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Titel: Leserbriefe zu „Kevins Traum vom Sozialismus“

Datum: 8. Mai 2019 um 8:51 Uhr
Rubrik: Ideologiekritik, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Leserbriefe
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Der Artikel “Kevins Traum vom Sozialismus” eermunterte zahlreiche Leser, uns ihre Meinung kundzutun. Nachfolgend einige dieser Briefe. Insgesamt bleibt abzuwarten, ob es sich bei Herrn Kühnerts Äußerungen um konkrete, durchdachte Pläne handelt oder ob hier ein Strohfeuer abgebrannt wird. Da wir ungern spekulieren, warten wir nun erst einmal ab, ob jetzt Taten oder weitere Worte folgen, bevor wir uns wieder mit diesem Thema beschäftigen. Zusammengestellt von Moritz Müller.

1. Leserbrief

Liebe SPD,

da hat der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert sich in einem Zeitungsinterview als Sozialisten bezeichnet und sich positiv zur Vergesellschaftung beispielsweise von Wohnungsbaugesellschaften oder anderen Konzernen wie BMW geäußert. Ich finde das prima. Juso heißt schließlich Jung-“Sozialist“. Und im Parteiprogramm der SPD steht: „Der demokratische Sozialismus bleibt für uns die Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft, deren Verwirklichung für uns eine dauernde Aufgabe ist.“ Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland steht an keiner Stelle, dass Vergesellschaftungen nicht verfassungsgemäß wären. Deutschland ist nach dem Grundgesetz ein „sozialer Rechtsstaat“. Dass Deutschland eine Marktwirtschaft sein muss, ob mehr oder weniger sozial, steht nirgendwo im Grundgesetz.

Das hysterisch ablehnende Geschrei über Kühnerts öffentliches Bekenntnis zum Sozialismus von CDU/CSU, FDP, Grünen und SPD (und den meisten Medien) ist bezeichnend für den Zustand des Landes: Die kapitalistische Wirtschaftsform ist die heilige Kuh. Sie darf nicht in Frage gestellt und noch nicht einmal diskutiert werden. Besonders erschüttert mich, dass auch und gerade in der SPD Kühnerts harmlose und für einen Sozialisten selbstverständliche Äußerungen eine solche Aufregung verursachen. Dabei sollte die SPD endlich einmal darüber nachdenken, warum sie bei Wahlen von 48% (Bundestagswahl 1976) auf 20% (Bundestagswahl 2017) abgestürzt ist. Ich vermute mal nicht, dass es daran lag, dass die SPD Politik den Wählerinnen und Wählern zu sozialistisch war.

Die SPD sollte sich endlich einmal auf ihre Wurzeln besinnen und kritisch hinterfragen, ob die aggressive Privatisierungspolitik der letzten Jahrzehnte, die auch unter Zustimmung der SPD erfolgte und von Gerhard Schröder massiv vorangetrieben wurde, so sinnvoll war. Niemand möchte eine allumfassende staatliche Planwirtschaft, sicherlich auch Kevin Kühnert nicht. Aber es sollte schon erlaubt sein zu fragen, ob alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereiche zum Beispiel das Gesundheitswesen, der öffentliche Nahverkehr, Wohnungsbau, Forstwirtschaft u.a. für private Geschäftemacher geöffnet werden müssen. Genauso selbstverständlich sollte es für Sozialisten (und Sozialdemokraten – für mich ist das dasselbe) sein, die Milliardenvermögen der Superreichen zu kritisieren und über Möglichkeiten zu diskutieren, diese obszönen Vermögen gerechter und effektiver zu besteuern.

So wie sich die SPD von ihren sozialdemokratischen Wurzeln entfernt hat, hat sie sich auch von ihren Wurzeln als Partei der Friedens- und Entspannungspolitik unter Willy Brandt entfernt. Schröder/Fischer schickten die Bundeswehr in einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien und der aktuelle Außenminister Maas jammert über die angeblich völkerrechtswidrige Annektion der Krim durch Russland. Gleichzeitig erkennt er den bis jetzt erfolglosen venezolanischen Putschisten Guaido als Präsidenten an, obwohl der amtierende Präsident Maduro demokratisch gewählt wurde und nach wie vor im Amt ist.

