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Titel: Leserbriefe zu „Willkommen im medialen Gagaland“ und „Die Great Barrington Erklärung“

Datum: 11. Oktober 2020 um 13:00 Uhr
Rubrik: Gesundheitspolitik, Leserbriefe, Medienkritik
Verantwortlich:

Jens Berger hat mit dieser Polemik auf den „hysterischen Rausch“ deutscher Medien über die Corona-Infektion von US-Präsident Trump reagiert. Jens Berger empfindet insbesondere die Berichterstattung über mögliche Corona-Opfer in der Umgebung des Präsidenten verlogen, weil über die Opfer durch Militäraktionen der USA kaum berichtet wird. In einem anderen Beitrag hat Jens Berger auf die Great Barrington Erklärung aufmerksam gemacht. Viele renommierte Wissenschaftler weisen darauf hin, dass die Lockdown-Politik gefährlich ist. Alternativen werden aufgezeigt. Zahlreiche Leserinnen und Leser der NachDenkSeiten haben auf diese Beiträge reagiert und uns Leserbriefe geschickt. Dafür bedanken wir uns sehr. Hier nun eine Auswahl der eingereichten Antworten. Zusammengestellt von Christian Reimann.


Zu: +++ Trumps Corona-Infektion +++ Willkommen im medialen Gagaland

1. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

Trumps Projektionsfläche ist riesig und ist wie geschaffen für unsere niederen Instinkte – und das ist gewollt!

Auflagenzahlen und Einschaltquoten steigen, was will man mehr. Die „Bild“ und der Nachrichtensender „Welt“, die bedienen diese massive Gehirnwäsche täglich!

Die öffentlich-rechtlichen Sender begrüßen mich auch jeden Morgen mit Trumps skurrilen Auftritten.

Und, was soll ich sagen: Mein Blutdruck steigt, meine gute Erziehung – so denke ich – tritt in den Hintergrund, ich lasse meiner Wut freien Lauf! Mein „Glashaus“ bekommt Risse, das ÜberIch – so Siegmund Freud – hat mich ereilt.

Puh, eine Psychoanalyse am Frühstückstisch!

Meine Polemik verdeutlicht meine „tiefe Abneigung“ für Trump – ein gefährlicher Narzisst!

Die nächste „Sau“ wird aber bald gefunden sein und durchs Dorf getrieben werden, jedoch: Trump ist kaum zu tappen!

Mit freundlichen Grüßen
M.R.


2. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

es ist ein toller Artikel, den Sie hier geschrieben haben. Es geht den Trumpgegnern natürlich nicht um die Coronaopfer, die Trump möglicherweise zu verantworten hätte. Es geht darum, einen regelrechten Feldzug gegen ihn zu führen, weil er sich nicht, im Gegensatz zu seinen Vorgängern, dem Establisment beugt. Er tritt für seine Ideale ein, setzt seine Wahlversprechen um und ist auch nicht zu bestechen, da er ja finanziell mehr als abgesichert zu sein scheint. An diesem Feldzug gegen den derzeitigen amerikanischen Präsidenten beteiligt sich natürlich unsere Politik und vor allem unsere Medien. Dies ist mit einer unglaublichen Herabwürdigung seiner Person verbunden. Trump hat nicht angefangen auszuteilen, sondern er muss sich gegen seine neoliberalen Gegner wehren. Er schlägt zurück. Dazu gehört natürlich auch der Umstand, dass er sich weigert, die weltweit verordneten Coronamaßnahmen umzusetzen. Damit verbündet er sich automatisch mit solchen Bewegungen wie Querdenken oder Widerstand 2020. Nicht umsonst hat Michael Ballweg den amerikanischen Präsidenten nach Berlin zur Demo eingeladen, er kam nicht, dafür aber der Neffe des ermorderten Präsidenten John F. Kennedy bzw. der Sohn des später ermordeten Präsidentschaftskandidaten Robert Kennedy. Auch das war natürlich wieder ein Tiefschlag für unsere Elite und die Medien nahmen von Kennedys Auftritt kaum  Notiz. Es ist der aufgestaute  Zorn, den er jetzt wieder nach seiner Ansteckung von deutscher Seite zu spüren bekommt und der sich wie in der von Ihnen gut beschriebenen Art der Verächtlichmachung zeigt. Trump politisch positionsmäßig einzuschätzen ist schwierig. Er ist Kapitalist und Nationalist. Der Rassismus bei vielen Amerikanern war aber vorher schon vorhanden. Trump selbst sagt ja, seine Gegner seien die Linken. Hier macht er aber meines Erachtens wirklich einen Fehler. Seine innenpolitischen Gegner und vor allem seine Amtsvorgänger haben weitaus mehr Kriegsopfer auf dem Gewissen als er selbst. Linke aber erzeugen keine Kriegsopfer,  deshalb sind die Demokraten  Obama und Clinton auch keine Linken. Auch Herrn Trump würde ich einmal raten zu überdenken, welches politische Agieren man dem Spektrum “links” zuordnen sollte. Bei uns in Deutschland findet ja diese Diskussion endlich statt. Der Widerstand gegen das Maskentragen ist links, die starken Coronabeschränkungen, die unser Leben total verändern sollen, werden hingegen von einer rechten Regierung verordnet. Diese Regierung ist rechts, auch wenn sie sich selbst immer wieder mit Hilfe unserer Medien als Regierung der Mitte bezeichnen will.
 
