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Titel: Johnson & Johnson: Die belastete Vergangenheit unserer „Retter“

Datum: 23. November 2021 um 11:24 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Ökonomie, Gesundheitspolitik
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Um Forderungen nach Schadensersatz wegen mutmaßlich krebserregendem Babypuder kleinzuhalten, möchte der US-Pharma-Konzern Johnson & Johnson aktuell eine Teil-„Insolvenz“ anmelden. Und das, während der Corona-Impfstoff der Firma große Profite beschert. Der Vorgang ist nur die Spitze eines Eisbergs an Skandalen, darunter die Opioid-Krise, die das Zeug hätten, dem Vertrauen in den redlichen Charakter eines Teils der Firma schwer zu schaden. Dennoch wird von den Bürgern momentan ein fast schon „blindes“ Vertrauen in die Handlungen von Pharma-Konzernen gefordert. Von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Der „Fall Corona“ ist keineswegs so „klar“, wie es Teile der offiziellen Kampagne gerne darstellen. So können weite Teile der Corona-Datenbasis als unseriös und als in ihrer Aussagekraft eingeschränkt bezeichnet werden (z.B. hier oder hier oder hier oder hier oder hier). Ebenso gibt es nicht „die Wissenschaft“, die den fatalen Lockdown-Kurs kollektiv rechtfertigen würde oder dies überhaupt evidenzbasiert vollbringen könnte. Zusätzlich ist die Argumentation mit der „Mehrheit“ ohnehin mindestens schwach. Also lehnen zahlreiche Bürger die offizielle Corona-Mischung aus Repression, Impfzwang, Überwachung und Medienkampagne als nicht geeignet, nicht erforderlich und als nicht verhältnismäßig ab.

Pharma-Konzerne in der „Wahrheitskommission“?

Um die verschiedenen Gruppen wieder anzunähern, müsste wenigstens der Versuch einer Aufklärung zu den Vorgängen der letzten Monate initiiert werden. Dafür böte sich die Form eines Prozesses oder einer „Wahrheitskommission“ an. In einem solchen Forum wären sicherlich auch Akteure aus den großen Pharma-Unternehmen wichtige Zeugen. Oder würden sie gar als Angeklagte oder Anstifter gelten? Um diesen Status der Pharma-Konzerne einzuordnen, würden Ermittler wohl auch deren Handeln in der Vergangenheit betrachten, um Schlüsse zu möglichen Motiven oder „Veranlagungen“ in der Gegenwart zu ziehen.

Eine für die Vergangenheit festgestellte kriminelle Energie beweist keineswegs automatisch Verfehlungen im Zusammenhang mit der aktuellen Corona-Kampagne. Außerdem hat jeder Delinquent eine zweite Chance verdient. Aber die Vergangenheit kann auch nicht einfach ausgeblendet werden und sie kann zumindest Hinweise auf die moralische Verfassung und auf die Glaubwürdigkeit von Zeugen geben. Eigentlich müssten zumindest die in die Impfkampagne und den zugehörigen Meinungskampf involvierten Pharma-Konzerne (und ihre Führungen) in dieser Hinsicht politisch, juristisch und medial untersucht werden. Doch sie werden politisch und publizistisch eher abgeschirmt, wie Wolf Wetzel gerade am Beispiel Pfizer beschrieben hat und im Artikel auch auf ein in Deutschland fehlendes Unternehmensstrafrecht hinweist.

„Opioid-Epidemie“ und Asbest im Babypuder?

Auch beim US-Pharma-Konzern Johnson & Johnson gab es in der Vergangenheit Vorgänge, die Schlüsse auf das heutige Handeln zulassen könnten: Neben anderen Affären ist da laut Medienberichten etwa der Verkauf eines mutmaßlich mit Asbest verunreinigten Babypuders durch Johnson & Johnson. Oder das Verhalten des Konzerns im Zusammenhang mit der „Opioid-Epidemie“ in den USA. Ganz aktuell fällt die Firma mit dem Versuch auf, sich mit einem Insolvenz-Trick vor Schadensersatzforderungen zu schützen.

