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Titel: Welche Schäden entstehen durch Lockdowns?

Datum: 16. Dezember 2020 um 9:25 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Gesundheitspolitik, Wertedebatte
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Es ist davon auszugehen, dass Regierungen immer eine Kosten-Nutzen-Analyse durchführen, bevor sie Maßnahmen oder Gesetze beschließen, vor allem dann, wenn diese wahrscheinlich erhebliche Auswirkungen auf viele verschiedene Bereiche der Gesellschaft haben werden. Die weltweiten Lockdowns als Reaktion auf die Covid-Pandemie stellen wahrscheinlich die größten und extremsten Eingriffe dar, die westliche Regierungen seit dem Zweiten Weltkrieg durchgeführt haben. Man sollte also wirklich annehmen, dass sogar eine sehr sorgfältige Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt worden ist, bevor solch einschneidende Entscheidungen getroffen werden. Von Sebastian Rushworth, aus dem Englischen von Henning Rosenbusch.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Doch da haben wir uns offensichtlich geirrt. Soweit ich weiß, hat keine einzige Regierung weltweit eine sorgfältig durchdachte Kosten-Nutzen-Analyse vorgelegt, in der sie alle Aspekte betrachtet und dann erklärt hat, warum sie glaubt, dass ein Lockdown eine verhältnismäßige Entscheidung ist, trotz all der wahrscheinlichen Schäden.

Und da sich offensichtlich keine Regierung diese Mühe gemacht hat, zumindest öffentlich, werden wir hier etwas nachhelfen. Dieser Artikel kann auf keinen Fall umfassend sein, da die Schäden zahllos sind und fast jeden Aspekt unseres Lebens betreffen. Stattdessen werde ich mich auf zwei Dinge konzentrieren, die meiner Meinung nach repräsentativ für weitergehende Schäden sind: die kardiovaskuläre Gesundheit und die Gesundheit von Kindern.

Wie ich bereits in einem früheren Artikel ausgeführt habe, gingen die Krankenhauseinweisungen aufgrund von Herzinfarkten im Frühjahr in Stockholm um 40 Prozent zurück. Es ist nicht davon auszugehen, dass es viel weniger Herzinfarkte gab, so dass wahrscheinlich viele betroffene Menschen aus Angst, sich mit Corona anzustecken, zu Hause geblieben sind. Es sieht so aus, dass ähnliche Muster auf der ganzen Welt zu beobachten sind. Dies ist ein großes Problem, und zwar aus zwei Gründen: Erstens ist die Gefahr eines plötzlichen Herztods unmittelbar nach einem Herzinfarkt hoch. Zweitens: Wer nicht schnellstmöglich behandelt wird, hat weiterhin ein viel größeres Risiko, dass sein Herz dauerhaft geschädigt wird, was wiederum zu einer chronischen Herzinsuffizienz führen kann.

Eine Studie, die im September in der Fachzeitschrift Heart veröffentlicht wurde, versucht zu ergründen, welche Auswirkungen der erste Lockdown auf die kardiovaskuläre Sterblichkeit in Großbritannien hatte. Die Forscher untersuchten die offiziellen Sterblichkeitsdaten für den ersten Lockdown in Großbritannien (März bis Juni) und verglichen sie mit dem Durchschnitt des gleichen Zeitraums in den vorangegangenen sechs Jahren:

Die kardiovaskuläre Sterblichkeit war während des Lockdowns um acht Prozent erhöht, verglichen mit dem, was man normalerweise für diesen Zeitraum erwarten würde. Gleichzeitig sank der Anteil der kardiovaskulären Todesfälle in Krankenhäusern von 63 auf 53 Prozent, während der Anteil der Todesfälle außerhalb von Krankenhäusern (in Privatwohnungen oder Pflegeheimen) von 37 auf 47 Prozent anstieg.

Was sagt uns das?

Nun, es sind Beobachtungsdaten, daher ist es schwer, kausale Schlüsse zu ziehen, aber wir können einige plausible Vermutungen anstellen: Die Autoren halten es für wahrscheinlich, dass die Angst vor Ansteckung die Menschen dazu veranlasste, später Hilfe zu suchen, als sie es üblicherweise getan hätten. So starben mehr Betroffene außerhalb von Krankenhäusern. Und weil sie nicht die Hilfe bekamen, die sie für ihren kardiovaskulären Notfall gebraucht hätten, gab es auch insgesamt mehr Opfer. Ich denke, das ist eine sehr einleuchtende Schlussfolgerung. Und sie wird durch weitere Daten gestützt, nämlich dass ein größerer Anteil der Menschen im Krankenhaus an einem kardiogenen Schock oder einer ventrikulären Arrhythmie verstarb – Komplikationen, die häufiger auftreten, wenn Menschen sich zu spät in Behandlung begeben.