Ich würde mich freuen, wenn Kevin Kühnert sich demnächst auch zur Außen- und Sicherheitspolitik der SPD äußern wird. Wenn er dabei genauso kritisch bleibt, wie bei seinen Äußerungen zur Wirtschaftspolitik, besteht immerhin ein Funken Hoffnung.

Mit sozialistischen Grüßen
Thomas Arnold (ehemaliges Parteimitglied 1976-2008)


2. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,
 
Ihr heutiger Artikel ist schon großes Tennis. Unter anderem deshalb sind die Nachdenkseiten so wertvoll.
 
Viele Grüße
Arne Vogel


3. Leserbrief

Moin, Herr Berger,

(vor Wahlen) links blinken und rechts abbiegen, die Parade-Disziplin der Schröder-Nahles-SPD – richtig. Ansonsten versuchte Kühnert nur, was seine Aufgabe als Chef der Jung-SOZIALISTEN ist: Erstens ein paar mehr oder weniger “sozialistische” Gedanken zu formulieren. Und zweitens zu versuchen, ein paar Friday-for-future-kids-Jungwähler abzugreifen für die SPD, vor der Europawahl. Das Ganze ist so durchsichtig wie SPD-normal. Außerdem lieferte er gleich für die zu erwartende Europa-Wahlschlappe eine Begründung, die danach niemandem weh tut und folgenlos bleiben kann: “Der Kevin war’s!” Damit kann alles so weitergehen wie bisher, mit dem SPWeh-Projekt 10 Prozent! Viel Lärm um (fast) nichts oder honni soit qui mal y pense!

Spannender ist da schon das einstimmige abendländische Untergangsgejaule der Brainwashingtoner Medienmeute. Es zeigt, dass die Nerven ziemlich blank liegen, bei den Neolib-for-ever-Bauchrednern. Selbst wenn die Fridaykids nur DAS erreicht hätten, war es deren Engagement schon wert…

Schönen Tag noch (und auch weiter so!!)

MfG Wsch


4. Leserbrief

Guten Tag,

zum o.a. Artikel von JB – ähnliches habe ich beim Lesen auch empfunden.

Kevin Kühnert bringt sich hier als neuer Vertreter der Linken in der SPD in Stellung. So einen braucht man, um das gesamte Spektrum abzudecken.

Um Inhalte geht es ihm nicht. Aber es fällt sicherlich ein Bundestagsmandat ab  und später kann er irgendwas mit Partei-Stiftung machen oder sich in einen Aufsichtsrat wählen lassen.

Vielleicht leitet er in wenigen Jahren dann auch, zusammen mit Fritze Merz, den Ethik-Rat von Blackrock.

Das Zitat aus u.a. Artikel, kann ich jedenfalls nur so interpretieren, das er hofft, mit der SPD nicht auf das falsche Karrierepferd gesetzt zu haben:

„Ich bin nicht in diese Partei eingetreten, um mit ihr Opposition zu machen, aber ich bin auch nicht in diese Partei eingetreten, um sie immer wieder gegen die gleiche Wand rennen zu sehen und das sage ich auch als Vertreter dieser Jugendorganisation, wir, die wir hier in fünf, zehn, zwanzig Jahren Verantwortung übernehmen sollen, wollen und auch müssen, wir haben ein Interesse daran, dass hier noch was übrig bleibt von diesem Laden verdammt noch Mal!“

Juso-Chef Kevin Kühnert – Wann kommt der nächste Karrieresprung?

Ein schönes WE,
MP


5. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Mueller,

die Sache mit dem Sozialismus ist eben nicht so einfach. Friedrich Engels schreibt dazu über die Lage Englands und speziell zur Verfassung:

“Aber die bloße Demokratie ist nicht fähig, soziale Übel zu heilen. Die demokratische Gleichheit ist eine Chimaere, der Kampf der Armen gegen die Reichen kann nicht auf dem Boden der Demokratie oder der Politik überhaupt ausgekaempft werden. Auch diese Stufe ist nur ein Übergang, das letzte rein politische Mittel, das noch zu versuchen ist und aus dem sich sogleich ein neues Element, ein über alles politische Wesen hinausgehende Prinzip entwickeln muss. Das Prinzip ist das des Sozialismus.”
(MEW 1, S. 592)

Also hat der Gedankengang von Kevin Kuehnert schon Hand und Fuß. Es geht nicht darum die DDR wieder zum Leben zu erwecken oder um jeden Preis zu verstaatlichen. Es geht im Kern darum eine andere Art der Ökonomie zu betreiben. Einer Art von Ökonomie, deren Fundament eben nicht ausschließlich das Privateigentum ist. Aber derartige Ideen zu entwickeln, wäre die Aufgabe einer “anderen” Wirtschaftswissenschaft.

