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Titel: Hallo, Sozialdemokraten! Wenn Ihr nicht aufwacht, landet die SPD noch da, wo die israelische Schwesterpartei schon gelandet ist: in der Bedeutungslosigkeit von 11%.

Datum: 11. Februar 2009 um 15:47 Uhr
Rubrik: Das kritische Tagebuch, Israel, SPD, Wahlen
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Die Deutsche Welle (siehe unten Anhang) meldet heute: „Großer Wahlverlierer ist Verteidigungsminister Ehud Barak mit seiner Arbeitspartei, die mit 13 Sitzen das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte erzielte.“ 13 Sitze von 120, das sind knapp 11 %. Die Arbeitspartei hatte Israel maßgeblich aufgebaut und bis in die Siebzigerjahre Regierungen und Präsidenten gestellt. Ihr Niedergang ist wesentlich auch mit ihrer Anpassung an konservative und nationalistische Tendenzen verbunden. Meinungsführend ist sie wie die SPD hierzulande schon lange nicht mehr. Albrecht Müller

Der Niedergang der SPD in Deutschland auf zurzeit nach Umfragen zwischen 25 % Infratest und 23 % Forsa ist kein Wunder. Man muss sich nur die letzten Meldungen anschauen: da macht sie eine so genannte Schuldenbremse mit, die katastrophale Folgen für das Land und auch für die Gestaltungsmöglichkeit einer potenziell linken Mehrheit hat. Siehe dazu den Beitrag in kritischen Tagebuch. Oder: Die SPD ist unfähig, die Ablösung von Bahnchef Mehdorn zu verlangen. Oder: Die SPD macht an führender Stelle nämlich in der Person ihres Bundesfinanzministers Steinbrück an der so genannten Rettung von Banken mit, die dies schon lange nicht mehr verdient haben. 100 Milliarden Euro werden schon zur Rettung der vergleichsweise kleinen Bank Hypo Real Estate (HRE) bereitgestellt. Die letzte Meldung dazu hier. Beim Konjunkturpaket II mit einem kleines Investitionsprogramm von ca. 20 Milliarden meckerte der SPD-Finanzminister, weil das angeblich zu viele Schulden bringt. Hunderte von Milliarden für die Bankster, Bruchteile für den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Die SPD lässt ihren Bundesfinanzminister gewähren, obwohl mit den Bankern, die sich verzockt haben, ganz anders umgegangen werden müsste. Über die Empfehlungen eines wirklichen Sozialdemokraten, des US-amerikanischen Professors Galbraith haben wir heute gerade berichtet. In Insolvenz gehen lassen und das Management radikal austauschen. Im Falle der HRE wurde es sinnigerweise durch ein Management ersetzt, das der Deutschen Bank nahe steht. Der Bundesfinanzminister und seine maßgebliche Mitarbeiter sind genauso wie die Bundeskanzlerin mit der Finanzindustrie verschwägert. Steinbrück gilt aber als ein maßgeblicher Sozialdemokrat, immerhin ist er stellvertretender Parteivorsitzender. Mit solchen Personen und mit ihrer an die Oberschicht angepassten Politik wird die SPD um die 25 % landen. Und dann geht es weiter in Richtung der Ergebnisse der Arbeitspartei in Israel. Wenn nichts geschieht.
Im Unterschied zu manchen andern Beobachtern glaube ich nicht, dass es in Deutschland ohne die SPD eine politisch wirksame linke Mehrheit geben wird. Deshalb deprimiert ihre Entwicklung. Und deshalb appellieren wir an alle Sozialdemokraten, endlich aufzuwachen und sich wieder eigene Gedanken über die Probleme unseres Landes zu machen. Ich appelliere an die Sozialdemokraten unter unseren Lesern, ihre Abgeordneten und sonstigen Mandatsträger aufzuwecken und sie zur Rechenschaft zu ziehen.

Anhang:

Israel | 11.02.2009
Äußerst knapper Wahlausgang in Israel
Die Kadima-Partei mit ihrer Spitzenkandidatin, der amtierenden Außenministerin Zipi Livni, hat die Parlamentswahl äußerst knapp gewonnen. Wie die Wahlkommission am Mittwochmorgen (11.02.2009) mitteilte, erreichte die Kadima 28 der insgesamt 120 Sitze in der Knesset. Der Likud-Block von Oppositionsführer Benjamin Netanjahu kommt demnach auf 27 Mandate. Drittstärkste politische Kraft im Parlament wurde mit 15 Sitzen die Partei “Israel Beitenu” des Ultranationalisten Avigdor Lieberman. Großer Wahlverlierer ist Verteidigungsminister Ehud Barak mit seiner Arbeitspartei, die mit 13 Sitzen das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte erzielte. Knapp dahinter konnte sich die streng religiöse Schas-Partei mit 11 Mandaten platzieren. Damit vollzog sich der erwartete Rechtsruck in Israel, auch wenn dieser nicht so stark ausfiel wie erwartet.
Quelle: DW-WORLD.DE


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