NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Betrifft Rente: Der SPD Vorstand bewegte sich in die richtige Richtung. Aber immer noch kein Bekenntnis zur Konzentration auf die gesetzliche Rente und zum Ausstieg aus der staatlichen Förderung von Privatvorsorge.

Datum: 16. November 2012 um 15:56 Uhr
Rubrik: Rente, Riester-Rürup-Täuschung, Privatrente, SPD
Verantwortlich:

Die SPD berät am 24. November 2012 auf einem Parteikonvent über die beabsichtigte Politik zur Rente und zur Altersarmut. Dazu gab es am 24. September einen Antrag des SPD-Parteivorstandes. Dieser geriet unter Beschuss der Linken in der SPD, der Frauen (ASF) und einiger Landesverbände (NRW, Berlin). Am 12. November hat der SPD-Vorstand einen korrigierten Beschluss vorgelegt. Die Linke in der SPD betrachtet das als Fortschritt. Die Vorstellung, dass Rentenniveau zum Ende des Jahrzehnts aufrecht zu erhalten und nicht auf 43 % abzusenken, spricht für Fortschritt. Aber im Beschluss fehlt die notwendige Klarheit und er ist in seiner Präambel so verlogen, dass man nur staunen kann. Wir dokumentieren den neuen Beschluss (Anlage 1a), den Vorläuferbeschluss (Anlage 1b), den Beschluss des Landesverbands NRW (1 c) und zum Vergleich ein Positionspapier der Linkspartei vom 19.9.2012. Albrecht Müller.

Zunächst und vorweg ein paar Hinweise auf die laufende Debatte zur Privatvorsorge:
Die Privatvorsorge erweist sich in vielerlei Hinsicht als nicht erfolgreich: viel weniger rentabel als erwartet und dies trotz staatlicher Förderung, und außerdem riskant, vor allem, wenn höhere Renditen angestrebt werden.
Dazu drei einschlägige Meldungen:

  • Schock-Nachricht
    Lebensversicherer wollen Garantie-Zins aussetzen
    Berlin – Schock-Nachricht für Millionen Bundesbürger: Immer mehr Lebensversicherer können offenbar den Garantiezins nicht mehr in voller Höhe zahlen!
  • „Dramatischer” Einbruch bei Riester-Renten
    In der Lebensversicherung kommt es 2012 wegen der „Normalisierung“ des Einmalbeitragsgeschäfts zu dem erwarteten leichten Rückgang der Beitragseinnahmen. Beim Riester-Neuzugang wird die Branche nach der jetzt vom GDV vorgelegten Hochrechnung rund ein Drittel hinter dem Vorjahr zurückbleiben. Die Nettoverzinsung bleibt auch in diesem Jahr bei rund vier Prozent.
    Quelle: VersicherungsJournal.de
  • Private Altersvorsorge: Regierungsgeschenke für Versicherungskonzerne
    Seit Jahren trommeln Bundesregierungen verschiedener Couleur für die private Altersvorsorge. Hand in Hand mit der Versicherungsbranche wurden immer neue Modelle entwickelt, um die Privatrente für Millionen Deutsche schmackhaft zu machen. Mitten in der Finanzkrise gibt es jetzt neue Milliardengeschenke für die Versicherungsbranche: Zu Lasten von Millionen Versicherten, für die die privaten Lebensversicherungen zu einem riesigen Verlustgeschäft zu werden drohen. Kritiker fordern deshalb, die Neuregelungen zurückzunehmen. Aber statt umzusteuern, setzt Schwarz-Gelb jetzt sogar auf neue Anreize für die Privatvorsorge. Ein erneuter Sieg der Lobbyisten.
    Quelle: WDR Monitor

In dieser Situation wäre Klarheit angebracht. Das hieße konkret:

  • Konzentration aller Mittel auf die gesetzliche Rente und Sicherung eines Rentenniveaus von mindestens 50 % (gemessen am Einkommen minus Sozialversicherungsbeiträge).
  • Streichung der bisherigen „Dämpfungsfaktoren“ einschließlich der Erhöhung des Renteneintrittsalters
  • Auslaufenlassen der staatlichen Förderung privater Altersvorsorge, also der Förderung von Riester-Rente, Rürup-Rente und Entgeltumwandlung zu Gunsten der betrieblichen Altersvorsorge.

