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Titel: Mit double standards in den nächsten Weltkrieg. Von Peter Vonnahme

Datum: 27. Mai 2022 um 9:00 Uhr
Rubrik: Erosion der Demokratie, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Medienkritik, Militäreinsätze/Kriege
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Wer ist schuld am Krieg in der Ukraine?
Die Antwort ist nicht so einfach, wie uns oft glauben gemacht wird. Die Frage, wer einen Streit verursacht hat, begleitet uns vom Sandkasten bis ins Altersheim. Erfahrene Streitschlichter wissen, dass nicht unbedingt derjenige der eigentliche Aggressor ist, der zuerst zur Gewalt gegriffen hat. (Mit-)schuld kann auch der sein, der durch sein Verhalten den anderen zur Gewalttat provoziert hat. Leider hilft diese Erkenntnis nicht, um im aktuellen Streitfall die Schuldfrage eindeutig zu klären.

Hilfreich ist ein Regelwerk, das beide Konfliktparteien als Richtschnur anerkennen, etwa deshalb, weil sie sich vor Beginn des Streits darauf verständigt haben. Ein solches verbindliches Regelwerk gibt es zwischen den Staaten. Die Gemeinschaft der Völker hat es 1945 angesichts der zivilisatorischen Katastrophen zweier Weltkriege erarbeitet und verabschiedet:

Charta der Vereinten Nationen (UN-Charta)

Dieses Vertragswerk formuliert fundamentale Regeln, die zwischen den Völkern der Welt gelten. Solange es nichts Besseres gibt, tun wir gut daran, uns daran zu halten.

Das Grundprinzip des Völkerrechts steht in Art. 2 Ziffer 4 der Charta:

„Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete [..] Androhung oder Anwendung von Gewalt.“ Dieses Gewaltverbot ist die von allen Mitgliedsstaaten der UNO vereinbarte Fundamentalnorm des Rechts zwischen den Staaten („Völkerrecht“).

Ein weiteres Grundprinzip ist in Art. 2 Ziffer 7 der Charta verankert:

Danach gibt es kein Recht „zum Eingreifen in Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören“. Das bedeutet, dass kein Staat berechtigt ist, in innere Konflikte eines anderen Staates mit Mitteln der Gewalt einzugreifen.

Von dem Gewaltverbot gibt es zwei Ausnahmen:

  • Nach Art. 42 der Charta kann der Weltsicherheitsrat bei Bedrohung oder Bruch des Friedens oder bei einer Angriffshandlung zu „robusten Maßnahmen“ ermächtigen.
  • Nach Art. 51 der Charta hat ein angegriffener Staat „das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat“.

Was bedeutet das für den Ukraine-Krieg?

Maßnahmen nach Art. 42 kommen schon deshalb nicht in Betracht, weil der Sicherheitsrat Russland nicht zu Gewaltmaßnahmen ermächtigt hat.
Ein Selbstverteidigungsrecht Russlands nach Art. 51 entfällt, weil die Ukraine Russland nicht angegriffen hat und auch nicht erkennbar ist, dass die Ukraine einen bewaffneten Überfall auf das russische Staatsgebiet geplant hat.
Ukrainische Militärangriffe auf die Territorien Donezk und Luhansk (Donbass) können ein Selbstverteidigungsrecht Russlands auch nicht auslösen, weil diese Gebiete nicht Teil des russischen Staatsgebiets sind.

Zwischenergebnis: Da die russische Invasion durch keinen der beiden Ausnahmefälle gerechtfertigt ist, ist der Krieg völkerrechtswidrig. Wer Glaubwürdigkeit beansprucht, sollte diese Erkenntnis nicht infrage stellen. Einwände hiergegen nützen weder Russland noch dem Völkerrecht. Es spielt rechtlich keine Rolle, dass die russische Regierung das Wort „Krieg“ vermeidet, sondern von einer „militärischen Sonderaktion“ spricht. Das Völkerrecht orientiert sich nicht an Worten, sondern an Sachverhalten.

