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Titel: Die einfachen Menschen wollen Frieden – kriegsgeil sind nur die Eliten

Datum: 6. Juni 2022 um 14:00 Uhr
Rubrik: Friedenspolitik, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Militäreinsätze/Kriege
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Kurt Tucholsky würde heute wieder, wie zu seinen Lebenszeiten, fragen: „Merkt Ihr nischt?“ Dieser Frage müssen wir uns stellen. Die Antwort muss lauten: Doch, wir merken, was los ist, was der Plan ist, auf alle Fälle keiner, der uns vielen Menschen gut tut. Die Zeitung aufgeschlagen, den Fernsehsender eingestellt, das Radio angeschaltet, schon ist zu vernehmen, überall in diesen Medien herrscht wilder Trommelwirbel, heftig wird für Aufrüstung, für Eskalation, gegen Entspannung und gegen Verständigung getrommelt. Schlimmerweise es ist so, dass dementgegen das Wort Frieden nicht inflationär und heftig ausgerufen würde. Aber es muss herausgeschrien werden, seiner Umsetzung Nachdruck verliehen werden. Eine Polemik von Frank Blenz.

Das Wort Frieden in seiner grandiosen, wunderbaren Natur – es ist alternativlos. Bringen Sie das unter die Leute! Lassen Sie sich nicht länger von den großen Gazetten, von den Tagesschauen, Deutschlandfunkhäusern, von den Baerbocks und Hofreitern, von ehemaligen und amtierenden Bundespräsidenten, von der Ampel, von den mainstream-genehmen Talkshowgästen, von den Lobbyisten, Netzwerkern, Transatlantikern, Denkfabrikakteuren aufhetzen und vereinnahmen! Werben Sie in Ihrem Umfeld für Frieden und für ein Engagement, Empörung gegenüber den Volksvertretern in den Parlamenten zu äußern! Mindestens besteht nun echt Hoffnung, der Frieden, der wird wieder vorgeschlagen, wenn auch nicht aus unserem Land kommend – der Ruf hallt aus Italien. Es gibt nicht nur Bedarf um eines Waffenstillstandes wegen. Die Krake Krieg hat unser Land und unsere Nachbarländer im Griff, wir spüren es Tag für Tag, die Bedrohungen werden Tatsachen, das Gefühl, arm und unsicher und ausgegrenzt und verachtet zu sein, es wird zunehmend zu realem Erleben.

Es besteht Handlungsbedarf, weil unsere Eliten schon handeln und das zu unser aller Schaden. Der deutsche Militärhaushalt wird monströs erweitert. Dafür ist in unserem Bundestag, dem Haus, wo über dem Eingang „Dem deutschen Volke“ steht, eine Einigung über ein 100 Milliarden Euro schweres „Sondervermögen“ für die Bundeswehr abgesegnet worden. Das bedeutet das Überschreiten der so genannten Zwei-Prozent-Schwelle (zwei Prozent des BIP für Rüstung), auf die sich Deutschland im Kreise der NATO schon 2014 geeinigt hatte. Kanzler Olaf Scholz nimmt derzeit starke, bedrohliche Begriffe in den Mund, „Machtkampf gegen Russland“, „große, nationale Kraftanstrengung“, „neue, starke Fähigkeiten für die Bundeswehr“. Die größte konventionelle Streitmacht auf europäischem Boden – sie werde in Deutschland stationiert sein, schwärmt er und sein Gefolge. Merken Sie was?

Das und vieles mehr sind empörend bis ins Mark. Es wird gelogen und man kommt damit durch, unsere regierenden Volksvertreter stimmen für einen Wahnsinn mit Methode. Die Eliten der Bundesrepublik arbeiten nicht erst seit dem Ukraine-Krieg, sondern lange vorher daran, ihre gewalttätigen Großmachtsträume umzusetzen. Uns, der Bevölkerung, wird das als ehrenwert zu unser aller Nutzen verkauft. Aus unserem Land, der Nation, die zwei Weltkriege zu verantworten hat, kommt dagegen kein Friedensangebot der führenden Kräfte. Uns, den Mediennutzern, uns, dem gemeinen Fußvolk, wird von den Nutznießern der kriegerischen Auseinandersetzung samt deren Seilschaften stur und zielgerichtet eingebläut, dass nur Waffen das Erfolgsmittel im Krieg wären, dass man sich vom Feind abwenden muss, dass man den Feind bestrafen muss, und das auf viele Jahre, auf dass damit schließlich der Sieg errungen werde, um welchen zerstörerischen Preis auch immer. Die Zerstörung ist in vollem Gang, nicht nur in der Ukraine, viele Kriegsherde weltweit werden am Brennen gehalten. Die Krise nimmt Fahrt auf. Ursachen werden nicht benannt. Und ja, der wirkt (noch), dieser Wahnsinn: Wir, die einfachen Bürger, sind von der Maschinerie der Trommler ziemlich beeindruckt und gehen dabei zähneknirschend und ohnmächtig in die Knie, man schaue nur auf Tanksäulenanzeigen, auf den Einkaufsbon vom Supermarkt, auf die Rechnungen für Heizöl. Von der mentalen Atmosphäre im Land ganz zu schweigen.