Weitere Elemente sind gegen Ende eines am 19. Oktober eingestellten Beitrags von mir aufgeführt.

Der Parteivorstand der SPD hat sich immerhin dazu durchgerungen, das gegenwärtige Sicherungsniveau für langjährige Beitragszahler bis Ende 2020 aufrechterhalten zu wollen. Warum nicht über 2020 hinaus? Die Linkspartei schlägt 53 % statt der 50 % vor und keine Befristung. Das ist machbar. Die Entwicklung der Arbeitsproduktivität in Deutschland macht das möglich. Anstrengungen zur Erhöhung der Erwerbsquote und vor allem dem Abbau der Arbeitslosigkeit würden das sehr leicht machen.

Der SPD Vorstand konnte sich auch in diesem neuen Beschluss nicht dazu durchringen, die von der SPD unter der Ägide von Schröder und Riester eingeführte Förderung der Privatvorsorge zu streichen. Die Anmerkungen und Vorschläge zur Korrektur der Dämpfungsfaktoren wie auch zum Renteneintrittsalter sind vage und verschlüsselt formuliert. Auch hier täte Klarheit gut. Es täte dem Ansehen der SPD gut, wenn sie offen bekennen würde, dass die durch eine Reihe von Entscheidungen in der Regierungszeit von Kohl und Schröder betriebene Erosion der Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente (mit Riester-Treppe, Nachhaltigkeitsfaktor, Erhöhung des Renteneintrittsalters, usw.) ein Irrweg war.

Vielleicht ist ein solches Eingeständnis zu viel verlangt. Aber es ist umgekehrt auch eine Zumutung, wenn die SPD-Führung jetzt in ihrem Beschluss vom 12. November die Verantwortung für die Zerstörung der Leistungsfähigkeit des Umlageverfahren und der gesetzlichen Rente auf Union und FDP abzuschieben versucht. Diese mögen ja in der Tat noch schlimmer sein. Ihre unverfrorene Förderung der Versicherungswirtschaft ist in der Tat schlimm und aufschlussreich. Aber dies rechtfertigt nicht Sätze wie die folgenden:

„Die SPD hat in ihrer Regierungszeit zwischen 1998 und 2009 dafür gesorgt, dass die gesetzliche Rentenversicherung die zentrale Säule der Altersvorsorge in Deutschland bleibt. Sie hat in dieser Zeit alle Angriffe von CDU und FDP zur Abschaffung der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung und zum völligen Umstieg auf eine privat finanzierte und kapitalgedeckte Altersvorsorge abgewehrt.“

Diese zwei ersten Sätze des Beschlusses des SPD Vorstandes vom 12.11.2012 sind kabarettreif. Sie sind ein Ausbund an Verlogenheit. Man wird bei diesen Passagen daran erinnert, wie engagiert der Vater der Riester-Rente, Walter Riester, von Finanzdienstleister zu Finanzdienstleister eilt und dort für mindestens 7000 € Reden hält, um für das Umlageverfahren zu werben und die Angriffe von CDU, CSU und FDP auf jene der Rente abzuwehren.

Kritisch zu betrachten ist auch die Schwerpunktbildung bei der staatlichen Förderung der betrieblichen Altersvorsorge. Davon haben sehr viele Arbeitnehmer nichts. Damit ich nicht falsch verstanden werde: wo sich Arbeitnehmer, Betriebsräte und Gewerkschaften mit Unternehmen darauf verständigen, dass man eine betriebliche Altersvorsorge anbietet, sollte das wie auch in der Vergangenheit geschehen. Aber das muss ohnedies Subvention der Steuerzahler und ohne Minderung der gesetzlichen Rente möglich sein.

Sowohl im Beschluss des SPD Vorstandes wie auch in dem Positionspapier der Linkspartei wird der Zusammenhang zwischen guter Arbeit, also guten, sicheren Arbeitsverträgen und guten Löhnen auf der einen Seite und leistungsfähiger gesetzliche Rente auf der andern Seite gesehen. Die Bedeutung eines Mindestlohns und auch die Reduzierung prekärer Arbeitsverhältnisse werden als Basis erkannt Das ist bei der SPD ein Fortschritt. Der nächste Schritt wäre zu verstehen, dass dafür als Basis eine sehr viel aktivere Beschäftigungspolitik notwendig ist, als in der Vergangenheit es üblich geworden ist. Die schlechten Löhne und die prekären Arbeitsverhältnisse sind vor allem eine Folge schlechter Konjunktur. Wie heißt es so schön bei Sir Alan Budd, dem Sinne nach: im Zuge unserer monetären, neoliberalen Politik war es möglich, eine Reservearmee von Arbeitslosen zu schaffen und dies hat geholfen, die Löhne zu drücken und die Profite in die Höhe zu jagen.

