brandenburg wird das so sein, sonst nirgendwo.
  • Die Konzentration auf die Person Olaf Scholz und damit auf eine Person wird im Laufe des Wahlkampfs dann noch besonders riskant, wenn die Angriffe auf ihn zunehmen und die Kritik an seiner bisherigen Politik in verschiedenen Funktionen fundiert hervorgekramt und vorgetragen wird: seine Sparpolitik und die Folgen für die Infrastruktur, seine Verwicklung in Cum-Ex-Geschäfte, die Blindheit für den Wirecard-Skandal, die gravierenden Fehler von Scholz beim G20-Gipfel in Hamburg, usw.
  • Außerdem könnte eine Diskussion über die offensichtliche Personalarmut der SPD beginnen.

4. Die Schwerpunkte des Programms/der Programme und einzelne interessante Vorschläge

Die folgende Abbildung ist die Inhaltsübersicht in der Langfassung des Programms. Von mir rot markiert sind 4 Schwerpunkte der Programmatik, die die SPD „Zukunftsmission“ nennt und mit römischen Ziffern durchnummeriert. Es gibt dann anschließend noch ein paar weitere Schwerpunkte zur Förderung der Wirtschaft, von Wissenschaft und Forschung und dann ein eigenes Kapitel zur Finanzierung, also zu den Steuern usw.

Auf der Übersicht gelb markiert sind weitere programmatische Vorstellungen, die auch viele Einzelheiten enthalten. Diese Texte von 3.1. bis 3.15. sind zugleich Elemente für die Definition dessen, was man bei der SPD unter „Respekt“ versteht. Die Gesamtüberschrift unter 3.0. lautet entsprechend: „Eine Gesellschaft des Respekts“.

In den im Folgenden wiedergegebenen Plakaten sind einige der Details der Programmatik aufgenommen:

12 € Mindestlohn – das ist unter den Abbildungen die konkreteste Forderung. Das andere sind eher Schlagworte.

Die Programmatik ist hier immer mit dem Kanzlerkandidaten kombiniert und unter den Forderungen steht kleiner geschrieben: „Scholz packt das an“.

Bevor ich auf einzelne (nicht alle) Schwerpunkte eingehe, ist noch eine Anmerkung zum Stil und zur Attitüde der Autoren des SPD-Programms nötig: Einige Gedanken und Vorschläge tauchen mehrmals auf, die Autoren schwelgen in der Sprache, sie übertreiben oft, Deutschland soll auf vielen Feldern Spitze in Europa und in der Welt werden, zum Beispiel soll Deutschland das „modernste Mobilitätssystem Europas“ bekommen – da fragt man sich, was angesichts dieses Eigensinns bis hin zum Protz die Betonung der Solidarität in Europa bedeuten soll.

Zum Schwerpunkt „Klimaneutrales Deutschland“ gehört:

  • Klimaneutrales Deutschland bis 2045
  • als Jobmotor
  • European green deal
  • Kreislaufwirtschaft
  • Klimaneutrale Mobilität mit Schwerpunkt Schienenverkehr (des Weiteren siehe nächsten Punkt)

Zum Schwerpunkt 2.2. Zukunftsvision II. Modernstes Mobilitätssystem Europas

  • Die SPD verspricht eine klimaneutrale Mobilität.
  • Sie kündigt einen Mobilitätsplan 2030 an, der den öffentlichen Personennahverkehr und den Schienenverkehr auf ein neues Niveau heben soll. Bahnfahren soll innereuropäisch günstiger und attraktiver sein als Fliegen.
  • Alle Großstädte sollen wieder ans Fernverkehrsnetz angeschlossen werden. Nachtzugverbindungen in unsere Nachbarländer sollen wieder etabliert werden.
  • 2030 sollen mindestens 15 Millionen Pkw in Deutschland voll elektrisch fahren.
  • Die SPD wagt es, etwas Selbstverständliches vorzuschlagen, immerhin: ein Tempolimit von 130 km/h auf Deutschlands Autobahnen.
  • Die Deutsche Bahn AG soll sich wieder auf ihr Kerngeschäft besinnen. – Auch das ist nach Mehdorns Größenwahn vernünftig.

