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Titel: Deutschlandfunk: Infame Durchhalteparolen zum Ukrainekrieg

Datum: 13. November 2025 um 11:30 Uhr
Rubrik: Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Medienkritik, Militäreinsätze/Kriege
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Absurde Aussagen zur militärischen Lage, eine Verniedlichung des aktuellen Korruptionsskandals in der Ukraine und doppelte Standards bezüglich der geopferten Soldaten: Ein aktueller Kommentar im Deutschlandfunk praktiziert beispielhaft, was an weiten Teilen der deutschen Berichterstattung zur Ukraine zu kritisieren ist. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Wenn man einen Einblick in die „Logik“ jener Akteure erhalten will, die in ihren Beiträgen immer noch eine militärische Behauptung der Ukraine gegenüber Russland als wahrscheinlich darstellen und die die massiven innenpolitischen Defizite des Landes verniedlichen wollen, dem sei ein aktueller Kommentar im Deutschlandfunk (DLF) von Peter Sawicki empfohlen.

In dem Text behandelte Sawicki am Mittwoch die wahrscheinliche Eroberung der ukrainischen Stadt Prokrowsk durch die Russen sowie die aktuelle Korruptionsaffäre in der Ukraine, die mutmaßlich bis hinein ins persönliche Umfeld von Präsident Wolodymyr Selenskyj reicht.

„Folge der schleppenden Mobilisierung“

Die Vorgänge um die Stadt Prokrowsk wirft laut DLF ein Licht auf „hausgemachte Probleme“ der Ukraine: Der voraussichtliche Verlust der Stadt sei „auch eine Folge der schleppenden Mobilisierung“. Ohne „drastische Maßnahmen, etwa eine Herabsetzung des Mobilisierungsalters“, werde es schwierig, Widerstand zu leisten – das würden „ukrainische Soldaten unverblümt“ sagen. Der Autor lässt nicht erkennen, dass er diesen tatsächlich drastischen Maßnahmen kritisch gegenüberstehen würde.

Es werden im Kommentar auch „Dolchstoßlegenden“ bemüht: Dass Russland überhaupt auf Prokrowsk vorrücken konnte, sei „auch ein Werk Donald Trumps“ – seine Blockade von Munitionslieferungen „machte den Weg erst fei“, so Sawicki.

Die drohende militärische Niederlage der Ukraine bei Prokrowsk soll in dem DLF-Kommentar einmal mehr entdramatisiert werden: So sei die strategische Bedeutung der Stadt „gleichwohl gesunken“, weil dort keine Kohle mehr gewonnen würde. „Sie bleibt zwar als logistischer Knotenpunkt relevant, doch könnte Russland westlichen Analysen zufolge zu viele Ressourcen verschlissen haben, um unmittelbar weitere Vorstöße vorzunehmen“, so der Kommentar. Diese mindestens gewagte Behauptung soll dann wohl die Basis für die folgende Durchhalteparole bilden:

„Erhöhte militärische Unterstützung der Ukraine und anhaltender wirtschaftlicher Druck auf Moskau könnte die Eroberung von Prokrowsk zu einem Pyrrhussieg Putins machen.“

Ukraine: „lebendige und demokratisch gesinnte Zivilgesellschaft“

Auch den Korruptionsskandal in der Ukraine bewertet der DLF-Kommentar auf eher ungewöhnliche Weise. So heißt es zu den „beschämenden“ Vorwürfen der Korruption: Dass der Korruptionsskandal nun aufgedeckt worden sei, sei „Ausdruck einer lebendigen und demokratisch gesinnten Zivilgesellschaft“ – es sei wichtig, dass das auch im Westen „verinnerlicht“ werde. Man stelle sich vor, ein solcher Korruptionsskandal wäre jetzt in Russland aufgedeckt worden – die diametral andere Deutung des Vorgangs im DLF kann man sich ausmalen. Im Fall der Ukraine führt das aber nicht einmal dazu, die aktuelle (nochmalige) Erhöhung der Unterstützung der Ukraine durch die deutschen Steuerzahler zu überdenken.

Aber – all der Propaganda in deutschen Mainstream-Medien zum Trotz: Es wird nun unübersehbar Realität, was die Kritiker der deutschen Ukrainepolitik seit Jahren sagen: Der Krieg ist militärisch für die Ukraine nicht zu gewinnen, er kann nur quälend in die Länge gezogen werden. Der Krieg hätte im Vorfeld von westlicher Seite leicht verhindert werden können und müssen. Dass die konkreten Kriegshandlungen Russlands mit dieser Aussage nicht moralisch gerechtfertigt werden, ist selbstverständlich, dass ich auch Russland in der Pflicht sehe, einen Waffenstillstand herbeizuführen, habe ich kürzlich in diesem Artikel beschrieben.

Sollen noch mehr und noch jüngere Ukrainer geopfert werden?

Nochmal kurz zu der in dem Kommentar nicht kritisierten Forderung nach einer Herabsetzung des Mobilisierungsalters in der Ukraine: Damit wird nichts anderes gefordert, als noch mehr und noch jüngere Ukrainer für die chancenlose Idee von einem Sieg über Russland zu opfern. Hat man das im Hinterkopf, klingen die folgenden Vorwürfe von Sawicki im DLF gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin noch heuchlerischer:

„Menschenleben zählen für Kriegstreiber Wladimir Putin wenig. Nach wie vor ist er gewillt, zahllose Soldaten in den Tod zu schicken, selbst wenn dies nur wenige Quadratkilometer Geländegewinn bedeutet.“

Man würde die unbelehrbaren Unterstützer der einerseits gescheiterten und andererseits selbstzerstörerischen deutschen Ukrainepolitik gerne fragen, wie viele junge ukrainische Männer sie eigentlich selbst noch „in den Tod schicken“ wollen, nur um den Krieg noch ein bisschen in die Länge zu ziehen. Wie viel zählen denn für diese Fraktion die zitierten „Menschenleben“?

Titelbild: New Africa / Shutterstock


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