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Titel: Brisante Stationierungspläne: US-Physiker Theodore Postol warnt vor Deutschlands Rolle als „Zündpunkt“ für den Atomkrieg
Datum: 19. Oktober 2025 um 12:00 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Aufrüstung, Veranstaltungshinweise/Veranstaltungen
Verantwortlich: Redaktion
Die deutsche Öffentlichkeit muss sich ganz klar darüber sein, dass durch die Stationierung der „Dark Eagle“-Hyperschallwaffen ein Prozess in Gang gesetzt wird, der zu einer gigantischen Explosion und einer globalen Katastrophe führen kann. Der renommierte US-Physiker und ehemalige Berater des US-Militärs Theodore Postol hat in Berlin eine erschütternde Analyse der atomaren Bedrohung vorgelegt, die in einer dringenden Warnung vor den aktuellen Stationierungsplänen in Deutschland gipfelte. Er betonte unmissverständlich, dass die Zerstörungskraft von Atomwaffen jede menschliche Vorstellungskraft übersteige und die oberste politische Priorität einzig in der Verhinderung ihres Einsatzes liegen müsse. Ein Bericht von Éva Péli.
Der US-Physiker Theodore Postol warnte bei einer Veranstaltung in Berlin nachdrücklich vor den Plänen zur Stationierung mobiler US-Raketen in Deutschland im Jahr 2026. Er sieht darin eine existenzielle Gefahr, da diese Maßnahme die Bedingungen wiederherstelle, die 1983 während des NATO-Kriegsspiels „Able Archer 83“ beinahe zu einem globalen Atomkrieg geführt hätten.
„Die Tatsache, dass Deutschland der Auslösepunkt für die Katastrophe in ‚Able Archer‘ war, ist brisant, da die amerikanische und die deutsche Regierung planen, mobile Raketen im Jahr 2026 nach Deutschland zu bringen. Damit stellen sie die Bedingungen wieder her, die zu einer solchen globalen Katastrophe führen könnten.“
Er war auf Einladung der Eurasien Gesellschaft und des International Schiller Institute am 9. Oktober in den Berliner Sprechsaal gekommen. Dort schilderte er eindrücklich anhand seiner Forschungserkenntnisse und des Wissens um die US-Atombombenabwürfe 1945 auf Hiroshima und Nagasaki die Folgen eines Atomkrieges.
Der Physiker geht davon aus, dass es sich bei den geplanten Systemen entgegen offizieller Dementi um Nuklearwaffen handeln muss, da ihre geringe Anzahl konventionell keinen Unterschied machen könne. Er warnte, dass diese Waffen von Moskau als atomar bestückt behandelt würden, was eine Gegenstationierung durch Russland zur Folge hätte.
Postol nannte das politische Argument, die Stationierung diene der „verstärkten Abschreckung“, als gefährlichen Trugschluss:
„Das Argument, das man von Politikern hören wird, lautet, dass diese Waffen die Abschreckung erhöhen“, so der renommierte Physiker. „Tatsächlich jedoch provozieren sie.“
Die Abschreckung sei jedoch durch die Tausenden strategischen Langstrecken-Atomwaffen der USA und Russlands „bereits gegeben“. Die neue Stationierung in Deutschland, so die alarmierende Schlussfolgerung des renommierten US-Physikers, diene daher nicht der Sicherheit, sondern ausschließlich der Schaffung eines „Zündpunkts“ für einen globalen Konflikt:
„Indem Waffen nah an den potenziellen Gegner herangerückt werden, verkürzt sich die Reaktionszeit der Gegenseite drastisch, was in einer Krise den Zwang zum präventiven Erstschlag erhöht und die Wahrscheinlichkeit eines unbeabsichtigten Unfalls massiv steigert.“
Für Postol hat diese Politik „nichts mit verstärkter Abschreckung zu tun“, sondern erhöht lediglich das „Ausmaß der Provokation“.
„Das Ende der Zivilisation“: Die Ignoranz über die Zerstörungskraft
Theodore Postol war Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und hatte als Berater der US Navy führend an der Entwicklung der „Trident“-U-Boot-Rakete mitgewirkt sowie für das US-Kriegsministerium Pentagon an Atomkriegsplanungen mitgearbeitet. Er legte in Berlin eine schonungslose Analyse der atomaren Bedrohung vor und kritisierte die gefährliche Unwissenheit in militärischen und politischen Führungsebenen scharf.