Mit freundlichem Gruß
Harald Pfleger


Zu: Die Great Barrington Erklärung – ein interessanter Ansatz in Sachen Corona, leider von den Medien verschwiegen

3. Leserbrief

Verehrtes Team der Nachdenkseiten,

Vielen Dank für Ihre differenzierte Darstellungen zum Corona-Komplex. Jüngst wieder durch die Darstellung der Great Barrington Erklärung von renommierten, internationalen Wissenschaftlern.

Nur: die bringt uns leider gar nichts.

Denn nur (ausschließlich) das RKI hat nach Paragraph 4 Infektionsschutzgesetz die gesetzliche Kompetenz der Beratung der Behörden.

Das ist doch mal interessant: wir alle, Unternehmen und Privatpersonen, werden tagein tagaus dem Wettbewerb mit all seinen Vor- und Nachteilen ausgesetzt, bei der Bewertung von Epidemien nationaler Tragweite verlässt man sich aber auf den Monopolisten RKI. Und wenn das behauptet, heute sei Montag, dann IST heute Montag, auch wenn Sie und ich aus gutem Grund (gregorianischer Kalender) der festen Meinung sind, heute sei Mittwoch. Das hat quasi Gesetzescharakter. Wehe dem/der Beamten/-in, der/die dagegen verstößt!

Eine Lösung des Corona-Komplexes kann im Hinblick auf die Zukunft nur erreicht werden, wenn es auch in der Bewertung dieser Epidemien nationaler Tragweite einen Wettbewerb gibt, also durch die Änderung des Paragraphen 4 ISG, andere Institute und Meinungen gesetzlich zuzulassen. Die Koordination dieser wissenschaftlichen Ansätze muss im Anschluss eine demokratisch legitimierte Institution (z.B. Ausschuss im Bundestag) vornehmen.

Freundliche Grüße
W. H.


4. Leserbrief

Schönen guten Tag,

es freut mich, dass Sie das Dokument veröffentlicht haben. Es handelt sich übrigens nicht nur um ein Statement, sondern einen offenen Brief oder Appell, der auch von unsereins unterzeichnet werden kann. NichtmedizinerInnenm kreuzen im entsprechenden Formular dann “General Public” an.

Mit einem Hinweis darauf an die Leser können Sie die Öffentlichkeitswirksamkeit vielleicht doch noch steigern!

Der heutigen Ausgabe der FAZ liegt übrigens ein 14(!)seitiges “Verlagsspecial” mit dem Titel “Leben mit Covid19” bei, hübsch aufgemacht und gespickt mit vielen Inseraten von Gilead, Pfizer, Sanofi Pasteur usw. Die inhaltliche Ausrichtung überrascht nicht weiter, aber dass eine normale wochentägliche Ausgabe der FAZ 28 Seiten hat (ohne die wechselnde Beilage wie “Technik & Motor”, “Natur & Wissenschaft” etc.), finde ich bemerkenswert…
 
Mit freundlichen Grüßen
Felicitas Jacobsen


5. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

danke für die Veröffentlichung der Erklärung. Mir sozial schwachem und der Risikogruppe zugehörigen altem Mensch spricht angesichts der offiziellen Corona-Politik vieles aus der Seele. Aber ein gewisses Unbehagen hat sich auch eingestellt. Meine Gedanken und Bedenken möchte ich hier dartun. Bevor man auf der Originalseite etwas unterschreibt.

