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Titel: Wenn Streiflichter irrlichtern – SZ vs. NachDenkSeiten am Beispiel der Causa „Joshua Wong“

Datum: 17. September 2019 um 14:28 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Aufbau Gegenöffentlichkeit, Medienkritik, Strategien der Meinungsmache
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Mit einem infamen Stück polemisierte die Süddeutsche Zeitung am vergangenen Wochenende gegen die NachDenkSeiten und ihren Herausgeber Albrecht Müller. Dabei führt der anonyme SZ-Autor einen in der letzten Woche erschienenen Artikel der NachDenkSeiten zum Empfang des Hongkong-Aktivisten Joshua Wong ins Feld. Dieses Fallbeispiel eignet sich recht gut für einen Vergleich des vermeintlichen Qualitätsjournalismus der SZ mit unserer Arbeit. Das Beste: Sie können selbst anhand unseres Artikels und dem korrespondierenden Artikel der SZ überprüfen, was von den – sorgsam zwischen skurriler Schmähkritik versteckten – inhaltlichen Kritikpunkten des SZ-Streiflichts zu halten ist. Von Jens Berger.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Bei der Gegenüberstellung geht es um folgende zwei Artikel:

Interessant ist beim direkten Vergleich vor allem, was die Süddeutsche nicht schreibt. So werden im Artikel weder die zahlreichen Treffen des Aktivisten Wong mit namhaften Politikern aus den USA erwähnt, noch die Zusammenarbeit Wongs und der von ihm mitgegründeten Gruppen mit Think Tanks, die in enger Koordination mit der US-Regierung die Interessen der USA in anderen Ländern vertreten und dabei vor allem auf die sogenannte „Zivilgesellschaft“ setzen. Dass dies keine Erfindungen der NachDenkSeiten sind, zeigen die Quellen. Bei den meisten Quellen, die im Artikel der NachDenkSeiten angeführt werden, handelt es sich um sogenannte Primärquellen – also direkte Aussagen und Verlautbarungen der genannten Personen und Organisationen, wie beispielsweise Pressemeldungen und Tweets des rechten US-Senators Marco Rubio oder Berichte und Videos der genannten Think Tanks. Anders als die Süddeutsche Zeitung nennen und verlinken die NachDenkSeiten diese Quellen wenn möglich transparent, so dass die Leser sich selbst ihr Urteil über die Seriosität der Aussagen machen können. Die Süddeutsche hält dies offenbar für unnötig.

Unabhängig von der Qualität der Quellen stellt sich jedoch die eigentlich entscheidende Frage: Sind die Informationen über die Zusammenarbeit des Aktivisten Wong mit einschlägig bekannten US-Politikern und Think Tanks relevant für die Bewertung der Person und mehr noch für die Einladung Wongs durch die BILD und den Empfang durch den Bundesaußenminister Heiko Maas? Anders als die Süddeutsche Zeitung halten die NachDenkSeiten diese Hintergrundinformationen in der Tat für relevant. Schließlich geht es schlussendlich ja um eine Einordnung der Vorgänge. Man kann einen Vorgang nur dann sinnvoll einordnen, wenn man über möglichst viele Informationen verfügt, die die Interessenlage hinter den aktuellen Ereignissen möglichst transparent machen. Und dass die Proteste in Hongkong nicht isoliert in einem luftleeren Raum stattfinden, sondern auch im großen geostrategischen Konflikt zwischen den USA und China gesehen werden müssen, sollte eigentlich unstrittig sein. Wenn die Süddeutsche diese – gut anhand der Primärquellen belegten – Informationen ihren Lesern vorenthält, ist dies problematisch. Wie sollen sich die Leser der Süddeutschen ein umfassenderes Bild machen und den Empfang Wongs bewerten, wenn ihnen relevante Informationen vorenthalten werden?