Eine weitere Studie, im Juni in Neurological Sciences veröffentlicht, hatte zum Ziel herauszufinden, welchen Einfluss Lockdowns auf Patienten mit Schlaganfall haben. Sie wurde in einem Krankenhaus in Italien durchgeführt. Dabei wurden Daten von Patienten gesammelt, die ab dem 11. März im ersten Monat des nationalen Lockdowns in Italien in das Krankenhaus kamen. Die Daten wurden dann mit den Patientendaten des gleichen Zeitraums im Jahr 2019 verglichen. Insgesamt kamen 52 Personen mit Schlaganfällen in das Krankenhaus, verglichen mit 41 im Jahr 2019.

Bevor wir zu den Ergebnissen kommen, möchte ich anmerken, dass ein Schlaganfall ein zeitkritischer Notfall ist, genau wie ein Herzinfarkt. Ein bekanntes englisches Sprichwort, von dem manche schon einmal gehört haben könnten, lautet “time is brain“ (Zeit ist Hirn). Mit anderen Worten: Jede zusätzliche Stunde Verzögerung bis zur Behandlung erhöht das Risiko eines schweren Verlaufs.

Im Jahr 2019 betrug die durchschnittliche Zeit vom Beginn der Symptome bis zum Eintreffen im Krankenhaus 161 Minuten. 2020 hatte sich die durchschnittliche Zeit mehr als verdoppelt, auf 387 Minuten.

Eine Behandlung, die bei Schlaganfällen eingesetzt wird, ist die Thrombolyse, bei der ein Medikament, das Blutgerinnsel auflöst, in den Blutkreislauf injiziert wird. Die Thrombolyse ist jedoch eine zeitkritische Behandlung: Studien zeigen keinen Nutzen mehr, wenn sie mehr als 4,5 Stunden nach Beginn der Symptome verabreicht wird. Patienten, die später eintreffen, kommen für diese Behandlung nicht mehr in Frage. Die Verzögerung des Eintreffens im Krankenhaus bedeutete also eine signifikante Verringerung des Anteils der Patienten, die eine Thrombolyse erhielten, und zwar von 32 auf 14 Prozent.

Es handelt sich zwar um eine kleinere Studie, aber die Verdoppelung der Zeit bis zum Eintreffen im Krankenhaus war statistisch hoch signifikant und kann nicht auf Zufall beruhen. Wie bei der vorherigen Studie vermuten die Autoren, dass die Verzögerung beim Aufsuchen von Hilfe auf die Angst vor Covid-19 zurückzuführen ist.

Wir haben also zwei Studien, die in die gleiche Richtung deuten, nämlich dass die Menschen aufgrund einer übertriebenen Angst vor dem Virus länger warten, bis sie Hilfe bei medizinischen Notfällen suchen. Diese Verzögerung hat wahrscheinlich zu einer signifikanten Anzahl von Todesfällen geführt. Nun, natürlich sind Todesfälle aufgrund der Verzögerung der Behandlung nicht direkt auf einen Lockdown zurückzuführen. Vielmehr sind sie auf das Verbreiten von Angst der Regierung und der Medien zurückzuführen. Und diese Panikmache wurde und wird wissentlich als Werkzeug eingesetzt, um die Menschen dazu zu bringen, strenge Einschränkungen zu akzeptieren. [Anm. der Redaktion: „Internes Papier aus Innenministerium empfahl, den Deutschen Corona-Angst zu machen“]

In einem früheren Artikel habe ich beschrieben, dass die Impfprogramme für Kinder in vielen Entwicklungsländern aufgrund der weltweiten Corona-Besessenheit auf Eis gelegt wurden und dass allein dies wahrscheinlich zu viel mehr verlorenen Lebensjahren führen wird, als direkt durch das SARS-CoV-2-Virus verlorengegangen sind. Aber wir müssen gar nicht in die Entwicklungsländer gehen, um zu sehen, dass Kinder durch die unverhältnismäßigen Reaktionen und Maßnahmen geschädigt werden.

Im November wurde im Journal of the American Medical Association (JAMA) ein Artikel veröffentlicht, mit dem der Versuch unternommen wird, die Kosten in Form von verlorenen Lebensjahren zu berechnen, wenn man Kinder aus der Schule nimmt. Dieser Artikel basierte auf einer Modellierung. Dem stehe ich im Allgemeinen skeptisch gegenüber, weil man so ziemlich alles herausbekommen kann, was man will, je nachdem, welche Inputs man wählt und welche Annahmen man im Modell macht.

Die Studie versuchte jedoch, eine Lücke zu füllen, die in der öffentlichen Debatte um Schulschließungen weitgehend ignoriert wurde, nämlich die Schäden von Schulschließungen zu konkretisieren, sodass sie mit den direkteren und offensichtlicheren Schäden von SARS-CoV-2 verglichen werden können. Deshalb denke ich, dass es sich lohnt, darüber zu sprechen.