Mit freundlichen Grüßen
Melchior Jordan


6. Leserbrief

Sehr geehrte Nachdenkseiten, sehr geehrter Herr Berger,

Ihr Artikel über die Schnappatmung der Medien zu den “Visionen” von Herrn Kühnert verdeutlicht auf gerade erschreckende Weise, was unter Meinungsfreiheit in diesem Land zu verstehen ist.

Darf Kevin Kühnert diese Aussagen treffen? Definitiv ja.

Dürfen die Medien dies kommentieren? Ebenfalls ja.

Die Intensität, mit der die Medien ihre Kritik vorbringen ist allerdings erschreckend und wiederum typisch für unsere Gesinnungsjournalisten.

Hierbei zeigt es sich wo die Grenzen der Meinungsfreiheit zu verlaufen haben.

Leider ist diese Einstellung nicht nur eine Eigenschaft der Alpha-Journalisten sondern auch tief in der SPD selbst verwuchert.

Als Mitglied der SPD konnte ich bei Veranstaltungen auf überregionaler Ebene, hier seien die “Debatten” pro/contra GroKo aus dem Frühjahr ’18 exemplarisch genannt, feststellen, dass jeder bürgerliche Unsinn seinen Platz durch die Parteispitze erhält, jede realistische, vielleicht linke oder gar sozialistisch Aussage entweder sofort in Relativierungen eingepflegt werden musste, danke Herr O., oder nur eine geringe Sprechzeit erhielt.

Ich würde daher der aktuellen SPD unterstellen, dass die Aussagen von Herrn Kühnert nicht einmal den Wunsch einer linken Wende formulieren sollen, sondern nur verlautbart wurden, da von vornherein feststand, dass daraus keine politische Handlung erfolgen würde.

Die Spitze hat den Spruch Schmied “Wer Visionen hat soll zum Arzt gehen” verdreht in “Wer eine andere Vision hat, soll die Klappe halten”

Liebes NDS-Team, bleibt bitte unser kritischer Lichtblick im dunklen Tal der Ahnungslosen.
D.


7. Leserbrief

Was für Kevin Kühnerts Kapitalismus-Kritik spricht.

Warum schießen denn einige SPD-Konservative gegen Kevin Kühnerts Aussagen? Sollten doch froh sein, dass sich in dieser Partei links von der Mitte etwas bewegt.

Gruß Dietmar Mideck


8. Leserbrief

Liebes Nachdenkseitenteam,
Sehr geehrter Herr Berger,

Ihre Ausführungen zum Traum eines Jungsozialisten vom Sozialismus habe ich mit großem Interesse gelesen. Ich habe eine andere Sicht auf das Interview und sein Medienecho.

Das Schlimmste was einem Politiker passieren kann ist: Beifall von der falschen Seite. Heisst aber im Umkehrschluss auch, erhält er Prügel, in diesem Falle von alles Seiten, hat er genau das Richtige gesagt. Diese Ausführungen von ihm sind nicht neu. Er vertrat diese Ansicht schon in einer früheren Lanz Sendung im ZDF. (Zensiertes Deutsches Fernsehen). Ich finde sogar, das er mit diesen Aussagen zum richtigen Zeitpunkt an die Öffentlichkeit kam.

Zunächst muss man doch hinterfragen, warum keiner seiner Genossen, statt Häme zu verbreiten, siehe Kars: “Was hat der denn geraucht ?” ihn unterstützen ? Aber es ist wohl so, das jemand der diesem gewissen Herrn S. aus dem Ostwestfälischen, dessen Name mir nicht mehr über die Lippen kommt, nachlief, heute nicht mehr den Mut findet sich zu korrigieren. Kars und Konsorten waren die Totengräber der SPD. 200.000 Mitglieder verloren, 60% der Wählerstimmen – aber Maul aufreissen !

