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Titel: Arbeitsverweigerung – Hillary Clinton und das Versagen der Medien

Datum: 12. Oktober 2016 um 12:44 Uhr
Rubrik: Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Medienkonzentration, Vermachtung der Medien, Medienkritik, Wahlen
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Echter Qualitätsjournalismus sollte Distanz halten und sich nicht gemein machen mit einer Sache; auch nicht mit einer guten. So formulierte es einst der Tagesthemen-Moderator Hans Joachim Friedrichs . Gemessen an diesem Standard sind die Stars des US-Journalismus die schwarzen Schafe in einer Branche, in der man offenbar die weißen Schafe mit der Lupe suchen muss. Die Medienkonzerne finanzieren Clinton, Clinton bedient ausgesuchte Journalisten mit „Informationen“ aus erster Hand und gemeinsam arbeitet man an einer Strategie, das Weiße Haus zu erobern. So nah waren sich Politik und Medien in einem als demokratisch geltenden Staat noch nie. Von Jens Berger.

Die New York Times macht heute mit einer Geschichte auf, in der man lustvoll darüber berichtet, dass es bei den Republikanern immer mehr Spitzenpolitiker gibt, die Trump den Rücken kehren. Gleich daneben berichtet das „Editorial Board“ von der „verschrobenen“ Welt des Donald Trump. Bei der Washington Post heuchelt man in der Spitzenstory des Tages immer noch darüber, wie böse Donalds Trump „frauenfeindliche“ Sprüche sind und auch auf allen anderen großen Zeitungs- und Medienseiten findet man nahezu ausschließlich negative Berichte und Kommentare über den Kandidaten Trump. 

Ist in den USA sonst nichts passiert? Gab es nicht erst vor wenigen Tagen einen echten Scoop, bei dem den Medien von Hackern Tausende interne Mails von Hillary Clintons Wahlkampfchef zugespielt wurden? Darüber berichten natürlich auch die Massenmedien. Die New York Times macht sich beispielsweise Gedanken darüber, ob die Leaks aus den Reihen der Trump-Kampagne stammen und echauffiert sich darüber, dass offenbar russische Hacker hinter dem Datenraub stehen . Während man bei MSNBC nichts besseres zu tun hat, als schnell einen „Experten“ aus dem Hut zu zaubern, der bar jeder Indizien behauptet, die Mails von Wikileaks seien Fälschungen. Nun gut, so lange man „den Russen“ als universellen Bösewicht heranziehen kann, muss man sich ja nicht mehr mit Inhalten beschäftigen.

Und diese Inhalte haben es durchaus in sich. Wie Glenn Greenwald und Lee Fang auf „The Intercept“ – einem der wenigen weißen Schafe – berichten , geht es bei den Podesta-Emails beispielsweise auch darum, wie das Wahlkampfteam von Hillary Clinton mit den großen Medien im Lande zusammenarbeitet. So pflegt man beispielsweise eine inoffizielle Liste mit „Helfern“ und wohlgesonnenen „Kolumnisten“ und „Experten“, die dann, bezahlt von der Clinton-Kampagne, in den Zeitungen und Fernsehsendern ihre Statements und Kommentare abliefern dürfen. Auf speziellen Veranstaltungen in exklusiven Cocktailbars wurde dann das Who is Who der Branche auf die Kampagne eingeschworen. Ziel der Zusammenarbeit ist freilich nicht nur eine Hofberichterstattung für Hillary Clinton, sondern auch die Lieferung von Materialien durch die Kampagne, mit denen die Medien den politischen Gegner ins Kreuzfeuer nehmen können.