Da ist insgesamt einiges Vernünftiges enthalten. Allerdings gilt hier wie für alles andere: Viele Menschen – das ergaben schon die ersten Leserbriefe – misstrauen der SPD, ob sie ihre Programmpunkte auch durchsetzt und/oder überhaupt durchsetzen will.

Zum Schwerpunkt „2.5. Wie wir eine zukunftsfähige Wirtschaft fördern wollen“ gehören beispielsweise:

  • Mit öffentlicher Beschaffung Innovationsimpulse setzen.
  • KfW stärken und weiterentwickeln. Sie soll eine moderne Innovations- und Investitionsagentur werden.
  • Förderung gemeinwohlorientierter Unternehmen
  • Fokus auf inländischen Tourismus
  • Letzteres muss man wohl mit Fragezeichen versehen. Sehr europa-freundlich ist ein solcher Schwerpunkt nicht.

Die Sprache in diesem Kapitel ist teilweise ziemlich aufgeblasen. Unentwegt ist von Start-ups die Rede. So neu ist der Begriff, und was man damit meint, nun auch wieder nicht. In der Broschüre, die die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft bei ihrer Gründung im Oktober 2000 präsentierte, war auch schon unentwegt dieser Begriff gebraucht worden.

Zum Kapitel „2.7. Wie wir unsere Politik finanzieren wollen“

Dieses Kapitel ist interessant und enthält Programmpunkte und Zustandsbeschreibungen, die bei einigen anderen Parteien nicht zu finden sind:

  • Eine Politik der Austerität wäre jetzt der falsche Weg. Die SPD „stehe für eine Finanz- und Haushaltspolitik, die die großen Zukunftsinvestitionen finanziert und so zukunftsfähige Arbeitsplätze schafft, ein klimaneutrales Wachstum ermöglicht und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt“. Sie werde dazu die „verfassungsrechtlichen Spielräume“ öffnen.

    In einer Koalition mit der FDP zum Beispiel wird dieses Versprechen nicht zu realisieren sein. Aber diese Feststellung ist kein Argument gegen die formulierte Positionierung der SPD.

  • Die ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung wird kritisiert. Sie sei nicht nur sozialpolitisch bedenklich, sondern auch ökonomisch unvernünftig. Sie verhindere nachhaltiges Wachstum. – Das klingt schön und progressiv, ist aber nicht richtig. Außerdem hätte der Hinweis auf den Skandal der immer schlimmer werdenden Einkommens- und Vermögensverteilung gereicht.
  • Der 3. Absatz dieses Kapitels enthält auch Aussagen zur Steuervermeidung der großen, international agierenden Unternehmen. Die angedeuteten Vorschläge zum Austrocknen von Steueroasen sind vage.
  • Später ist dann von der Besteuerung der sogenannten Digitalunternehmen die Rede, also von Google, Amazon, Facebook. Es heißt im Programm: Diese „müssen einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten“. Das klingt nicht gerade besonders mutig.
  • Die SPD will die Einkommensteuer für die Mehrheit, auch für die mittleren Einkommen senken. Im Gegenzug sollen die oberen 5 Prozent stärker für die Finanzierung der wichtigen öffentlichen Aufgaben herangezogen werden – mit einem Plus von 3 Prozent EK-Steuer für größere Einkommen als 250.000/500.000 Einkommen jährlich.
  • Das Ehegattensplitting soll für neue Ehen geändert werden.
  • Es soll eine Vermögenssteuer von 1 Prozent für „sehr hohe Vermögen“ geben.
  • Die Erbschaftssteuer soll reformiert werden. Das wird auch vergleichsweise gut begründet.
  • Es soll eine Finanztransaktionssteuer geben usw.