Verletzung russischer Interessen

Der russische Völkerrechtsbruch schließt jedoch nicht aus, dass die Ukraine im Vorfeld des Krieges berechtigte Interessen Russlands verletzt hat. Russland erhebt insbesondere folgende Vorwürfe: verstärkte Bemühungen der ukrainischen Staatsführung um Aufnahme in die Nato ohne Rücksicht auf russische Sicherheitsinteressen; Inszenierung des „Maidan-Putsches“ von 2014 mit politischer und militärischer Unterstützung des Westens; Duldung eines extremen Nationalismus in der Ukraine; Diskriminierung der russischsprachigen Bevölkerung im Donbass; Einsatz von „Nazi-Bataillonen“; „Bürgerkrieg“ im Donbass mit bisher 14.000 Toten; verweigerte Umsetzung des Minsk-II-Abkommens; geplante Offensive gegen die Volksrepubliken Donezk und Lugansk.

Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, wollte man untersuchen, ob und inwieweit die Vorwürfe gegen die Ukraine, die USA und die EU begründet sind. Eine Klärung ist auch nicht erforderlich. Denn selbst wenn die Vorwürfe zuträfen, könnte hieraus kein Recht Russlands abgeleitet werden, die Ukraine militärisch anzugreifen. Politische Provokationen rechtfertigen keinen Angriffskrieg. Dieses Ergebnis mag aus russischer Sicht unbefriedigend sein, das ändert aber nichts an der völkerrechtlichen Bewertung.

Wir leben in keiner idealen – gerechten – Welt. Die letzten Jahrzehnte haben wiederholt gezeigt, dass selbst massive Völkerrechtsbrüche (zum Beispiel Jugoslawien, Irak, Syrien, Libyen, Palästina) ungeahndet geblieben sind. Der Grund hierfür liegt auf der Hand: Recht ist das eine, Macht ist das andere. Nicht immer siegt die Stärke des Rechts, manchmal triumphiert leider die Macht des Stärkeren. Gleichwohl darf die Welt nicht müde werden, immer wieder Gerechtigkeit einzufordern. Alle Staaten der Welt sind aufgerufen, auf staatliches Fehlverhalten mit politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Maßnahmen zu reagieren und die Täter einer (völker-)strafrechtlichen Verurteilung zuzuführen.

Systemmedien und Volksverdummung

Der deutsche Medien-Mainstream beschränkt sich – von wenigen Ausnahmen abgesehen – auf eine einseitige, von US-, Nato- und EU-Interessen bestimmte Sicht auf die Welt, so auch hier. Die russische Perspektive wird entweder völlig ausgeblendet oder von vorneherein als unglaubwürdig abgetan. Diese Art von Journalismus versteht sich als Lautverstärker der Regierungspolitik, Servilität ist ihr Markenzeichen. Karl Kraus nannte diese Spielart der Pressearbeit „Journaille“. Im Fall des Ukraine-Krieges stützt sie sich mit Vorliebe auf ukrainische Regierungsverlautbarungen, westliche Geheimdienstinformationen, handverlesene Auslandskorrespondenten und obskure Rechercheportale. Auch wenn offensichtlich ist, dass Meldungen durch die Interessen einer Kriegspartei und deren Unterstützer geleitet sind, vernachlässigen die systemtreuen Medien die vornehmste Journalistenpflicht, nämlich die Überprüfung ihrer Informationen auf den Wahrheitsgehalt. Sie berichten ohne ausreichende Recherche, ohne seriöse juristische Einordnung, dafür aber mit dem Ausdruck tiefer Empörung über „Russlands Verbrechen“.

In den allabendlichen Talkshows geht die Indoktrination verstärkt weiter. Die Gastgeberinnen und Gastgeber lassen schon in der Anmoderation keinen Zweifel daran, auf welcher Seite sie stehen. In der nächsten Stunde führen der ukrainische Botschafter (und Flegel!) Andrij Melnyk sowie Bellizisten der Machart Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Anton Hofreiter, Roderich Kiesewetter und Robin Alexander das große Wort. Sie überbieten sich gegenseitig mit der Dämonisierung Putins und der Forderung nach mehr und schwereren Waffen für die Ukraine. Gelegentlich wird zur Gesprächsrunde ein waffenkritischer Diskutant als publizistisches Feigenblatt zugeladen. Wenn dieser Einzelkämpfer zu Bedacht mahnt und auf die drohende Ausweitung des Krieges hinweist, wird er von einer Handvoll „Rechtgläubiger“ – mit Duldung des Moderators – in seinem Diskussionsbeitrag ständig unterbrochen und notfalls mit vereinten Kräften der Ukraine-Allianz niedergebrüllt.