  1. Tatsachen in der Zukunft vertragen sich nicht wirklich, Angstvermeidung sieht anders aus:
    1. „… hat kurz- und langfristig verheerende Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit. …was in den kommenden Jahren zu einer erhöhten Übersterblichkeit führen wird.“
    2. „… Die Beibehaltung dieser Maßnahmen … wird irreparablen Schaden verursachen, wobei die Unterprivilegierten unverhältnismäßig stark betroffen sind.“
    3. „… die Gefahr durch COVID-19 zu sterben bei alten und gebrechlichen Menschen mehr als tausendmal höher ist als bei jungen Menschen.“
  2. Hinterfragungen:
    1. „… zum Schutz der gefährdeten Personengruppen … Menschen … die zu Hause wohnen, sollten sich Lebensmittel und andere wichtige Dinge nach Hause liefern lassen“ (Von wem und was kostet es? Wer gleicht mögliche finanziellen Mehrbedarf bei sozial Schwachen aus? Wie wär‘s mit einer monatlichen Corona-Beihilfe oder kostenlosen FFP2-Atemschutzmasken für öffentlichen Nahverkehr, Supermarkt)
    2. „sollten … Familienmitglieder eher draußen als drinnen treffen.“ (Im Winter? Das erinnert an den Lockdown im Frühjahr.)
    3. „Diejenigen, die nicht schutzbedürftig sind, sollten sofort wieder ein normales Leben führen dürfen“ (Die Alten und Risikopatienten nicht? Bis wann? Droht da mindestens im Winter eine langfristige Ausgrenzung?)
    4. „Restaurants und andere Geschäfte sollten öffnen können. Kunst, Musik, Sport und andere kulturelle Aktivitäten sollten wieder aufgenommen werden. Menschen, die stärker gefährdet sind, können teilnehmen, wenn sie dies wünschen, während die Gesellschaft als Ganzes den Schutz genießt, der den Schwachen durch diejenigen gewährt wird, die Herdenimmunität aufgebaut haben.“ (Hoffnung auf dem langen Weg durch Corona? Das dauert. Schön und gut, die persönliche Freiheit. Aber wer wünscht sich an etwas teilzunehmen, „dass …“ – siehe 1. c)

Weiterhin eine gute mediale Hand
Dieter Zenses


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Das geht so ...


6. Leserbrief

Liebe Redaktion der Nachdenkseiten,

über all die Monate, in denen dieses Virus grassiert, kann man – süffisant formuliert – sich des Eindruckes nicht entziehen, dass nicht wenige Virologen zum Politiker und umgekehrt nicht wenige Politiker (oder politische Menschen, z.B. auch Journalisten und Redakteure) zum Virologen oder Epidemiologen werden. Das liegt natürlich in der Natur der Sache und eben darin begründet, dass die durch das Virus ausgelöste Erkrankung und deren Bekämpfung eine gewaltige ökonomische und politische Dimension hat. Das galt schon immer für Seuchen und Pandemien, wurde aber vielleicht noch nie medial und kommunikativ so begleitet wie heute.

Tendenziell würde ich behaupten, dass gute Virologen/Virologinnen und gute Epidemiologen/Epidemiologinnen eher gute Politiker/Politikerinnen oder solchermaßen engagierte Bürgerinnen und Bürger werden können als umgekehrt. Man sollte also geneigt sein, Ihnen zuzuhören. Allerdings lässt sich auch die Gefahr nicht übersehen, dass sie in einem neu erwachten Engagement und in der Aufmerksamkeit,  die sie nun erzielen, die wissenschaftliche Nüchternheit verlieren und Grenzen der Aussagen nicht mehr beachten, die ihnen fachwissenschaftlich bis dato als selbstverständlich erschienen. Gerne und schnell scheint die eine genannte  Gruppe die Argumente auch die der anderen geschickt einbauen und nutzen zu können. Das sollte den interessierten Beobachter immer mißtrauisch machen.