Wenn hier eine neue Generation von Sozialdemokraten heranreift, ist dass jede Zustimmung wert. Nach 20 Jahren SPD-Abstinenz würde ich ihn wählen. Eine Alternative zu den “kleinbürgerlichen” LINKEn, die nach 12 Jahren es nicht schafften über die 10% zu kommen. Konnten Sie auch nicht. Sie mussten Ihre Zeit mit Hahnenkämpfe verplempern.

Die Wortwahl mag auf Unverständnis stoßen und Missverständnisse erzeugen. Aber das ist seiner Unerfahrenheit geschuldet. Das die Schreiberlinge der Rechtspresse sich daran aufgeilen, muss man ignorieren.

Konzentrieren wir uns auf den Inhalt. Er ist doch nicht der Einzige, der zu der Erkenntnis kommt, das der Kapitalimus sich überlebt hat. Kollektivierung ist nur eine Vokabel dafür. Man könnte es auch “Demokratisierung der Wirtschaft” nennen. Schrittweise einhergehend mit einer Steuer-, Wahlrechtsreform und Umweltpolitik. Ursachen für eine deregulierte Wirtschaft. Meine Wahrnehmung ist aber eher, das die sich im Moment noch “Eliten” nennen, von dem was Sie tun soll(t)en, so weiss Gott keinerlei Ahnung haben.

Oder gibt es noch Optimisten, die glauben das dieses Grüppchen von Spitzenpolitikern die SPD aus der Talsohle holt ??

Die wüssten nicht einmal wie “man” so etwas anstellt. Wird also Zeit dass sich die nachwachsende Generation bemerkbar macht. Im Übrigen befindet sich diese in bester Gesellschaft. Schon Oskar Lafontaine vertrat Positionen zur Überwindung eines neoliberalen ausgeprägten Kapitalismus.

Also das heisst: Lass uns etwas dafür tun, dieses Thema anzupacken. Als zu Wendezeiten deren Vertreter jubelten, der Kapitalismus habe den Sozialismus besiegt, war ich sehr skeptisch.

Erinnern wir uns: “Der Liberalismus ist die Mutter des Kommunismus.”

Vielleicht beginnt für ihn gerade eine Renaissance. Fridays for Future lässt grüßen. Nur müssen wir das Kommunismus oder Sozialismus nennen ? Ich meine nein(!). Wir sollten bei der Ausformulierung von Positionen, die den Kapitalismus überwinden sollen, keiner Wortschöpfung verfallen die historisch negativ belastet ist. Das schreckt nur ab. Aber vielleicht hat einer Ihrer Leser einen Formulierungsvorschlag.

Aber zukünftig sollten wir jungen Menschen, die den Vorstoss wagen, unterstützen.

Die Nachdenkseiten könnten ihn zu einem Interview einladen, auch um ihn und Gleichgesinnten zu signalisieren, jetzt bleiben wir an dem Thema dran. Wenn mir was einfällt, melde ich mich noch mal.

Mit freundlichen Grüßen
Manfred Bredemeier


9. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,
 
zweifellos haben Sie recht mit ihrer Darstellung des SPD- Und Medienzirkus.
 
Aber vielleicht sollte man auch einmal in eine andere Richtung denken.

Könnte es vielleicht sein, dass man sich bei BMW mit sturer Orientierung auf den Verbrennungsmotor verzockt hat und vielleicht ganz gern enteignet und entschädigt würde, bevor es zu spät ist?
 
Was kann eigentlich besseres geschehen als wenn der Steuerzahler die Sanierung bezahlt und man inzwischen ganz schnell die Entschädigung dort investieren kann, wo die Entwicklung nicht verschlafen wurde, z.B. in China?
 
Warum sollte nicht nach der Rettung systemrelevanter Banken nun die Rettung systemrelevanter Industrien folgen? Das wäre zwar nicht nach Art. 14 GG “zum Wohle des Volkes”, aber es ginge ja auch nach Art. 15 GG, wie das im Volksbegehren in Berlin angestrebt wird.
 
Nein! Da bin ich dann doch lieber dafür, dass die Quandts in die Verantwortung genommen werden und besser wieder Vermögenssteuer und ordentliche Kapitalertragssteuer gezahlt wird!
 
