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Titel: Vereinte Nationen warnen vor wachsender staatlicher Repression in Argentinien
Datum: 27. Juli 2025 um 13:00 Uhr
Rubrik: Erosion der Demokratie, Innere Sicherheit, Länderberichte
Verantwortlich: Redaktion
Neun Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrats schlagen Alarm: Seit dem Amtsantritt von Präsident Javier Milei im Dezember 2023 beobachten sie einen massiven Abbau von Grundfreiheiten in Argentinien. In einem förmlichen Schreiben an die Regierung kritisieren sie insbesondere das repressive Vorgehen gegen soziale Proteste und die Angriffe auf die Unabhängigkeit der Justiz. Von Yannik Mallmann.
Das am 12. Mai übermittelte Schreiben kritisiert unter anderem die Umsetzung des sogenannten Anti-Streikposten-Protokolls, das Sicherheitsministerin Patricia Bullrich eingeführt hat und das die Sicherheitsbehörden seitdem anwenden. Die Maßnahmen haben laut UN „alarmierende” Folgen. So sei die Demonstrations- und Versammlungsfreiheit massiv eingeschränkt und Protestierende würden eingeschüchtert, eingekesselt und teilweise willkürlich verhaftet, häufig unter Einsatz von Tränengas und anderen nichttödlichen Einsatzmitteln.
Laut den Berichterstattern wurden Teilnehmende friedlicher Proteste, darunter auch Medienschaffende, Kameraleute sowie ältere Menschen, regelmäßig Opfer polizeilicher Willkür. Die Berichterstatter betonen auch den Vorfall vom 12. März, bei dem der Fotojournalist Pablo Grillo von einer Tränengasgranate am Kopf getroffen und schwer verletzt wurde. Zahlreiche Verletzte sollen zudem keine angemessene medizinische Versorgung erhalten haben.
Die erhaltenen Informationen zeichnen ein Bild systematischer Repression: Einsätze mit übermäßiger Polizeipräsenz, Blockaden von Zufahrtswegen zu Kundgebungen und gezielte Eskalationsstrategien seien mittlerweile gängige Praxis.
Besonders alarmierend sei aus Sicht der UN auch der direkte Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz. Ein Beispiel sei die Richterin Karina Andrade, die infolge ihrer Untersuchungen zu den über 100 Festnahmen im Zusammenhang mit einer Demonstration vom 12. März massiven Schikanen durch Regierungsvertreter, den Präsidenten persönlich und regierungsnahe Online-Netzwerke ausgesetzt sei.
Die Berichterstatter sehen darin eine organisierte Strategie zur Einschüchterung und Bestrafung von Mitarbeitenden der Justiz, die gegen exzessives staatliches Vorgehen ermitteln. Es zeigt sich ein Muster struktureller Schikanen gegen Richter und Staatsanwälte, das den Zugang zur Justiz und damit die Aufarbeitung schwerer Menschenrechtsverletzungen erheblich behindert.
Weitere Maßnahmen wie das neue Anti-Mafia-Gesetz ermöglichen zudem präventive Festnahmen ohne richterlichen Beschluss, was einen Bruch mit den rechtsstaatlichen Prinzipien darstellt.
Hinzu kommen feindselige Äußerungen hochrangiger Regierungsmitglieder gegenüber zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Bewegungen. Die UN-Sonderberichterstatter warnen vor einer politisch motivierten Kriminalisierung friedlicher Proteste, die zunehmend als terroristische Akte oder Bedrohung der nationalen Sicherheit eingestuft werden.
Dieser Artikel erschien zuerst auf Amerika21.
Titelbild: Von KI (Grok) erstelltes Symbolbild
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