Solche Sendungen wollen keine Diskussion, auch keine Information, sie wollen Krawall und – schlimmer noch – sie nehmen eine schleichende Volksverdummung in Kauf. So gering der Erkenntnisgewinn der Ukraine-Diskussionsrunden auch sein mag, sie sind durch die ständige Wiederholung von Stereotypen meinungsprägend. Russische Kommentatoren werden dem deutschen Fernsehzuschauer ohnehin vorenthalten, sie könnten ja Wasser in den Wein der atlantischen Selbstgerechtigkeit schütten. Ähnliches gilt für chinesische, indische, arabische, lateinamerikanische und afrikanische Stimmen. Menschen dieser Länder dürfen zwar für die Ukraine hungern, dürsten und sterben, aber sie dürfen nicht ihre Sicht darlegen. Ergebnis: Mit publizistischen Scheuklappen wird der irrige Eindruck erweckt, die ganze Welt würde die westliche Sichtweise teilen. Doch das ist ein Zerrbild.

Die Methode der absichtsvollen Glättung des Weltbildes hat Tradition in den deutschen Medien. Die Diskussionen um MH 17, Skripal, und Nawalny sind in unguter Erinnerung. Manche Edelfeder des deutschen Journalismus müsste eigentlich vor Scham erröten. Stattdessen ziehen es diese Leute vor, sich unter der Tarnkappe eines Kämpfers für Freiheit und Demokratie zu verbergen.

Double standards

Wer eine bessere Welt will, muss aufhören, mit zweierlei Maß zu messen. Denn Doppelmoral führt nicht nur zum Verlust der Glaubwürdigkeit, sie ist auch idealer Nährboden für neue Gewalt. Wer über den Tellerrand hinausblickt, kann unschwer feststellen, dass große Teile der Welt „den Westen“ bezichtigen, mit „double standards“ zu messen. Die Kritisierten weisen den Vorwurf entrüstet zurück. Denn nach ihrem Selbstverständnis sind sie die Guten, die nur ein Ziel verfolgen, nämlich die Welt zu Demokratie und Wohlstand zu führen.

Schon der schlichte Hinweis, dass der Vorwurf des Völkerrechtsbruchs nicht nur für Putins Krieg gilt, sondern auch für die Kriege der USA und ihrer Kriegsvasallen (z. B. die Kriege in Ex-Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen), wird sofort vom Tisch gewischt. Das sei schäbiger Whataboutism und diene nur der Verniedlichung des russischen Angriffskrieges. Dieser Vorwurf ist unredlich. Auch in diesem Artikel wird mehrfach festgestellt, dass der russische Krieg in der Ukraine rechtswidrig ist. Weshalb sollte es dann verboten sein, jemanden, der die Mordtaten von Butscha beklagt, an die Gräuel von Abu Ghraib, Guantanamo, Dubrovnik und an die amerikanischen Drohnenmorde zu erinnern? Auch wenn diese Kapitalverbrechen zeitlich zurückliegen, bleiben sie im historischen Gedächtnis und dienen der sachgerechten Einordnung des aktuellen Kriegsgeschehens. Das Völkerrecht ist universell. Es galt damals und es gilt heute.

Warum sollte man nicht erwähnen dürfen, dass die Kriege unter amerikanischer Führung weitaus mehr Tote, Verstümmelte und Flüchtlinge zur Folge hatten als Russlands Krieg in der Ukraine? Zahlen lügen nicht.

Und warum soll sich nur Putin vor dem Internationalen Strafgerichtshof verantworten müssen und nicht auch seine Kollegen Clinton, Bush und Obama? Auch sie haben das Völkerrecht gebrochen. Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit, dass entweder alle angeklagt werden oder keiner. Wahrscheinlich wird keiner von ihnen vor dem Gerichtshof stehen. Putin würde sich vermutlich eher selbst richten, als vor einem Gericht des Klassenfeindes zu erscheinen. Die anderen Genannten sind Leuchttürme der westlichen Wertegemeinschaft, somit sind sie die „Guten“. Das imprägniert sie gegen gerichtliche Untersuchungen.