Mit herzlichen Grüßen
Harald Uhlig aus Weimar


10. Leserbrief

Lieber Jens Berger,
 
nur zur Information: der obige Artikel erschien zuerst in der ZEIT-Printausgabe (der Kauf eines solchen Exemplars ist natürich auch eine Art Bezahlschranke). Gelegentlich werden die Printstücke von ZON übernommen, manchmal mit, manchmal ohne Bezahlschranke.
 
Ansonsten Danke für Ihren bissigen Kommentar. Diese Raufundrunter-Senderei und -Schreiberei hat auch die Funktion, die Systemdiskussion zu diskreditieren und lächerlich zu machen, damit erst gar keine ernsthafte Diskussion über unser Gesellschafts- und Wirtschaftssystem aufkommt.

Herzliche Grüße
A.R.


11. Leserbrief

Hallo Herr Berger,

vielleicht ist es ja meiner Resignation angesichts der Schlafwagen-Mentalität der Deutschen geschuldet, aber irgendwie freut es mich, dass wenigstens irgendwer sich traut, die Systemfrage mindestens mal leise anzupiepsen.

Ich bin mir auch nicht sicher, wie die schnappatmende Hysterie, die ein eher banales Interview eines Juso-Vorsitzenden in weiten Teilen des journalistisch-politischen Komplexes auslöst, einzuordnen ist. Ist das eine Art „Wehret den Anfängen“? Welchen Anfängen?

Oder ein „Im Keim ersticken“ Welchen Keim?

Oder – am wahrscheinlichsten – versuchen die üblichen Verdächtigen tatsächlich nur wieder eine mediale Welle zu surfen, weil ihnen selbst ja rein gar nichts geselsschaftlich Relevantes einfällt.

Jedenfallfs finde ich, man könnte versuchen, die Statements zum Anlass einer Debatte darüber zu nehmen, in wie weit der Kapitalismus (und Kühnert spricht ja explizit vom Neoliberlismus) an all den aktuellen Krisen und Verwerfungen Schuld trägt und wie weit seine Überwindung Voraussetzung für deren Bewältigung ist.

Auch wenn ich Sven Giegold ausnahmsweise Recht geben muss: angesichts der Dramatik der Klimakatastrophe stellt sich wirklich die Frage, ob es (noch) Sinn macht, das System zu wechseln.

Mit Grüßen aus Taufkirchen
Martin Sutor


12. Leserbrief

deutschlandfunk.de/kommentar.719.de.html

Liebe NDS!

nachdenkseiten.de/?p=51416

Herzlichen Dank für Ihre Einordnung des Kühnert-Interviews und der reflexhaften Schockstarre im BRD-Mainstream. Wieviel Teufelsangst muß den Machthabern von der Räuber-Elite und ihren bezahlten Schmierfinken doch noch immer in den Genen stecken, daß sie ein derartiges Gezeter anzetteln.

Der berüchtigte RIAS-Nachfolge-Sender Dlf hat heute morgen noch einen draufgesetzt. Nicht nur, daß er den Kontext der vagen und eher dem Polit-Marketing als ernsthaften Überlegungen zuzurechnenden Kühnert-Thesen ebenfalls aus dem Kontext reißt und sie als tagesaktuelle Forderungen darstellt wie die Anderen. Nein: Der öffentlich-rechtliche Leib- und Magensender des WWG-Kapitalismus folgert daraus gleich die komplette „Unwählbarkeit“ der ganzen SPD, zumindest für alle Arbeiter und Angestellten der BRD, denen es doch SOOOOOOOOO GUUUUUUUT ginge, etwa in der Auto-Branche mit ihren Super-Tarifverträgen. Und erst die Häuslebauer und –Erben! Dem „kleinen Mann“ wollte der Kevin ans Leder, alles maduroisieren und den Wohlstand vernichten.

Hören diese Leute sich eigentlich selber zu? Eben noch berichten sie über den Rechtsruck in der dunkeldeutschen Provinz, in der seit 30 Jahren alle Lichter ausgegangen sind. Über Greta 4 mankind, und daß man möglichst sofort das Autofahren verbieten müßte. Über den Mietenwahnsinn. Und wenn jemand – zaghaft und inkonsequent – Ursachen und mögliche Auswege benennt, geht ein Getöse durch den Äther, das seinesgleichen nichtmal in den 50ern gesehen haben dürfte.