Seine Hauptbotschaft ist unmissverständlich und stützt sich auf physikalische Fakten, nicht auf Spekulationen:
„Der erstaunlich einfache Punkt sei, „dass Atomwaffen so zerstörerisch sind, dass ein Atomkrieg im Wesentlichen das Ende der Zivilisation bedeuten würde.“
Der Experte kritisierte die Verharmlosung von Atomwaffen als bloß „größere“ konventionelle Waffen:
„Ein Atomkrieg ist viel tödlicher, viel gnadenloser, und wahrscheinlich sind die Auswirkungen viel langfristiger als selbst ein schrecklicher Krieg wie beispielsweise der Zweite Weltkrieg.“
Die Illusion des Sieges und die Unwissenheit der Eliten
Diese Fehleinschätzung führe dazu, dass die atomare Bedrohung als „normale“ Kriegsführung abgetan werde. Menschen, die denken, es sei nur ein Krieg – wie zum Beispiel Friedrich Merz, der sagt: „Lasst uns einfach Krieg führen, und wenn er vorbei ist, werden wir alle glücklich sein“ – sind laut Postol schlecht informiert. Die nukleare Gefahr sei keine Theorie, sondern eine „existenzielle Tatsache“:
„Es ist nichts anderes, als würden wir in einer Lache Benzin sitzen, Streichhölzer anzünden und sie aufeinander werfen. So ernst ist die Lage.“
Die Idee, einen Atomkrieg führen und gewinnen zu können, sei aus menschlicher Sicht „sinnlos“. Wer seine Atomwaffen aufrüste, mache sich etwas vor: „Sie sind entweder völlig ignorant oder völlig verblendet – oder beides.“
Postol legte seine Erfahrungen aus dem Pentagon von 1982 bis 1984 dar, wo er selbst bei hochrangigen Entscheidungsträgern erschreckende Unkenntnis feststellte:
„Ich kann Ihnen sagen, dass die Menschen die grundlegendsten Aspekte von Atomwaffen und deren Auswirkungen nicht verstehen.“
Das sieht er als eine große Gefahr.
„Able Archer 83“: Fünf Tage bis zum globalen Atomkrieg
Im Rahmen seiner eindringlichen Warnung beleuchtete der Physiker die beängstigenden Mechanismen der atomaren Eskalation anhand der historischen NATO-Übung „Able Archer 83“.
Das Kriegsspiel simulierte 1983 eine Konfrontation zwischen NATO und Warschauer Pakt. Die Simulation zeigte, wie schnell der Konflikt außer Kontrolle geriet und Deutschland als „Auslösepunkt für eine globale nukleare Katastrophe“ fungierte.
Die Simulation eskalierte innerhalb von fünf Tagen vom Einsatz taktischer Atomwaffen bis zu massiven Schlägen mit strategischen Atomwaffen. Postol zeigte, dass allein der radioaktive Fallout in Nordeuropa und Deutschland eine enorme Zahl von Menschen innerhalb kurzer Zeit töten würde, ohne dass die Folgen von Explosionen und Feuer eingerechnet sind. „Die Zerstörungskraft ist so groß, dass beide Seiten vernichtet werden. Es gibt also in keiner Weise einen Sieg.“
Das Problem liege in der Natur der Atomwaffen, erklärte der Physiker. Sie seien so mächtig, dass, sobald eine Seite beginne, sie gegen die andere einzusetzen, jede Seite sich gezwungen sehe, zurückzuschlagen, um so viel wie möglich von der Schlagkraft des Feindes zu zerstören.
„Sobald man sich auf dieses Spiel einlässt, hat man keine Wahl mehr. Man kann nicht sagen: ‚Lasst uns aufhören‘, denn man weiß nicht, ob der Gegner nicht noch weiter eskalieren wird, bevor man selbst aufhört, und das gibt dem Gegner die Möglichkeit, auf eine Weise zu eskalieren, die einem noch mehr Schaden zufügt.“
Die Übung hätte beinahe in einen tatsächlichen Atomkrieg geführt, weil die sowjetische Führung befürchtete, die NATO bereite tatsächlich einen Angriff vor. Sie konnte schließlich auch durch die Informationen von Rainer Rupp, damals NATO-Mitarbeiter und zugleich Kundschafter der Auslandsaufklärung der DDR, überzeugt werden, dass es nur eine Übung war.
Postol bezeugte die im Pentagon herrschende „wahnhafte“ Vorstellung, ein Atomkrieg sei „gewinnbar“. Die beschriebene „Sieg“-Definition implizierte die sofortige Zerstörung der gesamten Zivilisation der nördlichen Hemisphäre. Die Argumentation, die US-Amerikaner würden gewinnen, „weil sie mehr Atomwaffen übrighätten“, nannte der Physiker „absolut verrückt“ und „sinnlos“. Trotzdem zwinge die militärische Strategie dazu, im Atomkrieg kämpfen und gewinnen zu wollen, wobei der Weg zum Sieg darin bestehe, zuerst zuzuschlagen.