Zu diesen relevanten Informationen gehört auch die Rolle der Medien selbst. Zwar scheint den beiden Autoren der Süddeutschen das „Herumreichen“ des Aktivisten vor der Hauptstadtpresse selbst nicht ganz geheuer zu sein, wie sie zwischen den Zeilen andeuten. Über derlei Andeutungen gehen sie jedoch nicht hinaus. Dass Wong schon in den vergangenen Jahren von bedeutsamen Medien wie der Washington Post, dem Guardian, dem TIME Magazine, Foreign Affairs und Co. zu einer Art Ikone des „Freiheitskampfes“ stilisiert wurde und Star einer einschlägigen Netflix-Doku war, erfährt der Leser in der Süddeutschen nicht. Man ist dort zwar erstaunt über die Professionalität im Umgang mit den Medien, lässt dieses Erstaunen aber dann im Raum stehen. Dabei sind auch diese Hintergrundinformationen für die Leser durchaus von Interesse, wenn es darum geht, die Person Wong und dessen Empfang in Berlin zu bewerten.

Spätestens hier sollte man sich – auch wenn die Süddeutsche dies in ihrem Streiflicht offenbar für verwerflich hält – eine Frage stellen. Sind die umrissenen Zusatzinformationen nur subjektiv für die Meinungsbildung wichtig und es ist professionell vertretbar, sie herauszulassen, ohne dabei dem Leser die Möglichkeit zu geben, sich selbst ein umfassenderes Bild zu machen? Wenn man die Dimension des Konflikts um die Proteste in Hongkong und die Interessen der USA als Teil des umfassenderen Bildes einbezieht, kann man nur zum entgegengesetzten Schluss kommen. Warum verschweigt die Süddeutsche Zeitung dann ausgerechnet die Informationen, die es dem Leser erst ermöglichen, das umfassendere Bild zu verstehen?

Albrecht Müller charakterisiert diese sehr selektive Auswahl von Informationen als „Methode Verschweigen“ und zählt sie zu den von ihm und den NachDenkSeiten immer wieder thematisierten „Methoden der Manipulation“. Dass die Süddeutsche gezielt Informationen unter den Tisch fallen lässt, die dazu beitragen können, den Aktivisten Joshua Wong als Person zu sehen, die zumindest im Interesse der US-Politik instrumentalisiert und medial inszeniert wird, ist in dem Kontext natürlich kein Zufall. Gerade das außenpolitische Ressort der Süddeutschen Zeitung, das seit fast 20 Jahren vom bekennenden Transatlantiker Stefan Kornelius geleitet wird, ist für seine US- und NATO-nahe Linie berüchtigt. Das hat Albrecht Müller immer wieder kritisiert und auch wissenschaftliche Arbeiten (z.B. hier und hier) belegen diesen Vorwurf.

Man mag ja an Zufälle glauben. Die NachDenkSeiten glauben jedoch nicht an einen Zufall, wenn ein Blatt, das sich in seiner außenpolitischen Berichterstattung exponiert als Sprachrohr transatlantischer Interessen geriert, seinen Lesern ausgerechnet die Informationen vorenthält, die den Verdacht erhärten, dass der Hongkong-Aktivist Wong für transatlantische Interessen eingespannt oder zumindest instrumentalisiert wird.

Diesen Zusammenhang kann man jedoch nur erkennen, wenn man über die nötigen Hintergrundinformationen verfügt. Wir von den NachDenkSeiten bemühen uns täglich, Ihnen diese Informationen zugänglich zu machen und haben es uns zum Ziel gesetzt, „eine gebündelte Informationsquelle für jene Bürgerinnen und Bürger (zu) sein, die am Mainstream der öffentlichen Meinungsmacher zweifeln und gegen die gängigen Parolen Einspruch anmelden“. Die zahlreichen Rückmeldungen und die phantastische Unterstützung durch unsere Leserinnen und Leser zeigt, dass wir da auf einem sehr guten Weg sind. Dies zeigen auch die zahlreichen Leserbriefe, die wir zur Attacke der Süddeutschen auf die NachDenkSeiten und Albrecht Müller bekommen haben und die wir selbstverständlich noch veröffentlichen werden. Wenn die Süddeutsche Zeitung dies anders sieht, ist dies auch ein Aufschrei der Meinungsmacher. Getroffene Hunde bellen bekanntlich gerne.

Bild: Dean Drobot/shutterstock.com


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