Das Politiker und Ökonomen in ihren Auffassungen und Aussagen immer Interessen ausdrücken ist trivial und ständig gut analysierter Inhalt Ihrer Webseite. Der hier beschriebene Prozess Politik/Wissenschaft kulminiert letztendlich bei den politischen Entscheidungsträgern / Regierungen. Da gilt ja die Regierung der Bundesrepublik im Hinblick auf den hier betrachteten Gegenstand weltweit als gut und es ist durchaus nicht ausgeschlossen, dass diese Bewertung so pauschal wie sie ist, sich über die Zeit erhält und bestätigt. Man weiß es nicht.

In der Great Barrington Erklärung sind nun nicht wenige aufgeführte Wissenschaftler aus gerade den Ländern vertreten, die bis zum heutigen Zeitpunkt ganz besonders schlecht abschneiden (und dies nicht nur im Vor-Urteil): USA, Israel, UK. Spontan habe ich mich gefragt, ob nicht gerade Herr Trump und ganz aktuell diese Erklärung unterzeichnen würde, oder Herr Netanjahu.

Weiterhin ist in der gesamten Thematik nicht zu übersehen, dass es  ja immer auch um den  Staat als solches geht und dass hier Linke, Sozialisten, Kommunisten, Anarchisten, Libertäre von dem nachgerade genialen Virus auf vorzüglichste Weise vorgeführt werden, indem es sie herrlich aufs Glatteis führt: Was ist denn nun mit dem Staat, wenn er bei Erkennen der Gefahr Maßnahmen ergreift, im Zweifelsfall den Ausnahmezustand erklärt? Was darf denn der bürgerlich-liberale Staat, der imperiale Staat, der autoritäre Staat, der sozialistische Staat ? Können die Maßnahmen (jetzt fällt mir glatt Bert Brecht ein: Die Maßnahme) in diesem Staat gut und in jenem Staat ganz schlecht sein ?

In den USA sind bewaffnete Bürger bis auf Parlamentstreppen gezogen, um sich gegen staatliche Maßnahmen zu wehren: Freiheitskämpfer ? Herr Elon Musk sah schon fast den Faschismus aufziehen, als seine Fabrik Regulierungen aufgrund SarsCov 2 unterworfen werden sollte: Antifaschistischer Freiheitskämpfer ?

China wiederum hat das Virus mit überaus strengen Maßnahmen beantwortet und wie es aussieht, sehr erfolgreich. Das Volk scheint im Großen und Ganzen hier engagiert mitzumachen und mitzuhelfen. Was ist das nun: Politische Regierungskunst oder angewandte Wissenschaft oder ein Konglomerat oder eine alte Kultur. Was ist mit dem autoritären Singapur, ist es da der Staat oder die Kultur, wenn Erfolge erzielt werden ?

Was die linken Nachdenkseiten betrifft,  neige ich inzwischen dazu, Wetten einzugehen, dass sie sich in keinem Thema so verrennen wie zu Covid 19, und ich befürchte, dass es der Tatsache geschuldet sein kann, den Blick borniert zu sehr auf die BRD zu richten und zu übersehen, wie schlimm es insgesamt auf der Welt in dieser Frage zugeht. Borniertheit und spießbürgerliche Enge des Blicks auf die eigene, kleine Freiheit kennzeichnet im übrigen die Querdenker-Bewegung, von Progressivität ist da nichts zu sehen, aber auch gar nichts.

Es kommt also zum Thema nicht zusammen, was zusammengehört und es wird nicht auseinandergehalten, was auseinandergehalten werden muss, business as usual: Inkonsistenz bei linken Weltsichten und allgemeine Inkontinenz beim Geplapper, schlimme Symptome, schlimme Krankheiten.

Postscriptum: Die Erklärung – unser Gegenstand – betrifft wiederum auch die vulnerablen, also sogenannten Risikogruppen, was Regulierungen / Einschränkungen betrifft. Soweit waren wir in Deutschland in den letzten Monaten schon mal und ich muss hier meinerseits als älterer Herr und Opa zum Freiheitskämpfer werden – auch gegen sehr liberale Auslegungen des Partygedankens (mit dem Staat, den Gesundheitsämtern und Ordnungsbehörden) oder gegen Lohnverzichtspredigten und Rentenverzichtspredigten der Jungen Union etc.