Es fehlt die Streichung der Steuerbefreiung der Gewinne beim Verkauf von Unternehmen und Unternehmensteilen.

Die Regierung Schröder mit Finanzminister Eichel hat zum 1.1.2002 dieses Steuerprivileg eingeführt. Es hat den Aufkauf vieler deutscher Unternehmen durch große Kapitalgruppen und Hedgefonds sehr gefördert. Die Steuerbefreiung wurde damals verkauft unter der gefälligen Überschrift „Auflösung der Deutschland AG“. Dass BlackRock – wie auf ähnliche Weise andere große Kapitalgruppen – heute in jedem DAX-Unternehmen mit einem Anteil vertreten ist und häufig auch die Geschäftspolitik und die Personalpolitik beeinflusst, hat mit diesem damals eingeführten und bis heute stillschweigend erhaltenen Steuerprivileg zu tun.

Es zeugt von der Abhängigkeit auch der SPD vom großen Kapital, dass dieses Privileg offensichtlich erhalten bleiben soll.

Aber, das muss erwähnt werden: Einzigartig ist die SPD mit dieser Abhängigkeit nicht.

An dieser Stelle bleibt noch anzumerken, dass die große und ordnungspolitisch relevante Veränderung, dass nämlich meist angelsächsische, große Kapitalgruppen Anteile an und damit Einfluss in den meisten deutschen Unternehmen erworben haben, im SPD-Programm keine große Rolle spielt. Das ist ein bemerkenswertes Defizit. Übrigens: Ich habe als Autor des Buches „Meinungsmache“ diesem Thema schon 2009 ein eigenes Kapitel gewidmet. Und Werner Rügemer hat auf den NachDenkSeiten vor kurzem in zwei Artikeln dieses wichtige Thema aufgegriffen.

Die wesentlichen sozialpolitischen und demokratiepolitischen Vorschläge sind im Kapitel „3.0. Eine Gesellschaft des Respekts“ untergebracht.

Inhaltlich geht das dort unter anderem um: Arbeit wertschätzen, Berufschancen erhöhen, Solidarität erweitern, Alter absichern, bezahlbares Wohnen, Gleichstellung verwirklichen, Demokratie stärken, Kultur fördern, sicher leben, Gesundheitsschutz und Jugendschutz, und Natur respektieren.

Hier ist die Illustration zur Einleitung dieser Kapitel:

Hier sind zunächst in Stichworten einige konkrete Vorschläge aufgelistet, die in den Kapiteln 3.1. bis 3.15. vorkommen:

  • Informationsfreiheitsgesetz
  • Lobbyisteneinfluss sichtbar machen
  • Tarifbindung
  • Bundestariftreuegesetz
  • Mindestlohn 12 Euro
  • Keine sachgrundlose Befristung
  • S. 36 Pflegevollversicherung, Bürgerversicherung
  • S. 37 Bezahlbares Wohnen (Vorkaufsrecht für Kommunen, Bodenpolitik=Gemeinwohl, Genossenschaften, Mietkaufmodelle, …)
  • Im Kapitel 3.7. „Gut aufwachsen“ gibt es ab S. 39 eine Reihe von Vorschlägen für Kinder und Jugendliche, darunter ein Vier-Säulen-Modell für mehr Familienzeit.
  • Ein neues Kindergeld soll das bisherige Kindergeld und den Freibetrag ersetzen
  • 3.8. „Gleichstellung verwirklichen“. Die SPD will ein Jahrzehnt der Gleichstellung und schlägt einiges in diesem Sinne vor.
  • 3.10. „Demokratie stärken“. – Der Text zu diesem wichtigen Thema zeigt, dass die SPD die wirklichen Gefahren für die demokratische Willensbildung nicht kennt oder nicht beim Namen nennen will, weil sie die Mächtigen in unserer Gesellschaft, jene, die die Meinung machen, die Besitzer der Medien, nicht vergrätzen will. Sie redet lieber von politischer Bildung, von Bildungsurlaub, von der Bedeutung der Zivilgesellschaft, usw. Gegen den allumfassenden Einfluss und die Macht der großen Medienkonzerne hilft das nicht.
  • Zum Schluss der Anmerkungen zum Teil 3.0. komme ich zurück auf das Kapitel „3.4. Alter absichern“. Der Text dazu beginnt bei Seite 35. Er enthält einiges Begrüßenswertes und einiges Problematisches.