Hoffnung. Wenn denn nicht aus Deutschland, bahnt eine Spur Vernunft anderswo sich ihren Weg in das Geschehen: Sie wissen, es gibt einen Friedensplan aus Italien, Mitte Mai veröffentlicht und nun auf dem Weg, in langen Verhandlungen womöglich eine Chance zu bekommen. Die Wortmeldungen, die Zustimmung dafür mehren sich, die kriegslüsternen Falken spüren Gegenwind. Und die Wiederholung eines weiteren Wortes, welches die Kriegstreiber ungern hören, ruft man lauter und lauter: Verhandeln, verhandeln, verhandeln. Mit Waffen, mit Pression gegen den Feind, mit Ausgrenzung, Boykotten, Sanktionen, Kontosperrungen wird der Krieg in der Ukraine nicht beendet werden. Dieser Weg sollte eingeschlagen werden, der Vorschlag aus Italien kurz beschrieben:

Der italienische Friedensplan ist eine Chance
Am 18. Mai 2022 legte die italienische Regierung zum ersten Mal einen mit dem UN-Generalsekretär und den G7-Staaten abgestimmten Friedensplan vor, der vier Stufen enthält, die aufeinander aufbauen.

  1. Waffenstillstand: Dieser Waffenstillstand soll mit lokalen Kampfpausen beginnen, die von der OSZE oder den Vereinten Nationen überwacht werden. Ziel ist die Entmilitarisierung entlang der derzeitigen Frontlinie, wobei eine Pufferzone entstehen würde, die frei von Kämpfern beider Konfliktparteien ist.
  2. Neutralität der Ukraine: Einem Waffenstillstand zeitlich nachgeordnet schlägt das italienische Außenministerium eine Friedenskonferenz zur Statusfrage der Ukraine vor. Sollte sich die ukrainische Regierung auf eine Neutralität des Landes einlassen, bräuchte sie Sicherheitsgarantien verschiedener anderer Staaten.
  3. Lösung territorialer Fragen: Zeitlich wiederum nach einer Friedenskonferenz zur Frage der Neutralität der Ukraine schlägt die italienische Regierung bilaterale Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland vor, die von einer neutralen Institution wie der OSZE oder den Vereinten Nationen moderiert werden könnten.
    Inhaltlich würde es dabei um die Autonomie der Separatistengebiete bei Wahrung der territorialen Landesintegrität gehen. Konkret bräuchte es eine Regelung der sprachlichen und kulturellen Rechte sowie des freien Personen- und Dienstleistungsverkehrs.
  4. Europäischer Sicherheitspakt: Als vierte und letzte Stufe des italienischen Friedensplanes ist ein Abkommen über Frieden, Sicherheit und Stabilität in Europa vorgesehen. Abrüstung, Rüstungskontrolle, Konfliktverhütung und Vertrauensbildung würden dabei auf der Tagesordnung stehen.
    Das Ziel des italienischen Friedensplanes ist der vollständige Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine und der Erhalt der territorialen Integrität der Ukraine. Die schrittweise Aufhebung von Sanktionen gegenüber Russland könnte in dem Maße erfolgen, wie die russischen Truppen den Boden der Ukraine verlassen. Eine Wiederaufbau-Geberkonferenz könnte der notleidenden Zivilbevölkerung Perspektiven geben und die notwendigen Finanzmittel zur Beseitigung der Kriegsschäden bereitstellen.

Quelle: Clemens Ronnefeldt, Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes. Dem Internationalen Versöhnungsbund gehören rund 100.000 Mitglieder in 50 Staaten der Erde an. Der Verband hat Beraterstatus bei den Vereinten Nationen.