Sie haben also modelliert, inwieweit es sich auf den längerfristigen Bildungserfolg auswirkt, wenn Kinder für eine gewisse Zeit aus der Schule genommen werden. Die Annahmen, die in das Modell einflossen, stammten aus einer früheren Analyse eines Lehrerstreiks in Teilen Argentiniens, der bei Kindern in Regionen, in denen der Streik zu längerer Abwesenheit von der Schule führte, zu einem signifikant niedrigeren langfristigen Bildungsniveau geführt hatte.

Die Ergebnisse dieser Berechnungen hat man dann in ein zweites Modell einfließen lassen, um herauszufinden, wie sich das Bildungsniveau auf die Lebenserwartung auswirkt, um die Auswirkung von Schulschließungen auf die Langzeitsterblichkeit der betroffenen Kinder zu bestimmen.

Die Schulen in den USA waren während der ersten Covid-Welle im Durchschnitt 54 Tage lang geschlossen. Basierend auf ihrer Modellierung schätzen die Autoren dann, dass diese Unterbrechungen der Schulzeit dazu führen, dass betroffene Jungen im Durchschnitt vier Monate kürzer leben, als sie es sonst getan hätten. Bei Mädchen waren es immerhin noch zweieinhalb Monate.

Insgesamt waren 24 Millionen Grundschulkinder in den USA von den Schulschließungen betroffen. Das würde bedeuten, dass allein durch die Schulschließungen im Frühjahr etwa 6 Millionen Lebensjahre verloren gingen. Zum jetzigen Zeitpunkt sind in den USA rund 300.000 Menschen an Covid gestorben. Wenn wir also davon ausgehen, dass pro Person, die an Covid-19 stirbt, etwa sieben Lebensjahre verloren gehen (wahrscheinlich eine sehr großzügige Schätzung, wie ich in einem früheren Artikel erörtert habe), würde das bedeuten, dass in den USA bisher etwa zwei Millionen Jahre direkt durch Corona verloren gegangen sind. Nach dieser Schätzung wird die zweimonatige Schulpause in den USA im Frühjahr also zu dreimal so vielen verlorenen Lebensjahren führen, wie dort bisher direkt durch das Virus verloren gegangen sind.

Wie ich schon sagte, es handelt sich hierbei um eine Modellierung, sodass die spezifischen Annahmen und die Ergebnisse auf viele verschiedene Arten kritisiert werden können. Aber der allgemeine Tenor der Studie ist stichhaltig. Kinder aus der Schule zu nehmen, ist schädlich für sie, sowohl kurzfristig als auch langfristig, und das sollte bei jeder Entscheidung berücksichtigt werden, Kinder “zum Wohle der Allgemeinheit” aus der Schule zu nehmen. Nur weil die Schäden kurzfristig nicht sichtbar sind, heißt das nicht, dass sie nicht real sind.

So hat die globale Covid-Hysterie zur Aussetzung von Impfprogrammen für Kinder und zu Schulschließungen geführt, was wahrscheinlich zu viel mehr verlorenen Lebensjahren führen wird, als jemals durch das Virus direkt verloren gehen werden.

Kann die Situation für Kinder noch schlimmer werden?

Anscheinend ja, sie kann. Im Juli wurde im British Medical Journal ein Artikel veröffentlicht, der von einer Gruppe von Ärzten verfasst wurde, die am Great Ormond Street Kinderkrankenhaus in London arbeiten. Die Autoren stellten fest, dass die Inzidenz von missbräuchlichen Kopftraumata bei Kindern, die in ihrem Krankenhaus ankamen, im ersten Monat des Lockdowns (23. März bis 23. April) um 1.500 % gestiegen war, verglichen mit dem gleichen Zeitraum in den Vorjahren. Mit anderen Worten: Es gab einen 15-fachen Anstieg an Kindern, die von ihren Bezugspersonen so stark geschlagen wurden, dass sie mit einem schweren Kopftrauma im Krankenhaus landeten.

Die Autoren berichten, dass die große Mehrheit dieser Kinder in ärmeren Gegenden aufwachsen und zu 70 Prozent Eltern mit Vorstrafen, psychischen Problemen oder schweren finanziellen Problemen haben. Natürlich werden die meisten Menschen nicht anfangen, ihre Kinder körperlich zu misshandeln, nur weil sie monatelang den ganzen Tag mit ihnen zu Hause sind: aber für Kinder, die bereits gefährdet sind, steigt das Risiko erheblich.

Also, was können wir aus all dem schließen? Ganz einfach, Lockdowns und die Panikmache, die damit einhergeht, töten mit ziemlicher Sicherheit viel mehr Menschen als sie retten, und es führt mit Sicherheit zu erheblich mehr verlorenen Lebensjahren.

Titelbild: Corona Borealis Studio/shutterstock.com

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