    Begrüßenswert ist zum Beispiel die Aussage, dass die zentrale Grundlage für die Altersvorsorge die Gesetzliche Rentenversicherung bleiben soll, dass die SPD eine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters ablehnt, dass Solidarität in der Alterssicherung bedeuten muss, dass auch die Selbstständigen, Beamten, Freiberufler und Mandatsträger der gesetzlichen Rentenversicherung angehören sollen. Es sei an der Zeit, die Gesamtheit der Erwerbstätigen in die Rentenversicherung aufzunehmen und die Sondersysteme auf lange Sicht zu überwinden.

    Begrüßenswert ist auch der Vorschlag, die Möglichkeit einzuräumen, sich in angemessenem Umfang ergänzend freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung zu versichern.

    Problematisch ist die Aussage zum Rentenniveau. Dies soll mindestens 48 Prozent sein. – Das reicht nicht. Es ist nicht zu verstehen, dass die SPD nicht dem Vorbild Österreichs folgen will, das ein viel höheres Rentenniveau erreicht. – Die Aussage zu den 48 Prozent steht auch im Widerspruch zu einer Aussage im Wahlprogramm, die einen Absatz später im Zusammenhang mit dem Vorschlag, die Gesamtheit der Erwerbstätigen in die Rentenversicherung aufzunehmen, fällt. Da heißt es: „Wenn es zu einer Zusammenführung der Altersversorgung der Beamte*innen mit der gesetzlichen Rentenversicherung kommt, wird das Gesamtniveau ihrer Alterssicherung nicht reduziert.“

    Ins Deutsche übersetzt kann das doch nur heißen, dass das Niveau der gesetzlichen Renten auf das Niveau der heutigen Beamtenversorgung angehoben werden soll, jedenfalls in diese Richtung weiterentwickelt wird. Das ist die richtige Idee. Die Gesamtaussagen der SPD zur Altersvorsorge werden dieser richtigen Idee nicht gerecht.

Diese kritische Anmerkung soll nicht den Gesamteindruck vom gesellschaftspolitischen Teil des Programms korrigieren. Hier sind beachtliche fortschrittliche Ideen formuliert und Vorschläge enthalten.

Damit komme ich zu der in der Einführung formulierten Beobachtung zurück:

Nach 54 Seiten zur Gesellschafts-, Wirtschafts- und Innenpolitik mit durchaus fortschrittlichen Vorstellungen kommen dann noch 10 Seiten unter der Überschrift „4.0. Souveränes Europa in der Welt“ einschließlich eines Unterkapitels „4.5. Frieden sichern“. Die darin enthaltenen Analysen und Vorschläge sind nicht alle, aber mehrheitlich und im Kern eine große Enttäuschung. Die SPD verrät wie schon beim Eintritt in den Jugoslawien- Krieg ihren Markenkern – ihre Verdienste und ihren guten Ruf als die Partei der Verständigung, der Versöhnung und des Friedens.

Im Einzelnen geht es dabei unter anderem um Folgendes:

  • Die Überschrift dieses Teils heißt: 4.0. Souveränes Europa in der Welt.

    Die SPD setzt einen deutlichen Akzent auf Europa und spricht vom Souverän Europa. Das ist unter den herrschenden Bedingungen eine Illusion, zumal sich die SPD dann im weiteren Verlauf sowohl zu Erneuerung der Zusammenarbeit mit den USA, zu einem Neustart, und dazu bekennt, dass die NATO unverzichtbar sei. Als Begründung werden auch in diesem Programm die angeblich gemeinsamen Werte mit den USA beschworen.