Anhang:

    1. Die SPD-Rentenpolitik: Arbeit muss sich lohnen!
      Vom 12. November 2012

      Der SPD-Parteivorstand hat auf seiner heutigen Sitzung folgenden Beschluss gefasst, der als Antrag des Parteivorstandes auf dem Parteikonvent am 24. November 2012 eingebracht wird:

      Rentenbeschluss des Parteivorstandes vom 12.11.2012

      Der Vorläufer vom 24. September 2012:

    2. Beschluss des Parteivorstandes: Die SPD-Rentenpolitik: Arbeit muss sich lohnen!
    3. Antrag SPD-Landesverband NRW [PDF – 33.6 KB]
  1. Die aktuellste Positionierung der Linken zur Rente:

    Eine Rente zum Leben

    Die Solidarische Rentenversicherung für einen sicheren Lebensstandard und gegen Armut im Alter
    Rentenpolitische Grundsätze herunterladen [PDF – 177 KB]

    Vorgestellt am 19. September 2012 von den Vorsitzenden von Fraktion und Partei DIE LINKE, Gregor Gysi, Katja Kipping und Bernd Riexinger

  2. ASF Bundesvorstand (Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen)
    (mit Unterstützung weiterer Arbeitsgemeinschaften und „linker“ Mitglieder des SPD Vorstands)

    Der Parteikonvent möge beschließen:

    Für eine nachhaltige, generationen- und geschlechtergerechte Rentenpolitik

    Die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung war und ist die tragende Säule der Alterssicherung. Sie sichert bei langjähriger Vollzeitarbeit in der Regel ein auskömmliches Alterseinkommen, sie deckt die Risiken der Erwerbsminderung und der Hinterbliebenenversorgung ab und sie finanziert mit dem Reha-Budget gerade in einer alternden Gesellschaft immer wichtiger werdende Präventionsleistungen zur Vermeidung von Frühverrentungen. Dies soll auch in Zukunft so bleiben.

    Das tragende Prinzip der gesetzlichen Rentenversicherung ist die Beitragsbezogenheit. Die Rente im Alter spiegelt das Einkommen und den Verlauf der Erwerbsphase wider. Die gesetzliche Rentenversicherung kann aus Beiträgen Brüche in der Erwerbsbiographie, geringes Einkommen oder fehlende Strukturen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht hinreichend ausgleichen. Jeder gesellschaftspolitisch gewollte Nachteilsausgleich muss über Steuern und nicht über Beiträge finanziert werden. Diesen Grundsatz hat die SPD nach 1998 mit einem gestiegenen Bundeszuschuss weitgehend umgesetzt.

    Die Finanzkrise hat es deutlich gemacht: während kapitalgedeckte Systeme ins Schlingern geraten sind bzw. deutlich hinter den Renditeerwartungen zurück blieben, hat die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung die Krise – wieder einmal – gut überstanden.

    In den 90er Jahren haben die Diskussionen um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft sowie die daraus resultierende Forderung nach Senkung der Lohnnebenkosten und über die vermeintlichen Vorzüge der kapitalgedeckten Systeme dazu geführt, dass in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr die Lebensstandardsicherung, sondern die Begrenzung des Beitragssatzes zur bestimmenden Größe der Rentenpolitik wurde. Das Versprechen war, dass die Absenkung des Leistungsniveaus durch die Einführung der Riesterrente und die Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge mindestens ausgeglichen würde. Heute – 10 Jahre nach diesen Änderungen – wissen wir: Gerade diejenigen, die eine zusätzliche Altersvorsorge am nötigsten hätten, machen trotz überproportionaler Förderung in geringerem Umfang von der privaten Vorsorge Gebrauch als diejenigen mit höherem Einkommen. Zudem leiden die meisten Riester-Versicherungen an zu niedrigen Erträgen und hohen Verwaltungs- und Provisionskosten sowie den Gewinnansprüchen der Versicherer. Sie lohnen sich trotz staatlicher Zuschüsse für viele Versicherte nicht.