Unverständlich ist auch, weshalb – anders als im Fall Russlands – niemals Sanktionen gegen die USA und ihre Vasallen gefordert, geschweige denn verhängt worden sind. Große Teile der Welt hätten sicher nichts dagegen gehabt.

Dieses Messen mit zweierlei Maßstäben hat den Westen im Rest der Welt viel Glaubwürdigkeit gekostet. Deswegen sind die Reaktionen vieler Länder auf die westliche Forderung, die Sanktionen gegen Russland zu unterstützen, so verhalten.

Wahnsinn

Es scheint, dass Deutschland seinen politischen Kompass verloren hat.

Die Abstrafung Russlands ist heute wichtiger als Klima, Umwelt und Frieden zusammen. Erklärtes Ziel der deutschen Außenpolitik ist, Russland zu „ruinieren“ (so die olivgrüne Außenministerin Baerbock). Das ist eine Äußerung zwischen Verantwortungslosigkeit und hellem Wahnsinn. Welchen Sinn soll es haben, ein Land zu zerstören, das Putin überdauern und auf immer unser Nachbar bleiben wird? Die Bellizistin Baerbock fordert außerdem einen Importstopp für russische Energie „auf Null – und zwar für immer“. Zum Ausgleich für wegfallendes „böses“ Russengas macht Baerbocks kongenialer Parteifreund Habeck gesäßtiefe Bücklinge vor arabischen Scheichs, um die zu erwartende Energielücke durch „gutes“ Gas von notorischen Demokratieverächtern zu schließen. Einfach genial! Außerdem arbeiten unsere Umweltexperten an langfristigen Lieferverträgen für klimaschädliches LNG-Gas aus den USA. Die hierfür erforderlichen Terminals werden im Hauruckverfahren ohne Umweltprüfung in den Nationalpark Wattenmeer gerammt.

Verstörend, aber wahr: Die „Überlebensfrage Klimaschutz“ wird dem Ziel der Ruinierung Russlands geopfert – unter grüner Verantwortung.

Hysterie

Die kriegsbegleitende Hysterie hat mittlerweile absurde Züge angenommen. Aktuelle Beispiele:

Der Bundespräsident entschuldigte sich kürzlich für seine russlandfreundliche Politik als Außenminister. Seit wann sind Diplomatie und Freundlichkeit ein Vergehen, für das man sich an die Brust klopfen muss?

Ex-Kanzler Schröder soll aus der SPD geschmissen werden, weil er für die russische Firma Gazprom tätig war. Vergessen ist, wie froh seinerzeit alle (!) waren, dass dem Kanzler Schröder gelungen ist, dank seiner guten Beziehungen zu Putin für billiges und krisensicheres Gas aus Russland zu sorgen. Jetzt soll ihm dafür sogar noch sein Ex-Kanzler-Büro gestrichen werden. Wie heuchlerisch ist das denn?!

Spiegelbildlich zur Russophobie hat sich eine Ukrainehysterie entwickelt. Beim kürzlichen European Song Contest von 40 Staaten landete der ukrainische Musikbeitrag auf dem Siegerpodest. Die Medien hatten das Ergebnis vorausgesagt. Fachleute sind sich einig, dass der Sieg nicht der Qualität des Beitrags, sondern allein dem Ukraine-Hype geschuldet war.

Wenn das Schule macht, dann steht auch schon der nächste Fußball-Weltmeister fest . .

Solche Possenspiele sind eher belustigend. Aber sie haben einen ernsten Hintergrund. Sie nähren nämlich den Verdacht, dass Selenskyjs Waffenlieferungs-Trommelfeuer das Denkvermögen großer Teile der europäischen Zivilgesellschaft beschädigt hat.