    Die SPD unterscheidet sich in diesen Vorstellungen nicht wesentlich von der Union und auch nicht wesentlich von den Grünen. Das ist alles atlantischer Einheitsbrei.

    Die Betonung der Souveränität Europas hat in Kombination mit den Bekenntnissen zu einer europäischen Armee auch noch eine große Bedeutung für die Rüstungswirtschaft. Hier werden der Lobby der Rüstungswirtschaft sprachlich und ideologisch die Tore für eine effiziente und für die Rüstungswirtschaft zufriedenstellende Lobbyarbeit geöffnet.

    Darauf komme ich gleich zurück. Zunächst noch ein paar Stichworte zu weiteren Inhalten in diesem Kapitel zum „souveränen Europa“:

  • Die SPD ist gegen das Einstimmigkeitsprinzip in Steuerfragen und für eine Beendigung des Steuerdumpings zwischen den Mitgliedstaaten, insbesondere im Bereich der Unternehmensbesteuerung.
  • Sie ist für Mehrheitsentscheidungen bei der europäischen Außenpolitik.
  • Der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik soll langfristig zum EU-Außenminister weiterentwickelt werden.
  • Zur Sicherung des Friedens und der Verteidigung leiste die Bundeswehr einen verantwortungsvollen Beitrag. Nur mit einer gut ausgestatteten und modernen Bundeswehr könnten wir unseren Aufgaben als zuverlässiger Partner in Europa und der NATO gerecht werden. Unsere Soldatinnen und Soldaten können sich auf uns verlassen, heißt es weiter. Und dann wird stolz angemerkt: Wir haben daher nach vielen Jahren immer neuer Sparrunden die Investitionen im Verteidigungshaushalt erhöht. Und dann heißt es noch weiter, wir stünden für den bestmöglichen Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten und dazu gehöre auch der Einsatz von Drohnen. Die Entscheidung, ob diese auch bewaffnet werden sollen, könne verantwortbar erst nach einer umfassenden politischen und gesellschaftlichen Debatte getroffen werden.
  • In nur 3 Absätzen und insgesamt 17 Zeilen wird dann das Verhältnis zu Russland abgehandelt. Zunächst wird festgestellt, es sei im deutschen und europäischen Interesse, wenn wir mit Russland in Fragen der gemeinsamen Sicherheit, Abrüstung und Rüstungskontrolle wie auch bei Klima usw. gemeinsame Fortschritte erreichen. Danach heißt es: „Wir sehen jedoch auch, dass Europas Beziehungen zu Russland immer wieder Rückschlägen ausgesetzt sind.“ Und dann heißt es nach Aufzählung der auch bei Angela Merkel üblichen Vorwürfe gegen Russland (siehe ihr aktueller Besuch in Moskau und Kiew) – völkerrechtswidrige Annexion der Krim, Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine, Cyberangriffe auf den Deutschen Bundestag und Anwendung des international geächteten chemischen Kampfstoffes Nowitschok zur Ausschaltung innenpolitischer Gegner:

    „Russland bricht regelmäßig Internationales Recht und belastet damit die Beziehungen zu seinen Nachbarn.“

    Nach diesem harten Vorwurf heißt es dann wieder, die SPD setze bei aller erforderlichen Kritik auch bei Russland auf die Bereitschaft zum Dialog und zur Zusammenarbeit. Frieden in Europa könne es nicht gegen, sondern nur mit Russland geben. Und dann wird sogar von einer neuen europäischen Ostpolitik gesprochen.

    Also: Erst prügeln und dann auch noch darauf setzen, dass der Geprügelte das treuherzig abnickt. Dahinter steckt eine gravierende und gefährliche Fehleinschätzung. Schon 2007 beim Auftritt Putins bei der Münchner Sicherheitskonferenz war sichtbar geworden, dass Russland beim bisherigen Verfahren nicht mehr mitmacht. Es war erkennbar geworden, dass die russische Führung nicht mehr den Geprügelten spielen will. Es ist eingetreten, was wir auf den NachDenkSeiten als Gefahr beschrieben haben: Die vom Westen betriebene Konfrontation führt innerhalb Russlands zu einem negativen Wandel.