    Selbst langjährige Vollzeitarbeit kann bei einer weiteren Absenkung des Nettorentenniveaus vor Steuern dazu führen, dass immer größer werdende Teile der Versicherten in die Nähe der Grundsicherung oder sogar darunter abrutschen. Damit verliert die gesetzliche Rentenversicherung als beitragsfinanzierte Pflichtversicherung ihre Legitimation.

    Der DGB hat ein Finanzierungskonzept vorgeschlagen, das weder die junge noch die ältere Generation überfordert, das zur Abfederung der demographischen Herausforderungen eine Demographiereserve aufbaut, Leistungsverbesserungen ermöglicht und die Aussetzung der Rente mit 67 finanziert.

    Unsere Ziele

    Wir entscheiden heute über das Rentenniveau von morgen und übermorgen. Deshalb gibt es auch keinen Generationenkonflikt beim Beitrags- und Leistungsniveau. Es geht immer gleichzeitig um die Sicherung der Renten für die Älteren durch entsprechende Beiträge und Bundeszuschüsse sowie um den Aufbau und den Erhalt des Leistungsniveaus für die heute Erwerbstätigen.

    Wir wollen die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung stärken und als tragende Säule der Altersvorsorge erhalten.
    Dazu gehört, dass im Rahmen des im DGB-Konzept zur Verfügung stehenden Finanz/Beitragsrahmens

    1. das derzeitige Rentenniveau auch in Zukunft nicht unterschritten werden darf (Niveausicherung),
    2. die Rente mit 67 so lange ausgesetzt wird, bis mindestens 50 Prozent der 60-bis 64-jährigen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen und abschlagsfrei die gesetzliche Regelaltersgrenze erreichen,
    3. Leistungsverbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente finanziert werden können.

    Durch den Verzicht auf eine Senkung und eine frühere Anhebung der Rentenversicherungsbeiträge wird eine Demographiereserve aufgebaut, in die auch die rentennahen Jahrgänge einzahlen und somit die jüngere Generation künftig entlasten. Das Beitragssatzziel von höchstens 22 Prozent im Jahr 2030 kann mit diesem Finanzierungsmodell eingehalten werden. Zusätzliche Mittel werden dadurch frei, dass wir unter Wahrung des Vertrauensschutzes die staatlichen Förderungen für die Riesterrente und andere privaten Altersvorsorgemodelle auslaufen lassen und sie auf die gesetzliche Rentenversicherung konzentrieren.

    Da es erfahrungsgemäß nicht möglich ist, über einen längeren Zeitraum Leistungs- und Beitragsniveau im Voraus zu berechnen, wollen wir gesetzlich Leitplanken festlegen, die nicht nur den Beitragssatz begrenzen, sondern ein Rentenniveau dauerhaft garantieren.

    Gute Arbeit – gute Rente

    Nur gute Arbeit sichert gute Renten. Für die Zukunft müssen deshalb die Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt so verändert werden, dass alle, die es wollen, einer sozialversicherungspflichtigen und existenzsichernden Erwerbsarbeit nachgehen können.

    Dazu gehören insbesondere:

    • Gleiche Erwerbsbeteiligung und Aufstiegschancen von Frauen und Männern
    • Ein gesetzlicher Mindestlohn von mindestens 8,50 € mit entsprechender Dynamisierung durch ein Verfahren, wie es der Gesetzentwurf der SPD-Bundestagsfraktion vorsieht.
    • Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung statt prekärer Beschäftigung, Ordnung auf dem Arbeitsmarkt durch Unterbindung von Scheinselbstständigkeit (Eingrenzung von Werkverträgen), Neuregelung im Bereich der geringfügigen Beschäftigung, usw.
    • Gleicher Lohn für gleiche Arbeit für Männer und Frauen
    • Equal Pay und Equal Treatment in der Leiharbeit
    • Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Mütter und! Väter, nicht nur durch eine bessere Infrastruktur für die Kinderbetreuung, sondern auch durch Arbeitszeitmodelle, die eine partnerschaftliche Teilung von familiärer Sorge einerseits und Beruf und beruflichem Aufstieg andererseits ermöglichen.
    • Gute Arbeit durch Arbeits- und Gesundheitsschutz, Qualifizierung und dadurch Erhalt der Arbeitskraft

