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Titel: Das Triumfeminat – Angela Merkel, Friede Springer, Liz Mohn

Datum: 28. Januar 2011 um 9:41 Uhr
Rubrik: Das kritische Tagebuch, Lobbyismus und politische Korruption, Lobbyorganisationen und interessengebundene Wissenschaft, Strategien der Meinungsmache
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In Richard Wagners „Götterdämmerung“ nehmen die „Nornen“ eine wichtige Rolle ein, sie verkünden das nahe Ende der Götter. Nornen sind in der nordischen Mythologie drei schicksalbestimmende Frauen. Sie heißen Urd (das Gewordene), Verdandi (das Werdende) und Skuld (das Werdensollende). An diesen Mythos könnte man denken, wenn man an die das Schicksal Deutschlands wesentlich spinnenden Frauen Liz Mohn, Friede Springer und Angela Merkel denkt. Die Haupterbin Axel Springers und mächtigste Medienfrau Deutschlands, Friede Springer, als die Sachwalterin des „Gewordenen“, die Matriarchin des Bertelsmann Konzerns und ihrer Stiftung, Liz Mohn, als die Fadenspinnerin des „Werdensollenden“ und Angela Merkel als Verantwortliche für das „Werdende“.
Jedenfalls gehören diese drei Damen zu den einflussreichsten Machtträgerinnen in Deutschland – man könnte geradezu von einem Triumfeminat sprechen. Wolfgang Lieb

Sie sind eng miteinander befreundet. Man spricht sogar von regelmäßigen gemeinsamen Kaffeekränzchen im Kanzleramt.

Selbst der Regierungssprecher bestätigte, dass die Kanzlerin eine „sehr enge, vertrauensvolle Beziehung zur Familie Mohn“ habe. Liz Mohn steht sozusagen für das „Werdensollende“: Mit ihrer Bertelsmann Stiftung steht sie der Kanzlerin mit allen Handreichungen für die politische Gestaltung der wirtschaftsliberal globalisierten Welt stets zur Verfügung. Und mit der Medienmacht des Bertelsmann Konzerns hilft sie, dass etwa die Konzepte des „überdehnten Sozialstaates“ oder der „Überalterung“ der Gesellschaft auch zur herrschenden Meinung gemacht werden.

Friede Springer wiederum war nicht nur auf der Wahlfrauenliste der CDU bei den letzten Bundespräsidentenwahlen, sie saß auch (neben Sabine Christiansen, einer Kanzlerinnen-Talkerin) applaudierend auf der Gästetribüne des Bundestages als Angela Merkel zur Kanzlerin gewählt wurde. Da war endlich geschafft, was ihre Zeitungen lange vorbereitet hatten.

Die Verlegerin Friede Springer sitzt neben Chef-Talkerin Sabine Christiansen, der Gesellschaftsreporterin Inga Griese und Isa Gräfin von Hardenberg (v.r.).© Peter Kneffel dpa/lbn
Quelle: stern.de

Die Kanzlerin weiß jedenfalls was sie an Friede Springer hat. Das kann sie einigermaßen regelmäßig in den Springer-Zeitungen „Bild“ und „Welt“ nachlesen. Dort wird „das Gewordene“ – also die aktuelle Politik der Kanzlerin – mit größtmöglichem Wohlwollen begleitet. Mit mächtigen Balkenschlagzeilen wurde Angela Merkel etwa als „mächtigste Frau der Welt“ gerühmt und auch sonst kann die Kanzlerin auf die Springer-Zeitungen zählen – z.B. wenn es gegen Griechenland geht. Mehr Hofberichterstattung geht kaum noch.

Diese „vertrauensvolle Beziehung“ zwischen Angela Merkel und Friede Springer schoss mir durch den Kopf als ich letzte Woche die tägliche Bild-Zeitung und Bild am Sonntag las.

Wie kam es plötzlich zu den fetten Überschriften „So starb die Gorch-Fock-Matrosin“ oder „Minister Liebling im Sturm“?
Und warum konfrontierte gerade dieses meinungsmächtige Boulevard-Blatt seine Leser mit „Ekel-Ritualen“ in der Bundeswehr oder mit dem Zitat, die Gorch-Fock sei „der größte schwimmende Puff Deutschlands“?

Hat mit solchen Titeln nicht gerade die Bild-Zeitung dem Verteidigungsminister, Deutschlands mit Abstand „beliebtesten Politiker“, einen kräftigen Schuss vor den Bug gegeben? Und das nachdem sie die Guttenbergs monatelang mit einem Poster nach dem anderen zu Stars hochgeschrieben hat. Warum hetzte gerade diese Springer-Zeitung – wieder einmal – die Medienmeute auf zu Guttenberg?
Wie ist diese (wohl kurzfristige) Attacke der Bild-Zeitung auf Deutschlands „Liebling“ zu erklären? Warum wollte man ihm einen kleinen Kratzer im Lack verpassen?

Könnte da vielleicht Angela Merkel im (natürlich) gepflegten Plausch mit Friede Springer dezent die Frage angedeutet haben, was die Blätter ihres Verlags eigentlich für ein Ziel damit verfolgten, wenn sie ihr, der Kanzlerin, einen lästigen Konkurrenten hochschreiben? Und könnte vielleicht Friede Springer, aufgeschreckt von ihrer Freundin Angela Merkel, gegenüber ihrem Consigliere Mathias Döpfner, ihrem treuen Diener im Konzern eine zarte Andeutung in diese Richtung gemacht haben? Und könnte dann möglicherweise der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG bei einer Tasse Kaffee mit den Chefredakteuren von Bild und Bild am Sonntag so ganz nebenbei eine Bemerkung fallen gelassen haben, dass die Vorfälle bei der Bundeswehr doch nicht so ganz koscher seien und zu Guttenberg schon mal eine bessere Figur abgegeben habe?

Nein, so lief das natürlich nicht ab. Das könnte ja nur der wirren Phantasie eines Verschwörungstheoretikers entsprungen sein. Aber eines ist jedenfalls sicher, das Triumfeminat hält – jedenfalls noch – zusammen. Und Angela Merkel kann sich auf Friede Springer und Liz Mohn verlassen, solange die Kanzlerin das „Werdende“ im Sinne des „Gewordenen“ (im Sinne der Springer-Zeitungen) und des „Werdensollenden“ (im Sinne der Bertelsmann-Stiftung) weiterspinnt.
Wenn nicht, dann drohte der Kanzlerin allerdings die Götterdämmerung.


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