5. Gesamtbewertung

Während also der gesellschaftspolitische und innenpolitische Teil durchaus fortschrittliche Elemente enthält, ist der Teil zu Europa und zum Frieden in Europa und in der Welt über weite Strecken reaktionär und auch fern der uns bedrückenden Realität in Europa. Im Einzelnen:

  1. Es fängt damit an, dass sich die SPD das ganze Gerede über die Menschenrechte und unsere Mission zur Durchsetzung der Menschenrechte weltweit und einschließlich der damit verbundenen Regimechange-Versuche zu eigen macht.
  2. Es geht damit weiter, dass Russland nicht zu Europa gezählt wird. Damit macht sich die SPD die Vorstellung der konservativen bis reaktionären US-Organisationen, die im Jahr 2000 bei einer Konferenz in Bratislava eine Russland ausgrenzende Linie zwischen Finnland und dem Schwarzen Meer gezogen haben – Willy Wimmer hat davon in einem Brief an den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder berichtet. Damit war Russland aus Europa hinausdefiniert. Und diese reaktionäre US-amerikanische Vorstellung macht sich jetzt die SPD zu eigen.
  3. Wie beschrieben werden in diesem Wahlprogramm der SPD Russland entlang der im Westen ausgedachten Linie seine angeblichen Sünden vorgehalten. – Das ist eine Ansammlung von Behauptungen, die das Verhältnis zu Russland immer wieder belasten. Und der oben zitierte Satz, Russland breche regelmäßig internationales Recht und belaste damit die Beziehungen zu seinen Nachbarn, ist das Gegenteil dessen, was man zu Willy Brandts Zeit „Vertrauensbildung“ nannte. Hier wird Misstrauen gesät. Hier wird provoziert. Hier geschieht das Gegenteil dessen, was in der Formel „Wandel durch Annäherung“ mit Erfolg angedacht war: Wenn man schon die innere Entwicklung beim Partner kritisch sieht, dann macht es mehr Sinn, sich zu verständigen und zu kooperieren, weil dann auch der gewünschte positive Wandel eher zu erreichen ist.
  4. Typisch für diese Passagen des SPD-Programms: Was der Westen getan hat, um das Verhältnis zu Russland zu beschädigen, wird unterschlagen: die Ausdehnung der NATO bis an die russische Grenze, die Aufrüstung der Ukraine für den politischen Kampf gegen Russland. Deutschland hat die ausgestreckte Hand der russischen Führung immer wieder ausgeschlagen. Beispielhaft dafür war die mangelhafte Antwort auf die friedliche und konstruktive Rede des russischen Präsidenten im Deutschen Bundestag am 25. September 2001.
  5. Die Kriege der USA und anderer westlicher Länder einschließlich des Militäreinsatzes in Afghanistan werden nicht kritisiert. Im Gegenteil, die SPD fordert eine Neubelebung der transatlantischen Zusammenarbeit mit den USA. Also, auf gehts zu weiteren militärischen Interventionen am Rockschoß der USA, wie in Afghanistan!
  6. Dass die Entwicklung in Afghanistan den Unsinn der Militäreinsätze und den arroganten Anspruch, die Menschenrechte und Demokratie westlicher Prägung in alle Ecken der Welt zu exportieren, jetzt für jeden deutlich sichtbar gemacht hat, müsste dazu führen, dass die SPD diesen Teil ihres Wahlprogramms in die Tonne tritt. Das gilt auch für einige andere Elemente:
  7. Die SPD schlägt Mehrheitsentscheidungen innerhalb der Europäischen Union vor. Sie schlägt die Installierung eines europäischen Außenministers vor. Dabei verkennt sie, dass die Europäische Union in verschiedene Teile zerfällt und Mehrheitsentscheidungen inzwischen von feindseligen Teilen der Europäischen Union bestimmt werden können und werden. Das wurde deutlich, als Bundeskanzlerin Merkel zusammen mit dem französischen Präsidenten vor kurzem eine Einladung der EU zum Gespräch an den russischen Präsidenten vorschlug und daraufhin einige osteuropäische Staaten eine Mehrheitsentscheidung der Europäischen Union durchsetzten, die diesen Vorschlag in das Gegenteil, nämlich neue Sanktionen gegenüber Russland, umbogen.
  8. Wer nicht sieht, dass Teile der Europäischen Union von den USA gesteuert und bestimmt werden, und wer nicht sieht, dass Teile der Europäischen Union meinen, Rechnungen mit Russland offen zu haben, der sollte sich von der Politik verabschieden. Das gilt auch für jene Teile der SPD, die solche Texte als Programm für die nächste Legislaturperiode vorschlagen.