    Mit Solidarrente Nachteile ausgleichen

    Der Arbeitsmarkt hat sich verändert. Die Erwerbsbiographien sind vielfältiger und brüchiger geworden. Prekäre Beschäftigung in Form von kleiner Teilzeit, Niedriglöhnen, Leiharbeit und befristeter Beschäftigung nimmt zu. Die Arbeitsverdichtung nimmt zu und von alters- und alternsgerechten Arbeitsbedingungen sind wir weit entfernt. Die Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt ist immer noch keine Realität. Der Arbeitsmarkt ist zwischen Frauen und Männern gespalten: Existenzsichernde Vollzeiterwerbsarbeit für Männer und schlecht bezahlte Teilzeit und Minijobs für Mütter. Auch die unterschiedliche Bezahlung von sog. typischen Männer- und Frauenberufen hat Auswirkungen auf das Sicherungsniveau im Alter. Die alte Rollenverteilung haben sich viele Frauen nicht ausgesucht. Und diejenigen, die lange Zeiten der Arbeitslosigkeit in ihrer Erwerbsbiographie zu verzeichnen haben, können dies nicht mehr im Nachhinein korrigieren.
    Deshalb wollen wir

    • bis zur Umsetzung des angemessenen Mindestlohnes die Rente nach Mindestentgeltpunkten fortführen
    • wenn danach weniger als 30 Entgeltpunkte vorhanden sind, die Zeiten der Langzeitarbeitslosigkeit entsprechend dem individuellen Erwerbsverlauf höher werten.

    Darüber hinaus wollen wir in angemessenem und finanzierbarem UmfangBerücksichtigungszeitenauch auf die Eltern ausdehnen, deren Kinder vor 1992 geboren wurden. Damit wollen wir gezielt die Rentenanwartschaften der Mütter verbessern, die wegen der fehlenden Betreuungsinfrastruktur nicht Vollzeit arbeiten konnten. Diese Verbesserungen wollen wir über Steuern finanzieren. Über die Pflegeversicherung wollen wir sicherstellen, dass die Pflege von Angehörigen ähnliche Auswirkungen auf die spätere Rentenhöhe hat wie Kindererziehungszeiten.
    Künftig wollen wir die Zeiten für Kindererziehung und Pflege in Ost und West gleich hoch bewerten.

    Mit diesen Maßnahmen werden die Renten von vielen Frauen, Geringverdienenden und Langzeitarbeitslosen deutlich höher gewertet.

    Darüber hinaus werden wir eine 2. Stufe der bedarfsgeprüften Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit für diejenigen einführen, die auf eine lange Erwerbsbiographie zurück blicken können und mit ihren eigenen Rentenanwartschaften zusammen mit der Höherwertung der Zeiten der Langzeitarbeitslosigkeit und der Rente nach Mindestentgeltpunkten die Grundsicherungsschwelle nicht überwinden können.

    Voraussetzung hierfür ist eine langjährige Erwerbstätigkeit (mindestens 30 Beitragsjahre) und eine langjährige Zugehörigkeit zur gesetzlichen Rentenversicherung (mindestens 40 Jahre). Zu klären ist, welche Zeiten jeweils dazu gehören.
    Bei der Höhe der 2. Stufe der Grundsicherung muss zwischen Vollzeit- und Teilzeitarbeit unterschieden sowie die Beitragsbezogenheit gewahrt werden.
    Wir wollen prüfen, ob in diesem Zusammenhang die Regeln zu den Zuverdienstgrenzen sowie der Vermögensanrechnung aus dem SGB II auf das SGB XII übertragen werden können.