Dabei hat der Kühnert in diesen Punkten nicht nur Recht, sondern auch der Vorwurf an ihn, er würde daraus „Tagespolitik“ machen wollen, wäre dringendst geboten, wenn noch irgendetwas zu retten sein soll.

JA: Enteignungen und Vergesellschaftungen; JA: Demokratische Kontrolle der Daseinsvorsorge; JA: Radikale Entmachtung der „Märkte“ und v.a. ihrer Fürsprecher, von Big Oil und Wall Street – Schluß mit den weltzerstörenden Fehlallokationen, mit Raub, Erpressung und Massenmord!

An der Stelle ist mir auch Ihre Einordnung ein bißchen zu seicht und zu bedenkenvoll: „Bloß kein Sozialismus!“ Dabei wissen Sie ganz genau, daß die heutigen unmenschlichen Verhältnisse die direkte Konsequenz der Einhegung sämtlicher dialektischer Gegenkräfte sind, die durch den Versuch entstanden ist, den Kuchen zu essen und zu behalten, also einen „Kapitalismus mit menschlichem Antlitz“ nach SPD-Manier zu erschaffen. Das kann nicht funktionieren, und das wissen Sie! Die Bestie kann nicht gezähmt werden; man muß sich ihrer erwehren.

Ansonsten die übliche Hetze gegen Maduro, gegen China und gegen Iran heute morgen, vielleicht noch einen Tick schriller, noch einen Tick übler als sonst.

Ein gutes Wochenende wünscht Ihnen
Ihr Matthias Jehsert


13. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger:

Interessant ist der Kontext, in dem diese Zitate gefallen sind. Die Idee der Verstaatlichung oder (Kollektivierung) ist ja alt und wurde schon mehrfach mit mäßigem Erfolg realisiert. Aber schon das Beispiel BMW zeigt hier einen Denkfehler. BMW ist eine Aktiengesellschaft mit großem Streubesitz. Es werden also auch Kleinanleger enteignet. Die heutigen Konzerne sind schon lange nicht mehr im Besitz von wenigen Eigentümern. Aber man sollte doch überlegen, ob man eher die letzten Privatisierungen rückgängig machen sollte.

Gruss
R.K.


14. Leserbrief

Lieber Herr Berger,

danke für Ihren cleveren Artikel zu Herrn Kühnerts Aussagen. Was mich an dieser “Affäre Kühnert“ wirklich erfreut: Ständig wird von einer Dominanz sogenannter „linksgrüner Politik“ geredet und geschrieben. Seit dem frage ich mich, ob ich vielleicht unter „politisch links sein“ Zeit meines Lebens etwas falsch verstanden habe? Ich konnte und kann mir nicht erklären, was an der deutschen Politik der Gegenwart und jüngeren Vergangenheit “links“ ist oder gewesen sein soll. Und nun kommt her Kühnert daher, “marxelt“ so ein wenig vor sich hin und Schwupp: Alle “progressiven Kräfte“ sind zur Stelle und zeigen sogar unaufgefordert klar und deutlich, wie “links“ sie sind.

Ich freue mich, dass ich deren politisches Denken und Handeln durchaus richtig als alles, nur eben gerade nicht links, begriffen habe.

Gleichgültig, wie sie manchmal so daher reden. Oder was eben so geschrieben wird.

Freundliche Grüße sendet
Ralph Domke aus Neu-Anspach


15. Leserbrief

Jens Bergers Artikel mit dem im Betreff genannten Titel hat mich durch seine Kälte ein bisschen erschreckt und befremdet. Das ging schon ein bisschen in Richtung des großen Verneiners Henryk Broder. Wenn ich schon lesen muss, dass die Idee, Großunternehmen zu verstaatlichen, „linker Unsinn“ ist, dann möchte ich doch ganz gerne wissen, ob der Autor irgend eine Vorstellung davon hat, was „linker Sinn“ sein könnte. Oder will er suggerieren, alle linke Ideen seien Unsinn?