Man gewinnt bei der Lektüre dieses außenpolitischen und sicherheitspolitischen Teiles des SPD-Programms den Eindruck, dass sich hier reaktionäre Kräfte der SPD, die mit der ursprünglichen Friedenspolitik dieser Partei nichts zu tun haben und – soweit man erkennen kann – auch mit den Gedanken und Ideen des heutigen Fraktionsvorsitzenden Mützenich nicht viel zu tun haben, durchgesetzt haben. Man kann es auch konkreter machen: Hier hat vermutlich die Rüstungslobby die Feder geführt. Und dafür wurden im programmatischen Text zur Gesellschafts- und Innenpolitik ein paar durchaus fortschrittliche Konzessionen gemacht.

Wie fundamental die SPD in der Außen- und Sicherheitspolitik mit diesem Zukunftsprogramm 2021 ihre grundsätzliche Position verändert, wird besonders sichtbar, wenn man das Zukunftsprogramm mit dem Berliner Grundsatzprogramm der SPD vom 20. Dezember 1989 vergleicht. Dort war das Konzept der „Gemeinsamen Sicherheit“ auch mit Russland propagiert worden. Dort wurde Abrüstung propagiert. Und das Ende beider Blöcke, also auch der NATO, als Zukunftsvision formuliert.

Dass die SPD ihr Alleinstellungsmerkmal „Verständigung, sich vertragen, Entspannungspolitik und Friedenspolitik“ mit dem sogenannten Zukunftsprogramm für die Bundestagswahl 2021 so nachhaltig beschädigt, könnte dazu führen, dass ihre früheren Anhänger nicht in dem Maße zu ihr zurückkehren, wie das nötig wäre, um auch in der nächsten Legislaturperiode Regierungsverantwortung zu tragen.

Die im weiteren Verlauf gezeigte Tabelle über die Wahlergebnisse der SPD zeigt, dass die SPD noch 1998, also vor 23 Jahren, 40,9 der Zweitstimmen erreichte, also fast doppelt so viel, wie ihr heute bei Umfragen zugeschrieben werden. Danach sind unter dem Eindruck des Jugoslawien-Krieges und der Agenda 2010 reihenweise Mitglieder und Wählerinnen und Wähler davongelaufen.

Mit einigen der fortschrittlichen Elemente im gesellschaftspolitischen Teil des neuen Zukunftsprogramms und mit einer Besinnung auf die Friedenspolitik und auf frühere programmatische Aussagen dazu hätte die SPD einen Teil der Wählerinnen und Wähler von 1998 und ähnlich denkende jüngere Menschen zurückgewinnen können bzw. gewinnen können. Diese Chance hat sie mit dem Kern ihrer außen- und sicherheitspolitischen Vorstellungen im sogenannten Zukunftsprogramm verspielt. So meine Einschätzung.