Gefahr eines Weltkriegs

Die Dramatik der heutigen Situation wird durch zwei überaus eindrucksvolle Wortbeiträge der Weltkriegs-Zeitzeugen Klaus von Dohnanyi und Oskar Lafontaine verdeutlicht. Die Gedanken dieser beiden Humanisten sollten Pflichtprogramm für alle sein, die heute in unserem Land Verantwortung übernehmen. Denn es ist unübersehbar, dass in Deutschland Politiker, welche die Schrecken eines Krieges und die Not der Nachkriegszeit noch am eigenen Leib verspürten, Platz gemacht haben für eine Generation, die den Krieg nur aus dem Fernseher kennt. Für Leute vom Schlage der kaltschnäuzigen Ukrainebesucher Strack-Zimmermann, Hofreiter und Roth ist das Wort Krieg zu einer Formel verkommen, die ein Geschehen fernab von Deutschland beschreibt. Das Gefühl, dass das Inferno eines Weltkrieges blitzschnell unser Land erfassen kann, ist ihnen offensichtlich fremd.

Unter der fatalen Führerschaft der USA überbieten sich die Länder des westlichen Bündnissystems mit Geld- und Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Erfahrung lehrt, dass durch mehr Waffen das Blutvergießen nicht beendet, sondern verlängert wird, und zwar auf beiden Seiten.

Doch die bemerkenswerte Spendierfreudigkeit hat ein Gutes, sie gibt unmissverständlich Antwort auf die Frage, wessen Interessen der Krieg in der Ukraine wirklich dient. Die USA wollen ihrem erklärten Ziel, die Weltherrschaft zu erringen (Präsidentenberater Brzezinski, „Die einzige Weltmacht“) einen Schritt näherkommen. Es geht derzeit nicht um die Ukraine, sondern was wir sehen, ist ein Stellvertreterkrieg, der auf ukrainischem Boden ausgefochten wird. Präsident Biden hat hierfür vom Kongress 33 Milliarden Dollar erbeten, bewilligt wurden ihm sogar 40 Milliarden – natürlich für den Frieden … Deutschland marschiert bündnisergeben mit. Über Nacht wurden 100 Milliarden für Aufrüstung lockergemacht – zusätzlich zu dem von den USA durchgesetzten „Zwei-Prozent-Ziel“.

Gratwanderung

Selbstverständlich darf sich die angegriffene Ukraine mit aller Vehemenz verteidigen und hierfür auch „schwere Waffen“ von anderen Staaten fordern. Das bedeutet allerdings nicht, dass diese Staaten rechtlich und politisch verpflichtet sind, den Forderungen nachzukommen, zumal dann nicht, wenn die Gefahr eines Nuklearkrieges besteht. Letzteres kann hier nicht bestritten werden. Offensichtlich ist der Konsens, dass der Weltfrieden über allem steht, verloren gegangen.

Völkerrechtlich hoch umstritten ist die Frage, ab wann die Unterstützung einer Kriegspartei die Schwelle überschreitet, ab der ein Unterstützer selbst zur Kriegspartei wird. Hierauf gibt es rechtlich keine überzeugende Antwort. Und selbst wenn es sie gäbe, würde es nicht viel helfen. Denn auch der Ukraine-Krieg hat gezeigt, dass sich Aggressoren nicht an Rechtsnormen orientieren, sondern ausschließlich an Bedrohungsgefühlen.

Erstaunlicherweise haben diese Fragen im öffentlichen Diskurs bisher nur eine geringe Rolle gespielt. Diese Nachlässigkeit ist lebensgefährlich. Sie verwundert vor allem bei den Politikern, die nicht müde werden, die Reizbarkeit und hohe Aggressivität von Putin zu betonen. Zu dessen Beruhigung trägt sicher nicht bei, dass Finnland und Schweden nun mit aller Macht in die Nato drängen.

Letzte Frage: Schlittern wir Europäer wieder wie „Schlafwandler“ in einen Weltkrieg? (Prof. Christopher Clark, 2010, „Die Schlafwandler – Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog“).

Noch nie seit 1945 war die Gefahr eines dritten – und wahrscheinlich letzten – Weltkrieges so groß wie heute. Gemessen daran zeigen die politisch Verantwortlichen in Europa und in Amerika eine erstaunliche Gelassenheit …

Wir sollten aufwachen.
Und unser Schicksal selbst in die Hand nehmen!

Titelbild: Sviatoslav_Shevchenko / Shutterstock


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