Mit freundlichen Grüßen
Bernd Jacoby


7. Leserbrief

Liebe NDS-Redaktion,

Was Herr Berger einen interessanten Ansatz nennt, empfinde ich als ausgesprochen gruselig. Wer das Ziel der Herdenimmunität auf diese Weise verfolgt, benutzt die Menschen als reine Versuchskaninchen für ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Oder um es mal ganz drastisch zu formulieren: auch Josef Mengele war Arzt und Wissenschaftler. Die ganze Erklärung hat für mich sozialdarwinistischen Charakter und enthält einige fragwüdige Punkte. Der gezielte Schutz der besonderen Risikogruppen (schöner Euphemismus) heisst doch nichts anderes als Isolation der Alten und Schwachen. Die Jungen und Starken sollen ein “normales Leben” führen können (mit überschaubarem Gesundheitsrisiko dürfen sie sich wieder “ausbeuten” lassen, vorzugsweise im Niedriglohnbereich). Wenn aber schon 55-Jährige zur Risikogruppe gehören und Deutschland mindestens 21 Mio. Rentner hat – wie sollen die alle “geschützt” werden? Sollen die alle aufhören zu arbeiten, zu Hause bleiben und Armutsrenten in Kauf nehmen? Vielen Dank auch. Das Ziel Herdenimmunität haben die Regierungsverantwortlichen sowieso noch nicht ganz aus dem Auge verloren, man kann aber in einem dichtbesiedelten Land wie Deutschland dem Infektionsgeschehen nicht freien Lauf lassen – zu groß die Gefahr, dass Gesundheitssystem zu überlasten. Man muss als den R-Wert in einem gewissen Korridor behalten (vielleicht zwischen 1 – 1,5). Lockerungsübungen wechseln sich dann mit verschärften Maßnahmen ab. Wieso soll es zu niedrigeren Impfraten bei Kindern kommen? (Ich bin 60 und habe mich in diesem Jahr schon zweimal impfen lassen, im Januar gegen Pneumokokken und am 1. Oktober gegen Grippe. Bei der Grippeschutzimpfung musst ich allerdings zum ersten Mal Schlange stehen in den letzten 15 Jahren. Und ob es eine natürliche (Herden)immunität bei Corona gibt, wissen bislang die Götter. Pflegepersonal mit erworbener Immunität??? ). Eine Vorsorgeuntersuchung habe ich im Mai auch wahrgenommen. “Menschen im Ruhestand, die zu Hause wohnen, sollten sich Lebensmittel und andere wichtige Dinge nach Hause liefern lassen.” Dann sind die noch einsamer als die Menschen in den Pflegeheimen – ich kenne in meinem nachbarschaftlichen Umfeld mindestestens drei verwitwete Frauen über achtzig, für die ist das selbständige Einkaufen der einzige Sozialkontakt. “Restaurants und andere Geschäfte sollten öffnen können.” Restaurant sind auf, man kann aber die Menschen nicht zwingen hineinzugehen.