Schockierende Inkompetenz im Pentagon
Der Physiker übte schonungslose Kritik an der institutionellen Unwissenheit in den militärischen Führungsebenen und untermauerte seine Warnungen mit einer wissenschaftlichen Fallstudie zur physischen Vernichtung. Als jemand, der selbst in der „Abteilung für strategische Nuklearkriegsführung“ im Pentagon tätig war, enthüllte Postol eine erschreckende Erkenntnis über die Planer des nuklearen Krieges:
„Die Leute, die routinemäßig mit der Planung von Atomwaffen zu tun hatten, hatten keine Vorstellung davon, was diese Waffen wirklich anrichten konnten. Sie waren nicht verrückt oder böse – sie waren unwissend.“
Postol betonte, dass diese Offiziere zwar vernünftig und ernsthaft seien, ihnen jedoch schlicht das Wissen über Atomwaffen fehle, da es „nicht Teil ihrer Ausbildung war“. Im Gegensatz zu konventionellen Waffen fehle jede Erfahrung. Diese institutionelle Ignoranz im Herzen des Pentagons – die Tatsache, dass die Planer der Nuklearstrategie die Grundlagen ihrer eigenen Waffen nicht verstehen – stellt aus seiner Sicht eine weitaus größere Gefahr dar als böse Absichten. Er warnte, dass diese unwissenden Akteure blind Regeln befolgen, ohne eine „Ahnung zu haben, womit sie umgehen.“ Diese Unwissenheit reiche bis an die Spitze der Hierarchie:
„Auch Kommandeure, Drei- und Vier-Sterne-Admirale, wissen nichts. Wenn man also einen dieser Leute im Fernsehen sieht und er sagt, es sei alles in Ordnung, bluffen sie nur.“
Die größte Gefahr gehe laut dem US-Kernwaffenexperten nicht von einer rationalen Entscheidung, sondern von einer „Reihe von Fehlern oder Unfällen“ aus, die unkontrolliert zur Katastrophe eskalierten. Die Konsequenz für die deutsche Öffentlichkeit sei, dass die Stationierung mobiler Raketen die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls erhöht, der zur globalen Katastrophe führen würde.
Die Hölle auf Erden: Physik des Feuerballs und Hitzeblitz
Nach der Darstellung der politischen Gefahren lieferte der Kernwaffenexperte eine detaillierte und erschütternde wissenschaftliche Fallstudie über die physische Vernichtung durch einen nuklearen Angriff. Anhand des möglichen Abwurfs eines strategischen russischen Nuklear-Sprengkopfs (800 Kilotonnen bis 1 Megatonne) über Berlin beschrieb er die Mechanismen der Zerstörung.
Der Physiker erklärte, dass die Waffe als „Air Burst“ in zwei Kilometern Höhe detonieren würde, um die Zerstörungskraft zu maximieren. Die anfängliche Temperatur des Feuerballs erreiche fast 100 Millionen Kelvin – heißer als das Zentrum der Sonne.
Die finale Temperatur des Feuerballs betrage immer noch 8.000 Kelvin, also 2.000 Kelvin heißer als die Sonnenoberfläche. Dies führt zu einem verheerenden Hitzeblitz, der weitaus zerstörerischer sei als die Schockwelle:
„Das Licht und die Hitze des Feuerballs sind ebenso zerstörerisch wie die Schockwelle. Die Vorstellung, die Schockwelle sei der tödlichste Teil der Atomwaffe, ist falsch.“
Die Strahlenvergiftung führe zu einem „langsamen, schrecklichen Tod“ durch den Verlust der Gerinnungsfähigkeit des Blutes (Bluter-Symptome) und „massive innere Blutungen“. Radioaktive Nuklide gelangten über das „Trinkwasser“ in den Körper und „bestrahlen den Körper von innen“.
Angesichts der existenziellen Zerstörungskraft von Atomwaffen sei das „höchste politische und vorrangige Ziel“ die „Maßnahmen zur Verhinderung ihres Einsatzes“. Schon der Einsatz von „nur ein oder zwei Atomwaffen“ könne eine „unkontrollierte Kettenreaktion und die Zerstörung der menschlichen Zivilisation auslösen.“
Der ehemalige Pentagon-Berater stellte nüchtern fest: „Es kann keine sinnvolle Bedeutung haben, einen Atomkrieg zu führen und zu gewinnen.“
Der moralische Niedergang des Westens
Postol übte deutliche Kritik an der Rolle der USA und Deutschlands in globalen Konflikten. Die USA seien im Hinblick auf Kriege im Nahen Osten eine Art „Schurkenstaat“, der Flüchtlinge nach Europa bringe, während die USA „kaum Flüchtlinge aufnehmen“. Er stellte die moralische Integrität des Westens in Frage und konstatierte: „Der Westen befindet sich derzeit in einem moralischen Niedergang.“
Angesichts dieser existierenden Bedrohung gibt es für den renommierten US-Physiker und ehemaligen Berater des US-Militärs nur eine rationale Politik:
„Die erste Priorität muss darin bestehen, zu verstehen, wie zerstörerisch diese Waffen sind und wie hoch die Priorität sein muss, die wir alle haben müssen, um zu verhindern, dass sie jemals eingesetzt werden.“
Wer diese elementare Tatsache ignoriere oder von einem „Sieg“ im Atomkrieg spreche, sei „ignorant“. Die logische Konsequenz der physikalischen Realität – der Vernichtung der Zivilisation – müsse zwingend die absolute Prävention als einziges politisches Handlungsziel festlegen.
Titelbild: Éva Péli
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