Wer die US-Medien auch nur sporadisch verfolgt, wundert sich über diese Enthüllungen sicherlich nicht. Die Vehemenz der Pro-Clinton-Berichterstattung ist beeindruckend. Selbstverständlich geht der – im wahrsten Sinne des Wortes – Kampagnenjournalismus über die bloße einseitige Berichterstattung hinaus. Die Medienkonzerne, die sich besonders für eine Pro-Clinton-Hofberichterstattung auszeichnen, sind auch die Konzerne, die zu den größten Spendern der Clinton-Kampagne und(!) der Clinton-Stiftung gehören – darunter Comcast (NBC, MSNBC), James Murdoch (News Corporation, Fox News), Time Warner (CNN), Bloomberg, Reuters, Viacom, CBS, AOL (Huffington Post), PBS, PRI, die Hearst Corporation und viele viele andere.

So schließt sich der Kreis. Die Medienkonzerne finanzieren und unterstützen die Kandidatin publizistisch. Die kritische Berichterstattung zu Hillary Clinton grenzt dabei bereits an Arbeitsverweigerung – angefangen bei den DNC-Leaks, über das Mail-Archiv von Hillary Clinton bis zu den Podesta-Mails – jedes einzelne dieser Leaks hat das Zeug zu einem riesigen Skandal, über jedes einzelne Leak werden Sie jedoch in den oben genannten Großmedien kaum etwas finden – außer Mutmaßungen, dass die Russen dahinterstecken könnten. Das ist kein Journalismus! Das ist Arbeitsverweigerung! Stattdessen setzt man seine Leute daran, alte Audio-Rohaufnahmen nach Zitaten Donald Trumps zu durchwühlen, in denen er sich „unanständig“ äußert. Und nun klopft sich die gesamte Branche gegenseitig auf die Schultern: Man hat doch tatsächlich einen Beleg dafür gefunden, dass Trump das P-Wort benutzt! Ei der Daus! Dafür muss es den Pulitzer-Preis geben!

Die Erklärung für diese kollektive Arbeitsniederlegung mag simpel sein. Donald Trump ist nun mal ein Widerling, gegen den sogar eine Hillary Clinton attraktiv erscheinen mag. Und so machen sie sich einer – siehe Einleitung – guten Sache gemein, indem sie aus ihrer Perspektive heraus Trump verhindern. Stellt sich jedoch die Frage, wo der Kandidat Trump überhaupt herkommt. Und da müssen wir uns leider in den Bereich der Spekulation begeben.

Ein weiteres Fundstück aus den Podesta-Mails, die von den Qualitätsmedien geflissentlich ignoriert werden, weist nämlich darauf hin, dass die Clinton-Kampagne schon im Juli 2015 herausgearbeitet hat, dass die Kandidatin eigentlich nur dann eine Chance hat, wenn auf Seiten der Republikaner entweder ein „Extremist“ antritt oder zumindest auftrumpft, um die anderen Kandidaten in die rechte Ecke zu schieben. Namentlich werden im Papier Ted Cruz und Donald Trump genannt. Auch wenn es dafür natürlich keinen Beweis gibt: es ist schon sehr seltsam, dass „Freaks“ wie Trump und Cruz in der frühen Phase der Vorwahlen in den Medien omnipräsent waren, während die gemäßigten Kandidaten des Establishments, z.B. Chris Christie oder Jeb Bush, fast komplett ignoriert wurden. Haben die Medien also mit Trump genau den Strohmann aufgebaut, den sie nun mit Genuss niederprügeln? Ich würde meine Hand jedenfalls nicht dafür ins Feuer legen, dass es nicht so ist.

Doch was ist der Preis für dieses abgekartete Spiel? Die Medien verlieren den letzten Rest von Glaubwürdigkeit und die Wähler werden nach vier Jahren Clinton wahrscheinlich vollends unkontrollierbar sein und einem Rattenfänger hinterherlaufen, gegen den Donald Trump ein netter Kerl ist. Ted Cruz wäre ein denkbarer Kandidat. Und wenn in vier Jahren tatsächlich ein evangelikaler Spinner á la Cruz an den roten Knopf kommt, dann ist jüngste Gericht wohl wirklich nicht mehr fern.


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