    Erwerbsminderungsrente verbessern

    Die gesetzliche Rentenversicherung sichert seit jeher nicht nur das Altersrisiko ab, sondern dient ebenso zur Absicherung bei Erwerbsunfähigkeit. Bei voller Erwerbsminderung nimmt die Erwerbsminderungsrente daher eine Lohnersatzfunktion ein. Doch mit der Einführung von sog. „versicherungsmathematischen Abschlägen“ von bis zu 10,8 Prozent bei einem Bezug der Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 63. Lebensjahres wurde die Lohnersatzfunktion dieser Rente massiv beeinträchtigt. Trotz verlängerter Zurechnungszeit liegt der durchschnittliche Zahlbetrag einer vollen Erwerbsminderungsrente spürbar unter dem der Altersrenten. Die im Jahr 2000 eingeführten Abschläge bei einer eintretenden Erwerbsminderung sind systematisch jedoch nicht zu rechtfertigen, da die Erwerbsgeminderten über keine individuelle Wahlmöglichkeit hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Einschränkungen und der daran anknüpfenden Rente verfügen. Weil sich jedoch viele Erwerbsgeminderte eine Erwerbsminderungsrente auf dem heutigen Niveaubuchstäblich nicht leisten können, wird oftmals – trotz eindeutiger Diagnosen – auf Kosten der eigenen Gesundheit weitergearbeitet. Um diese problematischen Entwicklungen einzudämmen, sind Renten wegen voller Erwerbsminderung künftig in jedem Falle wieder ohne Abschläge zu gewähren.

    Zurechnungszeiten müssen bis zum 62. Lebensjahr angehoben werden. Arbeitslose ab 60 Jahre mit Leistungsminderung, aber ohne Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente, sollen einen Anspruch auf eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bekommen. Das Erwerbsminderungsrisiko ist auch in der zweiten und dritten Säule der Alterssicherung zu einheitlichen Konditionen für die Versicherten abzusichern.

    Übergänge vom Beruf in die Rente verbessern

    Wir wollen die Übergänge vom Erwerbsleben in die Rente flexibilisieren.
    Deshalb werden wir den Bezug von Teilrente bereits ab dem 60. Lebensjahr ermöglichen, wenn dadurch keine Bedürftigkeit entsteht. Die Zuverdienstgrenzen beim Bezug einer Teilrente wollen wir abschaffen.

    Diese Möglichkeit des gleitenden Übergangs werden sich nicht alle leisten können. Deshalb wollen wir älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren Leistungsfähigkeit gemindert ist, einen Rechtsanspruch auf Vermittlung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, die ihren Möglichkeiten entspricht, gegenüber der Bundesagentur für Arbeit einräumen. Niemand soll mit Zwangsabschlägen in Rente gehen müssen.

    Wir wollen zusammen mit den Tarifpartnern die Rahmenbedingungen für alters- und alternsgerechtes Arbeiten verbessern.

    Mit der Zahlung von Zusatzbeiträgen zu jedem Zeitpunkt und sowohl von Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberseite ermöglichen wir tarifliche Vereinbarungen, mit denen erschwerte Arbeitsbedingungen durch die Zahlung von Zusatzbeiträgen durch den Arbeitgeber zur Vermeidung von Abschlägen bzw. für die Steigerung der Rentenansprüche abgegolten werden können.

    Erwerbstätigenversicherung

    Wir wollen die gesetzliche Rentenversicherung schrittweise zu einer Pflichtversicherung für alle Erwerbstätigen weiterentwickeln. Nur so kann eine verlässliche Altersvorsorge bei unterschiedlicher werdenden Erwerbsverläufen sicher gestellt werden. Hierzu bedarf es aber auch langer Übergangszeiten, damit die Lebensplanungen von Menschen nicht zerstört werden. Wir wollen beginnen mit denjenigen, die sich neu selbstständig machen und in keinem der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbaren Versorgungssystem pflichtversichert sind.
    Die Erweiterung der gesetzlichen Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung ist die perspektivische Antwort auf eine veränderte Arbeitswelt und sorgt zudem für ein hohes Maß an sozialer Gerechtigkeit, weil die unterschiedlichen Konditionen und Versorgungsniveaus der einzelnen Alterssicherungssysteme auf Basis einer lebensstandardsichernden Versorgung angeglichen werden können.

    Betriebliche und private Altersvorsorge

    Die gesetzliche Rentenversicherung ist die tragende Säule der Altersvorsorge und deckt auch das Erwerbsminderungsrisiko und die Hinterbliebenenversorgung ab. Das ist in der 2. und 3. Säule meist nicht der Fall. Beide privaten Säulen sind lediglich in der Lage die gesetzliche Säule zu ergänzen, können sie aber nicht (auch nicht teilweise) ersetzen. Zudem werden sie in der Regel nicht paritätisch finanziert.
    Die Portabilität der Betriebsrenten muss verbessert werden und die Kosten der Riesterrente müssen reduziert und vor allem im Sinne eines umfassenden Verbraucherschutzes transparent werden.


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=15140