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Titel: Heute vor 30 Jahren haben BILD und CDU beschlossen, aus „Wir sind das Volk“ „Wir sind ein Volk“ zu machen. Mit massiver Propaganda.

Datum: 12. November 2019 um 14:41 Uhr
Rubrik: Innen- und Gesellschaftspolitik, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Strategien der Meinungsmache
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Davon ist in den Feiern zum Mauerfall nahezu nichts berichtet worden. Davon steht auch nichts in den Geschichtsbüchern. Propaganda ist, obwohl sie wie im konkreten Fall die Welt verändert hat, nicht Gegenstand der Geschichtsschreibung, nicht einmal Gegenstand der offiziellen politischen Wissenschaft. In unseren Publikationen finden Sie die notwendige aufklärende Ergänzung. Im Kapitel IV 1. meines neuen Buches habe ich beschrieben, wie nach dem Mauerfall von der Bild-Zeitung zusammen mit CDU und CSU die Willensäußerungen der Menschen in der DDR mittels massiver Agitation umgepolt worden sind. Unten finden Sie den Text. Albrecht Müller.

Vorweg noch folgender Hinweis: Auch die Anstalt des ZDF hat am 5. November von diesem Manipulationsvorgang und einiges mehr berichtet. Falls Sie die Sendung nicht gesehen haben, es lohnt sich sehr.
Sie werden nach Lektüre des unten folgenden Textes und nach dem Genuss der letzten Sendung der Anstalt unschwer erkennen, wie geistesverwandt die Macher der Anstalt und die Autoren der NachDenkSeiten sind. Wie viele unserer Leserinnen und Leser sind wir ausgesprochen froh, dass es im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wenigstens diese Sendung gibt.

Auszug aus „Glaube wenig. Hinterfrage alles. Denke selbst“, erschienen am 1. Oktober 2019, seitdem auf der Spiegel-Bestsellerliste, zur Zeit auf Platz 3:

1. Wir sind das Volk. Wir sind ein Volk.

Als die Berliner Mauer am 9. November 1989 fiel, war auch unter jenen, die dafür in den verschiedenen Bürgerbewegungen der DDR gekämpft hatten, nicht klar, ob das Ergebnis zur deutschen Einheit führen solle oder nur zu mehr Demokratie und Selbstbestimmung in der DDR. »Wir sind das Volk« war die damals wohl mehrheitlich verinnerlichte Parole. Aber dann wurden – und dies sehr schnell – drei Buchstaben ausgetauscht. Dieser folgenreiche Austausch war weniger zufällig, als viele heute noch denken. Der Ruf nach der deutschen Einheit, die Veränderung der Parole von »Wir sind das Volk« zu »Wir sind ein Volk« war auch das Ergebnis einer bewussten und systematischen Kampagnenplanung, geplant und umgesetzt jedenfalls von der Bild-Zeitung und der CDU-Geschäftsstelle unmittelbar nach dem Mauerfall im November 1989.

»Wir sind ein Volk« wurde in Zeitungsartikeln, auf Flugblättern und Plakaten massenhaft unters Volk gebracht und hatte eine nachhaltige Wirkung. Auch die Volkskammerwahl vom 18. März 1990 wurde damit beeinflusst, die verschiedenen Kommunalwahlen in der DDR ebenfalls.

Deutschlandfunk Kultur hat den Vorgang am 29. September 2005 gut dokumentiert: »›Wir sind ein Volk‹ Die Geschichte eines deutschen Rufes

Weil dieses Beispiel mustergültig zeigt, wie Meinungsbildungskampagnen geplant und umgesetzt werden, wird eine längere Passage aus der Sendung von Deutschlandfunk Kultur zitiert:

»11. November 1989. Zwei Tage nach dem Mauerfall. Tausende von DDR-Bürgern strömen über die Grenze. Die Bild-Zeitung schreibt: ›Wir sind das Volk‹ rufen sie heute – ›Wir sind ein Volk‹ rufen sie morgen!‹ Am Tag zuvor sitzen Bild-Chefredakteur Hans-Hermann Tiedje und Herbert Kremp, Chefkorrespondent der Welt in Brüssel, in Hamburg zusammen. Sie besprechen, wie auf die Maueröffnung zu reagieren sei. Herbert Kremp, Autor des Bild-Kommentars: ›Als bei den Montagsdemonstrationen der Ruf erklang ›Wir sind das Volk!‹, war es für mich – bei meinen Auffassungen – selbstverständlich, dass ich sagte, das muss eigentlich heißen ›Wir sind ein Volk‹.‹ Für ihn ist auch klar‚ die Wiedervereinigung wird kommen, das war damals, also am 11.11. also genau in dieser Novemberzeit, eigentlich noch gar nicht so ein Tenor der offiziellen Politik.«

Parallel zur Bild-Zeitung gibt es in der CDU-Zentrale die entsprechenden strategischen Überlegungen.

Soweit der Auszug aus dem Buch.

Alles Weitere hier als PDF des gesamten Kapitels.

Bibliografische Angaben: 144 Seiten. 14 €. Paperback.
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