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Titel: Der konsequenteste Kampagnenjournalist: Claus Kleber

Datum: 26. März 2020 um 11:09 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Gesundheitspolitik, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Medienkritik
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Das Aushängeschild des ZDF-Heute-Journals bringt auch bei der Berichterstattung und Kommentierung über die Corona-Krise seine Hauptbotschaften unter. Zum Beispiel: Wir sind die Guten, den Chinesen zum Beispiel ist nicht zu trauen. Oder: die Sparpolitik war richtig und wichtig. Den Orden für ein herausragendes Kampagnenmedium hätte auch der Berliner Tagesspiegel verdient. Für beide Fälle hier ein paar Belege und Dokumente. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

  1. Heute Journal vom 24.3.2020

    Damit die ZDF-Zuschauer gleich Bescheid wissen, wird gleich zu Beginn per Laufschrift die Nachricht, dass China die Provinz Hubei öffne, mit dem Akzent versehen: „Pekings Propaganda“. Selbst in diesen kritischen Zeiten können die antikommunistischen Kämpfer des heute Journal mit Claus Kleber an der Spitze nicht auf solchen Kampagnenjournalismus verzichten. Entsprechend geht dann Claus Kleber zur Sache: er kritisiert China wegen Wochen des Zögerns und Unterdrückung der Wahrheit. Wendet Claus Kleber diese kritische Haltung auch gegenüber dem deutschen Gesundheitsminister Spahn an? Auch hierzulande gab es Zögern. – Und dann kommt minutenlang der Systemvergleich und Häme über China. Selbstverständlich gespickt mit Wörtern wie Regime. „Abgeriegelt mit allen Mitteln eines autoritären Staates“. China stelle das Wohl der Gemeinschaft über die Freiheit des Einzelnen. Usw.

    Schauen Sie sich die ersten 4:16 Minuten dieses Stücks aus der Küche des Heute Journals mal an. Es ist ein überzeugendes Dokument dafür, dass wir einen ausgeprägten Kampagnenjournalismus haben und dass wichtige Medien immer noch in den Gräben des Kalten Krieges verharren, jetzt auch im Kampf gegen China und nicht mehr nur gegen die Russen.

  2. Heute Journal vom 23.3.2020

    Ab Minute 5:00 vergleicht der Moderator die Situation bei uns mit anderen Ländern, die „am Limit“ sind, und meint, die deutsche Regierung „schöpfe aus dem Vollen“, und sie versichert, das könne sie, „nach Jahren guten Wirtschaftens“.

    Hier wird die Sparpolitik gerechtfertigt und selbstverständlich kein Wort darüber verloren, was diese Sparpolitik für die Infrastruktur bedeutete, nämlich dass sie über weite Strecken marode ist. Und auch kein Wort über die Wirkung der Sparpolitik auf das Gesundheitssystem – nämlich ohne ausreichende Reserven. Selbst Masken zum Schutz vor Infektion und der Weiterverbreitung der Krankheit fehlen hierzulande. Wir verhängen ein Exportverbot. Spanien wird teilweise von China versorgt.

    Man muss davon ausgehen, dass diese Einlassungen beim ZDF und seinem Moderator nicht zufällig fallen, sondern darauf zielen, in der Zeit danach nicht auf „dumme Gedanken“ zu kommen – zum Beispiel die Privatisierung der Krankenhäuser zu überdenken, oder bessere Löhne und Gehälter für das Pflegepersonal zu fordern, oder zum Beispiel die Doktrin Schuldenbremse aufzugeben.

  3. Tagesspiegel vom 25.3.2020
    Auf den folgenden Beitrag des Berliner Tagesspiegel habe ich bei anderer Gelegenheit schon aufmerksam gemacht. Ich zitiere die einschlägige Überschrift und Texteinführung:

    Warum wir Schröder und Merkel dankbar sein müssen

    Der Reformkanzler und die Sparkanzlerin haben Deutschland solide gemacht. Das zahlt sich in der Coronakrise aus. Ein Kommentar.

    Am gerechtesten über Menschen urteilt die Geschichte. Erst wenn viele Jahre vergangen sind, entpuppt sich, wer ein Narr war – und wer das Gute beförderte. Der Bundestag wird in diesen Tagen einen Nachtragshaushalt in Höhe von 156 Milliarden Euro beschließen, davon fließen 122,5 Milliarden Euro in Finanzspritzen, Kredite und Zuwendungen für Coronavirus-Betroffene. Es ist das größte Hilfspaket, das je in Deutschland beschlossen wurde.

    Es ist zu früh, über Nutzen und Nachteile dieses Pakets zu urteilen. Aber es ist nicht zu früh, die Bedingungen zu beleuchten, die es ermöglichen. Die deutsche Wirtschaft ist solide, die Arbeitslosigkeit gering, bis vor kurzem sprudelten die Steuereinnahmen, der Haushalt kam ohne Neuverschuldung aus. Das hat zwei wesentliche Ursachen: zum einen die Agenda-2010-Reformen der Schröder-Regierung, zum anderen der strikte Sparkurs der Merkel-Regierungen.

Auch hier bleibt anzumerken, dass dieser Kommentar offensichtlich darauf zielt zu verhindern, dass künftig eine andere Politik als Schröders Agenda 2010 und Angela Merkels und Schäubles Sparpolitik gemacht werden könnte.

Diese gezielten und geplanten Medienereignisse sollte man im Auge behalten, bevor man allzu sehr dazu neigt, die Chancen für eine andere Art der Politik und einen anderen Geist für die Zeit nach Überwindung der Krise allzu rosig zu sehen und zu malen. Wenn man erreichen will, dass wir nach der Krise eine andere Politik machen und anders miteinander umgehen, dann muss man sich gegen die jetzt laufende Propaganda nach dem Muster des Berliner Tagesspiegel und des Heute Journal des Claus Kleber wehren und diese zur Sprache bringen. Das ist der einzige Sinn dieses NachDenkSeiten-Beitrags.


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