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Titel: Olivgrüne Steigerung der nuklearen Gefahr

Datum: 7. August 2022 um 11:45 Uhr
Rubrik: Aufrüstung, Strategien der Meinungsmache
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Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warf Russland zu Beginn der diesjährigen Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrages in der UNO Anfang dieses Monats „rücksichtslose nukleare Rhetorik“ vor[1]. Wie sehr Baerbocks politische Positionen eine Gefahr für den Weltfrieden darstellen, wird klar, wenn man sich mit der Nuklearstrategie der USA befasst. Von Bernhard Trautvetter.

Eines der Dokumente zur US-Nuklearstrategie ist die Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) vom Mai 2020 – Zitat:

Dass amerikanische Verteidigungsplaner nukleare Optionen unterhalb der Schwelle eines strategischen Nuklearkriegs suchen, ist heute wie auch während des Ost-West-Konflikts auf das Bemühen zurückzuführen, einen nuklearen Krieg führen zu können, der möglicherweise auf das europäische Gefechtsfeld begrenzbar ist.“[2]

Eine Studie der Los-Alamos-Labore, die schon im Zweiten Weltkrieg die Entwicklung der Atombomben verantworteten, befasste sich zu Beginn unseres Jahrhunderts mit der Bedeutung der nuklearen Potentiale der US-Armee im 21. Jahrhundert. Dort heißt es:

Einige Ziele erfordern für ihre Zerstörung die Energie einer Nuklearwaffe. Doch kann die nukleare Sprengkraft, die zur Zerstörung solcher Ziele erforderlich ist, durch eine präzise Zielführung erheblich reduziert werden. Nur relativ wenige Ziele erfordern eine hohe nukleare Sprengkraft. Zu den Vorteilen einer geringeren Sprengkraft zählen geringere Kollateralschäden, Vorteile für die Vereinigten Staaten bei der Rüstungskontrolle und die Möglichkeit, diese Waffen mit größerer Sicherheit und geringeren Kosten zu erhalten, als dies unser derzeitiges Atomwaffenarsenal erfordert. Jetzt ist es Zeit, die Rolle und die Zusammensetzung der künftigen Nuklearstreitkräfte zu überdenken.“[3]

Die Nuclear Posture Review vom 31. Dezember 2001, ein Dokument für den US-Kongress, zeigt die Richtung für das so genannte Überdenken an:

Bei der Festlegung der Anforderungen an die nuklearen Schlagfähigkeiten kann zwischen den Eventualitäten unterschieden werden, auf die die Vereinigten USA vorbereitet sein müssen. Eventualitäten können kategorisiert werden als unmittelbar, potenziell oder unerwartet.“ [4]

Im September 2002 veröffentlichten die USA ein Dokument zur nationalen Sicherheitsstrategie mit der Option eines nuklearen Erstschlags als Reaktion auf eine von ihrer Führung so eingeschätzten Bedrohung:

Um … feindliche Handlungen … zu verhindern, werden die Vereinigten Staaten wenn nötig, präventiv handeln. … Doch in einer Zeit, in der die Feinde der Zivilisation offen und aktiv nach den zerstörerischsten Technologien der Welt greifen, können die Vereinigten Staaten nicht untätig bleiben, während sich Gefahren zuspitzen.“[5]

Wenn Frau Baerbock ihre Anklage gegen Russland in Unkenntnis solcher Dokumente aus NATO-Staaten verbreitet, ist das mehr als eine unverantwortliche und im 21. Jahrhundert brandgefährliche Naivität. Wenn sie ihre Worte in Kenntnis der Fakten gewählt hat, dann erinnert das an John Lennons Worte „you must learn to smile as you kill“ [6]. Der liebenswürdige Schein der kalkulierten Manipulation zur Beschwichtigung der Öffentlichkeit zielt darauf ab, freie Hand zu haben für ein nicht zu verantwortendes Handeln in einer ökologisch und sozial gefährdeten Welt zwischen Kriegen und Friedenshoffnung.

Außenministerin Baerbock sah in ihrer Rede vor der UNO-Konferenz die Verantwortung dafür, dass die nukleare Geißel auch noch 77 Jahre nach Hiroshima existiert, in China und Russland:

Wenn wir es wirklich versuchen, können wir Fortschritte erzielen. Aber sie können nur erreicht werden, wenn alle Kernwaffenstaaten glaubwürdige Maßnahmen ergreifen. Russland tut heute das Gegenteil. Chinas Arsenale wachsen.“ [7]

Sie verschweigt unter anderem, dass der kürzliche Nato-Gipfel in Madrid vereinbarte, dass das „nukleare Abschreckungsdispositiv der NATO … auf vorwärtsdislozierten Kernwaffen der Vereinigten Staaten in Europa“ basiert[8]. Die USA hatten die Welt an den Abgrund des Atomkriegs geführt, als die Sowjetunion Kernwaffen vor ihrer Haustür auf Kuba dislozierte. Umgekehrt soll Russland es hinnehmen, wenn sie vor der russischen Westgrenze in Europa Kernwaffen dislozieren.

Die Gefährlichkeit dieser Arsenale nimmt durch eine immer weiter ausgefeilte Technik mit punktgenauer Zielfindungstechnik und gezielt eingestellter Sprengkraft beständig zu. Die NATO plant bis 2024 die Stationierung von neuartigen atomaren Systemen der USA unter anderem in Büchel bei Koblenz, deren Zielgenauigkeit und präzise Dosierbarkeit sie laut NATO-Militärs wie US-General Cartwright als besonders gebrauchsfertig (more usable)[9] einstufen lässt. Für mögliche Atomangriffe mit diesen Arsenalen plant die Ampel-Regierung die Anschaffung von 35 US-Tarnkappenbombern vom Typ F-35, deren Beschaffenheit dazu führt, dass er „für ein gegnerisches Radar nur auf kurze Distanzen zu erfassen ist“[10].

Damit erreicht Europa eine Situation gesteigerter Gefährlichkeit, da mit diesen Offensivsystemen ein Nuklearkrieg aus Versehen in immer greifbarere Nähe rückt: Nukleare Offensivsysteme der USA auf europäischem Grund mit wenigen Minuten Flugzeit von der russischen Grenze entfernt, bedeuten, dass im Fall eines Fehlalarms Vorwarnzeit wegfällt, in der die Techniker prüfen könnten, ob der Alarm einem Systemfehler entspringt oder zutrifft.

Da diese Enthauptungs-Systeme auf Atomraketensilos und militärische Leitzentralen zielen können, bedeutet ein Alarm, sollte er zutreffen, dass in Minutenschnelle die eigene Zweitschlagsfähigkeit getroffen und ausgeschaltet wird[11]. Dies bedeutet in der Militärsprache, die Führungskräfte stehen vor der Alternative ‚use it or lose it!‘. In anderen Worten: Starte die eigenen nuklearen Arsenale, bevor sie der Zerstörung preisgegeben sind.

Titelbild: New Africa / Shutterstock



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