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Titel: „Putin ist kein neuer Hitler“ – O-Töne zur „Ukraine-Woche“ in Europa

Datum: 23. Dezember 2025 um 10:00 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Europapolitik, Finanzpolitik
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Die vergangene Woche war eine „Ukraine-Woche“ in Europa. Zunächst in Berlin, dann in Brüssel diskutierten die Top-Vertreter der EU und der NATO, wie man Kiew in den nächsten Jahren unterstützen soll – militärisch und finanziell. Das kühne Projekt von Friedrich Merz und Ursula von der Leyen, die in Europa blockierten russischen Vermögenswerte direkt für die Finanzierung Kiews zu nutzen, scheiterte allerdings. Nun mehren sich Anzeichen für eine noch tiefere Spaltung Europas in Bezug auf die weitere Ukraine-Politik. Eine neue Folge der O-Töne. Von Valeri Schiller.

Bundeskanzler Friedrich Merz am 18. Dezember 2025

„Ich möchte, dass wir die eingefrorenen russischen Vermögenswerte dafür nutzen. Ich sehe keine bessere Option als genau die. Mein Eindruck ist, dass wir zu einem Ergebnis kommen können. Ich verstehe die Bedenken, die es bei einigen Mitgliedsstaaten gibt, vor allen Dingen bei der belgischen Regierung, aber ich hoffe, dass wir sie gemeinsam ausräumen können.“

(Quelle: WELT Netzreporter, ab Minute 0:46)


Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban am 18. Dezember 2025

„Ich will die EU nicht im Krieg sehen, Geld geben bedeutet Krieg. Da sind zwei Kriegsparteien, Russland und die Ukraine. Und jemand in der EU will der russischen Kriegspartei das Geld wegnehmen und einem anderen geben. Das ist der Marsch in den Krieg. Der belgische Premier hat recht, wir sollten es nicht tun.“

(Quelle: WELT Netzreporter, ab Minute 1:52)


Russlands Präsident Wladimir Putin am 19. Dezember 2025

„Diebstahl ist eine heimliche Entwendung von Eigentum. In unserem Fall versucht man es aber, offen zu machen. Es ist ein Raub. Aber warum funktioniert es nicht, diesen Raub zu begehen? Weil die Folgen für Räuber schwerwiegend sein können. (…)
Das ist nicht nur ein Schlag gegen das Image, es untergräbt auch das Vertrauen in die Eurozone, weil viele Länder, nicht nur Russland, ihre Goldreserven in der Eurozone aufbewahren, sondern auch solche, die freie Ressourcen haben. Vor allem sind es natürlich ölproduzierende Länder (…)
Daher kann es neben den Imageverlusten auch direkte Verluste geben, die mit den fundamentalen Grundlagen der modernen finanziellen Weltordnung verbunden sind.“(Quelle: DRM News https://www.youtube.com/watch?v=jsgG2EmByA8, ab Minute 55:41 und ab Minute 57:23 und ab Minute 58:44)
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 19. Dezember 2025

„Die Mitgliedsstaaten haben sich darauf geeinigt, die Ukraine mit einem Kredit zu finanzieren, den die EU in Höhe von 90 Milliarden Euro für die nächsten zwei Jahre auf den Kapitalmärkten aufnimmt. Sehr wichtig dabei: Die Ukraine muss dieses Darlehen erst zurückzahlen, wenn es Reparationszahlungen erhält.“

(Quelle: Tagesschau, ab Minute 1:02)


CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter am 20. Dezember 2025

„Und für Selenskyj – der ja eigentlich derjenige ist, der unterstützt werden muss – und seine Bevölkerung ist es erst einmal Gewissheit, dass in den nächsten zwei Jahren 90 Milliarden Euro fließen. Trotzdem ist es weit hinter den Möglichkeiten. Und Friedrich Merz weiß jetzt, wie die Linien in der EU laufen: dass eben Italien und Frankreich nicht hinter der klaren Unterstützung der Ukraine stehen, dass die Angst vor Russland größer ist als die Angst vor einem Zerfall der Ukraine.“

(Quelle: @RKiesewetter)


Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann am 18. Dezember 2025

„Und deswegen kämpfe ich auch dafür, dass die Assets freigegeben werden, die russischen, um der Ukraine auch wirtschaftlich zu helfen. Ich kämpfe dafür, dass es auch Waffen weiterhin gibt, um die Stellungen auf russischem Boden, nur militärisch, neutralisiert werden, damit das Bombardement auf die Ukraine endlich aufhört. Und ich hoffe, dass die Europäer auch einen eigenen Friedensplan zusammen mit der Ukraine auf den Tisch legen.“

(Quelle: Ronzheimer und BILD Podcasts, ab Minute 49:30)


Politikwissenschaftler Johannes Varwick am 18. Dezember 2025

„Putin ist ein unangenehmer autoritärer Herrscher, vielleicht sogar ein aggressiver Diktator, keine Frage. Aber er ist kein neuer Hitler, der die ganze Welt in Brand setzen will, sondern Russland hat berechenbare Interessen. Und auf dieser Basis – das sehen übrigens auch die Amerikaner so – ist ein Interessenausgleich mit Russland möglich.“

(Quelle: Ronzheimer und BILD Podcasts, ab Minute 42:58)


Publizist und Philosoph Richard David Precht am 18. Dezember 2025

„Das haben wir seit drei Jahren, dass wir uns immer in eine Situation reinträumen, dass jetzt wird Putin aber reagieren, wenn wir Putin unter Druck setzen. Und das wir inzwischen begriffen haben: Das ist, wie wenn man Al Capone einen Drohbrief schreibt. Das führt zu einer Trotzreaktion. Und jetzt müssen wir mal dazusagen: Was würde den deutschen Steuerzahler die Entscheidung von heute Abend kosten? Es gibt über einhundert Milliarden Vermögenswerte der deutschen Wirtschaft, die in Russland geparkt sind. Die sind am nächsten Tag nach dieser Entscheidung Pfutsch.“

(Quelle: ZDF, ab Minute 56:18)

Titelbild: Screenshots WELT Netzreporter, DRM News, Tagesschau, x.com/RKiesewetter, Ronzheimer und BILD Podcasts, ZDF


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