So berichtet „Focus” einerseits, dass der US-Pharma-Riese für die ersten neun Monate dieses Jahres bereits 8 Milliarden Dollar mehr Umsatz als im Vorjahr und mit rund 16 Milliarden Dollar einen um rund 30 Prozent höheren Gewinn gemeldet habe. An der Börse sei das Unternehmen aktuell rund 430 Milliarden Dollar wert. Andererseits stecke Johnson & Johnson jetzt aber in einem Insolvenzverfahren: Die Juristen des Konzerns haben laut „Focus“ die angebliche Pleite vor einigen Wochen im US-Bundesstaat North Carolina angemeldet. Der Pharma-Konzern versuche mit seiner Insolvenz milliardenschweren Entschädigungszahlungen zu entgehen, heißt es weiter. Dafür nutze Johnson & Johnson einen juristischen Trick. Der Bericht beschreibt die Hintergründe:

„2015 hatte ein Gericht in St. Louis es als erwiesen angesehen, dass Frauen von einem bestimmten Baby-Puder, das Johnson & Johnson seit Jahrzehnten vertreibt, ein höheres Risiko für Krebs in den Eierstöcken bekommen. Das Puder wurde auch von vielen erwachsenen Frauen täglich zur Hygiene benutzt. Viele erkrankten und starben an den Folgen. Anwälte konnten nachweisen, dass der Hersteller seit Jahrzehnten wusste, dass der Talk in dem Puder manchmal mit Asbest verunreinigt war – trotzdem verkaufte er das Produkt weiter und zielte mit Werbung sogar speziell auf arme Personengruppen in den USA, die meistens nicht so informiert über die Gesundheitsrisiken von Produkten.“

Babypuder: Tausende Klagen von Krebskranken

Seit dem ersten Gerichtsurteil werde Johnson & Johnson deswegen von einer Klagewelle überrollt. 38.000 Opfer hätten den Hersteller verklagt, ihre Zahl könnte in den kommenden Jahren und Jahrzehnten noch deutlich steigen. Weitere Hintergründe zu dem Vorgang und dem Charakter des aktuellen „Tricks“ von Johnson & Johnson finden sich in dem Focus-Artikel. RT ergänzt weitere Aspekte:

„Das Pharmaunternehmen war bereits 2018 zu einer Strafe von über 4,7 Milliarden Dollar verurteilt worden. 22 Frauen hatten Johnson & Johnson infolge von Eierstockkrebs verklagt, mutmaßlich ausgelöst durch jahrelangen Gebrauch von Talkumpuder im Genitalbereich. Die Klägerinnen warfen dem Konzern unter anderem vor, Gefahren verschwiegen und das Produkt trotz potenzieller Gesundheitsrisiken weiterverkauft zu haben. Die Strafzahlung wurde später auf 2,12 Milliarden Dollar (rund 1,6 Milliarden Euro) mehr als halbiert, trotzdem ging der Pharmariese noch in Berufung.“

Einen ausführlichen Bericht zu der Affäre hat auch die Nachrichtenagentur Reuters (auf Englisch) verfasst :

„Angesichts Tausender von Klagen, in denen behauptet wird, dass sein Talkum Krebs verursacht, beharrt J&J auf der Sicherheit und Reinheit seines Kultprodukts. Interne Dokumente, die von Reuters untersucht wurden, zeigen jedoch, dass das Puder des Unternehmens manchmal mit krebserregendem Asbest verunreinigt war und dass J&J diese Informationen vor den Aufsichtsbehörden und der Öffentlichkeit geheim hielt.“

Opioid-Krise: Pharma-Konzerne als Verharmloser?