So ganz nachvollziehen kann ich eure Haltung zu Corona nicht, eigentlich spielt ihr der Finanzaristokratie in die Hände. Herr Berger schreibt in seinem Kommentar zu Zahl der Intensivpatienten in Deutschland steigt weiter deutlich von einer CFR von 0,4 – 0,5%. Die ist schon 3-4 höher als bei einer Grippe, ist aber dennoch eine Durchschnittszahl genauso wie die 126.000€, die jeder Deutsche als Vermögen hat. Die Jungen sterben gar nicht, dafür die Älteren umso mehr. 50 Tote am Tag macht im Jahr 18.250 – Sollen wir die achselzuckend in Kauf nehmen? Auch bezieht sich Herr Berger wieder nur auf die eine Grippesaison 2017/2018 – wir haben jedes Jahr eine Grippewelle. Albrecht Müller hat in einem Text von 2007 schon die Globalisierung kritisiert, Corona hat quasi die Luft aus der schönen globalen Welt herausgelassen. Um Menschenleben zu retten, das Gesundheitssystem aufrecht zu erhalten und Infektionsketten zu unterbrechen, wurde die neoliberale Annahme außer Kraft gesetzt, Marktlogik sei das oberste gesellschaftliche Gebot. Und da Freihandel immer mit Freiheit gleichgesetzt wurde, trommeln die Finanzeliten, dass die Demokratie und die Freiheit durch den Lockdown in höchster Gefahr sei. In Gefahr sind aber ihre Spekulationen, ihre “Investitionen” verzinsen sich nicht wie gewünscht – das gefährdet ihre (Finanz)macht. Politik und Wirtschaft geben einen “Freiheitsrahmen” vor, der individualistisch größtmöglich genutzt werden soll. Dieser “Freiheitsanspruch” dient auch zur Begründung zum Abbau tarifärer Handelshemmnisse (Bürokratieabbau) – die Arbeitnehmer wollen doch diese ganze Regeln nicht, sie wollen ihre Arbeitszeit flexibel gestalten usw. Im Grunde ist es eine “negative Freiheit”, wie sie hier propagiert wird.

Viele Grüße
M.W.


8. Leserbrief

An einem Fakt kommen die Kritiker der Maßnahmen jedenfalls nicht vorbei, Deutschland ist bisher besser durch die Pandemie gekommen als andere Länder die es lockerer angegangen sind.

Gerade bei diesbezüglichen Vorschlägen aus den USA ist hier Vorsicht geboten, ist es doch insbesondere Trumps Corona Krisenmanagement das ihn inzwischen massiv Stimmen für seine Wiederwahl kostet. Ich gehe Jedenfalls davon aus das auch in Ländern mit hohen Infektionsraten wie z.B. den USA, die Risikogruppen durchaus wussten worum es geht und sich vorgesehen haben, trotzdem ließ sich die Infektion bei diesen Gruppen, in einem Umfeld in dem man einfach so weiter gemacht hat wie bisher nicht verhindern.

Ja ich halte es auch für unzumutbar wenn Schulkinder gezwungen werden den Unterricht mit Schutzmaske abzuhalten, aber was sagen sie dem 60 jährigen Lehrer der mit Recht Angst vor einer Infektion hat? Es ist eben nicht ganz so einfach die Risikogruppen wegzuschließen wenn sie einen durchaus beachtlichen Teil der wirtschaftlichen Aktivitäten stützen.

Ich habe mich übrigens einmal mit einer Sportkameradin unterhalten deren Schwester an Corona erkrankt war. Zunächst milder Verlauf, so dass sie nach kurzer Zeit als genesen wieder arbeiten gehen konnte und dann nach 4 Wochen kam ein völliger Zusammenbruch, Kraftlosigkeit und Sprachschwierigkeiten. Diese „Genesenen“ landen dann in den Reha Kliniken und dort bleibt man bekanntlich nicht nur ein paar Tage. Sie meinte nur, jeden der Corona verharmlost würde sie gern einmal mit in die Reha Klinik nehmen, dort liegen keineswegs nur Alte. Die Frage ist also ob diese Genesene mit Spätfolgen überhaupt Statistisch im Zusammenhang mit Corona erfasst werden und welche wirtschaftlichen Auswirkungen es hätte wenn gleichzeitig sehr viele Beschäftigte über längere Zeit krank geschrieben werden müssten?

Ja, auch mich nervt die dauernde Medienpräsenz zu Corona, aber würden sich die Leute wirklich so verhalten wie sie sich momentan offenbar verhalten, wenn das Thema medial zu den Akten gelegt würde?

Man kann sicher vieles an den Konkreten Maßnahmen kritisieren, aber eines lässt sich wohl kaum abstreiten, Deutschland steht gemessen an Ländern die auf eine Durchseuchung gesetzt haben eindeutig besser da.
Ich finde jedenfalls das Derjenige der die aktuellen Maßnahmen infrage stellen mehr an alternativen Lösungsvorschlägen liefern müssen als, schließt die Alten weg und lasst dann den Dingen einfach ihren Lauf.

Hochachtungsvoll Siegfried Thomas


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