6. Die SPD im aktuellen Meinungsbild und ein Rückblick auf bisherige Wahlergebnisse

Es ist zunächst interessant, sich einen Eindruck von der Entwicklung des Wählerpotenzials der SPD – und der anderer Parteien – zu verschaffen. Hier sind die Daten, die Wahlergebnisse aller relevanten Parteien von 1949 bis heute. Die SPD fing mit 29,2 % an, das war damals nach Ende des Krieges eine Enttäuschung. Sie erreichte Ende der Sechzigerjahre mit 42,7 einen Wert jenseits der 40 % und kurz darauf 1972 das beste Ergebnis mit 45,8 und dann 1998 noch einmal 40,9. Dann ging es bergab auf 20,5 % in 2017.

In den Umfragen der letzten vier Jahre dümpelte die SPD um die 15 % herum, also noch einmal um 10 % unter dem Wert von 2013 und 5 % unter dem Wert von 2017. Wenn man den Umfragen glauben darf, dann sind die Aussichten inzwischen etwas besser geworden. Der vor-letzte Überblick über Umfragen auf die sogenannte Sonntagsfrage vom 21. August sieht so aus:

In den Umfragen zwischen 19. August und 21. August liegt die SPD also im Schnitt bei 21 %. Das ist also ungefähr so viel wie bei der letzten Bundestagswahl im Jahre 2017.

Inzwischen erschien am 24.8.2021 eine Übersicht mit neuen Umfragen:

Diese Übersicht enthält die Ergebnisse einer Umfrage von INSA vom 23. August, wonach die SPD bei 23 % mit der Union gleichgezogen ist, und einer neuen Umfrage von Forsa vom 24. August. Danach liegt die SPD mit 23 % vor der Union, die 22 % erreicht.

Bitte beachten: 23 % sind ziemlich genau die Hälfte des bisher besten Ergebnisses von 45,8 % und genau so viel wie 2009 und weniger als 2013.

Ob 23 % ein realistischer Wert ist und wie sich die Umfragelage weiter entwickelt, wissen wir nicht.

Man sollte also ausgesprochen vorsichtig mit diesen Umfragen umgehen. Ich würde den Trend dabei herauslesen, dass sich die Tatsache, dass der SPD-Spitzenkandidat Scholz angesehener ist als seine Konkurrenten, tendenziell bei den genannten Parteipräferenzen niederschlägt. Wenn das einigermaßen richtig ist, dann sollte die SPD aber nicht vergessen, welche Risiken in der weiteren Entwicklung schlummern. Dazu noch ein paar kurze Anmerkungen.

7. Absehbare Risiken der SPD im Bundestagswahlkampf

Wenn der Spitzenkandidat der SPD, Olaf Scholz, wie bisher populärer bleibt als seine Konkurrenten, dann bleibt als Aufgabe und Risiko der SPD, diese Popularität in Zweitstimmen für die SPD umzumünzen.

Von gewisser Bedeutung für die Weiterentwicklung dürfte ein Risiko sein, dass eine Debatte über das bisherige Versagen und die Schwächen des Spitzenkandidaten Scholz beginnt. Bisher halten sich die anderen Parteien und die Mehrheit der Medien bei diesem Thema erstaunlich zurück. Dass das so bleibt, ist nicht zu erwarten. Die oben im Kapitel über die Personalisierung skizzierten Fehler des SPD-Kanzlerkandidaten sind gravierend und werden voraussichtlich noch zum großen Thema werden. Deshalb halte ich das Risiko einer weiteren Entwicklung zum Erfolg der SPD für ausgesprochen hoch.

Wegen der mangelhaften Qualität des SPD-Zukunftsprogramms in Sachen Frieden bleibt der SPD nicht einmal der eigentlich traditionelle Markenkern, nämlich die verlässliche Friedenspartei zu sein.

Für Wahlbeobachter und Politologen ist es jedenfalls spannend. Es ist spannend, zu beobachten und zu prüfen, ob eine Partei ihren Markenkern so opfern kann, wie die SPD das tut, ohne dabei total abgestraft zu werden. Ein interessantes Experiment.


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