Lange wurden diese im italienischen Plan stehenden Wörter bei uns nicht gehört, umso wichtiger ist es, diese weiterzugeben und einzufordern: Waffenstillstand. Neutralität, Autonomie, sprachliche und kulturelle Rechte, europäischer Sicherheitspakt. Abkommen über Frieden, Sicherheit und Stabilität. Abrüstung, Rüstungskontrolle, Konfliktverhütung und Vertrauensbildung. Man fragt sich, ob unsere Außenministerin den Vorschlag aus Italien vernommen hat. Man könnte annehmen, dass dem nicht so ist, hält sie doch nach wie vor nicht inne, weiter den Krieg zu befeuern, indem sie das Wort Waffenstillstand nicht in den Mund nimmt. Sie nimmt stattdessen in Kauf, ja fordert gar, dass der von der Ukraine nicht zu gewinnende Konflikt gegen Russland andauert. Sie ahnt und beklagt schon Kriegsmüdigkeit bei uns, dem Volk, das sie im Ausland vertritt. Ja, Frau Baerbock, wir sind kriegsmüde, richtigerweise: wir waren nie wach und bereit für einen Krieg, für eine Beteiligung, für eine Ausweitung. Russland dürfe nicht gewinnen, sagt Frau Baerbock. Italien nimmt das Wort Sieg nicht in den Mund. Der Krieg in der Ukraine – er kennt keine Sieger. Jetzt nicht und später nicht. Dieser Krieg, alle Kriege müssen beendet werden. Reden statt Schießen. Verhandeln statt Eskalation.

Wir Deutschen sind in der Pflicht. Wir müssen denen, die uns regieren, denen, die von unseren Möglichkeiten, Fähigkeiten profitieren, in Deutlichkeit und mit aller Empörung sagen: Schluss mit dem Kriegskurs, Schluss mit all dem Kriegshandeln und -denken! Wir brauchen Hoffnung, wir verdienen Hoffnung, die von guten Taten, friedvollen Konzepten und von einem Aufeinanderzugehen genährt wird. Stephane Hessel, Autor des Buches „Empört Euch“, schrieb darin: „Wir müssen begreifen, dass Gewalt von Hoffnung nichts wissen will. Die Hoffnung ist ihr vorzuziehen – die Hoffnung auf Gewaltlosigkeit. Das ist der Weg, den wir einschlagen müssen.“ Die Akteure der Gewalt, die Nutznießer von Gewalt – wir müssen sie täglich entlarven, kritisieren und eine Kehrtwende zum Frieden einfordern.

Zum Finale der Polemik sei eine Episode von vor vielen, vielen Jahren erzählt. Die Lage ist wieder ernst, und es ist zu erahnen, dass Geschichte sich wiederholt. Erinnern Sie sich an den Spruch „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“? Dieser Aufruf war Mitte des 19. Jahrhunderts die Überschrift eines Flugblattes, welches der Student Georg Büchner, heute eine verehrte und geachtete historische Persönlichkeit, verfasste. Damals tat der junge Mann das nicht aus Lust an Gewalt, die blanke Existenzangst von Büchner und vieler seiner Landsleute waren der Grund und das wütende Benennen der Verursacher (Krieg den Palästen) die Folge. „Der Hessische Landbote“ um 1830 wurde von dem 20-jährigen Medizinstudenten Büchner geschrieben, heimlich gedruckt und verteilt. Die Aktion war höchst gefährlich, stand doch bei „Ertappen“ die Anklage „Hochverrat“ darauf. Büchner klagte die Oberschicht an, deren Gier, deren Maßlosigkeit, deren Verachtung des einfachen Volkes, der Untertanen und ihrer Unterdrückung und Ausbeutung, die zügellose Formen angenommen hatte. Viele Menschen hungerten, bettelten, verzweifelten. Nicht nur das, das politische Klima im Land war eines der Angst, der Zensur, der Spitzel, der politischen Willkür, Mitsprache, demokratische Rechte – Pustekuchen. Widerstand, Einspruch wurde drakonisch bekämpft. Der Kampf der einfachen Menschen, er war nicht erfolgreich. Dann, 1848, folgte die Deutsche Revolution, eine von vielen Aufständen in Europa. Auch in diesen Auseinandersetzungen wurde nicht erreicht, dass die Welt besser wurde. Viele weitere Kriege über weitere Jahrhunderte folgten. Und stets hatten und haben die Eliten die Oberhand.

Jetzt im 21. Jahrhundert herrschen wieder Kriege, wieder kommt es zu Aufständen und zu Unruhen. Das Wort des Klassenkampfes wird offen und ungeniert ausgesprochen, die Klasse der Reichen hält sich den Bauch erfolgstrunken und vor Lachen, gewinnen sie den Kampf doch gerade immerzu und fortlaufend. Der US-Investmentbanker Warren Buffett sagte dazu mal lässig: „Es herrscht Klassenkampf und meine Klasse, die der Superreichen, gewinnt.“ Und wenn der Gewinner sich alles nimmt, ist der Verlierer in großer Not. „Merkt Ihr was?“

Titelbild: Ilija Erceg/shutterstock.com


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