Eine weitere Affäre, die Johnson & Johnson eingeholt hat, ist das Verhalten des Konzerns während der Opioid-Krise in den USA. Der „Tagesspiegel“ schreibt 2019:

„Der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson ist im US-Bundesstaat Oklahoma wegen unrechtmäßiger Vermarktung von suchtgefährdenden Schmerzmitteln zu einer hohen Strafe verurteilt worden. Der zuständige Richter Thad Balkman ordnete am Montag eine Zahlung von 572 Millionen Dollar (515 Mio Euro) an, weil der Konzern zur Medikamentenabhängigkeit im US-Bundesstaat Oklahoma beigetragen habe. (…) Johnson & Johnson wurde in der Klage beschuldigt, bei der Vermarktung der Medikamente aus Profitgier Suchtrisiken durch irreführende Angaben verschleiert zu haben. Oklahomas Staatsanwalt Hunter hatte eine noch deutlich höhere Strafe von über 17 Milliarden Dollar gefordert.“

Es wurden in dem Zusammenhang aber auch „historische“ Urteile wieder gekippt, wie ein Gesundheitsportal berichtet:

„Der Oberste Gerichtshof des US-Bundesstaats Oklahoma hat ein historisches Urteil gegen den Pharmariesen Johnson & Johnson in der Opioid-Krise gekippt. Das Gericht hob damit am Dienstag eine Verurteilung des Konzerns zu 465 Millionen Dollar (rund 400 Millionen Euro) Strafe auf.“

Bleiben die Konzerne straffrei?

Laut „Standard“ mündeten Streitigkeiten zu den Opioid-Medikamenten in diesem Sommer in einem Vergleich, der beteiligten Konzernen Straffreiheit bescheren könnte:

„Im seit Jahren andauernden Rechtsstreit um süchtig machende Schmerzmittel haben vier große US-Pharmakonzerne einen milliardenschweren Vergleich mit zahlreichen Klägern akzeptiert. Die Arzneimittelgroßhändler McKesson, AmerisourceBergen und Cardinal Health sowie der Medikamentenhersteller Johnson & Johnson könnten dabei letztlich bis zu 26 Milliarden Dollar (22,08 Milliarden Euro) zahlen, wie die Generalstaatsanwälte mehrerer US-Staaten am Mittwoch verkündeten.

Allerdings würde das Geld, von dem unter anderem Hilfsprogramme finanziert werden sollen, über einen langen Zeitraum von 18 Jahren gestreckt fließen. Zudem handelt es sich bisher nur um einen Entwurf, den viele US-Bundesstaaten, Städte und Bezirke erst noch endgültig verabschieden müssen.

Insgesamt sollen durch den großen Vergleich, über den seit über zwei Jahren verhandelt wurde, fast 4.000 Klagen und diverse Verfahren auf einen Schlag beigelegt werden. McKesson, AmerisourceBergen, Cardinal Health und Johnson & Johnson würden durch den Kompromiss weiterer Strafverfolgung entgehen.“

„Big Pharma – Die Allmacht der Konzerne“

Es gibt weitere Skandale in der Geschichte von Johnson & Johnson, einige der wichtigsten Rückrufaktionen finden sich unter diesem Link. Eine weitere Auswahl mutmaßlicher Verfehlungen findet sich unter diesem Link. Und der „Guardian” titelte bereits 2019: “Prozesse, Strafzahlungen, Opioid-Krise: Was ist nur aus Johnson & Johnson geworden?“ Eher allgemein beschreibt die Arte-Doku „Big Pharma – Die Allmacht der Konzerne“ den Charakter eines Teils der Branche.

Und es ist diese Branche, der wir laut aktueller Meinungsmache fast schon „blind“ vertrauen sollen, etwa beim Umgang mit den Verträgen mit den Impfproduzenten. Kann der Blick in die Vergangenheit von so manchem Pharma-Konzern dieses Vertrauen stärken?

Titelbild: Sonia Bonet / Shutterstock


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