Mit freundlichen Grüßen
Karl Heinz Siber


16. Leserbrief

Verehrte Redaktion,

faz.net/aktuell/feuilleton/kevin-kuehnert-die-enteignung-der-konzerne-und-die-rolle-der-zeit-im-umstrittenen-interview-16170511.html#void

man staunt doch immer wieder, wie gerade in der großbürgerlichen FAZ differenzierte und treffsichere Artikel auftauchen – wenn auch im Feuilleton – wo doch der Rest der „Qualitätspresse“ leicht vorhersehbar in den Empörungsmodus umschaltet und sich als reflexartig als Beschützer der Besitzenden geriert..

Freundliche Grüße
Patrick Sieber
Frankfurt am Main


17. Leserbrief

Systemrelevant-bornierte Kritiker

Es ist bezeichnend, wer über den Juso Kevin Kühnert herfällt, weil er es wagt, die Auswüchse des Kapitalismus öffentlich anzuprangern und Lösungsvorschläge zu unterbreiten: Sogenannte „Spitzenpolitiker“, vor allem aus den ewiggestrigen Parteien CDU, CSU, SPD, FDP und AfD ohne eine auch nur ansatzweise Vorstellung, wie die wirtschaftspolitische Weichenstellung zur Befriedung der Gesellschaft aussehen könnte. Lakaien der asozialen Hochfinanz im Wahn der Turbo-Rendite um jeden Preis, den das Fußvolk zu zahlen hat. Tendenz wie seit 20 Jahren: steigend. Der Systemwechsel ist lange überfällig und muss erkämpft werden. Kuba lässt grüßen. Ob wir es ohne Fidel schaffen? Schaumerma.
Peter Richartz


18. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

ich verstehe Ihre Kommentierungen zu Kevin Kühnert nicht. 

Kühnert hat genau das geschafft, was die NachDenkSeiten seit vielen Jahren versuchen in Gang zu bringen: Eine breite gesellschaftliche Diskussion über echte politische Alternativen zur gegenwärtigen Politik, die – so erlebe ich es in meinem Umfeld – seit langem endlich mal wieder wirklich viele Menschen interessiert und für Politik begeistert. Und Sie hacken auf Kühnert rum und suchen nach dem Haar in der Suppe, weil sie ihn scheinbar aus irgendwelchen Gründen nicht ausstehen können. Das ist meines Erachtens politisch falsch und fast schon unpolitisch. Und so ein Negativismus ist contraproduktiv. Man kann Menschen nicht für eine andere Politik begeistern, wenn man das Glas immer nur halbleer sieht. Man muss m. E. politische Kritik mit einem hoffnungsfrohen Lebensgefühl verbinden, um politisch was zu erreichen. Warum also nicht das Gute an dem würdigen, was Kühnert in Gang gesetzt hat? Und diese einmalige Gelegenheit nutzen, um diese Diskussion weiterzudrehen und voranzutreiben? Denn endlich kommt scheinbar in der Gesellschaft politisch etwas ins Rutschen. Das muss man doch nutzen!

Das musste ich mal loswerden. Denn was Kühnert da geschafft hat und mutig verteidigt, verdient unterstützt zu werden. 

Mit den besten Grüßen aus Oldenburg
Udo Brandes


19. Leserbrief

Hallo Herr Berger,

vielen , vielen Dank für diesen mal wieder messerscharf analytischen Artikel. Sie sprechen mir aus der Seele, weiter so!

Mir ist auch als erstes in den Sinn gekommen, dass Kühnerts Aussagen völlig aus dem Zusammenhang gerissen sein müssen, da sie so gar nicht zu deinem sonstigen Äußerungen passen. Es ist echt erstaunlich wie die Mainstreammedien und Parteien sofort reflexartig das rote Gespenst an die Wand malen, als stünde eine sozialistische Revolution kurz bevor. Der bloße Gedanke an eine alternative Politik, so heuchlerisch und unkonkret er auch formuliert sein mag, reicht anscheinend schon. Frei nach dem Motto, wehret den Anfängen. TINA!

Den Rest Ihrer Analyse kann ich auch zu 100% zustimmen, ob geplant oder nicht, wird kurz vor der Wahl versucht, von allen Seiten Kapital aus dem Ganzen zu schlagen. Ein ekelhaftes Theaterschauspiel unserer sogenannten Demokratie.

Mit freundlichen Grüßen 
Pascal Kesselhut


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